Trinity Universe06.07.2010, Jens Bischoff
Trinity Universe

Im Test:

In Trinity Universe (ab 17,45€ bei kaufen) treffen drei japanische Rollenspielserien aufeinander und bilden einen skurrilen Spielplatz für sammelfreudige Disgaea -, Atelier - und Valkyrie -Fans, der weder sich noch das Genre allzu ernst nimmt. Doch was hat der angenehm alberne Mix spielerisch zu bieten?

Bizarres Müllproblem

Als Schauplatz für Trinity Universe dient ein skurriles Nebenuniversum, dessen Hauptstadt Empyria durch Weltraummüll wie gigantische Verkehrshütchen, Topfpflanzen oder Süßwaren bedroht wird. Immer wieder treten herrenlose Objekte in die Umlaufbahn ein und drohen auf das kleine Königreich herab zu fallen. Die einzige Möglichkeit den gefährlichen Müll loszuwerden scheint ein seit Generationen etabliertes Ritual, durch das sich der aktuelle König in einen Kristall verwandelt, der mit übernatürlichen Kräften alles Unheil von seinem Reich abwehrt.

Die Charakterriege ist ähnlich skurril wie das Szenario. Die amüsanten Dialoge bringen einen dabei immer wieder zum Schmunzeln.
Doch Thronfolger Kanata will sich seinem Schicksal nicht fügen und nimmt zusammen mit seiner Zofe Tsubaki Reißaus. Das wiederum ruft Walküre Rizelea auf den Plan, die mit ihrem unfreiwilligen Schoßhund Lucius im Schlepptau um das kosmische Gleichgewicht bangt. Es beginnt ein Katz und Mausspiel, bei dem man sich für eine der beiden Seiten entscheiden muss.

Je nachdem, ob man lieber als abenteuerlustiger Königssohn oder besorgte Walküre unterwegs sein will, erlebt man die mitunter süffisante, aber leider recht belanglos erzählte Story aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Inhaltlich gibt es natürlich einige Parallelen und Überschneidungen, aber die Wahl des Protagonisten hat nicht nur Einfluss auf bevorstehende Ereignisse, Auseinandersetzungen und potentielle Weggefährten, sondern beeinflusst auch die spielerischen Möglichkeiten. Während Kanata schon kurz nach Beginn Zutritt zum Monster-Kolosseum erhält, in dem er und seine Begleiter um Status verbessernde Prämien kämpfen können, greift Rizelea auf eine Schmiede zurück, wo sich die Durchschlagskraft ihrer Gruppe mit individuellen Schmuckanfertigungen verbessern lässt.

Ohne Fleiß kein Preis

Offiziell soll sich Kanatas Weg vorwiegend an Einsteiger, der von Rizeleas eher an fortgeschrittene Spieler richten. Ich persönlich empfand das allerdings nicht so und war meinen Gegnern als Walküre deutlich schneller überlegen als in der Rolle des Königssohns, weil man vor allem zu Beginn wesentlich leichter an effektiven Schmuck als an lukrative Arenaprämien kommt. Die dazu zu bezwingenden Gegner sind einem zunächst nämlich haushoch überlegen und man macht letztendlich durch normale Kämpfe wesentlich schneller Fortschritte als durch Nerven zehrende Ausflüge in die auch noch kostenpflichtige Monsterarena. Im Prinzip kann man aber auch auf beide Angebote verzichten und seine Gruppe einfach konventionell im Kampf trainieren. Anfangs reicht es sogar sich lediglich den Pflichtaufgaben der jeweils 13 Story-Kapitel zu stellen. Später kommt man um zusätzliches Grinden in optionalen Dungeons, die ebenfalls als Weltraumschrott in den Orbit driften und sich wie vorbei fliegende Händler mit speziellen Ankern dauerhaft vertäuen lassen, jedoch kaum herum, wobei die Kämpfe nicht unbedingt schwerer, sondern einfach nur langwieriger werden.

Dadurch wird der Spielfluss mit der Zeit etwas zäh, das Abgrasen der sehr generischen Labyrinthe entsprechend eintönig. Zwar ist es eine nette Idee, mit unterschiedlichen Wochentagen und Tageszeiten, die Einfluss auf Gegner, Beute und Shopangebote haben, etwas Abwechslung in den grauen Abenteureralltag zu bringen, am monotonen Ablauf der Expeditionen ändert das aber kaum etwas.

Als Walküre erhält man vorzeitig Zugriff auf die Schmuckschmiede, wo man Ringe mit magischen Edelsteinen besetzt, um von diversen Statusboni zu profitieren.
Spannung kommt eigentlich nur auf, wenn der aktuelle Dungeon wieder aus dem Orbit zu verschwinden droht und man unter Zeitdruck zum Ausgang flüchten muss. Das Zeitfenster ist zwar stets human, aber während der Countdown tickt, hat man die Gelegenheit besonders seltene Beutestücke zu ergattern, so dass man sich im Sammelwahn schnell mal verzetteln kann und die Flucht dann doch oft knapper wird als gedacht.

Hinzu kommt, dass mit steigender Erkundungszeit übermächtige Gegner, welche die Gruppe mit wenigen Attacken komplett auslöschen können, auf den Plan gerufen werden und Jagd auf den Spieler machen. Anfangs hilft hier nur die mitunter trotzdem verlustreiche Flucht, später kann man aber an viele Orte zurückkehren und Jagd auf seine ehemaligen Peiniger machen. Die Idee ist nett und schafft neben Online-Ranglisten durchaus Anreize, auch bereits geplünderten Arealen einen weiteren Besuch abzustatten. Dennoch wird die Bedrohung irgendwann zu einem kalkulierten Übel, dem man immer routinierter davon läuft und das durch entsprechendes Marschgepäck und Charakterfertigkeiten immer harmloser wird.      

Verborgene Schätze

Eine weitere interessante Idee, die leider auch recht schnell der Routine zum Opfer fällt, ist das Aufspüren unsichtbarer Schätze. Um diese zu orten, kann man auf Knopfdruck Suchstrahlen aktivieren, welche vorübergehend durch farbige Lichtsäulen Hinweise auf Art und Position der Schätze geben.

Am Anfang ist das Aufspüren versteckter Schätze noch fordernd, später wird es leider zur reinen Pflichtübung.
Anfangs ist die Anzahl der Suchanfragen noch sehr begrenzt, so dass man mit wenigen Aktivierungen möglichst genaue Angaben erhaschen muss. Später kann man die Strahlen aber quasi an jeder Ecke abfeuern, wodurch die Suche in den ohnehin sehr kompakten, nur einstöckigen Dungeons zur reinen Pflichtübung verkommt.

Abgesehen von den aggressiven Überwesen, die sich als dunkle Wolken an eure Fersen heften sowie Bossgegnern, die regungslos an Ort und Stelle verharren, werden Konfrontationen mit Standardgegner ganz altmodisch per Zufall initiiert, was in den engen Labyrinthen vermutlich auch gar nicht anders möglich gewesen wäre. Die Häufigkeit hält sich in gerade noch annehmbaren Grenzen und kann durch das Eliminieren von Monsternestern, die sich ebenfalls per Suchstrahl ausfindig machen lassen, sogar vorübergehend auf null gesetzt werden, was die Suche nach Schätzen und anderen Sammelgegenständen, die überall verstreut herum liegen, deutlich angenehmer macht.

Auf in die Schlacht

Die Kämpfe selbst werden rundenbasiert ausgefochten, bieten während der Aktionsphase aber eine Echtzeitkomponente, in der Angriffe und Fertigkeiten manuell aneinander gekettet werden und zu Kombos führen. Jeder Charakter hat pro Runde eine gewisse Anzahl an Aktionspunkten zur Verfügung, die er beliebig auf leichte und schwere Angriffe sowie magische Attacken und Spezialfertigkeiten verteilen kann. Diese reichen von Heil- und Schutzzaubern über den Gebrauch von Items bis hin zur Flucht und verschlingen unterschiedlich große Mengen an Aktionspunkten und sollten möglichst rasch hintereinander ausgeführt werden, da nach Aktionsbeginn auch Nichtstun Punkte kostet. Dabei gibt es universelle Kombos wie fünf leichte oder schwere Angriffe in Folge oder individuelle, die zusätzlichen Schaden erzeugen. Der Schadensbonus ist, obwohl man Kombos fließend ausbauen und so auch miteinander verknüpfen kann, aber leider sehr gering, so dass man mit stupidem Button-Mashing letztendlich fast genauso gut fährt.

Ähnlich verhält es sich mit der Möglichkeit Aktionsphasen einzelner Charakter miteinander zu verknüpfen, um Statusboni zu erhalten oder Teamangriffe auszulösen. Das damit verbunden Mehr an Hektik schlägt sich aber einfach nicht ausreichend in einem Mehr an Schaden nieder, so dass man auch darauf letztendlich komplett verzichten kann. Einzig die durch Teamwork schneller ansteigende EX-Skills-Leiste ist hin und wieder hilfreich, wenn man gegnerische Angriffe blocken oder intensive Heilungen durchführen will. Angriffe sind damit zwar auch möglich, lassen aber ebenfalls an Durchschlagskraft vermissen.

Das mit Echtzeit-Elementen angereicherte Rundenkampfsystem bietet einige nette Ansätze, deren Ausnutzung aber kaum Vorteile bringt...
Wesentlich effektiver ist meist die Möglichkeit, die elementare Beschichtung seiner Waffe zu ändern, um gezielt gegnerische Schwächen aufs Korn zu nehmen. Auch die Art der Angriffe macht sich je nach Charakter und Gegnertyp teils deutlich bemerkbar und hilft optionale Seelenbarrieren zu brechen, um bessere Beute zu erhalten. Alles andere hat eher Show-Effekt oder dient vermutlich einfach nur dazu, bestimmte Trophäen zu ergattern, die Wert auf lange, aber letztendlich unnötige Angriffsketten legen...

Motivierende Partypflege

Das ist eigentlich schade, denn im Ansatz sind die Facetten des Kampfsystem durchaus interessant. In der Praxis kann man aber auf das meiste gut und gerne verzichten, da die damit verbundenen Vorteile viel zu gering sind. Ganz anders verhält es sich hingegen bei der Ausrüstung eurer Party. Neue Waffen, Kleider, Schmuck oder Beschichtungen bringen teils enorme Vorteile ohne dass der Weg zu besserer Ausrüstung pauschal vorgegeben ist. Je nach Charakter kann es durchaus Sinn machen, bestimmte Eigenschaften wie Angriffs- oder Verteidigungskraft zu vernachlässigen und dafür auf mehr Aktions- oder Lebenspunkte zu setzen. Manche Ausrüstungsgegenstände haben in gewissen Bereichen sogar negative Werte, aber dafür andere Vorteile. Auch beim individuellen Besetzen von Ringen mit Edelsteinen gibt es neben steinbezogenen Verbesserungen Boni, die nur durch bestimmte Kombinationen erreicht werden können und ebenfalls in Betracht gezogen werden wollen.    

Die Partypflege ist jedenfalls sehr motivierend und facettenreich. Vor allem da man nicht alle Objekte der Begierde einfach kaufen kann, sondern erst aus gefundenen Rohmaterialien herstellen muss. Unverständlich nur, dass beim Kauf oder Herstellen neuer Ausrüstung keine Vergleichswerte angezeigt werden und aktuell ausgerüstete Gegenstände als nicht vorhanden angezeigt werden.

Die Handlung wird komplett durch Standbilder und Dialoge im Anime-Stil erzählt. Dabei kommt es immer wieder zu witzigen Reibereien unter den Gruppenmitgliedern.
Für ambitionierte Jäger und Sammler ist Trinity Universe trotzdem ein gefundenes Fressen, an dem man sich unzählige Stunden laben kann. Schade nur, dass der immer gleiche Spielverlauf so schnell an Reiz verliert.

Amüsante Belanglosigkeit

Auch die Story plätschert völlig belanglos vor sich hin und lebt einzig von ihren amüsanten Dialogen, in denen sich selbst die Figuren teilweise über den Plot oder ihre Rollenverteilung beschweren, was die Missstände zwar irgendwie sympathisch, aber nicht besser macht. Manchmal ist der Humor zwar genauso flach wie Etnas immer wieder als Gesprächsthema dienenden Brüste, aber die mitschwingende Selbstironie bringt einen trotzdem zum Schmunzeln. Und dann sind da ja auch noch die unter Etnas Wutausbrüchen leidenden Prinnys, die um keine faule Ausrede verlegen sind, ständig nach besserer Bezahlung und Alkohol lechzen und doch immer den Kürzeren ziehen.

Leider wurden jedoch nicht alle Dialoge vertont, selbst Story-Events werden mal mit, mal ohne Sprachausgabe serviert. Eine deutsche Lokalisierung hat man sich sogar komplett gespart, was angesichts der Übersetzungsqualität der Spielanleitung aber vielleicht auch besser ist. Immerhin kann man im Optionsmenü jederzeit zwischen englischer Synchro und japanischem Originalton wählen und muss auch während der Dungeon-Streifzüge und Kämpfe nicht auf bissige Kommentare wie partyinterne Beschwerden über Zufallskämpfe verzichten. Allerdings sind diese trotz stufenweise anwachsendem Spruchrepertoire sehr wiederholungsanfällig - ein Manko unter dem auch der Soundtrack mit der Zeit immer stärker leidet.

2D hui, 3D pfui

Grafisch punktet Trinity Universe vor allem durch seine hübsch animierten Charakterportraits, die den stets vor statischer Kulisse geführten Dialogen gekonnt Leben einhauchen. Das ist auch gut so, da schließlich die komplette Story einzig über Standbilder und Dialoge inszeniert wird.

Dungeon-Erkundungen und Monsterkämpfe wirken grafisch reichlich antiquiert. Statt aufwändiger Effekte und Animationen rücken eher Schadens- und Trefferzähler in den Mittelpunkt.
Die Dungeon-Ausflüge bieten hingegen kaum optische Highlights und wären vermutlich ohne nennenswerte Abstriche auch auf der PS2 realisierbar gewesen: Die Figuren wirken ziemlich klobig, die Texturen detailarm, Animationen und Effekte bis auf wenige Ausnahmen von der Stange.

Hin und wieder macht auch die Kameraführung bei der Schatzsuche Zicken und lässt sich durch nahe Umgebungsobjekte nicht wie gewünscht justieren, was aber mit zunehmender Spielzeit immer weniger ins Gewicht fällt. Lobenswert sind hingegen die vielen aktiven Tutorien, die einen schrittweise mit den Besonderheiten der Spielmechanik vertraut machen und durch hilfreiche Nachschlagewerke ergänzt werden. Vermisst habe ich lediglich eine Art Monster- bzw. Dungeon-Enzyklopädie, die Item-Fundorte festhält. Die entsprechenden Angaben bei der Dungeon-Wahl sind jedenfalls nur bedingt hilfreich.     

Fazit

So skurril das Szenario und amüsant das bissige Zusammentreffen der Disgaea -, Atelier - und Valkyrie -Charaktere teilweise sein mag, so belanglos und unausgereift wirken mitunter Story und Spielmechanik. Der Titel nimmt sich selbst zwar alles andere als ernst und bietet durchaus solide Dungeon Crawler-Kost mit üppigen Sammel- und Upgrade-Reizen, aber auf Dauer wird einfach zu wenig Spannung, Glanz und Abwechslung geboten. Es gibt zwar einige interessante Ansätze, aber auch diese nutzen sich oft viel zu schnell ab, wirken unausgewogen oder sogar redundant. Auch der Schwierigkeitsgrad gleicht eher einer willkürlichen Berg- und Talfahrt mit künstlichen Streckungen als einem homogenen Prozess. Nichtsdestotrotz birgt die Hatz nach immer besserer Ausrüstung, das individuelle Betreuen der bunt gemischten Charakterriege sowie das Besiegen besonders knackiger Überwesen eine Menge Motivation. Auch die herrlich albernen Dialoge mit ihren lebendig animierten Charakterportraits bringen einen immer wieder zum Schmunzeln. Allein die Auftritte der Prinnys dürften Fans über viele Schwächen wie auch die fehlende Lokalisierung hinweg trösten. Mit etwas mehr Aufwand und Feintuning hätte Trinity Universe jedoch weit mehr sein können als ein solider, aber unspektakulärer Fanservice für ehrgeizige Jäger und Sammler mit einem Faible für selbstironisches Anime-Gezänke.

Pro

witzige Dialoge
abgedrehtes Szenario
zwei charakterabhängige Abenteuer
motivierende Partypflege & Sammelreize

Kontra

öde Dungeons
schwache Story
unspektakuläre Optik
auf Dauer eintöniger Spielverlauf
teils unausgewogene Spielbalance

Wertung

PlayStation3

Humorvolles, aber auf Dauer eintöniges Anime-Rollenspiel für geduldige Jäger und Sammler.

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