Resistance 309.09.2011, Mathias Oertel
Resistance 3

Im Test:

Resistance begleitet die PlayStation 3-Spieler seit dem Start der Konsole in europäischen Gefilden. Ambitioniert, aber vor allem technisch nie komplett auf der Höhe der Zeit, haben sich die Gefechte gegen die Chimera im Vergleich zu Action-Referenzen à la Gears of War oder Killzone immer geschlagen geben müssen. Mit einem neuen Helden soll das Blatt gewendet werden.

Neue Helden braucht das Land

Beim dritten Abstecher in die düstere, von einem heimtückischen Alienvirus heimgesuchte Erde setzt Insomniac auf einige Veränderungen. Die deutlichste ist der neue Protagonist Joseph Capelli. Der Ex-Soldat wurde unehrenhaft aus der Armee entlassen, nachdem er Nathan Hale, den Helden der ersten Spiele erschießen musste. Warum? Weil der Virus trotz verzweifelter Versuche nicht gestoppt werden konnte und Hale zu einem Chimera mutierte.

Vier Jahre später, im Jahr 1957, kämpfen nicht nur Capelli und seine Familie um das nackte Überleben. Die gesamte Welt steht kurz vor dem Untergang: Terraformer der Chimera sind überall auf dem Erdball im Einsatz, die Menschheit hat sich in kleinen Enklaven zusammengerottet und versucht, der unaufhaltsam scheinenden Bedrohung zu trotzen. Doch viel Zeit bleibt nicht mehr: Die Chimera sind dabei, eine Kälteperiode zu initiieren, bei der die Überlebenschancen rapide sinken.

Joe muss sich zusammen mit dem Wissenschaftler Dr. Malikov nach New York zum Mutterschiff der Invasoren begeben und dort die nahende Gefahr beenden.  Die Zeit wird knapp...

Gewagtes Unterfangen

Nachdem Teil 1 mit einem Erzählstil in Rückblenden punktete und Resistance 2 seinen Helden Nathan Hale als Medium nutzte, um die schiere Größe und Ausweglosigkeit der Bedrohung zu veranschaulichen, geht man erzählerisch andere Wege. Man setzt den Fokus auf Einzelschicksale, in erster Linie natürlich auf das von Joseph Capelli, der seine eigenen Beweggründe hat, um gegen die Chimeren anzutreten. Und diese liegen nicht in Rache oder dem Streben nach Heldentum, sondern schlichtweg in einem Überlebensinstinkt und dem Bedürfnis, seine Familie zu verteidigen.

Angesichts einer erdumspannenden Bedrohung den Fokus auf eine Person zu setzen, ist gewagt. Aber Insomniac bewältigt dieses Unterfangen vor allem in der Anfangsphase mit Bravour. Man gewinnt Einblicke in Capellis Seelenleben und leidet mit ihm, wenn er seinem kleinen erkrankten Sohn nicht einmal ordentlich Lebewohl sagen kann. Man verzweifelt mit ihm, wenn sich wieder einmal eine Hoffnung in Luft aufgelöst hat und er zunehmend hoffnungsloser wird.

Text
Der Witwenmacher ist einer der Bosse in Resistance 3 (ab 22,21€ bei kaufen).

Und man hasst mit ihm, als er feststellt, dass nicht nur die Chimera eine Bedrohung darstellen, sondern dass auch einige Teile der Bevölkerung dabei sind, eine Anarchie aufzubauen, die ihr eigenes Wohl über das Überleben der Gemeinschaft stellt und sich dabei auch natürlich nicht scheut, Menschen grundlos zu töten.

Allerdings lässt Insomniac nach etwa der Hälfte erzählerisch die Zügel schleifen und konzentriert sich für meinen Geschmack zu sehr auf die Action als Motivator. Das funktioniert zwar auch, jedoch ist es schade, dass man den Bezug zu Capelli etwas verliert. Doch mit einem dramaturgischen Donnerschlag wird man schließlich wieder ins Geschehen gezogen und bis zum gut und vor allem auch im Hinblick auf die insgesamt gelungene 3D-Unterstützung imposant inszenierten Finale bei der Stange gehalten.

Bei diesem Vorhaben spielt auch die Akustik eine wichtige Rolle: Angefangen bei den wuchtigen Waffengeräuschen über die saubere und mit guten Sprechern besetzte deutsche Lokalisierung bis hin zur unauffällig, aber sehr effektiv eingesetzten orchestralen Musik feuert Insomniac aus allen Klangrohren.

Angenehm klassisch

Resistance hat sich noch nie durch Innovationen hervor getan, wobei das um ein Vielfaches negativer klingt, als es sich letztlich darstellt. Insofern ist es auch nicht per se schlecht, dass sich Teil 3 in dieser Hinsicht treu bleibt. Man biedert sich nicht mit einem Deckungssystem an, aus dem man per Tastendruck hervorluschern kann, sondern setzt auf cleveres Ausweichen, Ducken und Sprinten, um dem Beschuss der zumeist nur leidlich intelligent agierenden Chimeren zu entgehen.

Die Bedrohung durch die Chimera ist zwar spürbar, doch in den Gefechten zeichnen sich die Gegner nicht durch ihr intelligentes Verhalten aus.
Die Bedrohung durch die Chimera ist zwar spürbar, doch in den Gefechten zeichnen sich die Gegner nicht durch ihr intelligentes Verhalten aus.
Es gibt keine Rotfärbung des Bildschirms, die anzeigt, dass man irgendwo einen Ruhepunkt finden muss, damit sich die Gesundheits- und/oder Schildenergie wieder erholt, solange man keinen weiteren Treffer einsteckt. Stattdessen gibt es ganz klassisch Gesundheitspäckchen, die strategisch auf den Schlachtfeldern verteilt sind oder von Gegnern wie auch Munition fallen gelassen werden.

Resistance 3 spielt sich zu einem Großteil so klassisch wie schon lange kein Shooter mehr: Ballern, ausweichen, Schalter zu Türen aktivieren, Gesundheit und Munition aufsammeln, ja selbst Railshooter-Sequenzen hat Insomniac herausgekramt. Und ausgerechnet hier weicht man von der Klassikformel ab: Wird man bei diesen üblicherweise als Nonstop-Geballer getarnten Abschnitten in anderen Spielen meist hinter ein mächtiges MG gesetzt, hat man hier seine normale Bewaffnung zur Verfügung und kann sich in dem eingeschränkten Raum (ein Boot bzw. ein Zug) frei bewegen.

Da man aber stets Zugriff auf eine prall gefüllte Munitionskiste sowie einen unendlichen Vorrat an Medipacks hat und die Kulisse ohne Einflussmöglichkeit an einem vorbeizieht, während Events und Gegnerwellen getriggert werden, sind alle Rail-Elemente gegeben, die punktgenau inszeniert werden.

Gleiches gilt für die Bosse, die ebenfalls keine Überraschungen, sondern im Gegenteil gut beleuchtete Trefferzonen bieten, aber immer wieder für Adrenalinschübe sorgen. Im Laufe der zehn bis zwölf Stunden langen Kampagne kommt es allerdings zu Bosskampf-Wiederholungen. Die wären nach meinem Dafürhalten zwar vermeidbar gewesen, doch auch beim nochmaligen Aufeinandertreffen  mit den Viechern kann man sich über Intensität nicht beklagen.

Ratchet & Clank lassen grüßen

Hinsichtlich der zwölf Waffensysteme, die man im Laufe der Zeit in sein Inventar überführt und die man über ein Radial-Menü auswählt (die letzten zwei verwendeten Schießprügel kann man per "Schnelltaste" wechseln), orientiert sich Insomniac wie gehabt an einem anderen Pferd aus eigenem Stall: Ratchet & Clank. Zwar fußen sie größtenteils auf konventionellen Systemen wie MG oder Scharfschützengewehr. Doch vor allem die Sekundärfunktionen (die man teils aus den anderen Resistance-Spielen kennt) sowie Upgrade-Möglichkeiten könnten auch aus den futuristischen Comic-Welten stammen, die Insomniac entwickelt hat.

Da haben wir z.B. die sechsschüssige Magnum, deren Geschosse nicht nur treffen, sondern auch eine Leuchtmarkierung hinterlassen, die bei Sekundäraktion detoniert und eine Schneise der Zerstörung in den heranstürmenden Feinden hinterlässt.

Wo dieser Chimera-Gorilla hinschlägt, wächst kein Gras mehr...
Wo dieser Chimera-Gorilla hinschlägt, wächst kein Gras mehr...
Oder die Schrotflinte, die bei einer automatisch (je nach Nutzung) stattfindenden Aufwertung Brandgeschosse aussendet. Am deutlichsten wird die Nähe zu Ratchet und seinem Robot-Kumpan jedoch beim Atomisierer: Als Standard wird ein Elektrostoß abgefeuert, bei dem auch stärkste Kontrahenten nach kurzer Zeit kapitulieren müssen.

Bei Verwendung der Zweitfunktion wird eine Art gleißende "Dimensions-Mine" abgelegt, die sich öffnet und alle in der Nähe befindlichen Feinde wie ein schwarzes Loch anzieht, wo sie schließlich zerfetzt werden.  

Das Problem mit dieser potenten Knarre: Sie ist zu mächtig. Nachdem man sich nur mit Taschenlampenbeleuchtung durch einen ekligen organischen Chimeren-Larven versehenen Keller einer verlassenen Fabrik geschlichen hat und dort mit der düsteren Umgebung sowie einer entsprechenden Soundkulisse beinahe Survival Horror-Atmosphäre aufkommt, die in einem überraschenden Angriff von etwa einem guten Dutzend Gegnern gipfelt, geht einem die Pumpe. Doch dank des Atomisierers hat man schneller mit der Plage aufgeräumt, als der Spannung zuträglich ist. Immerhin wird die Durchschlagskraft dadurch relativiert, dass die Reichweite letztlich sehr gering und Munition spärlich verteilt ist.

Fokus auf Einzelschicksale

Die Schiffsreise nach St. Louis ist eine Variation bekannter Railshooter-Mechaniken.
Die Schiffsreise nach St. Louis ist eine Variation bekannter Railshooter-Mechaniken.
Hinsichtlich des Erzähltempos schafft es Insomniac, eine ausgewogene Mischung aus frenetischer Action mit Schnappatmung einerseits sowie herrlich ruhigen, beinahe entspannenden Momente zu finden. Wobei auch hier nicht die Masse der kämpfenden oder fliehenden Bevölkerung im Mittelpunkt steht, sondern Einzelschicksale hervorgehoben werden: Hier finden sich Notizen von Überlebenden, dort hört man in einer Radiosendung, wie von Menschen und ihrem Überlebenskampf die Rede ist. Die stimmungsvolle, einerseits bekannt vorkommende, dann jedoch wieder verfremdete Kulisse hilft mit, eine weitgehend glaubhafte Welt am Rande des Abgrunds zu zeichnen.

Man kämpft auf Feldern oder den Straßen kleiner Gemeinden im mittleren Westen, während um einen herum die Winde und Orkanböen, die vom näher kommenden Terraformer ausgehen, beinahe spürbar Sand in die Augen treiben. Man liefert sich heiße Gefechte auf den Dächern von St. Louis, versucht in Pennsylvania Marodeure zu erledigen, denen es egal ist, dass man sich auf dem Kreuzzug gegen die Chimeren und der möglichen Rettung der Menschheit befindet. Man muss sogar aus einem von total Irren geführten Gefängnis ausbrechen, bevor man sich im verschneiten und kaum wieder zu erkennenden New York auf das Finale vorbereitet.

Aufgehalten wurde ich nur in drei Fällen. Allerdings nicht von den Chimeren, sondern von einem Einfrier-Absturz sowie zwei Situationen, in denen Trigger für Zwischensequenzen nicht ausgelöst wurden, die eine Rückkehr ins Hauptmenü und Neuladen erforderten. Da sich aber keiner dieser Fälle replizieren ließ, soll es mit der Erwähnung der Umstände und einem Stirnrunzeln ob dieser Ereignisse erledigt sein.

Weniger tolerant hingegen stehe ich der wechselnden Grafikqualität gegenüber. Denn für jeden stimmungsvollen und in manchen Fällen sogar erinnerungswürdigen Moment kann man bei genauem Hinsehen auch entweder eine merkwürdige Animation bei den gut designten Gegnern oder (leider häufiger) schwache Texturen entdecken. Es ist schade, dass die Engine immer noch mit diesen Problemen kämpft und nicht auf einen Stand gebracht wurde, der es den Chimeren möglich macht, sich mit den Shootergrößen zu messen.

Gemeinsam ist man stark

Auf der positiven Seite kann man die Kampagne nicht nur alleine, sondern auch kooperativ erleben - sowohl offline per Splitscreen als auch online. Allerdings fällt auf, dass zu zweit der Standardschwierigkeitsgrad viel zu weit unten angesetzt ist und nicht automatisch angepasst wird. Wer also die Geschichte mit einem Kumpel erleben möchte, sollte wenigstens auf die dritte Anforderungsstufe stellen – und bei Offlinebetrieb einen Fernseher mit mindestens 40 Zoll Diagonale besitzen. Ansonsten könnte bei dem horizontal geteilten Bild ein Übersichtsproblem auftreten.

Alternativ zur Kampagne bietet Resistance abermals einen überarbeiteten  Mehrspieler-Modus an, bei dem sich Insomniac deutlich weniger klassisch gibt. Mit einem Erfahrungssystem, das mit neuen Rängen auch neue Ausrüstungsmöglichkeiten und Spezialfähigkeiten freigibt, orientiert man sich an modernen Standards à la Modern Warfare 2 & Co.

Das Schöne: Es gibt genügend Karten, Spielvarianten (auch abseits von Deathmatch) und Modifikatoren, um viele Geschmäcker zufrieden zu stellen. Und mit Ausnahme der mitunter unglücklichen Perspektive bei der "Kill-Cam" (also der Darstellung der Figur, die einen erledigt hat) gibt es keine Probleme. Das Geschehen läuft bis auf vernachlässigbare Ausnahmen lagfrei, der mitgelieferte "Network Pass" (Sonys "Project 10$") lässt sich auch bei europäischen Importen  mit PEGI-Klassifizierung nutzen und schaltet bei der deutschen Fassung sowohl den EU- als auch den UK-Zugang frei. Aus England importierte Fassungen mit BBFC-Freigabe lassen sich gegenwärtig aus Deutschland nicht aktivieren.

Fazit

Der erzählerische Fokus auf einen neuen Helden und sein kleines persönliches Schicksal innerhalb der riesigen Invasion ist gelungen. Zwar verliert man hinsichtlich Dramaturgie sowie Spannung von Zeit zu Zeit den Faden oder bemüht zu viele Klischees, doch letztlich bekommt man hier einen versöhnlichen Abschluss des alternativen Krieges gegen die außerirdische Bedrohung. Mechanisch bleiben die ballistischen Auseinandersetzung trotz mitunter sehr abgefahrener Interpretationen klassischer Waffensysteme und ihrer Sekundärfunktionen (allen voran der zu mächtige Atomisierer) allerdings sehr konservativ. Einerseits spürt man in diesen Momenten zwar die handwerkliche Expertise, die sich Insomniac im Laufe der Jahre nicht nur mit Resistance, sondern auch mit Ratchet & Clank erarbeitet hat. Andererseits wirkt die Action dadurch auch austauschbar. Dass man es auch anders kann, zeigen die gelungenen, aber sehr seltenen Survival Horror-Abschnitte, die spannenden, aber überstrapazierten Bosskämpfe sowie die Variationen von Railshooter-Mechaniken, die für atemlose Momente sowie intensive Action sorgen - die man in der Kampagne sogar kooperativ erleben kann. Obendrauf gibt es einen motivierenden Mehrspielermodus mit interessanten Variationen und ausreichend Karten. Technisch zeigt sich Resistance 3 als ansehnlichster Vertreter der Reihe und zeichnet beeindruckende Bilder, liegt mit seinen Texturschwächen und kleineren Animationsproblemen aber nach wie vor hinter gegenwärtigen (Killzone 3) oder kommenden (Modern Warfare 3, Gears of War 3) Konkurrenten. Doch trotz aller Mankos ist dies ein würdiger Abschluss der Widerstands-Saga, für den mit etwas mehr Mut zum Risiko sogar noch mehr drin gewesen wäre.

Pro

ein Dutzend Waffensysteme
Kampagne kooperativ spielbar...
fast alle Waffen mit Sekundärfunktion und Erfahrungs-Upgrades
stimmungsvolle Kulisse...
angenehm verströmendes Old-School-Flair
schöne Bosskämpfe
interessante Variation von Railshooter-Sequenzen
lagfreier Mehrspieler-Modus mit Erfahrungs-/Aufstiegssystem
ausreichend Karten/Spielvarianten im Multiplayer
eingestreute Survival Horror-Elemente
stimmungsvolle Erzählung

Kontra

KI mit teils herben Problemen
... aber dann auf Standard-Einstellung viel zu leicht
Atomisierer mitunter zu mächtig
... die aber nach wie vor einige Schwächen im Textur-Detail offenbart
Figuren und Erzählung werden in der Spielmitte vernachlässigt

Wertung

PlayStation3

Ein neuer Held, ein altes Spielgefühl: Resistance bleibt auch in Teil 3 ein Shooter alter Schule mit einer stimmungsvoll erzählten Geschichte, Detailschwächen sowie einem guten Multiplayer.

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