John Daly's ProStroke Golf17.12.2010, Benjamin Schmädig
John Daly's ProStroke Golf

Im Test:

Golf wird nie mehr sein, was es mal war. Tiger Woods muss sich als Mensch und Profi neu erfinden, dafür macht »sein« Spiel auf Wii vor, was in einer guten Bewegungssteuerung alles drin steckt. Und kurz vor Torschluss zieht Sony mit Move nach - ein PS3-Update für Tiger Woods PGA Tour 11 gibt es bereits. Und dann betritt auch noch ein Nebenbuhler die Bühne, der nicht weniger als die beste Golfsimulation verspricht. Im Winter brennt der virtuelle Golfschläger!

Was der Tiger kann...

OG International Games ist keine Unbekannte: Dort entstand vor drei Jahren immerhin der letzte ernstzunehmende Konkurrent des virtuellen Tiger Woods'. ProStroke Golf: World Tour hieß das Spiel, für das Colin Montgomerie Pate stand. Diesmal ist es John Daly, der auf Verpackung und im Menü kämpferisch abschlägt. Zum Test stand uns dabei nur die PS3-Version zur Verfügung. Kein Wunder - schließlich halten Move-Besitzer mit dem Bewegungscontroller einen überzeugenden Ersatz für reale Golfschläger in der Hand.

Video. So funktioniert der täuschend echte Abschlag.

»Was Tiger Woods auf Wii und inzwischen auch auf PS3 kann, kann John Daly schon lange!«, dachten sich die Entwickler wohl. Und tatsächlich: Wer hier abschlägt, tut dies beinahe so wie auf dem Fairway! Eine Grafik zeigt jederzeit Position und Drehung des Move-Schlägers - so lernt man schnell, wie man Arme und Körper bewegen muss, um einen präzisen Ball zu schlagen. Die Übersicht ist sogar der aktuellen Tiger Woods PGA Tour überlegen, die nur nach dem Schlag in vereinfachter Form angibt, wie sich die abgeschlossene Bewegung auf die Flugbahn auswirkte. Ein weiterer Vorteil: Hier schlägt man, ohne einen Knopf gedrückt zu halten. Das kommt dem realen Erlebnis etwas näher als die gezogene Schultertaste bei EA Sports. Wer möchte, darf zudem jeden Schlag beliebig oft üben.

Die Ballphysik mag weniger ausgefeilt sein als bei der Konkurrenz - ständig ändernde Windrichtungen oder Regen sind nicht einmal vorhanden. Die Bewegungssimulation gelingt den Briten allerdings meisterhaft! Drehung und Schussrichtung bestimmen die Flugbahn des Balls; hier kann man sogar die Stellung zum Ball verändern, um ihn auf eine hohe oder flache Reise zu schicken. Nur das Putten setzt EA überzeugender um, denn die ProStroke-Tour verzichtet auf den Präzisions-Putter. Stattdessen begrenzt man die maximale Rollweite des Balls künstlich per Tastendruck, so dass er nicht wie auf dem echten Grün weit übers Ziel hinausschießen kann. Daneben schlagen »darf« außerdem nach wie vor nur der Wii-Tiger auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad. Immerhin kann man Fehlerkorrektur und Anspruch auch bei John Daly in jeweils drei Stufen festlegen.

Von Beginn an Star

Wer Move nicht besitzt, schlägt natürlich mit dem Gamepad ab - was gut funktioniert, aber weniger eingängig ist als bei der Konkurrenz. Und leider gilt: Die OG-Golftour macht nur als echte Simulation Spaß. Lässt man die nachgeahmte Wirklichkeit außen vor, gibt es nämlich kaum etwas, für das sich ein Abstecher auf diese zwölf Golfplätze lohnt. Die Fairways sind hübsche, aber detailarme und vergleichsweise leblose Kulissen. Dalys sich ständig wiederholende Bemerkungen werden schnell überflüssig,

Für sich genommen kann man hier hervorragend golfen! Sinnvolle Karriere und Charakterentwicklung fallen allerdings flach.
das Kommentatoren-Duo bei Turnieren wirkt müde und berichtet ungenau.

Online darf man zwar bis zu viert abschlagen, Turniere oder Herausforderungen wie über EAs GamerNet gibt es aber nicht. Neulinge werden auch nicht sanft an die Simulation herangeführt. Stattdessen erklären vier Videos alle Grundlagen und man darf ohne Druck jeden Schlag üben - schon der erste Karriereschritt setzt allerdings die beinahe perfekte Beherrschung des simulierten Sports voraus!

Dabei kann von einer Karriere eigentlich keine Rede sein: Schließlich arbeitet man lediglich Herausforderungen ab, in denen man mal weiter, mal genauer als der Kontrahent schlagen muss. Es folgt ein Duell, erst danach darf man auf dem entsprechenden Kurs endlich ein Turnier spielen. Dann beginnt das Spiel von vorn. Besser vertreibt man sich die Zeit in einzelnen Zähl- oder Lochspielen, Vierball oder Vierer... Der eigene, vorgegebene Charakter beherrscht zudem vom Start weg alle Finessen - eine Entwicklung der Fähigkeiten gibt es nicht. Es ist ein Jammer, aber neben der überzeugenden Simulation hat dieses Golfen kaum etwas zu bieten.   

Fazit

Wer hätte das gedacht? Dank der besseren Übersicht darüber, in welcher Position sich der virtuelle Schläger befindet, aufgrund der genauen Schlaganalyse und weil man den Ball auch auf eine hohe oder niedrige Flugbahn schicken kann, ist die Bewegungssimulation in John Daly's ProStroke Golf der in Tiger Woods bis aufs Putten einen Tick voraus! Umso größer ist die Enttäuschung, dass der Underdog kaum mehr als eine Tech-Demo ist. Denn weder darf man die Fähigkeiten seines vorgefertigten Charakters entwickeln noch gibt es eine glaubwürdige Karriere - das dröge Abspulen von Herausforderungen wird der Bezeichnung kaum gerecht. Schade, aber diese hervorragende Simulation lohnt sich nur für beinharte Puristen mit Move-Controller, die trotz eingeschneiter Fairways in Form bleiben wollen.

Pro

hervorragende Golf-Simulation
komfortable Belegung des Move-Controllers
exakte Anzeige verlangter und ausgeführter Bewegungen
Schwierigkeit und Präzision in drei Stufen einstellbar

Kontra

Freischalten von Herausforderungen und Duellen statt Karriere
trockene Videos und Übungen statt sanfter Einführung
keine Charakterentwicklung
leblose Golfplätze
inhaltlich schwacher, dröger Kommentar
keine Online-Turniere oder -Herausforderungen
kein Präzisions-Putten wie bei Tiger Woods 11

Wertung

PlayStation3

Eine hervorragende Golf-Simulation - die leider in einer spielerischen Leere untergeht.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.