Im Test:
Chaos im Paradies
Rainbow Moon erzählt die Geschichte zweier Erzfeinde, die es während eines Duells durch ein Portal in eine andere Welt verschlägt - im Schlepptau jede Menge Monster, welche die Einheimischen in Angst und Schrecken versetzen. Also heißt es das Chaos erst einmal zu bändigen, danach seinen verantwortlichen Gegenspieler ausfindig zu machen und schließlich eine Möglichkeit zu finden, nach Hause zurückzukehren.
Bis auf das knappe Intro wird die Handlung gänzlich in Dialogform und trotz deutscher Entwickler komplett auf Englisch serviert. Sprachausgabe macht sich dabei allerdings rar, Story und Figuren bleiben trotz amüsanter Details blass und austauschbar.
Auf Entdeckungsreise
Die malerische Spielwelt weiß hingegen zu gefallen und versetzt einen schnell in Entdeckerlaune: Hier ein Geldbeutel im Gebüsch, da eine Schatztruhe jenseits des Abgrunds und dort eine Höhle hinter hohen Bäumen. Viele Orte erreicht man erst mit entsprechender Ausrüstung, viele Kostbarkeiten nur mit ausgiebigem Stöbern.
Zudem versperren oft auch mächtige Widersacher den Weg, während andere umherstreunen und umgangen werden können. Praktisch ist, dass man Gegnerstufe und -anzahl vorab angezeigt bekommt und so abwägen kann, ob man eine Auseinandersetzung eingeht oder nicht. Obendrein gibt es auch noch klassische Zufallskämpfe, zu denen man allerdings nicht gezwungen wird. Wer's gerade eilig hat, kann unbehelligt weiterziehen, wer dringend Erfahrungspunkte braucht, nimmt jede Herausforderung an - eine klasse Idee!
Viel zu tun
Die meisten Einsätze sind zwar klassische Such-, Bring- oder Killdienste, halten aber manchmal trotzdem gelungene Überraschungen oder Hindernisbewältigungen parat. Das Leveldesign richtet sich auch unter Tage an engagierte Entdecker, die sich jede Abzweigung merken, jeden Winkel durchstöbern und keine Interaktionsmöglichkeit auslassen. Dank automatischer Kartenfunktion wird selbst das Erforschen größerer Areale nie zur Last, auch wenn man sich hier und da eine Funktion zum Herauszoomen gewünscht hätte - vor allem auf der Weltkarte.
Die zu Land und Wasser bereisbare Spielwelt ist erstaunlich groß, der Spielumfang immens. Wenn man meint, das Ende bald erreicht zu haben, geht's eigentlich erst richtig los. Mehr als hundert Stunden Spielzeit sind kein Problem und wer seine Heldentruppe ans Limit bringen will, ist Wochen oder gar Monate beschäftigt. Allerdings gestalten sich manche Abläufe auch unnötig zäh. Dass Partymitglieder auf der Ersatzbank keinerlei Punkte sammeln und so immer weiter zurückfallen, ist auf jeden Fall unglücklich und unnötig - vor allem, da man lediglich bis zu drei Kombattanten in die Schlacht schicken kann.
Auch der PSN-Verkauf von zusätzlichen Fertigkeitspunkten und Geld, um schneller neue Skills erwerben zu können, hinterlässt angesichts des grind-lastigen Spielverlaufs einen faden Beigeschmack - von schneller erlangten Trophäen und Online-Rangplätzen ganz zu schweigen. Da es keinen Mehrspielermodus gibt und die Ranglisten optional sind, kann man das Ganze zwar auch ausblenden, die für nicht zahlende Spieler deutlich langsamere Charakterentwicklung erzeugt dennoch Unmut.
Zug um Zug
Doch egal, wie man zu DLC-Boosts steht, für die 13 Euro, die man für das Spiel als Grundpreis bezahlt, bekommt man eine Menge geboten. Vor allem Fans klassischer Rundentaktik à la Tactics Ogre, Final Fantasy Tactics oder Disgaea kommen auf ihre Kosten. Die Auseinandersetzungen finden auf rasterförmigen Schlachtfeldern statt, auf denen sich beide Seiten gemäß eingeblendeter Zugfolgenleiste attackieren, bis eine Seite vernichtend geschlagen ist.
Fluch oder Segen?
Die gibt es aber leider ebenso wenig wie eine Austauschfunktion bei vollem Inventar. Egal, was für ein seltenes oder begehrtes Kleinod man erbeutet, ist das Gepäck voll, ist es futsch, ohne dass man es austauschen oder anderweitig Platz dafür schaffen kann. Dafür kann man abseits von Kämpfen jederzeit den Spielstand speichern. Der Schwierigkeitsgrad lässt sich hingegen nur vor Spielbeginn festlegen, bietet da aber nicht nur eine Stufen-, sondern auch eine Stilwahl, welche in erster Linie die Startausrüstung bestimmt.
Nebenbei sollte man sich auch ums leibliche Wohl seiner Truppe kümmern, Tages- und Wochenverläufe beachten sowie den immer besser sortierten Geschäften regelmäßige Besuche abstatten. Schiffsverleiher und Warp-Portale sorgen für schnelles Reisen, in Tavernen kann man sich auch mal ausschlafen, an Lagerfeuern die Zeit vorspulen oder bei Glücksrädern und Brunnen Risikobereitschaft beweisen. Es gibt jedenfalls Vieles und immer wieder Neues zu entdecken - ohne Zwang, ohne Silbertablett.
Fazit
Rainbow Moon verzaubert mit klassischer Rundentaktik vor malerischer Kulisse. Story und Figuren bleiben zwar blass, aber das Ergründen der riesigen, mit versteckten Schätzen gespickten Spielwelt, das Bestreiten unzähliger Schlachten sowie die individuelle Hege und Pflege der immer imposanteren Heldentruppe sorgen für wochenlangen Spielspaß. Die originelle Mischung aus sichtbaren Gegnern und freiwilligen Zufallskämpfen weiß ebenfalls zu gefallen. Schade nur, dass es im Detail ärgerliche Einschränkungen wie die knappen Zugfolgenanzeige und Gruppengröße, nicht mitlevelnde Ersatzkämpfer sowie fehlende Itemwahl-, Zugrücknahme- und Anzeigeoptionen gibt. Auch die Mischung aus Online-Ranglisten und kostenpflichtigen Booster-DLCs sowie die trotz deutscher Herkunft nicht erfolgte Lokalisierung wirken nicht gerade glücklich. Wer auf liebevoll gestaltete und lange motivierende Taktik-Rollenspiele alter Schule steht, sollte sich davon aber nicht abschrecken lassen!
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation3
Bezauberndes Taktik-Rollenspiel alter Schule.
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