Im Test:
Gewagter Umbruch
Während sich die beiden ersten Abenteuer nur geringfügig voneinander unterschieden haben, überrascht Teil drei mit völlig neuen Ansätzen: Statt sich symbolisch via Landkarte von Schlachtfeld zu Schlachtfeld zu bewegen, kann man die Welt um sich herum nun frei erkunden, muss Zufallskämpfe bestreiten und relevante Schauplätze erst ausfindig machen.
Zudem warten die rundenbasierten Auseinandersetzungen neuerdings mit Echtzeitelementen auf, während die Truppengrößen reduziert, Bewegungsphasen gänzlich abgeschafft wurden. Kombos müssen nun zügig verkettet, Sonderattacken regelrecht eingehämmert werden.
Mit klassischen Taktikrollenspielen oder den Vorgängern haben die Kämpfe jedenfalls nur noch wenig gemein. Es gibt zwar nach wie vor gerasterte Schlachtfelder, festlegbare Formationen, begrenzte Aktionspunkte und einsehbare Zugfolgen, aber als Feldherr fühlt man sich kaum noch. Positionswechsel finden aktionsbezogen automatisch statt, jeder kann jeden treffen, Entfernungen spielen nur noch eine untergeordnete Rolle.
Dynamisches Quartett
Unterm Strich gibt es trotz wesentlich schlanker wirkenden Kampfsystems jedenfalls noch immer genügend Frei- und Feinheiten, die es trotz sich wiederholender Grundmuster taktisch klug einzusetzen gilt. Auch Charakterentwicklung und Skill-Management gestalten sich sehr individuell. Komfortverwöhnte Strategen haben es allerdings nicht leicht, da einige sonst übliche Hilfen und Anzeigeoptionen fehlen und manche Funktionen nur notdürftig oder überhaupt nicht erklärt werden. Dadurch muss man viel experimentieren, notieren und sich zusammenreimen.
Wankender Riese
Immerhin hält die Hintergrundgeschichte über einen tragischen Helden, der angeblich aus Liebe einen Gott ermordet und so die Welt ins Chaos gestürzt hat, gekonnt auf Trab. Die ihm noch verbleibende Zeit auf Erden ist nämlich begrenzt, die Sünde so groß, dass noch seine Kinder und Kindeskinder Wiedergutmachung leisten müssen.
Dazu muss man nicht nur über das Land hereingefallene Dämonen zur Strecke bringen, sondern auch passende Partnerinnen für sein schweres Erbe finden. Für wen man sich am Ende entscheidet, legt dabei nicht nur das Aussehen, sondern auch die Anlagen und Talente des nächsten Helden fest.
Sex sells
Letztere sind wohl auch einer der Gründe für die höhere Altersfreigabe. Hier kann man seine Herzdamen nicht nur beim Saunagang beobachten, sondern ihnen auch persönliche Massagen mit Öl, Eiskrem oder Mettwurst verpassen - auf Wunsch sogar per Move-Gefuchtel. Laszive Bonusbildchen mit Busengewackel auf Knopfdruck gab's hingegen schon in den Vorgängern. Voyeuristisch veranlagte Anime-Fans wird's sicher freuen, auch wenn im Vergleich zum Japan-Original ein paar zu heikle Lolita-Szenen gestrichen wurden.
Licht und Schatten
Auf eine deutsche Übersetzung hat man auch dieses Mal verzichtet. Sprachausgabe gibt nur auf Japanisch, Untertitel nur auf Englisch. Die musikalische Untermalung präsentiert sich einmal mehr sehr durchwachsen und kann vor allem in ruhigen Momenten überzeugen, während temporeichere Kompositionen meist in völlig ungestümem Klangchaos enden - von den teils fast schon peinlichen Soundeffekten ganz zu schweigen.
Grafisch sieht's abseits der Dialog- und Story-Sequenzen auch eher mau aus. Die pixeligen 2D-Figuren sind zwar liebevoll animiert und versprühen ein gewisses Retro-Flair, die völlig leblos und detailarm gestaltete Spielwelt wirkt jedoch einfach nur antiquiert. Bildrate und Ladezeiten lassen hier und da ebenfalls zu wünschen übrig.
Kein Ende in Sicht
Um neue Bereiche zu erschließen und Laufwege zu verkürzen gibt es praktische Reiseportale. Speichern kann man seine Fortschritte überall. Als Dreh- und Angelpunkt des Abenteuers fungiert die Stadt Frensberge, die mit allen wichtigen Einrichtungen wie Gilde, Schmiede, Shop, Dojo oder Theater aufwartet. In letzterem kann man sogar eigene Bühnenszenen erstellen und abspeichern. Besondere Kampfleistungen kann man hingegen in Online-Ranglisten verewigen. Wer Agarest Zero abgeschlossen hat, darf sogar Spieldaten importieren.
Fazit
Im jüngsten Agarest-Feldzug hat sich gegenüber den beiden Vorgängern einiges verändert. So gibt es nicht nur eine frei zu erkundende Spielwelt mit ständig lauernden Zufallskämpfen, sondern auch die Auseinandersetzungen an sich wurden kräftig umgekrempelt. Es kämpfen nur noch bis zu vier Gruppenmitglieder gleichzeitig, Bewegungsphasen sind passé und neben gemütlichem Taktieren ist jetzt auch schnelles Reagieren gefragt. Das tut hier und da gut, sorgt aber auch für fragwürdige Hektik. Hinzu kommt, dass das technische Grundgerüst sehr antiquiert ist, die Balance immer wieder ins Wanken, der Spielfluss ins Stocken gerät. Hobbygeneräle, denen Präsentation, Komfort und Übersicht nicht so wichtig sind, kommen trotzdem auf ihre Kosten. Kampfsystem und Party-Management bieten nach wie vor viele Frei- und Feinheiten, das mehrere Generationen umspannende Szenario wochenlang Beschäftigung, während der lebendige Anime-Stil auch abseits voyeuristischer Effekthascherei begeistert.
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation3
Interessanter, aber holpriger Generationenfeldzug in freizügiger Anime-Hülle.
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