Ratchet & Clank: QForce04.01.2013, Mathias Oertel
Ratchet & Clank: QForce

Im Test:

Seit gut zehn Jahren macht der Lombax Ratchet mit seinem Roboter-Freund Clank Sony-Systeme unsicher - und das zumeist erfolgreich: Die Reihe blickt auf zahlreiche Awards zurück. Doch zuletzt konnte das Duo nicht mehr überzeugen. Schafft es Insomniac, der Serie mit Q-Force neue Kreativität einzuhauchen?

Alles bleibt anders

Der Boss hat es in sich: Ständig aktiviert er seinen Schutzschild, dessen Generator auf den Rücken geschnallt ist und außer Gefecht gesetzt werden muss, bevor man sich daran machen kann, seine prall gefüllte Lebensenergie zu minimieren. Dass er ständig Bomben legt, die man entschärfen muss, während man von ihm und seinen Schergen ins Kreuzfeuer genommen wird, macht die Sache nicht leichter. Doch mit Geduld, Geschick, überlegtem Waffeneinsatz und etwas Glück ist er irgendwann besiegt. In diesem Moment zeigt sich Ratchet & Clank: Q- Force (RCQ) von seiner besten Seite und erinnert wohltuend an die älteren Abenteuer des ungleichen Duos. Allerdings kommt dieser Moment viel zu spät und ist als Höhepunkt auf sich allein gestellt.

Den Rest der Zeit ist man deutlich weniger klassisch unterwegs. Denn Insomniac hat sich nach dem enttäuschenden All 4 One (4P-Wertung: 60%) abermals entschlossen, mit den beiden Helden zu experimentieren und sie kopfüber in unbekannte Gewässer zu werfen. Genauer gesagt, haben Ted Price und seine Kollegen versucht, typische Elemente wie Gebietserforschung samt Kämpfen und Waffenaufrüstung mit frischen Inhalten aus dem Bereich der Tower Defense zu versehen.

Gespaltene Persönlichkeit

Das Problem hierbei: Alles, was man bisher an Ratchet & Clank zu schätzen gelernt hat, wird reduziert. Die Gebiete sind nicht mehr allzu groß, die Sprungsequenzen fordern bis auf zu wenige Ausnahmen so gut wie gar nicht, die Waffen sind im Wesentlichen bekannt, relativ schnell an das Maximallevel 5 gebracht und bei Weitem nicht mehr so spektakulär. Dass es in diesen Momenten dennoch weiterhin Spaß macht, durch die Botanik zu rauschen, um Bolzen und Schrauben zu Hunderten einzusammeln und die nur spärlich variierenden Gegner in ihre Einzelteile zu zerlegen, ist in erster Linie der passablen Umsetzung zu verdanken. Technisch sauber und akkurat zu kontrollieren, kann man sich an den satten Waffeneffekten und den Explosionen erfreuen, die Ratchet & Clank-Spiele seit zehn Jahren ausgezeichnet haben. Und hätte sich Insomniac nur auf diese Elemente konzentriert, wäre RCQ ein zwar uninspirierter, aber dennoch solider Vertreter der Reihe geworden - vergleichbar dem 2008 erschienenen Quest for Booty.

Die Helden sind wieder vereint, lassen aber nicht nur den gewohnten Humor größtenteils vermissen.
Die Helden sind wieder vereint, lassen aber nicht nur den gewohnten Humor größtenteils vermissen.
Mit dem Hinzufügen der Tower Defense, die hier die Form einer klassischen Lagerverteidigung annimmt, bei der man seine Basis vor auf zwei Straßen heranrauschenden Gegnern abschirmen muss, hat man sich allerdings keinen Gefallen getan.  Denn so löblich das Ausloten neuer Mechanismen auch ist, hat Insomniac Design-Entscheidungen getroffen, die dem potenziell interessanten Genremix schaden.

Probleme mit der Verteidigung

Dabei wird konzeptionell ein sauberes Fundament gelegt: Die Schrauben, die man sammelt, nutzt man hier, um seine Verteidigungsanlagen in drei Kategorien zu kaufen und an vorgegebenen Punkten zu platzieren. Es gibt klassische Türme in verschiedenen Stärken (und Kosten), die herannahende Gegner unter Beschuss nehmen. Man kann zahlreiche Minentypen legen, um Feinde z.B. zu verlangsamen, ihnen zusätzlichen Schaden zuzufügen usw. Und man kann Barrieren bauen, um die Schergen des Bösewichts aufzuhalten. Hat man die Anlagen einmal errichtet, gibt es keinerlei Möglichkeiten, sie weiter aufzurüsten. Man kann sie nur wieder abbauen, um seine Ressourcen an einem anderen Ort zu platzieren.

Das Problem: Die Kosten sind in Relation zum Ergebnis, sprich: der Effektivität der Bauten bei der Lagerverteidigung, viel zu hoch. Außer im ersten der Hand voll Abschnitte kann man sich nicht darauf verlassen, dass die Türme, Wälle und Fallen ausreichen, um die Feinde von den überlebenswichtigen Generatoren festzuhalten. Immer wieder muss man entweder tatenlos ansehen, wie die für hart erarbeitete Münze errichteten Schutzvorrichtungen dem Erdboden gleich gemacht werden. Oder aber man greift aktiv in den Kampf ein.

Kämpfe gegen Feinde dieser Größenordnung erfordern Geduld und aufgewertete Waffen.
Kämpfe gegen Feinde dieser Größenordnung erfordern Geduld und aufgewertete Waffen.
Was auf lange Sicht auch deutlich effektiver ist - vor allem, wenn man seine Waffen in typischer Ratchet&Clank-Manier "aufgelevelt" hat und sie dadurch durchschlagskräftiger geworden sind.

Unnötige Hektik

Allerdings muss man die Generatoren, in denen man Waffen freischalten kann (einmal erreichte Erfahrungsstufen werden immerhin übernommen), erst einmal finden sowie ggf. von Wachen befreien. Immerhin gibt es in der heimischen Basis (sowie überall in der Gegend verstreut) genügend Munitions- und Gesundheitskisten, so dass in dieser Hinsicht nur selten Probleme auftauchen sollten.

Doch Hektik kommt trotzdem schnell ins Spiel - und das teilweise unnötig. Nicht nur, dass man bei einigen Angriffen permanent von der linken zur rechten Eingangsstraße flitzen muss,  um Feinden aktiv Paroli bieten zu können. Zusätzlich muss man Ziele in den überschaubaren, aber mit einigen Verstecken und Abkürzungen gespickten Abschnitten erledigen, während man immer wieder ins Lager zurück muss, um die angreifenden Widersacher zurückzuschlagen, da die Türme für sich alleine nicht dazu in der Lage sind. So pendelt man schließlich ständig zwischen seiner Basis sowie den Hauptaufgaben hin und her: Gegnerische Schilde müssen ausgeschaltet, feindliche Türme bezwungen und schließlich ein Countdown zum Neustart der planetaren Verteidigung initiiert werden, währenddessen man einem massiven Finalangriff ausgesetzt ist.

Gemeinsame Verteidigung

Erstaunlicherweise plagen den Online-Modus, der Duelle 1-gegen-1 und 2-gegen-2 zulässt, weniger Probleme. Hier wird das Spiel in drei Phasen unterteilt: Aufklärung, Trupp & Angriff. In der ersten Phase muss man sich innerhalb weniger Minuten so viele Kontrollpunkte wie möglich sichern, da diese neben den Abschüssen von Gegnern ein kontinuierliches Schrauben-Einkommen garantieren - je mehr man hat, umso höher fällt dies aus. In der Trupp-Sequenz wiederum kann man seine Bolzen mit vollen Händen ausgeben, wahlweise für Verteidigungsanlagen oder für Truppen, die die gegnerische Basis unter Beschuss nehmen. Wie clever oder vorausschauend man sein Erspartes ausgegeben hat, zeigt die Angriffsphase, die im Gegensatz zu den anderen beiden nicht temporär eingeschränkt wird, sondern erst mit der Übernahme der Basis ein Ende findet.

Die Verteidigung der Basis ist die Achillesferse von Q-Force
Die Verteidigung der Basis ist die Achillesferse von Q-Force
Bedingt durch einige Änderungen der Defensiv-Mechanik kann es hier zu sehr spannenden Duellen kommen, bei denen das Geschehen hin und her wogt. Denn hier kann man z.B. im Gegensatz zur Kampagne sowohl seinen Helden als auch seine Truppen und die Verteidigungsbollwerke aufrüsten und sich sogar neue Bauplätze anschaffen. Das Aufrüsten der Türme findet zwar nicht in punktuellen Stufen statt, wie man es aus einschlägigen Tower Defense-Spielen kennt. Aber auf einer globalen Ebene immerhin so weit, dass sich Unterschiede bemerkbar machen. Wieso man ein derartiges System nicht auch Solisten zur Verfügung stellt, erschließt sich mir nicht.

Trotz aller Verbesserungen der Mechanik bleibt allerdings auch der Online-Modus nur kurzfristig attraktiv. Um länger damit Spaß haben zu können, wären zusätzliche Spielvarianten und vor allem mehr  Karten nötig gewesen.

Fazit

Ich finde es immer gut, wenn Entwickler versuchen, einer bekannten Marke neue Facetten hinzuzufügen, sie in eine neue Richtung zu bringen. Doch dann muss die Umsetzung entsprechend unterhaltsam und gut zusammengefügt sein. Bei Q-Force ist dies leider nur eingeschränkt der Fall. Auf dem Papier klingt die Mischung aus Ratchet&Clank-typischer Erforschung samt Kampf auf der einen sowie Tower Defense auf der anderen Seite durchaus ansprechend. Aber es ist vor allem der neu hinzugefügte Bereich der Lager-Verteidigung, der das dynamische Duo in der Kampagne zum Stolpern bringt. Das beginnt bei der zu geringen Auswahl an Gegnertypen und geht weiter bei der ebenfalls zu klein gehaltenen Auswahl an nicht aufrüstbaren Verteidigungsanlagen, deren Effektivität zudem in keinem Verhältnis zu den überteuerten Kosten steht. So muss man ständig aktiv ins Geschehen eingreifen, anstatt sich ggf. auf die taktische Komponente der Basisverteidigung konzentrieren zu können. Bei den Online-Duellen (1-gegen-1, 2-gegen-2), die sich mit ihren drei Phasen (Scouting, Basisbau, Angriff) sowie aufrüstbaren Elementen angenehm von der Kampagnenkost unterscheiden, kann es hingegen zu spannenden Auseinandersetzungen kommen. Hier wird der Spaß aber mittelfristig durch die geringe Auswahl an Karten ausgebremst. Insomniac scheint nicht ganz zu wissen, wohin man mit Ratchet & Clank möchte: Nach All 4 One ist dies bereits der zweite Abstecher in fremde Genre-Gebiete, der sein Potenzial nicht auszunutzen versteht. Vielleicht brauchen der Lombax und sein Roboterfreund einfach mal eine kreative Pause.

Pro

Mischung aus typischer Ratchet & Clank-Action und Tower Defense
interessante, häufig spannende Online-Matches
zahlreiche Aufrüstungsoptionen (Online)
eingängige Steuerung
ordentliche Auswahl an auflevelbaren Waffen

Kontra

Verteidigungsanlagen in Relation zu Anschaffungskosten wenig effektiv
Tower Defense bleibt oberflächlich
keine nennenswerten Unterschiede zwischen den Figuren
wenig Gegner-Variation
geringer Umfang
wenige Karten im Mehrspieler-Modus

Wertung

PlayStation3

Konzeptionell interessanter Mix aus bekannter Action und Tower Defense, bei der die Basis-Verteidigung vor allem in der Kampagne viel Luft nach oben hat.

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