Im Test:
Der neue Glamour-Faktor
Jay-Z hat über ein Dutzend Grammys und noch mehr Platin mit seinen Alben abgeräumt. Als einer der reichsten Männer der Musikbranche hat er ein Gefühl für Glanz und Glamour entwickelt, das er nicht nur mit Beyoncé, sondern auch mit 2K Games teilen möchte. Ob das mit Justin Bieber als spielbarer Profi auch seine Idee war? Was hat der Popzwerg mit seinen 1,70 Metern bloß in der NBA zu suchen? Wie auch immer: Es ist ja nicht so, dass die Entwickler des besten Basketballspiels der letzten Jahre viel Nachhilfe hinsichtlich der ohnehin erstklassigen Präsentation nötig hatten. Mann, war das ein tolles Spiel!
Und verkauft haben sie ja ebenfalls ordentlich: Fünf Millionen können sich sehen lassen. Diese Marke konnte selbst der Rapper aus New York nur mit zwei Alben deutlich knacken. Aber jetzt funkelt und glitzert, wabert und wummert dieses NBA 2K13 tatsächlich noch
Hip-Hop und Basketball passen jedenfalls besser zusammen. Und Jay-Z ist nicht nur ein Fan, sondern ein Mann vom Fach, selbst beteiligt an den bisher wenig ruhmreichen Brooklyn Nets. Okay, da war Jason Kidd. Aber die Nets haben vor zwei Jahren einen NBA-Rekord für die meisten Niederlagen in Folge aufgestellt – satte 18, autsch! Wer das Schicksal dieses Clubs in die eigene Hand nehmen will, kann das auf PS3 und 360 in vollem Umfang mit diesem Basketballspiel tun. Auf dem Rechner gibt es schmerzhafte Abstriche: Der neue Modus "Mein Team" (mehr dazu auf Seite 3) fehlt genauso wie einige Shop-Funktionalitäten mit freischaltbaren Accessoires und Spielern sowie der All-Star-Weekend-DLC oder fortgeschrittene Grafikoptionen. Anonsten kann man vom kompletten Management inkl. Kaderpolitik über einzelne Saisons bis Playoffs auch dort alles erleben. Man kann auch wie gehabt als unbekannter Rookie eine Karriere starten. Trotz vieler Déjà-vus gibt es frische Impulse – auch auf dem Platz.
Neue Wurf- und Dribbelmechanik
Was hat sich spielerisch getan? Einiges hinsichtlich der Animationen, denn die Kollisionen wirken natürlicher, die Bewegungen schwerer Spieler behäbiger (Center sind deutlich langsamer!), aber flüssiger - man wird nicht mehr so künstlich bei Vollkontakt zurückgeworfen. Auch wenn sich an der grafischen Oberfläche nicht viel getan hat, wirken die Abläufe also ansehnlicher. Und überraschend viel hat sich hinsichtlich der Steuerung getan. Man muss sich als NBA 2K12-Kenner umgewöhnen, denn es gibt eine neue Dribbel- und Wurfmechanik. Über den rechten Analogstick kann man je nach Fähigkeit und Situation elegante Drehungen, Verzögerungen, Körpertäuschungen und Finten einleiten, indem man ihn in Viertelkreisen dreht, nur einmal antippt oder nach hinten zieht; tut man
Bisher war es ja so, dass man den rechten Analogstick für den Wurf nutzen konnte, was in der neuen Steuerung nicht mehr direkt geht. Will man auf diese Weise zum Abschluss kommen, muss man zusätzlich L2 gedrückt halten, um wie gewohnt über den Stick werfen, indem man mit passendem Timing am höchsten Punkt loslässt. Welche Art Wurf man einleitet, wird z.B. über die Richtung oder die Häufigkeit des Stickdrucks ermittelt: Ein „Stepback Jumper“ verlangt z.B. L2 plus zweimal Druck auf den rechten Stick in die vom Korb entgegen gesetzte Richtung. Für einen „Spin Jumper“ muss man den rechten Stick einmal drehen. Für einen Dunk muss man L2 plus R2 drücken. Das alles verwirrt zunächst, weil man das alte System einfach so verinnerlicht hat. Immer wieder ertappt man sich dabei, dass man den Wurf nach einer Finte vergisst, weil man nicht L2 drückt. Allerdings bemerkt man schon in den ersten Spielen eine erstaunlich hohe Trefferquote: Wer NBA 2K12 kennt, sollte also unbedingt eine Schwierigkeitsstufe höher schalten! Auch die simulierte KI hat Probleme mit einer effizienten Defensive.
Viele elegante Möglichkeiten
Der Vorteil der neuen Steuerung wird erst nach einigen Matches klar, denn man kann alle Bewegungen, Dribblings und Würfe sowie Teile des Aufpostens, tatsächlich etwas besser miteinander verbinden, so dass man ansehnlich in fließenden Bewegungen zum Korb ziehen und Layups oder Dunks (neuerdings wird deren Intensität nach dem erfolgreichen Stopfen in Prozent angeben) platzieren kann. Klar ging das auch in NBA 2K12, aber hier fühlt es sich nach einiger Übung intuitiver an, zumal das Ausgucken des Gegenspielers komfortabler läuft und mehr Spaß macht. Das liegt u.a. daran, dass quasi alles auf einem Stick liegt.
Die Folge der Überbelegung: Nicht immer sind Analogstick-Aktion und Dribbling-Reaktion klar. Was mich wundert ist, dass es keine situativen Tutorials gibt, mit denen man das Wesentliche der neuen Steuerung üben kann – vor allem die Dribblings. Also muss man selbst im freien Training in die vielen Möglichkeiten abtauchen. Und wenn man neben den Finten das komplexe Post-Spiel hinzu nimmt, sind die auch dieses Jahr enorm. Natürlich
Arcadiger oder realistischer?
Selbst wenn NBA 2K13 etwas arcadiger wirkt, ist das Spiel gegen die KI auch mit den Standardeinstellungen kein Zuckerschlecken, zumal das Ziehen in die Zone etwas besser verteidigt werden kann. Man hat das Gefühl, dass einige alte Automatismen nicht mehr so stark sind, dafür sind neue hinzu gekommen, die wiederum das alte Schienengefühl hervor rufen - es gibt immer noch Korbmanöver, die man nicht aufhalten kann. Die Defensive des körperbetonten Angriffs bleibt also eine Herausforderung: Immer noch ist vor allem das Blocken sehr knifflig, sehr foulanfällig – selbst bei gutem Timing fällt es schwer, den Ball zu erwischen. Wenn es mal klappt, vor allem in letzter Sekunde von hinten, ist die Freude natürlich umso größer. Und es klappt tatsächlich häufiger bei Spielern mit der Fähigkeit „Radiergummi“.
Schön ist, dass man sein Abwehrverhalten ansonsten sehr gut anpassen kann, nicht nur über Doppeln und Abschirmen, auch über das gezielte Zumachen einer Seite, das Heben der Arme oder Bedrängen des dribbelnden Angreifers – so kann man Ballverluste forcieren. Das grandiose, weil unheimlich situative System der Postmoves bleibt nahezu komplett erhalten, man kann also je nach Position und Stellung um oder über den Verteidiger bewegen, um satt mit einem Dunk oder elegant mit einem Jumpshot abzuschließen – inklusive dem Wegdrücken über das Gewicht oder Fakes über das Schulterzucken. Es ist unglaublich, welche Möglichkeiten man hat, die Riesen zu bewegen. Gerade diese motorischen Feinheiten zeichnen NBA aus.
Konkurrenzlos gut
Das sind allerdings rudimentäre Schwächen, vor allem im Vergleich zu den aktuellen Fußballspielen, bei denen es wesentlich häufiger und hässlicher hakt. Dieses NBA 2K13 ist innerhalb des Sportgenres auch dieses Jahr das Maß aller Dinge. Nur hinsichtlich der Online-Funktionalität sowie Stabilität hinkt man dem Fußball hinterher: Man kann zwar Glück haben und saubere Partien erleben, der Netzcode wirkt sogar etwas solider (vor allem auf den Konsolen), aber es gibt auch dieses Jahr einige Probleme mit plötzlichen Abbrüchen, die man so nicht aus FIFA kennt. Hier sind sie ärgerlich, weil das komplette Währungssystem an das Internet gebunden ist. Sprich: Wer offline Credits verdient, muss sie online verrechnen – wenn dann mal was schief geht, ist der Frust groß. Allerdings wird der wieder gedämpft, denn
Dass Electronic Arts den Konkurrenzkampf mit NBA Live 13 kurzfristig aufgegeben hat, ist zwar schlecht für den Wettbewerb, aber angesichts der außergewöhnlichen inhaltlichen Qualität dieses Sportspiels gesünder. Auch wenn unsere Prozentskala das nicht richtig verdeutlicht: Es liegt eine Klasse zwischen der Präsentation eines NBA 2K13 und der eines FIFA 13. Hier hat man vom ersten Match an das Gefühl, wirklich mittendrin und live dabei zu sein, wenn Dwight Howard und Kobe Bryant im prall gefüllten Staples Center von Los Angeles vor individuell jubelnden Fans loszaubern, die sogar auf den Ball reagieren. Auch wenn man sich immer noch über einige schlecht getroffene Profis wie Nowitzki oder Kaman ärgert und es immer noch keinen Spielereinlauf gibt, sehen die meisten Profis klasse aus, gehen Publikum und Kommentatoren so lebendig mit wie in keinem anderen Sportspiel. Auch in kleinen Situationen reagieren die Fans auf das, was auf dem Platz passiert.
Ultimate Team für Basketballer
In einem Punkt hat sich 2K Games frech bei EA bedient: Der neue Spielmodus „Mein Team“ ist quasi eine Kopie von „Ultimate Team“ aus FIFA - allerdings gibt es ihn nur auf PS3 und 360, nicht auf dem PC. Das ist ärgerlich, denn er macht richtig Spaß: Man baut eine zunächst schwach besetzte Mannschaft immer weiter aus, inklusive Sammelkartenflair sowie virtueller (oder echter) Währung „VC“ zum Tauschen, Kaufen und Wertepimpen. Letztere verdient man universell in nahezu allen Modi und kann sie in neue Boosterpacks investieren, die es wie bei EA in Bronze, Silber und Gold gibt. Man startet mit 1000 VC, ein Dwight Howard kostet übrigens 20.000 VC, sowie einem kleinen Kader aus Bronzespielern. Öffnet man sein erstes Paket kann das zu bizarren Kombinationen wie einem Cavaliers-Playbook, einem Magic-Trikot und der Mavericks-Arena führen. Man kann sein Zufallsteam zunächst nur sporadisch entwickeln: Es gibt manuelle Verbesserungen wie etwa „Ballhandling +6“ oder „Freiwurf+6“.
Schade ist, dass die Team-Chemie keine Rolle zu spielen scheint: Bei der Zusammensetzung von Startformation und Reservebank sowie Trainer muss man also nicht auf verbindende Merkmale achten. Schön ist, dass es ein Online-Aufstiegssystem gibt, das an was erinnert? Richtig: Den Saisonmodus in FIFA. Man hat zwölf Spiele Zeit,
Karriere bis zum personalisierten Sneaker
Mit der virtuellen Währung kann man auch seinen eigenen Spieler in der Karriere entwickeln, indem man ihm nicht nur Klamooten & Co, sondern auch die neuen „Signature Skills“ spendiert. Diese knapp 30 Fähigkeiten machen die Karriere zum einen etwas interessanter, weil man mit vielen Merkmalen experimentieren kann, und zum anderen etwas einfacher, denn sie geben einem effiziente Vorteile beim Dunk oder Posten, beim Steal oder einfach hinsichtlich der Trefferquote. Als „Spot-up-Shooter“ sinkt z.B. der Malus für die Trefferquote aus dem Stand um 30%; als „Radiergummi“ blockt man wie ein Monster. Das wirkt zunächst etwas arcadig, wird aber von einigen Beschränkungen etwas abgefedert. Als „Posterizer“ kann man zwar wesentlich besser über den Verteidiger dunken, braucht dafür aber mindestens 80% seiner Energie, die unter dem Spieler zusammen mit seiner Ausdauer angezeigt wird. Hier hat 2K Games eine sehr gute Balance gefunden.
In der Karriere hat man mittlerweile auch Twitter-Follower und trifft den Manager, dem man Rede und Antwort zur eigenen Leistung sowie Mitspielern und Trainer stehen muss – man kann sich dabei wie ein egoistischer Superstar oder als Teamplayer zeigen. Allerdings sollte man dabei auf seinen aktuellen Status achten, denn ohne Ruhm im Rücken ist man schnell unten durch. Diese durchschaubare Kommunikation natürlich hat Luft nach oben, aber genau das würde man sich auch mal von Fußballspielen wünschen. Zumal auch das Feedbacksystem auf dem Platz sehr ausgefeilt ist: Hier werden wesentliche Erfolge vom Pass über Assists bis hin zum Korb direkt in die Note einberechnet. Etwas bizarr wirkt der Schuhfetisch: Man kann aus 45 Teilen eigene Sneaker bauen. Und in den USA kann man diese Schuhe dann tatsächlich kaufen, zumindest bei Nike.
Fazit
Auch dieses Jahr ist NBA 2K das intensivste, ansehnlichste und umfangreichste Sportspiel. Dass es den besten Basketball zelebriert ist angesichts der fehlenden Konkurrenz kein Wunder – schließlich hat Electronic Arts das Handtuch geworfen und NBA Live eingestampft. Dass 2K Games mit „Mein Team“ das Sammelkartensystem von FIFAs „Ultimate Team“ kopiert und eine universelle Währung einführt, ist nicht gerade kreativ, aber hinsichtlich der Langzeitmotivation clever. Nur dass es keine historischen Zeitreisen mehr in die Ära von Bird & Co gibt, ist genauso ärgerlich wie die um Spielmodi kastrierte PC-Version. Aber dafür sind Offline-Karriere und Online-Erlebnis wesentlich besser verknüpft, zumal die neuen „Signature Skills“ zum Experimentieren einladen. Und es ist eine Leistung, die spielmechanische Qualität nicht nur ein wenig mit Jay-Z-Beats und Glamour zu schmücken, sondern auch inhaltlich weiter zu entwickeln. Ja, es gibt noch Schwächen und online flutscht es trotz stabilerem Netzcode immer noch nicht rund, aber die neue Dribbel- und Wurfsteuerung sorgt zusammen mit der glaubwürdigeren Physik für ein natürlicheres und zu Beginn ungewohntes Spielgefühl. Schade, dass es keine situativen Trainings gibt! Wenn man es verinnerlicht hat, kommt man nicht mehr so schnell von diesem sehr guten, unheimlich intensiv präsentierten Basketball los. Es sei denn, Justin Bieber grinst in der Starting Five...
Pro
Kontra
Wertung
360
Das ist auch dieses Jahr nicht nur der beste Basketball, sondern das beste Sportspiel!
PC
Auch am Rechner ein gutes, aber um Spielmodi und Online-Features kastriertes Erlebnis.
PlayStation3
2K Games erweitert die Spielmodi und verfeinert die Spielmechanik: NBA 2K13 bleibt das Maß aller Sportspieldinge!
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