Prächtige SciFi-Metropole
Die Kulisse kann sich sehen lassen: Die Artdesigner vermengen klassische und futuristische Aspekte zu einer farbenfrohen Metropole.
Warum das schade ist? Weil die Artdesigner immer wieder ihre Klasse unter Beweis stellen! Diese Metropole, die alte Bauwerke wie den Triumphbogen und natürlich den Eiffelturm zeigt, verblüfft trotz Tearing hier und etwas Geruckel dort mit futuristischen Reizen. Es gibt nicht nur zig Graffiti und Neonreklamen, wunderbar kräftig leuchtende Farben sowie individuell ausgestattete Appartements, sondern vom kleinen Putzroboter, der wie ein Käfer umher wuselt, bis zum Arbeits-, Technik- und Sexandroiden viele Hingucker in den Straßen; selbst der Müll in den Kanälen wirkt hier mit Bedacht platziert. Und wo hat ein Androide schon mal Tauben gefüttert? Cool! Sehr gelungen sind zudem die Überleitungen über grafische Fragmentierungen in die Erinnerungswelten oder der plötzliche Wechsel zu strahlendem Weiß mit ganz wenigen Konturen – hier denkt man unweigerlich an den Stil von Mirror’s Edge.
Aber Remember Me ist voller Brüche. So schön die Kulisse stellenweise auch ist, so steril wirkt die Welt: Zwar sorgen fluchende Bewohner oder Verkäufer hier und da für Leben, aber sobald man sich den Einwohnern nähert, muss man sich teilweise seltsame Einzeiler anhören, kann nicht in ein Gespräch gehen. Und das, obwohl Nilin mehr als genug Gründe hätte. In den wenigen automatischen Dialogphasen bemerkt man auch, dass Remember Me hinsichtlich Mimik, Gestik sowie Lippensynchronität bestenfalls solides Niveau erreicht. Auch die deutsche Lokalisierung ist spätestens dann zweitklassig, wenn Olga auftaucht. Und selbst Nilin, die sehr gut gesprochen in inneren Monologen der Ladephasen philosophiert, plappert kurze Zeit später wie eine schnippische Göre im Spiel. Hinzu kommen Abmischungsprobleme und Soundfehler – manchmal wird der Ton ganz leise oder es gibt Stottereffekte.
Obwohl sich freie Kletterei anbieten würde, folgt man immer nur einer Route.
Der Spielablauf ist ansonsten sehr gewöhnlich: Man kann neben Texteinträgen für das Tagebuch oder Ungeziefer (natürlich im Stile von 1/50) lediglich Upgrades für sein Leben oder seinen Fokus finden. Und das wird auch noch über ein billiges Bildersuchrätsel inszeniert. Dazu die Story: Der Widerstand gegen Memorize, die so genannten „Erroristen“, hätten diese digitalen Tafeln als Hilfe für Rebellen wie Nilin platziert. Dass die subversiven Sat-Pakete teilweise drei Meter weiter oder maximal drei Gänge weiter weg orange vor sich hin leuchten, macht das „konspirative Suchen“ natürlich zur Farce, was Anspruch und Logik angeht. Immerhin gibt es ein wenig Abwechslung, wenn man über die Erinnerungen von Feinden kleinere Schalter- und Logik-Aufgaben lösen muss – aber das einzige Zahlenrätsel wird auch noch komplett im Untertitel verraten; argh! Ein weiteres Problem des Spieldesigns ist die Vorhersehbarkeit der Kämpfe.
Das Labor für Kombinationen
Immer dann, wenn sich irgendwo ein Platz oder eine Halle öffnet, weiß man, dass es gleich Gefechte mit teilweise mehreren Feindwellen gibt. Warum die Lady überhaupt so schlagfertig ist? Nilin war mal eine Gedankenjägerin, die jetzt Stück für Stück nicht nur ihre Erinnerungen, sondern auch ihre Kampfmanöver zurückgewinnt. Mit jedem Gefecht sammelt sie Erfahrung und schaltet neue Kombinationsmöglichkeiten frei. Was zu Beginn verwirrend wirkt, besteht eigentlich nur aus zwei Angriffsknöpfen: Viereck und Dreieck. Es gibt also weder Griffe noch Konter, so dass das Kampfsystem eher einen offensiven Stil mit Ausweichsprüngen als ein Handgemenge inszeniert. Allerdings kann man jederzeit
Kombos ohne Ende: Mit der Zeit schaltet man immer mehr Manöver frei, die man individuell zu Ketten verarbeiten kann.
leichte oder schwere Schüsse abgeben, um Feinde von Wänden zu holen oder Schilde zu zerbrechen. So entsteht nach einiger Zeit zwar ein taktischer Fluss, zumal man akustisches Feedback für gelungene Trefferfolgen erhält. Das Ganze erinnert auch entfernt an Batman, erreicht jedoch nicht dessen dynamische Brillanz oder animierte Coolness – zumal man das System so leicht durchschaut, dass man aufgrund des mächtigen Ausweichsprungs mit den Feinden Katz und Maus spielen kann.
Wie funktioniert das mit den Kombinationen? In einem separaten Bereich kann man bei aktivierter Pause bis zu vier Ketten zusammenfügen, die aus drei bis acht Gliedern bestehen können. Zunächst darf man nur recht einfache und kurze erstellen, im Laufe des Spiels öffnen sich dann die Möglichkeiten sowie die Auswahl an Manövern – insgesamt sind es 24, verteilt auf vier Arten. Dazu gehören die Attacke, die Abkühlung, die Duplikation bei gleichzeitiger Verstärkung des vorhergehenden Effekts sowie die Regeneration. Obwohl man bei Letzterem optisch angreift, wird nur wenig Schaden ausgeteilt, aber dafür wird man effizienter geheilt.