Batman: Arkham Origins25.10.2013, Benjamin Schmädig
Batman: Arkham Origins

Im Test:

Endlich ist es vorbei! Ich war noch nie so froh, ein Batman-Spiel beendet zu haben. Hoffentlich schneidet Origins den seit Arkham Asylum gesponnenen Faden ab, macht einen Knoten ins Ende und wirft das Garn weg. Denn die Luft ist raus, endgültig. Mit einem Kraftakt rettet sich das Spiel in den letzten Stunden zu einem versöhnlichen Finale – davor musste ich fast emotionslos mit angesehen, wie Batman mal wieder Gotham City rettet.

Dynamisches Duo gegen doppeltes Trio

Bevor die Ereignisse wie eine knisternde Zündschnur auf den Showdown zu rasen, war mir Batmans neuestes Abenteuer fast egal. Ich habe das Solospiel sogar irgendwann verlassen und nach Mitspielern für Onlinegefechte gesucht. Richtig gelesen: Zum ersten Mal gibt es Mehrspielerkämpfe. Und was ich im Vorfeld für eine Prise Salz auf Vanillepudding gehalten habe, ist tatsächlich eine der Schokoladenseiten des Spiels!

Acht Kämpfer treten gegeneinander an – drei im Team des Jokers, drei für Bane. zwei als das Dynamische Duo. Jede Gruppe verfolgt dabei ihr eigenes Ziel. Die zwei Gangsterbanden wollen Stützpunkte einnehmen, weil jede Basis die Anzahl gegnerischer Wiederbelebungen stetig senkt, während Batman und Robin allem Gesindel den Garaus machen wollen. Sie greifen die Banditen deshalb so lange an, bis das Level der "Einschüchterung" so groß ist, dass die Gangster weiße Fahnen schwenken. Werden sie selbst getötet, sinkt die Einschüchterung allerdings – am besten attackieren sie also mit bekannten Hilfsmitteln wie Batarangs aus der Ferne oder schalten Feinde aus, die nicht von Kameraden gedeckt werden.

Zwei Joker

Banes und Jokers Truppen schießen hingegen mit herkömmlichen Kalibern und selbstverständlich darf ich meine Kämpfer nach Belieben ankleiden und ausrüsten – durch

Gleich acht Attentäter wollen Batman diesmal an den Hals.
Acht Attentäter und etliche Kleinganoven wollen dem Superhelden an den Hals.
Erfolge im Kampf erhalte ich Zugang zu stärkeren Waffen. Mit einem Röntgenblick ähnlich Batmans Detektivblick sehen auch die gewöhnlichen Halunken durch Wände. Der Einsatz des taktischen Mittels ist allerdings zeitlich stark begrenzt. Und wenn's schlecht läuft? Dann melden sich Bane oder Joker zu Wort und wollen mitmischen! Wer ihnen dann zuerst die Tür öffnet, schlüpft in die Rolle seines Bosses, um als Walze Bane unter Helden und Ganoven zu wüten oder sie als Joker mit starken Waffen und geschickten Nahkampfattacken zu töten.

Natürlich kamen vor Verkaufsstart nur vereinzelte Partien zustande. Es gibt zudem wenig Einsatzgebiete und die meisten Areale fühlen sich sehr eng an. Die ungleiche Rollenverteilung sowie die guten Ideen haben mir aber unerwartet großen Spaß gemacht. Wie gesagt: Die Mehrspielergefechte gehören zum Besten am Spiel!

Immer noch genauso wieder

Was soll ich auch sagen? Batman fliegt über Gotham – so wie er es in Arkham City tat. Er vermöbelt Gangstergruppen im brachialen Nahkampf – so wie er es in Arkham City tat. Manche schaltet er auch aus der Deckung heraus aus – so wie er es in Arkham City tat. Ach, und er erledigt zahlreiche Nebenaufgaben, löst grün markierte Rätsel und meistert Dutzende losgelöste Herausforderungen – so... nun ja. Ich könnte sagen, dass die gotischen

Besonderheiten der PC-Version

Die PC-Fassung bietet naturgemäß Möglichkeiten zum Anpassen der Grafik, DirectX-11-spezifische Optionen verbessern Schattendarstellung und Ambient Occlusion zusätzlich.

Das Bild ist deutlich schärfer als das der Konsolen und bietet ähnlich wie Arkham City zusätzliche Effekte wie volumetrischen Dampf oder aufwändigeres Schneegestöber.

Ein großer Vorteil liegt in der besseren Bildrate, denn PC-Helden genießen dadurch mehr Übersicht und können präzise auf Angriffe reagieren. Während Batman auf Konsole scheinbar träge auf manche Eingaben reagiert, fühlen sich seine Aktionen am PC direkter an. Der Spielfluss ist näher am sehr guten Vorgänger dran als auf PS3 und Xbox 360. Fassaden der industriellen Kulisse immer noch grandios aussehen und dass das Gleiten hoch über den Dächern nach wie vor ein majestätisches Erlebnis ist. Aber all das, eigentlich das ganze Spiel, ist nicht mehr als eine Erweiterung des Vorgängers.

Knöpfchen statt Köpfchen

Eine quantitative wohl gemerkt, denn echte Neuerungen gibt es nicht. Zum einen ist Batman zwar in einem bedeutend größeren Areal unterwegs, ein Teil davon ist jedoch das aus Arkham City bekannte Gebiet. Zum anderen erweitert das neue Entwicklerstudio (Warner Montreal hat für Rocksteady übernommen) zwar sowohl die Detektivarbeit als auch den Kampf um kleine Elemente, spielerisch ändert sich dadurch aber praktisch nichts.

Ein Beispiel: Der Superheld untersucht nach wie vor Spuren an Tatorten und kann nach dem Sammeln von genügend Beweisen die Zeit vor- oder zurückspulen, um zu erkennen, wohin ein gesuchter Gegenstand z.B. von einer Explosion geschleudert wurde. Von aktiver Detektivarbeit kann allerdings keine Rede sein – ich drücke ja nach wie vor angezeigte Knöpfe und das war's. Anderes Beispiel: Mit den neuen Elektroschock-Handschuhen setzt Batman Maschinen in Gang und schlägt im Kampf härter zu. Es macht die Gefechte also einfacher, ein neues Element kommt aber nicht hinzu. Und ob er die Maschinen nun mit diesem oder jenem Gerät in Gang setzt...

Blau auf blau

Die Prügeleien mit großen Gruppen hat Warner Montreal sogar verschlechtert – nicht wesentlich, aber im Detail. Dem Kontern, also dem rechtzeitigen Drücken des richtigen Knopfs, sobald ein Feind ausholt, kommt in Origins nämlich eine etwas zu große Bedeutung

Vieles gleicht dem Vorgänger: Kulisse, Gegner und Spielgefühl wurden zum großen Teil aus Arkham City übernommen.
Vieles gleicht dem Vorgänger: Kulisse, Gegner und Spielgefühl wurden zum großen Teil aus Arkham City übernommen.
zu. Das liegt u.a. daran, dass Batman jetzt mehr Zeit benötigt, um von seinem eigenen Angriff zu einem Gegenschlag überzugehen. Auf Konsolen ist das Phänomen auffälliger als am PC; vermutlich liegt an den sehr unterschiedlichen Bildraten (siehe Kasten). Weil ich deshalb lieber auf die nächste Kontermöglichkeit warte, anstatt selbst zu attackieren, kann ich die Gefechte taktisch schlechter gestalten. Irgendwann fühlten sie sich eintönig an. Mit zusätzlichen Fähigkeiten sowie den Schockhandschuhen wütet Batman später zwar wie ein rasendes Monster unter den bemitleidenswerten Eintagsfliegen, aber dieser "Dynasty Warrior" hätte nicht die Lösung sein dürfen!

"Mehr Wumms, weniger Finesse" gilt auch für Informanten, denen der Superheld wie in Arkham City die Position einiger Riddler-Verstecke entlockte: Musste er sie im Vorgänger bis zum Schluss des Kampfes verschonen, kann er sie diesmal auch verhören, wenn er sie zu einem beliebigen Zeitpunkt KO schlägt. Dabei war gerade das schnelle Umdenken ein gelungener taktischer Baustein, denn er durfte ihnen nicht wehtun, wenn sie auf ihn zu kamen.

Einen unglücklichen Fauxpas leisten sich die Entwickler zudem: In der verschneiten Kulisse strahlen viele Weiß- und Blautöne, auch Dutzende der einzelnen Herausforderungen finden auf einer stählernen Trainingsfläche vor bläulichem Gegenlicht statt – die hellblauen Kontersymbole über den Köpfen der Gegner gehen deshalb gelegentlich unter. Überhaupt ist die Bildsprache schwächer als im Vorgänger, denn damals wurden Übergänge zwischen Zeitlupen-Angriffen und Leerlauf sowohl visuell als auch akustisch deutlicher hervorgehoben. Während ich in Arkham City heute noch nahtlos Kombinationen aneinander reihe, unterbrach ich in Origins selbst nach etwa 20 Stunden aus Versehen eine Angriffskette nur deshalb, weil ich dem Geschehen schlechter folgen konnte.

Wer ist hier der Boss?

Und ja: Das dritte Batman ist ein umfangreiches Spiel. Das Folgen des roten Fadens dauert gut zehn Stunden, einschließlich Rätseln, zusätzlichen Aufgaben und Herausforderungen können mehrere Dutzend zusammenkommen. Schade nur, dass die kurzen Missionen der Nebenrollen (darunter Shiva und der Pinguin) zum größten Teil aus einer banalen Wegpunktsuche bestehen und dass Enigmas Rätsel kaum Kopfzerbrechen bereiten. Kein Vergleich mit den vertrackten Knobeleien des Vorgängers! Ähnlich wie dort freuen sich anspruchsvolle Spieler immerhin über ein New Game +, ganz Hartgesottene quälen sich sogar in einer noch kniffligeren Variante.

Dabei ist schon der normale Schwierigkeitsgrad fordernd. Selbst in scheinbar harmlosen Schlägereien musste ich mich hin und wieder zusammenreißen – sehr gut! Noch besser, dass das auch für die Bosskämpfe gilt. Black Mask hat ja Attentäter angeheuert, darunter Deathstroke, Bane und Killer Croc. Ihr Ziel: Batman. Und so bekommt er es zum ersten

Stilistisch führt Arkham Origins die Klasse der Vorgänger problemlos fort.
Stilistisch führt Arkham Origins die Klasse der Vorgänger problemlos fort.
Mal in der Arkham-Serie mit ebenso toll inszenierten wie angenehm schwierigen Showdowns zu tun. Reaktionsspiele zu vorgefertigten Szenen unterbrechen zwar zu oft den Spielfluss, alles in allem sind die Aufeinandertreffen zwischen Held und Schurken aber packende Höhepunkte.

Frustrierende Frustprophylaxe

Der höhere Anspruch ist eine wichtige Entwicklung... doch was haben sich die Entwickler bei den aufdringlichen Hinweistafeln gedacht? Da verzichte ich im Kampf mal auf eine der möglichen Tastenkombinationen – schon hält mir das Spiel die dafür notwendige Tastenkombination vor die Nase. Wenn das Verteidigen eines Messerstichs nur einmal misslingt, blinkt sofort ein solcher Hinweis auf. Ich habe mich selten derart gegängelt gefühlt! Natürlich könnte ich die Tipps abschalten, dann müsste ich allerdings auch auf die wichtigen Kontersymbole verzichten. Die möchte ich beim ersten Erleben aber unbedingt sehen.

Und ich fürchte, die Penetranz hat Methode: Warner Montreal will das Spiel scheinbar idiotensicher an die Frau bzw. den Mann bringen. Schließlich erhalte ich nach jedem Gefecht nicht nur eine Bewertung mit entsprechend vielen Erfahrungspunkten, sondern sehe eine komplette Aufzählung aller erfolgreichen Angriffe. In Batmans Unterschlupf fliegen mir die XP-Fledermäuse sogar um die Ohren, wenn ich mich einfach nur mit Alfred unterhalte – was soll das? Ich will Batman sein. Ich bin keine XP-Maschine, die nach jedem Punktgewinn eine neue Hose braucht!

Zumal die Entwicklung von Batmans Fähigkeiten erstaunlich eindimensional verläuft. Auf maximal zwei Strängen erhält er für den Nahkampf nach und nach eine bessere Panzerung, später dann neue Fähigkeiten. Der Ausbau seiner Fähigkeiten als heimlicher Schleicher ist offener, grundsätzlich aber ähnlich vorgezeichnet.

Spielerisch entwickelt sich die Serie kaum weiter...
Spielerisch entwickelt sich die Serie kaum weiter...

Wer klettern kann, braucht Türme

Ich war enttäuscht vom dritten Arkham-Spiel. Im besten Fall habe ich beinahe emotionslos den zum größten Teil bekannten Schauplatz erschlossen, im schlechtesten darüber geärgert, dass sich die Serie spielerisch nicht entwickelt. Und wenn doch, dann in die falsche Richtung – es fühlt sich einfach nicht richtig an, analog zu Far Cry 3 oder Assassins's Creed Funktürme einzunehmen. Das Erzähltempo schaltet gleich zu Beginn in den vierten Gang, die Musik verzichtet zugunsten eines aufgescheuchten Orchesters auf die düsteren Motive der Vorgänger. Nein, das war nicht der Batman, den Rocksteady so erfolgreich etabliert hatte.

"Bats!"

Aber zum Teil sollte es dieser Batman auch nicht sein. Denn Origins zeigt einen jüngeren, hitzköpfigen Superhelden, der ebenso vom Ehrgeiz getrieben ist wie von seiner schmerzhaften Erinnerung. Dieser Batman muss sich erst finden. Er muss erst verstehen,

... erzählerisch setzt Arkham Origins dafür einen sehr guten Schlusspunkt.
... erzählerisch setzt Arkham Origins dafür einen sehr guten Schlusspunkt.
dass Gotham City auf seiner Seite steht, dass er Verbündete braucht wie Alfred oder Gordon. Er muss eine Feuerprobe bestehen, bevor aus dem wütenden jungen Mann der besonnene Dunkle Ritter wird.

Und die bekommt er!

Arkham Origins verzichtet auf überraschende Wendungen, die wichtigsten Geheimnisse wurden in Videos und Bildern längst verraten. Stattdessen erzählt es eine Geschichte, die früh eine persönliche Note bekommt und die etwa im letzten Drittel gehörig anzieht. Denn die unmittelbare Bedrohung durch Black Mask und die Attentäter gipfelt in einer explosiven Folge von Ereignissen, die mich spielerisch gefordert und den Helden hinter der Maske an seine Grenzen geführt haben. Ein Shakespeare'sches Drama erzählen die Entwickler nicht. Anders als Rocksteady geben sie dem Mann hinter der Maske aber endlich ein Gesicht. Und nachdem ich das gesehen hatte, konnte ich mich beruhigt aus Arkham verabschieden.

Fazit

Und dann war Arkham Origins endlich vorbei. "Endlich"... weil es genau im richtigen Moment einen Schlussstrich zieht – nach einem ebenso explosiven wie emotionalen Finale. "Endlich" aber auch, weil der gelungene Abschluss nicht zu erwarten war. Denn während Batman über der aus Arkham City bekannten, lediglich größeren Stadt schwebt, entwickelt er sich spielerisch kaum weiter. Im Nahkampf wird der Gegenschlag so wichtig und der Superheld so mächtig, dass die Gefechte irgendwann eindimensional wirken. Taktische Finessen fallen weg, aufdringliche Hilfetexte sowie XP-Aufschlüsselungen stören wie Kratzer auf dem Bildschirm, Rätsel sind einfallsloser als im Vorgänger und das heimliche Schleichen ist lediglich gewohnt gut. Seine Stärken entfaltet Origins erst, wenn die Geschichte nach der drögen Einführung Fahrt aufnimmt – wenn aufwändig inszenierte Showdowns Batman zum ersten Mal alles abverlangen und er auf dem Höhepunkt seiner Feuertaufe die Maske abnimmt. Ich bin überrascht, dass ausgerechnet seine Charakterentwicklung und die unerwartet spannenden Onlinegefechte einen gelungenen Schlussstrich unter der Trilogie ziehen! Überrascht und versöhnt zugleich. Zeit, Lebewohl zu sagen.

Pro

große, von Beginn an offene Welt
interessanter Einblick in Batmans Vergangenheit
architektonisch faszinierende Kulisse
dynamischer Wechsel zwischen Prügeln und Schleichen
aufwändig inszenierte Höhepunkte
fordernde Action, einschließlich harter Bosskämpfe
zahlreiche Herausforderungen außerhalb der Geschichte
Onlinegefechte mit zwei Teams und zwei Superhelden
zwei New-Game-Varianten nach erstem Durchspielen
zahlreiche Einzelheiten zu Charakteren und Hintergründen

Kontra

schnelle, laute Inszenierung statt stilvoller Ästhetik
spielt in größerem, aber demselbem Gebiet wie Arkham City
übermäßiger Fokus auf Konter macht Kämpfe einseitig
Anklicken von Hinweisen statt Detektivarbeit
wenig Freiheiten bei oberflächlicher Charakterentwicklung
Reaktionsspiele stören Spielfluss in Bosskämpfen
ständige Sammel
und Erfahrungszähler
Rätsel deutlich einfallsloser als im Vorgänger
aufdringliche und viel zu zeitig angezeigte Hilfetexte

Wertung

360

Spielerisch entwickelt sich die Serie kaum weiter - erzählerisch setzt Origins aber einen guten Schlusspunkt unter die Arkham-Trilogie.

PlayStation3

Spielerisch entwickelt sich die Serie kaum weiter - erzählerisch setzt Origins aber einen guten Schlusspunkt unter die Arkham-Trilogie.

PC

Die PC-Fassung bietet die schärfste Darstellung und die beste Bildrate. In den Kämpfen reagiert er deshalb genauer als auf Konsolen.

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