Im Test: Ein grausamer K(r)ampf
Kostenpflichtiges Free-to-play
Zunächst ist das mit dem „Kostenlos“ so eine Sache. Zumindest in Deutschland. Denn anstatt sich das Spiel einfach so aus dem Store laden zu können, wie es in anderen Ländern möglich ist, muss man bei uns 0,99 Euro investieren. Dafür bekommt man im Gegenzug aber auch elf „Fortfahren-Tickets“ dazu, die eigentlich knapp zehn Euro kosten würden. Warum das so ist? Weil Spiele mit einer Freigabe ab 16 Jahren wohl laut Gesetz nicht frei zugänglich und damit auch nicht kostenlos angeboten werden dürfen. Warum man Lost Swords auf der Startseite des PSN-Stores aber noch groß als kostenlos anpreist, ist wohl eher einer gewünschten Aufmerksamkeit zu verdanken, entspricht in Deutschland aber nicht den Tatsachen.
Begrenzte Teilnahmemöglichkeiten
Um die Spieler zum Weitermachen zu animieren anstatt die Quest neu zu starten, hat man sich eine weitere „tolle“ Mechanik einfallen lassen: Um überhaupt an den Herausforderungen teilnehmen zu dürfen, muss man vor dem (Neu-)Start zunächst „AP-Tickets“ investieren, deren Anzahl je nach Level variiert. Zwar werden diese automatisch wieder aufgefüllt, doch muss man dafür entweder eine mit drei Minuten pro Ticket halbwegs faire Wartezeit in Kauf nehmen oder den Charakter weiter aufleveln. Erreicht man eine neue Stufe, wird nicht nur das komplette AP-Kontingent wieder aufgefüllt, sondern auch das Maximum der verfügbaren Tickets erweitert. Ungeduldige haben aber selbstverständlich auch die Alternative, sich AP-Tränke
Neben Erfahrungspunkten kämpft man in erster Linie für neue Gegenstände wie Klamotten, Waffen und Seelensteine. Da warten u.a. diverse Schwerter, Dolche, Sandalen, Hemden und Hosen – selbst mehr oder weniger schicke Haarreifen gibt es zu gewinnen. In der Schmiede lassen sich die Gegenstände außerdem kombinieren, um die Waffen aufzupeppen. Dabei lässt sich der Schmied ausnahmsweise mal nicht direkt mit Echtgeld bezahlen. Stattdessen kommt hier die Ingame-Währung zum Einsatz, wobei die Preise auch hier gesalzen sind. Immerhin lässt sich durch den Verkauf überflüssiger Items der Kontostand verbessern, durch die Investition von Echtgeld überraschend nicht.
Feuer, Wasser und Wind
Bei den Gegenständen spielen die Elemente eine besondere Rolle, die nach dem Stein-Schere-Papier-Prinzip funktionieren: Wasser schägt Feuer, Feuer ist bei Wind am effektivsten und Wind hat Vorteile gegenüber Wasser. Hinzu kommt eine generelle Ausrichtung, bei der man sich zwischen Licht und Dunkelheit entscheidet. Dadurch erhalten sowohl der Waffenbau als auch das Einkleiden sowie die Kämpfe eine etwas taktischere Note. Wer will, kann auch zwei unterschiedliche Elemente kombinieren. Keine Überraschung: Das Inventar ist begrenzt. Und wie lässt es sich wohl erweitern? Richtig: Mit Investitionen im Shop! Für 4,99 Euro bekommt man zehn weitere Plätze in seinem Beutel – das ist absoluter Wucher! Zudem lassen sich auch Premium-Kisten zu stolzen Preisen erwerben, in denen sich hochwertigere Gegenstände befinden. Eine einzelne dieser Kisten kostet schon unverschämte 3,99 Euro. Wer gleich sechs im Bundle kauft, muss 14,99 Euro berappen – schöne neue Prügelwelt!
Alternativ grindet man eben fröhlich weiter und hofft darauf, zufällig ein paar der höherwertigen Gegenstände zu gewinnen. Leider laufen die Quests meist nach Schema F ab und verlieren entsprechend schnell an Reiz. Für einen Hauch von Abwechslung sorgt immerhin die Tag-Team-Mechanik: Vor jedem Kapitel hat man die Wahl zwischen drei zufällig ausgesuchten Figuren anderer PSN-Spieler, die einem als Partner zur Seite gestellt werden. Allerdings gibt es zwei Haken, denn zum einen muss man erst eine Leiste während des Kampfes füllen, um die Funktion überhaupt aktivieren zu dürfen. Zum anderen nimmt die Energie des Partners selbst dann ab, wenn er nicht getroffen wird, sodass der Kämpferwechsel bewusst kurz ausfällt. Kein Wunder – die Fortsetzen-Tickets verkaufen sich ja nicht von alleine und es wäre nicht im Interesse der Entwickler, wenn der Spieler mit Hilfe des Doppelpacks zu stark werden würde. Nach der Quest bekommt man die Möglichkeit, eine Verbündeten-Anfrage an den User zu schicken, um dessen Figur in eine Sammlung an Kämpfern aufzunehmen, mit
Keine Mehrspieler-Duelle
Leider war es dann auch schon, was Interaktionen mit anderen Spielern angeht. Kaum zu glauben, aber wahr: Diesem Soul Calibur fehlt das Herzstück der Serie – der Mehrspielermodus! Es gibt hier weder lokale Prügeleien noch Duelle über das PSN! Stattdessen werden lediglich die drögen Quests und Missionen für Solisten geboten, die bei Weitem nicht an den hervorragenden Storymodus Edge Master aus Soul Edge heran reichen. Zumindest sollen in Zukunft auch asynchrone Ranglisten-Duelle folgen, doch bisher wird inhaltlich bis auf die Unmengen an Items viel zu wenig geboten. Das spiegelt sich auch bei der Kämpferriege wider: Mit Mitsururgi, Sophitia und Siegfried stehen bisher lediglich drei Charaktere zur Auswahl. Und obwohl mir beim Start die Möglichkeit zu einem späteren Wechsel versprochen und mir im Spiel sogar eine solche Option angeboten wird, muss ich trotzdem immer bei meiner aktuellen Figur bleiben. Was soll das? Zwar wurden bereits weitere Recken bestätigt, aber ich kann mir gut vorstellen, dass Namco die Spieler auch hier kräftig zur Kasse beten wird.
Bei der Kampfmechanik greift man auf die sehr gute Basis der großen Teile zurück, sprich: Wer schon mal ein Soul Calibur gespielt hat, wird sich auch hier sofort zurechtfinden. Die Move-Listen wurden quasi 1:1 übernommen und auch die Rüstung kann wieder zerstört werden, sodass die Recken zur Not in ihrer Unterwäsche weiterkämpfen müssen. Neu sind die Funktionen Soul Burst und Soul Break: Ab und zu aktivieren die Gegner einen Soul Burst, der ihnen nicht nur mehr Kraft
Die Billigvariante
Technisch wird ein Niveau geboten, das eher bei Soul Calibur II angesiedelt ist. Zwar sind einige Stages schick designt und fallen mit Wäldern, altehrwürdigen Gemäuern oder einem Vulkanschlachtfeld auch abwechslungsreich aus, doch von der grafischen Qualität eines Soul Calibur V ist man sehr weit entfernt. Einzig der gelungene Soundtrack mit seinen meist orchestralen Arrangements kann in einer ähnlichen Liga mitspielen. Davon abgesehen sehen die Charaktere mit den vorhandenen Klamotten-Optionen oft einfach nur furchtbar aus: Wer will schon einen Mitsurugi mit einem Haarband sehen? Oder eine Sophitia, die ihre blonde Mähne unter einen Stahlhelm quetscht?
Am schlimmsten sind allerdings die unerträglichen und häufigen Ladeunterbrechungen: Schon das Warten auf den Kampfbeginn hat es in sich, doch darüber hinaus gibt es kaum ein Menü, bei dem nicht wieder ewig lange Daten in den Speicher geschaufelt oder vom Server abgerufen werden müssen. Tatsächlich verbringt man gefühlt mehr Zeit beim hilflosen Anstarren der Sanduhr als im eigentlichen Spiel – sowas geht gar nicht!
Fazit
Wer braucht ein Soul Calibur: Lost Swords? Wenn ich bedenke, dass man die Vorgänger und damit vollwertige, unterhaltsame Beat'em Ups inklusive Mehrspieler-Modi mittlerweile für unter 20 Euro bekommt, erübrigt sich eigentlich schon die Frage. Doch spätestens, wenn ich einen Blick auf die preislich völlig überzogenen Mikrotransaktionen werfe, wird mir klar: Diesen Free-to-play-Ableger mit seinen wenigen Figuren, den fehlenden Mehrspieler-Kloppereien und unerträglichen Ladezeiten braucht niemand! Namco Bandai beschränkt sich nicht nur auf öde Solo-Quests und Sammelwahn, sondern hat das Spieldesign auch so umgestrickt, damit die „Pay-to-play-Rechnung“ aufgeht. Ja, auf der niedrigen der beiden Stufen kann man Lost Swords trotz der künstlich beschränkten Gesundheits-Regeneration und kastrierten Tag-Team-Mechanik ein paar Stündchen spielen, ohne einen Cent investieren zu müssen - die Kämpfe sind zunächst viel zu leicht. Doch danach zieht nicht nur der Schwierigkeitsgrad spürbar an - auch die Zugangshürden zu Quests werden künstlich erhöht, um Spieler immer stärker zum Kauf von Extras zu animieren. Ohne mich! Es tut weh zu sehen, wie eine weitere einst ruhmreiche Reihe durch Free-to-play vergewaltigt wird.
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation3
Pay-to-play statt Free-to-play: Mit überzogenen Preisen und fehlenden Mehrspieler-Duellen geht selbst eine starke Prügelmarke wie Soul Calibur schnell K.O.
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