Schlechte Karten
Das Schicksal meint es nicht gut mit dem Gondor-Ranger Talion. Stationiert am Schwarzen Tor, das den Rest Mittelerdes vor den Übergriffen Mordors schützen soll, wird er Zeuge, wie seine Familie in der Nacht von Saurons Rückkehr getötet wird. Kurz darauf wird er von den brandschatzenden Uruk-Horden getötet. Doch er wird von dem Geist Celebrimbor wiederbelebt, dem ursprünglichen Schmied der Ringe, der auch noch eine Rechnung mit Sauron zu begleichen hat. Mit ihm erhält Talion auch die Fähigkeit, in die Geisterform des Schmieds zu wechseln und mit magischen Fähigkeiten Rache an seinen Feinden zu üben, ihren Verstand zu beeinflussen oder sie zu „übernehmen“. Doch die Schicksale der beiden Figuren sind noch stärker miteinander verbunden. Um das ganze Geheimnis zu entschlüsseln, muss Talion die zerstrittenen Uruk-Stammesfürsten auf seine Seite ziehen.
Die Qualität der Geschichte, die zwischen den Geschehnissen von Der Hobbit und den Erlebnissen der Gefährten angesiedelt ist, lässt sich noch nicht einschätzen. Doch ausgehend von den Sequenzen, die bislang in den Trailern genutzt wurden, könnte sie die eine oder andere motivierende Überraschung bereithalten. In der vorliegenden Version standen die Vorstellung des so genannten "Nemesis"-Systems sowie die Kampfmechanik im Vordergrund.
Gemeinsamer Erzfeind
Auch Gollum wird in der Geschichte eine tragende Rolle spielen.
Dementsprechend habe ich zwar die kleinen visuellen Unstimmigkeiten wie Pop-Ups, zu weich gezeichnete Texturen und eine gelegentlich zu gering scheinende Sichtweite (gespielt wurde auf der PS4) bemerkt, warte aber bis zur finalen Version, um darüber endgültig zu urteilen. Zwar sieht im Detail der Landschaft nicht alles hundertprozentig nach HD aus, was evtl. der gleichzeitigen Entwicklung für die alten Systeme PS3 und 360 geschuldet ist. Und die Bildrate läuft auch noch nicht ganz rund. Dennoch bleibt der Gesamteindruck sehr stimmig und hangelt sich im Wesentlichen an dem entlang, was von den Peter-Jackson-Filmen etabliert wurde. Wenig zu mäkeln gibt es am Gegnerdesign. Bislang traf ich zwar nur auf Uruk und ein paar "wilde" Tiere wie Graugs oder Caragors, aber vor allem die höherrangigen Uruks können sich sehen lassen - zumal die Figuren samt ihrer Stärken und Schwächen sowie ihrer Ausrüstung und anatomischer Besonderheiten stets zufällig ausgewürfelt werden.
Dank Geist-Fähigkeiten kann man die Uruks auch "übernehmen" und für seine Zwecke nutzen.
Diese Zufälligkeit, die auch dann eintritt, wenn man niederrangige Uruks tötet und irgendwann die Hierarchie wieder aufgefüllt wird, ist ein Hauptbestandteil des Nemesis-Systems. Doch was steckt genau dahinter? Im Wesentlichen versucht Monolith, eine vollständige soziopolitische Ebene innerhalb der Uruk-Struktur zu simulieren, auf die man aktiv einwirken kann. An der Spitze stehen fünf „Warchiefs“, die man mit Hilfe der Fähigkeit „Dominanz“ quasi gefügig machen kann, so dass sie im Zweifelsfall sogar an der Seite Talions kämpfen – dies ist das Hauptziel der Kampagne. Die Anführer wiederum rekrutieren aus einem Pool von etwa 20 „Captains“ unterschiedlicher Stufen ihre Leibwache. Doch innerhalb dieser und mitunter auch der Stammeshäuptlinge gibt es Fehden und Grabenkämpfe um ranghöhere Positionen. Und genau hier versucht Monolith, Impulse zu setzen: Über Entscheidungen, die man in der Rolle Talions trifft, kann man versuchen, dieses fragile soziale Gefüge innerhalb der Uruk zu manipulieren und ggf. sogar zum Einsturz zu bringen. Uruk steigen auf, übernehmen neue Rollen und bilden Fraktionen, die miteinander kämpfen. So kann man z.B. versuchen, einen bestimmten Captain als Leibwache zu installieren, was allerdings nur gelingt, wenn er den Anführer z.B. durch eine erfolgreiche Jagd beeindrucken kann – auf der man ihn jedoch aktiv unterstützt, um ein erfolgreiches Gelingen zu garantieren.