Abyss Odyssey23.07.2014, Mathias Oertel

Im Test: Der ewige Albtraum

Zufällig generierte Level, ein erstaunlich facettenreiches Kampfsystem und ein außergewöhnliches Artdesign: Mit diesen Elementen möchte  das 2D-Abenteuer Abyss Odyssey (ab 13,49€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) Fans gewinnen. Ob das Indie-Team von ACE hier einen Hit für PlayStation Network, Xbox Live Arcade und Steam gelandet hat, klären wir im Test.

Alles eine Frage der Definition

Mangelnde Fantasie kann man dem chilenischen Team von ACE nicht vorwerfen. Ihr Erstling Zeno Clash hat Ego-Kampf mit einem ungewöhnlichen Artdesign verbunden. Für Rock of Ages haben sie sich Marble Madness bzw. Super Monkey Ball geschnappt und das Ganze mit einem eigenen Blick auf historische Ereignisse  sowie einem Monty-Pythoneskem Design verbunden. Und auch bei Abyss Odyssey (AO)  nutzen sie weitgehend bekannte Elemente und reichern diese mit einer ungewöhnlichen Visualisierung an. Im Wesentlichen baut man hier auf Mechaniken und Versatzstücke, die man gerne mit so genannten „MetroidVanias“ oder „Rogue-likes“ assoziiert. Oder wie ich es nennen würde: "Ein seitwärts scrollendes 2D-Action-Adventure mit zufällig generierten Abschnitten und einer absurden Story."

Das Kampfsystem ist konzeptionell gelungen.
Wieso absurd? Nun: In einer Neo-Renaissance-Welt ist ein Zauberer in einen tiefen Schlaf gefallen und wird von Albträumen geplagt. Das wäre per se kein Problem. Doch die Kämpfe, die er in seiner von Morpheus induzierten Ruhephase erlebt, haben Auswirkungen auf die Welt. Ein Erdspalt hat sich aufgetan und die Dämonen, die bislang friedlich unter der Erde ihr Dasein fristeten, bedrohen die Menschheit. Ein Held bzw. eine Heldin muss sich aufmachen, den tiefen Schlund zu erforschen und den Zauberer aufzuwecken.

Kämpfen, Springen, Forschen

Wie in Blood of the Werewolf orientiert sich die Mechanik dabei an klassischen seitwärts bzw. hoch und runter scrollenden Action-Adventures. Man bewegt sich, man springt, um neue Bereiche kennenzulernen oder um Fallen in der Umgebung aus dem Weg zu gehen und man kämpft - Letzteres sogar erstaunlich facettenreich. Man kriegt zwar nicht den Kombo-Umfang reinrassiger Prügler wie Tekken oder Soul Calibur geboten, das bedingt durch seine

Man kann auch in die Haut seiner Gegner schlüpfen und mit ihnen kämpfen.
Waffennutzung sogar noch etwas näher an Abyss Odyssey liegt. Denn auch hier ist man in erster Linie mit Klingen unterwegs. Doch nimmt man andere "Sidescroller" wie die ruhmreiche Castlevania-Serie als Maßstab, ruft ACE ein ordentliches Angriffs-Repertoire ab, das auch mit Spezial- bzw. Magie-Attacken ergänzt wird. Des Weiteren kann man sogar einen Gegner "ausrüsten", in seine Haut schlüpfen und sich seine Angriffe zu Nutze machen. In seinen besten Momenten ist die aus all diesen Möglichkeiten entstehende Dynamik, die sich auch aus dem klugen Einsatz von Block oder Ausweichrolle ergibt, ein Genuss. Aber: viel zu häufig bleibt man auf halbem Weg stecken. Denn es passiert zu oft, dass man dem Gegner nicht zugewandt ist - und dass mitunter ohne eigenes Zutun, nur weil die Figur nach dem Positionswechsel des bzw. der Gegner eine gefühlte Ewigkeit braucht, um sich umzudrehen. Folglich gehen die Schläge zielsicher ins Leere. Schlimmer noch: Man ist offen für gegnerische Attacken. Zusammen mit dem bedingt durch die zufallsgenerierten Abschnitte wankelmütigen Schwierigkeitsgrad kommt hier immer wieder unnötiger Frust auf.

Immerhin: Stirbt die Hauptfigur (insgesamt drei können freigespielt werden), ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Denn für diesen Fall springt ein Soldat in die Bresche, der zwar nicht so effektiv gegen die Gegner zur Waffe greift wie die Protagonisten, aber dafür verhindern kann, dass man den Abstieg in die Tiefe wieder von vorne beginnen muss. Denn schafft man es mit dem Soldaten einen der Schreine zu erreichen, wird der Hauptcharakter wiederbelebt. Stirbt auch der Militärkämpfer, bleibt nur noch der Weg an die Oberfläche, um einen erneuten Versuch zu unternehmen. Allerdings behält man die bis dahin erarbeitete Erfahrung bzw. die Charakterstufe sowie das erbeutete Gold. Etwaige Waffen oder sonstige Verbesserungen, die man gefunden bzw. gekauft hat, sind allerdings verloren. Und selbstverständlich werden auch die Abschnitte neu ausgewürfelt. Insgesamt drei Abstiegspfade stehen zur Verfügung, wobei man an bestimmten Übergangs-Höhlen auch wechseln kann - insofern man sich den Weg durch die insgesamt in sehr moderaten Zahlen auftauchenden Feinde bahnen kann.

Grind vs. Geschick

Es gibt zwar mehrere "Welten", doch weder Mechanik noch Design ändern sich.
Auch die sporadisch verteilten Ausrüstungsgegenstände und Waffen (meist mit Elementarschaden) werden per Zufall ausgestreut. So kann es passieren, dass man nur über Klingen stolpert, die nicht von der ausgewählten Figur nutzbar sind. In diesem Fall hilft nur der Gang zum Händler, bei dem man für anständige Waffen, Buffs oder "nutzbare" Gegner allerdings einen ordentlichen Batzen Gold bei sich tragen muss. Um die dafür nötige Kohle zusammen zu bekommen, ist mitunter viel Grinden angesagt. Sich dazu aufzuraffen, wäre allerdings ungleich einfacher, wenn das Kampfsystem auf den Punkt genau funktionieren würde. Denn weder die saubere Kollisionsabfrage bei Sprüngen noch das schicke Design können auf Dauer einen Motivationsersatz aufbauen.

Zumal die Technik auf allen Systemen von Problemen geplagt wird: Auf der PlayStation 3 z.B. wirkt das Bild vollkommen verwaschen - beinahe so, als ob eine 640x360-Auflösung hochskaliert wurde. Die Darstellung auf der Microsoft-Konsole oder dem PC ist deutlich klarer, aber wird dafür von wiederkehrenden Bildratenproblemen gepiesackt - unabhängig von Gegneraufkommen oder Bewegung auf dem Schirm.

Fazit

Wie schon die bisherigen Spiele von ACE ist das Konzept letztlich interessanter als die Umsetzung. Levelerforschung in zufällig generierten Abschnitten, dazu ein kompetentes Kampfsystem mit ordentlichen Kombo-Optionen. Und obendrauf ein faszinierendes Artdesign, das es mit einfachen Mitteln schafft, interessante Gemälde zu erzeugen. Und doch mag der Funke nicht komplett überspringen. Denn letztlich ist die Kampfdynamik häufig zu hakelig und der Schwierigkeitsgrad, der im Großen und Ganzen eher unterfordert, springt bei dem einen oder anderen Boss plötzlich massiv nach oben. Zusammen mit den unzureichenden Tutorials ist eine steile Lernkurve angesagt. Hat man jedoch sich ein paar Finessen angeeignet, um den Mankos im Kampfsystem entgegenzuwirken und sich auch mit dem ständig im Hintergrund schwelenden Grind-Gedanken angefreundet, entfacht der stete Abstieg in die Zauberer-Träume seinen ganzen Reiz - und ist dann eigentlich schon wieder vorbei. Ein Durchlauf dürfte selten länger als zwei bis drei Stunden dauern. Im Sommerloch hätte Abyss Odyssey zu einem Geheimtipp werden können. Doch dafür hätte nicht nur die technische Umsetzung sauberer sein müssen. In dieser Form finden sich sowohl auf Steam als auch im PSN oder auf Xbox Live bessere Alternativen.

Pro

gelungene Mischung aus Level-Erforschung und Brawler
fantasievolles Artdesign
kompetentes Kampfsystem...
drei Helden
zufällig generierte Abschnitte
Koop-Modus

Kontra

mitunter willkürlicher Schwierigkeitsgrad
unzureichende Tutorials
... allerdings ist die Steuerung mitunter hakelig
technisch unsauber (360, PC: Bildrate, PS3: Bildqualität)

Wertung

360

Konzeptionell interessantes Action-Adventure mit facettenreichem Kampfsystem und frischem Artdesign. Mechanisch und technisch wirkt Einiges aber unfertig.

PlayStation3

Konzeptionell interessantes Action-Adventure mit facettenreichem Kampfsystem und frischem Artdesign. Mechanisch und technisch wirkt Einiges aber unfertig.

PC

Inhaltlich identisch schafft es auch nicht die überlegene PC-Hardware, ein einwandfreies Spielerlebnis anzubieten.

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