DragonBall Xenoverse26.02.2015, Jan Wöbbeking

Im Test: Kampf gegen die Geschichtsfälschung

Die grimmigsten Augenbrauen der Galaxis sind zurück, um sich mit gigantischen Energiestrahlen zu bekriegen. Dragonball Xenoverse (ab 3,60€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) soll mit seinen Online-Komponenten allerdings neue Impulse setzen. Der Spieler erstellt sich einen eigenen Krieger, der nach und nach aufgepeppelt wird und in bekannte Schlachten der Seriengeschichte einsteigt - alleine oder mit Online-Partnern. Geht das Konzept auf?

Im Auftrag der Zeitpolizei

Neuerdings arbeite ich mich aber nicht nur durch eine Kampagne, sondern muss mich schon relativ früh dafür entscheiden, ob ich in die On- oder Offline-Lobby möchte. Nach ein paar nervig langen Lademenüs lande ich in der Oberwelt, in der bereits Trunks auf mich wartet. Zusammen mit der „Kaioshin der Zeit“ und dem Vogel Toki-Toki betreibt er eine Art Zeitreise-Polizei. Finstere Mächte haben im Raum-Zeit-Kontinuum herumgepfuscht und die Vergangenheit verändert, indem sie in wichtige Kämpfe aus der Dragonball-Geschichte eingestiegen sind und sie zu ihren Gunsten umentschieden haben. Meine Aufgabe ist natürlich, die Geschichtsfälschung mit handfesten Argumenten wieder gerade zu biegen. Die Handlung wird in typisch überzogenen Anime-Sequenzen erzählt, diesmal übertreiben es die Entwickler aber ein wenig mit albernen Gags und Slapstick-Einlagen: Wenn sich z.B. die Chefin mit dem Vogel zofft, wirkt das zumindest bei weitem nicht so charmant wie in den Mangas.

Was führt der geheimnisvolle neue Krieger im Schilde?
Zwischen den Kämpfen laufe ich in der „Toki Toki World“ genannten Basis herum, unterhalte mich mit anderen Zeitkriegern oder Online-Spielern und statte meine Figur für die kommende Story-Mission aus. Falls ein Kampf zu mühsam wird, kann ich meinen Krieger erst einmal in Nebenmissionen trainieren. Diese können auch zusammen mit Freunden vor der Konsole oder Online-Partnern angegangen werden. Online-Turniere und klassische Versus-Kämpfe mit bekannten Figuren werden ebenfalls hier gestartet.

Saiyajin Marke Eigenbau

Serienkennern dürfte der Einstieg, in dem sich Son-Goku, Freezer und andere alte Bekannte prügeln, reichlich bekannt vorkommen. Wie die Vorgänger basiert auch Dragonball: Xenoverse auf dem altbekannten Kampfsystem, das sich angenehm von der Konkurrenz abhebt: Statt sich nur im Nahkampf zu verprügeln, fliegen die außerirdischen Krieger über weitläufige Planetenoberflächen. Dort spielen sie Versteck hinter schützenden Felsnadeln, um im richtigen Moment wieder um die Ecke zu düsen, dem Gegner mit einem mächtigen Energiestrahl einzuheizen und dann mit ein paar schnellen Kombo-Attacken nachzusetzen. Anders als bei Street Fighter & Co gibt es keine komplexen Tastenkombinationen. Stattdessen werden das „Kame-Hame-Ha“, gigantische Energiebälle und andere Gemeinheiten einfach aus einem Menü ausgewählt, das sich per L- und R-Trigger öffnen lässt. Auch die überschaubare Zahl an Kombos hat man schnell verinnerlicht – es kommt also vor allem darauf an, die Attacken im passenden Moment abzufackeln und die Arena geschickt für Ausweichmanöver zu nutzen.

Nicht schon wieder: Der kitschige Musikloop in der Oberwelt wiederholt sich im Minutentakt.
Neu ist der eigene Charakter, den man zu Beginn in einem Editor erstellt sowie nach und nach aufrüstet: Die meisten werden sich vermutlich für einen Saiyajin entscheiden, es stehen allerdings auch wuchtige Majins, Erdlinge, drahtige Namekianer oder Mitglieder des Freezer-Clans zur Wahl – je nach Wunsch männlich oder weiblich. Allzu umfangreich ist der Figuren-Editor zwar nicht, mit je rund einem Dutzend Augen, Kinnpartien, Frisuren und anderen Details lässt sich trotzdem ein halbwegs individueller Krieger zusammenbasteln. Mit gewonnenen Kostümen oder erworbenen Schulterklappen kann die Figur später dem eignen Geschmack angepasst werden.

Schnell oder wuchtig?

In der Action machen sich die Unterschiede vor allem in den Bereichen Kraft und Geschwindigkeit bemerkbar. Ein fetter Majin oder ein großer Namekianer fackelt zwar die gleichen Schlagkombos ab wie ein hagerer Erdling. Die wuchtigen Hiebe prasseln aber viel langsamer auf den Gegner ein und auch das gemächliche Voranwatscheln erfordert eine Umstellung der Strategie. Ich habe mich für einen Menschen entscheiden und überrasche meine Gegner am liebsten mit einem blitzschnellen Meteoritenhagel – dabei handelt es sich um eine flotte automatische Schlagkombo, mit der ich auf meinen Widersacher zurase.

Die einsteigerfreundlichen Kombos lassen sich mit dem richtigen Timing durchbrechen – z.B. indem man sich hinter den Gegner beamt.
Die ersten Kämpfe haben mich eher abgeschreckt: Entweder konnte ich die vermeintlich zähen Krieger viel zu leicht abfertigen oder ich musste mich mit einer Unmenge kleiner aber ermüdender Pflanzenmänner „herumschlagen“. Gerade in solchen Massenschlachten zickt gerne auch die hektische Kamera: Es ist zwar sinnvoll, sich ab und zu zwischen die Felsspalten zu flüchten, doch in solch engen Arealen dreht sich gerne mal die Sicht wild zur Seite, so dass die Übersicht im ohnehin hektischen Kampf leidet. Auch als ich nach dem Schweif eines riesigen Wehraffen greifen sollte, um das Monstrum wie einen Star-Wars-Walker zu Fall zu bringen, gestaltete sich das reichlich fummelig.

Teamkampf auf kargen Planeten

Die klassischen Kämpfe gegen überschaubare Grüppchen machen deutlich mehr Spaß: Vor allem, wenn ich gegen defensiv starke Gegner antrat, musste ich meine Attacken gut auf ihre Abwehr-Explosionen abstimmen. Wer wild auf sie losstürmt, wird schnell zurückgeschleudert und verliert einen wertvollen Teil der Energie. Perfekt ausbalanciert sind die Kämpfe natürlich trotzdem nicht, weil der eigene Recke wie in einem Rollenspiel mit Attributs-Punkten, gekauften Energiekapseln und erlernten Spezialattacken ausgestattet wird. Außerdem lassen sich in den Arenen gefundene Sammelgegenstände zu Ausdauer-Pillen und anderen nützlichen Dingen mixen.

Das System passt aber bestens zu Dragonball. Die Geschichten aus Mangas und Animés drehen sich schließlich auch um das ständige Überwinden eigener Grenzen, so dass ein vermeintlich übermächtiger Gegner nach einem harten Training doch noch bezwungen wird. Außerdem macht es Spaß, sich ein paar Mal die Zähne auszubeißen, um es dem hochmütigen Unsympathen später doch noch zu zeigen. Passend dazu kann ich auch einen Meister engagieren. Er bringt mir nach einer Kampf-Prüfung eine neue Spezialattacke bei oder überlässt mir eine so genannte „Seele“, die mit ein wenig Glück kurzzeitig meine Statuswerte erhöht.

Eine Mission erstreckt sich oft über mehrere Arenen, die mit Portalen verbunden sind. Immer wieder platzen neue Krieger in die Auseinandersetzung.

Zu leicht für Teams?

Zusammen mit Freunden gestalten sich die ersten Neben-Quests allerdings viel zu einfach:  Die Entwickler haben den Schwierigkeitsgrad nicht oder kaum auf die Zahl der Spieler abgestimmt, so dass die Herausforderung erst später steigt. Anstelle von menschlichen Mitstreitern kann man auch deren KI-Figuren für Quests rekrutieren. Das funktioniert ähnlich wie das Drivatar-System in Forza: Wenn mein virtueller Kämpfer in ein paar Quests mit anderen Spielern gewinnt, streiche ich dadurch unter anderem ein wenig Bares ein, das sich in Hilfsmittel oder Klamotten investieren lässt. Ob oder wie sehr der Kampfstil des wahren Spielers imitiert wird, lässt sich momentan aber noch nicht beurteilen. Wer sich lieber mit menschlichen Gegnern misst, kann on- oder offline ein Versus-Match starten, und zwar mit bis zu zwei Dreierteams. Ein Großteil der Figuren muss allerdings erst freigeschaltet werden. Auch ein Anmeldungs-Schalter für Online-Turniere ist bereits vorhanden. An einem entsprechendem Postamt kann man anderen Spielern außerdem nützliche Objekte zusenden.

Technisch wirkt der Kampf der Zeitpolizei eher wie eine Reise in die Vergangenheit: Die Kulisse wird auf PS4 und Xbox One lediglich mit 30 Bildern pro Sekunde dargestellt, obwohl die Oberwelt und detailarme Planetenoberflächen eher an ein mäßiges PS3-Spiel erinnern. Auf der PS3 muss man sogar mit leichten aber regelmäßigen Rucklern leben. Enttäuschend auch, dass sich trotz der zerstörungswütigen Vorlage so wenig in die Luft jagen lässt. Bei mächtigen Attacken werden mitunter meterbreite Pfurchen in den Rasen gezogen, die aber schon Sekunden später wieder verschwinden. Auch kleine Steine und Gebäude zersplittern nur unspektakulär – hier wurde viel Potenzial für eine wuchtige Zerstörungsorgie verschenkt.

Technische Reise in die Vergangenheit

Auch die Animationen und die Inszenierung der Spezialattacken sind etwas lieblos umgesetzt: Sogar das alte, aber nach wie vor toll choreographierten PS2-Spiel Dragonball Z: Budokai Tenkaichi 2 bot schönere Animationen. Allein schon das ruhige Abwarten und Atmen, der Übergang von der Ruhe- zur Schlaganimation und viele andere Details lassen die Kämpfer aus dem Oldie viel massiger und würdevoller wirken als die etwas hölzernen Animationen der aktuellen Vertreter. Die Versionen für PS4 und Xbox One gleichen sich fast aufs Haar, allerdings ist die Steuerung besser auf die Trigger und Knöpfe des PS4-Controllers abgestimmt. In der etwas hässlicheren PS3-Fassung muss man mit den oben bereits erwähnten leichten Rucklern leben. Außerdem sehen hier einige Texturen sowie die Figuren etwas unschärfer aus.

Per Knopfdruck wird ein Widersacher automatisch anvisiert, mit dem rechten Stick wechselt man zum nächsten. Das funktioniert meist ordentlich, bei vielen Gegnern wird’s aber unübersichtlich.
Ein weiteres Ärgernis ist die umständlich gestaltete Oberwelt, die vor allem zu Beginn für Verwirrung sorgt: Mal folgten meine Gruppenmitglieder nicht in eine gestartete Sidequest, obwohl sie per Chat zugesagt hatten, später schmierte das Spiel ein paarmal komplett ab. Auch die langen Ladezeiten zehren an den Nerven, sei es beim Spielstart oder einem kurzen Blick auf die Bestenlisten. Außerdem scheint der Netzcode technisch nicht einwandfrei zu laufen. Immer mal wieder sah ich einen Mitstreiter durch Lags in der Luft herumruckeln. Allzu tragisch ist das nicht, da man sich in den weitläufigen Arenen meist um unterschiedliche Gegner kümmert, trotzdem wäre eine flüssigere Performance natürlich schöner.

Fazit

In den ersten Stunden hat mich Dragonball Xenoverse noch abgeschreckt: Karge Kulissen, lange Ladezeiten, umständliche Lobbies, die zickige Kamera, Lags und vieles andere wirken ziemlich altbacken. Als ich mich an die Macken des Spiels gewöhnt hatte, wurde es aber doch noch unterhaltsam. Vor allem das Aufpäppeln und individuelle Ausstatten meines Kriegers mit coolen Spezialattacken hat mich motiviert. Außerdem gibt es neuerdings jede Menge Möglichkeiten, sich mit anderen Spielern in Quests zu stürzen. Das eigenwillige Kampfsystem erzeugt nach wie vor ein ganz eigenes, blitzschnelles Spielgefühl, bei dem sich geschicktes Antizipieren und Ausweichen sowie die Nutzung der Umgebung  und passender Spezialattacken auszahlt. Die Basis stimmt also, darüber hinaus hat Bandai Namco aber zu wenig Aufwand ins Spiel gesteckt: Es ist zwar schön, in bekannte Momente der Seriengeschichte einzugreifen, viele Kämpfe gestalten sich aber zäh oder deutlich zu einfach – vor allem, wenn man sie kooperativ angeht. Außerdem hätte man die gewaltigen Schlachten der Vorbilder heutzutage um einiges hübscher und wuchtiger umsetzen können. Trotz neuer Online-Möglichkeiten bauen die Entwickler also zu sehr auf Altbekanntes mit technischen Schwächen, können damit aber immerhin noch solide unterhalten.

Update zur PC-Version vom 2. März 2014:

Auf PC profitiert der blitzschnelle Spielablauf stark von der flüssigeren Bildrate und der sauberen Technik. Auf einem halbwegs aktuellen Spiele-Rechner kann man DragonBall Xenoverse ausgesprochen flüssig und mit sauber geglätteten Kanten spielen, was mehr Übersicht schafft und die wilden Kameradrehungen eine ganze Ecke angenehmer für die Augen macht. Schade, dass Bandai Namco PS4- und Xbox-One-Besitzer mit 30 Bildern pro Sekunde und derartigen technischen Abstrichen abspeist – bei solch schlichten Kulissen sollte ein ähnliches Ergebnis eigentlich kein Problem darstellen. Inhaltlich gibt es auf PC das gleiche Programm wie auf Konsole. Mit dem Xbox-360-Controller geht die auf die L- und R-Tasten konzentrierte Steuerung allerdings eine Spur unbequemer von der Hand als z.B. auf der PS4.

Pro

dynamische, oft spannende Kämpfe in weitläufigen Arenen
nach wie vor angenehm eigenwilliges Kampfsystem
zahlreiche bekannte Schlachten gegen Seriengrößen
motivierendes Aufmotzen des Kriegers mit Attacken, Extras und mehr
Story-Modus und Neben-Quests kooperativ spielbar
zahlreiche Versus- und Turnier-Möglichkeiten im Netz und offline

Kontra

altbackene, unnötig komplizierte Lobbies und Menüs
karge, kaum zerstörbare Kulissen und steife Animationen
Kameramacken machen Massenschlachten unübersichtlich
gelegentliche Lags, Verbindungsprobleme und Abstürze
übertrieben alberne oder kitschige Rahmenhandlung
mächtige Spezialattacken werden zu schlicht in Szene gesetzt
Schwierigkeitsgrad schwankt
nervige Musik-Loops wiederholen sich ständig

Wertung

PlayStation4

Trotz schwacher Technik und Macken im Spieldesign kann die Dragonball-Zeitreise mit Rollenspiel-Anleihen durchaus motivieren.

XboxOne

Trotz schwacher Technik und Macken im Spieldesign kann die Dragonball-Zeitreise mit Rollenspiel-Anleihen durchaus motivieren.

PlayStation3

Die PS3-Umsetzung leidet unter leichten aber regelmäßigen Ruckeleinlagen.

PC

Eine flüssigere Bildrate und saubere Kanten machen die blitzschnelle Action übersichtlicher und angenehmer fürs Auge.

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