Life Is Strange - Episode 2: Out of Time09.04.2015, Benjamin Schmädig

Im Test: Abseits des Wegs

Was geschieht nur in Arcadia Bay? Max kann nach ihrer Rückkehr in die Heimat die Zeit zurückdrehen und eine junge Frau ist wie vom Erdboden verschwunden: Life Is Strange verwebt spannende Geheimnisse in einer Geschichte um das emotionale Auf und Ab des Erwachsenwerdens. Die zweite Episode verliert sich allerdings beinahe im Teeanger-Drama.

Dontnod blättert weiter

Ein famoser Einstieg gelang Dontnod (Remember Me) vor zwei Monaten: Das französische Studio schlug die erste Seite eines Mystery-Krimis auf und erzählte eine gefühlvolle Geschichte. Als Max ihr Studium der Fotografie beginnt, dreht sich ihre Welt vor allem um ihre ehemalige beste Freundin, um Gängeleien und das Lebensgefühl junger Menschen. Als prägend empfand ich Momente, in denen sich Max unter einen Baum setzte, um in der warmen Nachmittagssonne beliebig lange ruhiger Gitarrenmusik zu lauschen.

Diese Momente gibt es auch in Episode zwei, „Out of Time“ – genau wie hölzerne Dialogzeilen, die einfach nicht ins Vokabular eines Teenagers passen wollen. Es tut gut ein Spiel zu spielen, das seine Figuren über Make-up, Drogen oder das Verletzen der Privatsphäre sprechen lässt, anstatt von oben herab zu erklären. Manchen Faden lassen die Figuren aber zu abrupt fallen, einige Emotionen äußern sie zu theatralisch, viele Regungen spiegeln sich in den Gesichtern kaum wider. Das stellt der gefühlvollen Erzählweise kein Bein...

Hauptsache, alle haben Spaß!

… es wird allerdings deutlicher, wenn sich die Handlung in der zweiten Folge stärker auf Probleme des Alltags konzentriert. Dabei entfernt sich die Geschichte unerwartet weit von den Zeitreisen und von der Suche nach Rachel. Der große Handlungsbogen wird zwar stets angedeutet, im Vordergrund steht jedoch Kate: Ein

"Out of Time" entführt Max an neue Schauplätze: Hier trifft sie die Mutter ihrer besten Freundin.
verunglimpfendes Video aus unbekannter Quelle macht im Internet die Runde und treibt Max' Kommilitonin an den Rand der Verzweiflung. Wer steckt hinter dem erniedrigenden „Spaß“ und wie kann Max ihrer Freundin helfen?

Wer genau hinsieht, entdeckt in Kates Zimmer Hinweise auf ihren familiären Hintergrund, ihren Gemütszustand und andere erzählerische Akzente – das ruhige Erkunden aller Schauplätze gelingt auch der zweiten Folge Life Is Strange besser als dem erklärten Vorbild The Walking Dead. Und mit Sicherheit ist Kates Geschichte eng mit den Ereignissen um die verschwundene Rachel verknüpft. Ich empfand den erzählerischen Abstecher nach dem verheißungsvollen Einstieg aber wie einen Spannungsabfall. Das gilt auch für den zweiten Erzählstrang, auf dem Max nach wie vor ihre Freundschaft zu Chloe wiederherzustellen versucht – mit ähnlichen Ergebnissen wie in der ersten Folge. Bewegend waren die durchaus interessanten Szenen daher nicht.

Out of Time

Fahrt nimmt Out of Time erst gegen Ende auf, wenn die Ereignisse auf einen drastischen Höhepunkt zu laufen. Einen dramatischen Ausgang des entscheidenden Moments konnte ich leider nicht verhindern. Auch wenn die Schwere des Ereignisses übertrieben wirkt: In diesem Augenblick war ich emotional wieder dort, wo mich das Spiel haben wollte. Max' Fähigkeit erhielt dann eine interessante Nebenwirkung und sowohl Rätsel als auch Entscheidungen gewannen an Tiefe.

Denn dies ist ein weiterer Teil in Episode zwei, der Wünsche offen lässt: Die Herausforderung beim Knobeln mit der Zeitverschiebung hätte schon früher anziehen sollen. Aber vielleicht macht die dritte Folge ja endlich dort weiter, wo die aktuelle erneut einen vielversprechenden Abschluss findet.

Fazit

Die sanfte Gitarrenmusik, die hervorragende Bildkomposition: Auch die zweite Episode ist ein Wohlfühl-Krimi, in dem die bittersüße Schwere des Erwachsenwerdens und mysteriöse Vorgänge Hand in Hand gehen. Dass die Handlung die gespannten Fäden des Vorgängers zunächst beiseite legt, tut der Geschichte zwar nicht gut, die über weite Strecken banalen Rätsel ebenso wenig. Noch zeigt Life Is Strange zudem nicht gezeigt, dass sich Entscheidungen langfristig auf mehr als ein paar Dialogzeilen auswirken. Wenn eine unerwartete Sonnenfinsternis aber die an verschiedenen Orten verteilten Protagonisten vereint, während man über manche schwer gefallene Entscheidung grübelt, ist das Erzählspiel wieder auf dem richtigen Weg.

Pro

spannender emotionaler Höhepunkt mit wichtigen Entscheidungen
Zeitmanipulation gewinnt neuen Aspekt
Regie stellt Figuren in den Vordergrund
interessanter Krimi mit Mystery-Flair und Umweltthema
kleine interessante Rätsel mit und ohne Zeitmanipulation...
Max schaut zahlreiche Gegenstände an und kommentiert sie
umfangreiches Tagebuch gibt Einblick in ihre Welt und ihren Charakter
interessante Entscheidungen mit unabsehbaren Konsequenzen
beliebiges Zurückdrehen der Zeit bringt Ruhe in Entscheidungen
gute Kameraarbeit mit vielen gelungenen Einstellungen
Soundtrack mit sanfter Gitarrenmusik
optionales Suchen von Sammelgegenständen ohne getroffene Entscheidungen zu beeinflussen

Kontra

Handlung entfernt sich von vorangegangener Episode
über weite Strecken banale Rätsel
starke Auswirkungen von Entscheidungen noch offen
auffällig stereotype Figuren
... von denen die meisten zu wenig fordern
kleine grafische Fehler
ausschließlich englische Sprache und Texte

Wertung

360

Unterhaltsamer Thriller, der sich ein Stück zu weit von der Handlung der vorangegangenen Episode entfernt.

PlayStation4

Unterhaltsamer Thriller, der sich ein Stück zu weit von der Handlung der vorangegangenen Episode entfernt.

XboxOne

Unterhaltsamer Thriller, der sich ein Stück zu weit von der Handlung der vorangegangenen Episode entfernt.

PlayStation3

Unterhaltsamer Thriller, der sich ein Stück zu weit von der Handlung der vorangegangenen Episode entfernt.

PC

Unterhaltsamer Thriller, der sich ein Stück zu weit von der Handlung der vorangegangenen Episode entfernt.

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