Mobile Suit Gundam: Target in Sight09.03.2007, Benjamin Schmädig
Mobile Suit Gundam: Target in Sight

Im Test:

Vorhang auf: Der letzte Teilnehmer im Next-Generation-Kampf tritt auf die Bühne. Begleitet von flimmernden Treppchenbauern und Zwillingsbrüdern, die längst Live! auf Sendung sind, muss sich der der ehemalige Hausherr derzeit neu beweisen. Meistern die exklusiven, tonnenschweren Kampfroboter mit ihren glatten Rändern den Riesenschritt, der ihnen auf den Leib geschneidert scheint? Mech-Action wie in Mobile Suite Gundam: Target in Sight - da steckt doch Potential für einen coolen Film drin...

Treffen sich zwei Mobile Suits (das sind riesige Kampfroboter) in der wichtigsten Schlacht ihres Lebens. Sagt der eine: "Ich hab' fast Totalschaden. Schnapp du dir den letzten Gegner!" Darauf der andere: "Negativ. Ich komme nicht über diesen hüfthohen Hügel."

Der Trash-Faktor

Hohle Sprüche, spärlich bekleidete Frauenzimmer, aus eigener Kraft explodierende Mülltonnen: Schlechte Filme sind klasse! Nein, der blöde Witz weiter oben stammt nicht aus dem Spiel, aber vielleicht kennt ihr das ja: Wenn ein Regisseur eine saucoole Story mit noch kälteren Helden vorlegt und einen Film daraus macht, dann wird New York von Dinosauriern oder Zombies bedroht, während Tokio angesichts von Riesenechsen und turmhohen

Aus der Nähe sehen die Mechs beeindruckend aus.
Robotern zittert. Eine tolle Sache mit drei möglichen Ausgängen: Die Macher sind so motiviert, dass ihr Film großartige Action zelebriert oder sie leiern einen uninspirierten  B-Movie vom Band. Oder aber sie nehmen ihr begrenztes Budget so ernst wie eine Bakterien-Familie beim Überqueren der Autobahn und fabrizieren den Lebensinhalt des Anti-Cineasten. Die Freude am Gewollt-aber-nicht-Gekonnten. Mit anderen Worten: Trash! Oder um es endlich auf den Punkt zu bringen: Mobile Suit Gundam: Target in Sight (ab 19,98€ bei kaufen).

Herrlich, wie vorsintflutlich da das Wasser wabert, wenn die Mechs in einen Fluss springen! Erinnert ihr euch an die ersten dreidimensionalen Gewässer, über denen eine unzerreißbare Folie lag, unter der sich bei Berührung ein kreisförmiger Hubbel ausbreitete? Fantastisch auch die meditativen Übungsräume: Grau-grünes Einerlei mit sporadisch eingepflanzten Bäumen eines Typs. Das heißt bei Target in Sight "Dschungel". Ein weiterer Höhepunkt sind die nach einem vorbestimmten Muster zerfallenden Gebäude. Wobei ich bedauere, dass die wenigen, immer schön gerade im Raster angeordneten Bauwerke überhaupt kaputtbar sind. Wäre doch klasse, wenn mein Mega-Mech dagegen laufen würde, ohne dass sie einen Kratzer davon tragen. Schade, aber immerhin sieht sonst alles aus wie vor zehn Jahren. Es ruckelt nur mehr. Zur Schadensbegrenzung und wegen der funktionierenden Kantenglättung haben die 

Auch Luftunterstützung macht euch zu schaffen.
Produzenten dafür auf alles weitere verzichtet und sich bei der Effekthascherei wohl wissend auf blendendes Gegenlicht beschränkt.

Trash-Faktor: Note 2. Weil die Hochhaus-Kampfmaschinen aus der Nähe richtig bedrohlich wirken.

So, jetzt aber ans Eingemachte. Den "Einjährigen Krieg" haben Mobile-Suit-Veteranen ja bereits erlebt - in Target in Sight müssen sie von Oktober bis Dezember die letzten drei Monate des Konflikts überstehen. Wobei die Entwickler jeden Oscar-Abräumer mit einem brillanten Geniestreich deklassieren: Der Krieg findet komplett ohne euch statt! Nur die erste und die letzte Schlacht verlangen nach eurem Zutun; ohne die erste kommt ihr nicht ins Menü, ohne die letzte seht ihr keinen Abspann. Endlich muss ich kein Held sein. Endlich liegt das Schicksal der Erde mal nicht in meinen geschundenen Händen. Endlich bin ich überflüssig! Ihr müsst nur einen Tag nach dem nächsten verstreichen lassen - Erfolgsmeldungen flattern auch ohne euer Eingreifen auf dieser sexy grauen Dialogbox herein. Mindestens ebenso erotisch ist der drehende Erdball hinter dem pragmatischen Textfenster-Menü. Und erst die grob aufgelöste braune Wand im Hintergrund! Große Dinger sind ja immer ein Hingucker, aber SOLCHE "Pixel" durfte ich lange nicht anstarren. Logisch, dass man nicht vorhandene Zwischensequenzen da erst gar nicht bemerkt.

Trash-Faktor: Note 1-. Weil die Dia-Show zu Beginn der einzige Höhepunkt einer belanglosen Handlung ist.    

Ich habe mich zum Spaß tatsächlich mal für die pazifistische Problemlösung entscheiden und mich nach ein paar geschlagenen Kämpfen bis Ende Dezember durchgeklickt. Das Tolle daran: Fast hätten meine Mechs (ihr dürft euren wenigen Mitstreitern rudimentäre Befehle wie Angreifen, Formieren usw. erteilen) mit unseren Gegnern den Boden aufgewischt! Allerdings ist das der Punkt, an dem ich auf den "Witz" am Anfang des Textes verweise...

Eigentlich ist es ja ein geschickter Schachzug, das wunderbar öde Zertrümmern von Panzern, Flugzeugen und Hochhaus-Gegnern mit dem Aufrüsten der eigenen Mannschaft zu vertiefen. Da kaufe ich mir hier

Herrlich idiotisch: Ziellos stapfen und hüpfen eure Mitstreiter durch die Prärie.
einen neuen Roboter oder Piloten, werte da die Werte (Angriff, Verteidigung oder Effizienz der Waffen) eines anderen auf und wechsle von einem Mech in den nächst besseren. Vorsicht nur beim Herumwerkeln: Jede Mission wird an einem festgesetzten Datum geschlagen. Wollt ihr dabei sein, müssen alle Maschinen bis zu diesem Tag fertig sein. Da geht es dann mal in eine Wüste, in eine Wüste mit Fluss, in eine Wüste mit "Dschungel" oder in eine Wüste mit hohen Wänden (Canyons). Verlaufen werdet ihr euch dort nie, denn schlau wie die Macher sind, packen sie einfach einen etwa ein Quadratkilometer großen Kasten mit unsichtbaren Wänden mitten in die durch nahe weiße Nebelbänke angedeutete endlose Prärie - und schon dürft ihr munter fluchen, schimpfen, meckern, wenn euch die Munition ausgeht und euer Lichtschwert nicht bis zu feindlichen Mechs hinter der unsichtbaren Mauer reicht. Sobald ihr diese knifflige Hürde gemeistert habt, wird die Glaswand dann verlegt, so dass ihr fortfahren könnt.

Trash-Faktor: Note 1. Weil Ancient-Generation-Gaming nie besser war.

Ein bisschen versaut sich Target in Sight die guten Ansätze nur beim eigentlichen Kämpfen. Das fühlt sich nämlich wirklich so an, wie man sich den Einsatz in der metallenen Robo-Schale vorstellt: Die Mechs stapfen schwerfällig umher, zischen mit Düsenantrieb kurz durch den Äther und spätestens wenn euer Lichtschwert den Arm eines Feindes abschlägt, fühlt sich Mobile Suit Gundam viel zu glaubwürdig an. Wer dem besten Kumpel einen schlechten Streich heimzahlen will, kann ihm sogar im Duell vor einer Konsole die Leviten lesen. Auf echte Missionen oder Einsätze im Team haben die Macher aber zum Glück genauso verzichtet wie auf einen Online-Modus und einen störenden Soundtrack! Am Ende wäre noch ein symphonisches Werk mit unterschiedlichen Titeln für die beiden spielbaren Parteien herausgekommen. Gott bewahre!

Trash-Faktor: Note 3-. Weil sich die Roboter wie echte Riesen schleppen und nach einem Treffer schon mal den Kopf verlieren.        

Fazit

OK, mit einer richtig trashigen Story kann Mobile Suit Gundam auf PS3 leider nicht punkten - es fehlen die Möchtegern-Helden, die blöden Sprüche, die knackigen Arschbacken sowie sinnlose, aber coole Explosionen. Target in Sight versucht es stattdessen mit dem Zen-Weg: Eine Handlung, die auch ohne euer Zutun fortschreitet wird stichpunktartig in hässlichen Textfenstern abgehandelt. Heavy Rain kann einpacken! Grandios auch die winzigen Schlachtfelder, auf deren engen Glaskästen ihr euch wie ein echter Gefangener fühlt. Damit konterkarieren die Macher geschickt das Gefühl einer großen Welt, welches beim Einstieg in die turmhohen Mech ursprünglich aufkommt. Die Gegner dürfen sich dagegen frei bewegen, auch wenn ihre zurück gebliebenen Synapsen die Freiheit nicht wertschätzen können. Dass die Aufträge dann auch noch so richtig öde Langweiler ohne die geringste Abwechslung sind - herrlich! Ein Jammer, dass sich die eigentliche Action dagegen richtig gut anfühlt. Aber jetzt mal Schluss mit lustig: Ein gutes Spiel wäre mir lieber gewesen als der vermeintliche Spaß am PS3-Trash.

Pro

Roboter in Nahaufnahme beeindruckend
eigenes Aufrüsten der Armee
unterschiedliche Trefferzonen

Kontra

einfallslose Aufträge
keine Story, keine Filme, keine Helden
winzige Schlachtfelder
öde, braun-grüne Kulissen
keine nennenswerten Explosionen, Lichteffekte usw.
hässliches Menü
steinzeitliche Wasserberechnung
die wenigen Häuser und Bäume zerfallen ohne Physik
(eintönige) Musik nur im Menü

Wertung

PlayStation3

Atari fabriziert viel Schrott auf den Schlachtfeldern der turmhohen Roboter.

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