Ratchet & Clank: Tools of Destruction16.11.2007, Jens Bischoff
Ratchet & Clank: Tools of Destruction

Im Test:

Nach dem etwas blassen PS2-Abschied Gladiator  und dem überraschend guten PSP-Ausflug Size Matters , geben Ratchet & Clank in Tools of Destruction ihre PS3-Premiere. Kann das schräge Heldenduo von der frischen Hardware-Power profitieren und sowohl technisch als auch spielerisch neue Akzente setzen? Oder ruht man sich bei Insomniac auf seinen lediglich in HD-Glanz verpackten Lorbeeren aus?

Schöne neue Welt

Weltraumkater Ratchet und Blechkumpane Clank sind zurück, und das erstmals in HD - wenn auch nur in maximal 720p. Trotzdem ist der grafische Sprung sehr deutlich: Die abwechslungsreichen Schauplätze wirken noch beeindruckender, die abgefahrenen Charaktermodelle noch detailverliebter und die brachialen Effekte noch pompöser. Auch die Weitsicht ist enorm und das alles ohne nennenswerte Auswirkungen auf die nahezu konstant hohe Bildrate. An der Kameraführung gibt es bis auf das Fehlen einer manuellen Zentrierfunktion ebenfalls kaum etwas auszusetzen und sogar der neue Rumble-Controller wird bereits unterstützt.

Ratchet und Clank machen in HD einen guten Eindruck - auch der typische Humor kommt in den Zwischensequenzen nicht zu kurz.
Davon können im Moment allerdings nur Japaner Gebrauch machen - erst im Frühling erscheint er hierzulande. Umso erfreulicher, dass Insomniac auch die Bewegungssensoren des Sixaxis-Pads vorbildlich ins Spielgeschehen eingeflochten hat. Neben Game Republics Folklore eines der wenigen Spiele, die das uneingeschränkt von sich behaupten können.

Die Nutzung bleibt euch hier zwar frei gestellt, aber die Möglichkeiten wurden wirklich sinnvoll eingebunden und intuitiv umgesetzt. Das Dekodieren von Türschlössern wirkt durch echte Kippbewegungen des Spielfelds jedenfalls wesentlich authentischer, das Lenken von abgefeuerten Mini-Tornados gibt euch mit aktivierter Sixaxis-Unterstützung sogar zusätzlichen Freiraum für andere Dinge und das Freisprengen neuer Wege per Laserschnitt macht ohne Sixaxis nur halb so viel Spaß. Bei Flug- und Falleinlagen hätte man zwar darauf versichten können, aber auch hier bleibt die Handhabung ausreichend präzise und direkt. Auch sonst gibt es an der Steuerung eigentlich nicht viel zu kritteln. Gelegentlich prallt ihr zwar an nicht ganz akkurat angesprungenen Vorsprüngen etwas schroff ab. Das muss allerdings so sein, da ihr sonst keine engen Schächte mittels Wandsprüngen erklimmen könntet. Sprungbehindernde Überhänge und nicht bespringbare Absätze sind dennoch etwas ärgerlich, aber eher ein Manko des Leveldesigns und zum Glück seltene Ausnahmen.

Action satt

Plattform-Gehopse spielt in Tools of Destruction aber ohnehin eine eher untergeordnete Rolle, das Hauptaugenmerk liegt einmal mehr auf imposanter Baller- und Prügel-Action. Nichtsdestotrotz sind aber auch immer wieder Geschick und Köpfchen gefragt. Echte Kopfnüsse solltet ihr zwar nicht erwarten, aber das Erkennen versteckter Abzweigungen, das Bewältigen diverser Hindernisse sowie der situationsabhängige Einsatz bestimmter Gadgets lässt sich nicht immer mit Geschick allein meistern. Oft erhaltet ihr jedoch kurze Hinweise, wenn es z. B. an der Zeit ist, Ratchet eine Verkleidung überzustreifen, um unentdeckt zu bleiben, zum Geo-Laser zu greifen, um brüchige Wände einzureißen, oder den Gelanator auszupacken, um temporäre Plattformen zu erschaffen.

Allerdings seid ihr nicht nur in der Rolle des pelzigen Lombax' unterwegs. An bestimmten Stellen darf auch Robo-Begleiter Clank den Helden mimen. Dann kommen die sich nur ihm zeigenden Zonis, ein ansonsten unsichtbares Alien-Volk, zum Einsatz, das Clank bereitwillig folgt und ihm auf Knopfdruck verschiedene Dienste erweist. So können sie die Zeit verlangsamen, damit Clank gefahrlos bewegliche Hindernisse passieren kann. 

Abwechslungsreiche Locations, schrullige Gegner und schräge Waffen sorgen für Action-Unterhaltung auf konstant hohem Niveau.
Versperren Abgründe den Weg, verhelfen sie ihm zu einem kurzen Schwebeflug. Zudem können die Zonis Apparaturen in Gang setzen, reparieren oder abschalten, wofür allerdings immer eine bestimmte Anzahl an Begleitern notwendig ist, die Clank oft erst ausfindig machen und ins Schlepptau nehmen muss.

Auch wenn diese Abschnitte an die ähnlich gelagerten Gruppeneinsätze in Size Matters erinnern, stellen sie doch eine solide und auflockernde Abwechslung dar. Ganz im Gegensatz zu den ebenfalls aus dem PSP-Abenteuer entlehnten Weltraumballereien, bei denen ihr keinen überdimensionalen Clank, sondern lediglich ein geflicktes Raumschiff steuert. Die auf Schienen durchs All führenden Schießübungen wirken nämlich ziemlich bieder und unspektakulär. Da hatten selbst die Flugpassagen aus Kingdom Hearts II mehr Dynamik und Rums. Zudem lässt sich hier im Gegensatz zum übrigen Spiel die Steuerung nicht invertieren, so dass Flug- und Shooter-erfahrene Piloten sich völlig kontra-intuitiv verhalten müssen, um nicht ständig in die falsche Richtung zu zielen - ein individuell sicher gravierender Lapsus, der eigentlich ganz einfach hätte vermieden werden können...         

Ansonsten wissen die meisten Geschicklichkeitseinlagen oder Minispiele allerdings zu gefallen: Ihr grindet teils spektakulär inszeniert über havarierende Stahlrohrkonstruktionen, schwingt euch mit dem Greifhaken durch die Lüfte oder hängt euch an vorbei fliegende Raumgleiter, lasst mit gezielten Helibot-Schüssen Plattformen ansteigen oder verschlossene Luken aufklappen, trotzt mit euren Haftstiefeln der Schwerkraft, liefert euch mit Piraten leider etwas arg simpel geratene Tanzduelle, rollt à la Samus Arran durch Fallen gespickte Röhrenlabyrinthe und kloppt euch in der Arena mit zahlreichen Gegnern um lukrative Preisgelder.

Die Weltraumballereien wirken vergleichsweise bieder und quälen Shooter-Veteranen zudem mit unnötigem Steuer-Handicap...
Und keine Sorge, das ist noch lange nicht alles, was euch in Tools of Destruction den Baller- und Hüpf-Alltag versüßen wird. Schade nur, dass Ratchet & Clank-Veteranen mit den meisten Features bereits aus früheren Titeln mehr oder weniger vertraut sind. Der Spielverlauf gestaltet sich aber nichtsdestotrotz ungemein abwechslungsreich, genauso wie die insgesamt 20 Einsätze, die euch an 18 verschiedene planetare und interplanetare Schauplätze entführen.

Typischer Humor

Für Abwechslung sorgt aber auch das Arsenal an aufrüstbaren Waffen, denen ihr nicht nur beim örtlichen Waffenhändler individuelle Boosts, sondern auch in Kampf selbst Erfahrung verpassen könnt, die am Ende gar in besonders verheerende Spezialfunktionen gipfelt. Das Spektrum der Tötungswerkzeuge reicht dabei von eher konventionellen Laser-Wummen sowie Blei- und Feuerspritzen über Elektropeitschen und Magnetnetze bis hin zu Tornadoschleudern und abprallfreudigen Sägeblättern. Zudem verfügt ihr über eine Reihe von Wurfgeschossen und anderen Kuriositäten, zu denen so amüsante Exemplare wie Discokugeln zählen, bei deren Anblick eure Gegner kurzzeitig das Feuer einstellen und das Tanzbein zu schwingen beginnen. Der Humor kommt aber auch beim Figurendesign, diversen Ereignissen und zahlreichen Dialogen nicht zu kurz - teilweise auch mit einer Brise Selbstironie. Oder habt ihr schon mal einen Bekannten sagen hören "Oh, in High Definition hätte ich euch fast nicht erkannt"?

Natürlich hält auch die Story einige Parodien und skurrile Situationen parat, die teils nur Alibi-Charakter besitzende Handlung gewinnt dieses Mal aber leider keinen Preis. Dazu fehlt es ihr einfach an Originalität und Dramatik. Eigentlich geht es nur darum dem Lamboxe hassenden Cragmiten-Imperator Tachyon das Handwerk zu legen und einem Mädchen bei der Suche nach ihrem vermissten Vater zu helfen, der genauso wie sie, Tachyon, Ratchet und Clank Hinweisen auf eine geheimnisvolle Superwaffe nachgeht. Das Ganze wird garniert mit einer Brise Vergangenheitsbewältigung und jeder Menge Situationskomik und Wortwitz, die Kenner der Serie so lieben. Zum Glück wird letzterer nicht von einer schlampigen Lokalisierung getrübt, denn die deutsche Übersetzung hat wirklich Hand und Fuß.

Die Bossfights machen einiges her - in der Kampfarena dürft ihr manche davon sogar mehrfach herausfordern.
Auch die Synchro, bei der sich zahlreiche u. a. aus Southpark bekannte Sprecher ordentlich ins Zeug legen, besitzt Vorbildcharakter. Die Sound-FX lassen es ebenfalls ordentlich krachen. Nur der Soundtrack plätschert die meiste Zeit vergleichsweise unauffällig aus den Surround-Boxen.

Extras und Komfort

Die Präsentation ist aber dennoch über jeden Zweifel erhaben. Selbst Spielfluss hemmende Ladezeiten sucht man vergebens. Lediglich beim Wechsel zu einem anderen Planeten, muss man eine Ladezeiten kaschierende und nicht abbrechbare Anflugsequenz über sich ergehen lassen. Andere Spielunterbrechungen gibt es keine. Allerdings hat man die Möglichkeit, beim Waffenwechsel über praktische Ringmenüs das Spielgeschehen vorübergehend zu pausieren, was bei mehreren Dutzend Waffen und Gadgets durchaus Sinn macht, aber auch in Echtzeit erledigt werden darf. Weiteren Komfort genießt ihr in Form einer praktischen Automap, einer zuschaltbaren Zielhilfe sowie einer Zoom-Ansicht, in der ihr eure Gegner besonders akkurat in ihre lukrativen Einzelteile zerlegen dürft. Neben zahlreichen Schuss-, kommen natürlich auch diverse Schlag- und Wurfwaffen zum Einsatz. Auch stationäre Geschütze dürfen von euch bemannt werden. Die Spielumgebungen lassen sich allerdings nur geringfügig zerstören. Gescriptete Einstürze und Detonationen sorgen aber trotzdem immer wieder für jede Menge Gedöns und packende Momente.

Und auch wenn das Action-Feuerwerk nach ca. zehn bis fünfzehn Stunden abgebrannt ist, gibt es zahlreiche Anreize, sich noch länger mit Ratchet und Crank zu beschäftigen. So gilt es z. B. Pläne zum Bau einer ultimativen Waffe zu finden, Stilpunkte zum Freischalten diverser Extras wie Artworks, Videos und Cheats zu sammeln oder goldene Schrauben zum Kauf alternativer Outfits und Erscheinungsformen ausfindig zu machen. Wer einen zweiten Anlauf wagt, freut sich sogar über einen höheren Schwierigkeitsgrad und andere kleine Extras. Eine Mehrspieler-Komponente sucht man dieses Mal jedoch vergeblich. Das ist eigentlich sehr schade, denn gerade diese hätte die Langzeitmotivation nochmals deutlich erhöhen und die aus den Vorgängern lieb gewonnenen Online-Gefechte an aktuelle Qualitäts- und Community-Standards anpassen können.      

Fazit

Ratchet & Clank-Fans werden vom PS3-Debüt ihrer Helden trotz überschaubarer Neuerungen nicht enttäuscht sein, während Neulinge ohnehin begeistert sein werden. Die Präsentation ist klasse, der Spielverlauf ungemein abwechslungsreich, die Action rockt und der typische Humor kommt ebenfalls nicht zu kurz. Selbst die nicht obligatorische Sixaxis-Nutzung wurde vorbildlich implementiert. Die zahlreichen aufrüstbaren Waffen, abgefahrenen Gadgets und kurzweiligen Geschicklichkeitseinlagen machen damit noch mehr Laune. Auch Clank macht als gelegentlicher Alien-Führer eine gute Figur. Lediglich die eingestreuten Weltraumballereien bleiben deutlich hinter den Möglichkeiten zurück. Die schräge Story hat zwar ihre Momente, bleibt aber vergleichsweise blass und auch der Schwierigkeitsgrad richtet sich trotz durchaus kniffliger Herausforderungen eher an Anfänger. Wen das nicht stört, darf sich aber auf ein packendes und abwechslungsreiches Action-Feuerwerk auf 15 Planeten und anderen Himmelskörpern freuen. Und auch wenn das Abenteuer nach zehn bis 15 Stunden zu Ende ist, bleibt genug Wiederspielwert, um sich noch weit länger mit Ratchet und Clank zu beschäftigen. Als Belohnung winken neben prestigeträchtigen Stilpunkten und einem höheren Schwierigkeitsgrad auch jede Menge Extras wie Bonuswaffen, -Outfits, -Grafiken, -Cheats und -Videos. Schade nur, dass es dieses Mal keinerlei Mehrspieler-Features gibt, denn das hätte dem Ganzen vermutlich die nicht nur gold-, sondern platinbewehrte Krone aufgesetzt.

Pro

brachiale Action
typischer Humor
aufrüstbare Waffen
tadellose Präsentation
motivierende Extra-Hatz
amüsante Clank-Einsätze
erstklassige Lokalisierung
abwechslungsreicher Spielverlauf
witzige Charaktere & Animationen
große Auswahl an Waffen & Gadgets

Kontra

eher belanglose Story
nur wenige Neuerungen
kaum fordernder Schwierigkeitsgrad
vergleichsweise biedere Weltraumschlachten

Wertung

PlayStation3

Hübsch und humorvoll inszeniertes Action-Feuerwerk mit vertrautem, aber abwechslungsreichem Spieldesign.

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