Test: echochrome (Logik & Kreativität)

von Benjamin Schmädig



Oder auch: "Optische Täuschung - Das Spiel"
Entwickler:
Publisher: Sony
Release:
kein Termin
10.06.2011
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ab 3,46€
Spielinfo Bilder Videos
Schwarze Striche skizzieren Umrisse in einer weißen Leere, ruhige Violinen treiben wie Wellen über einen stillen Teich, die Gedanken verlieren sich in einem Spiel mit Realität und Wahrnehmung: Echochrome ist der künstlerische Gegenentwurf zur "Adrenalinpumpe Videogame". Das ist auf der einen Seite ein unglaublich faszinierendes Prinzip. Auf der anderen Seite fehlen Echochrome aber einige Bausteine, die aus dem ungewöhnlichen Gedankenspiel ein fesselndes Erlebnis gemacht hätten...

Crush in 3D

Was passiert, wenn man die Hand vor einen Baum hält, der sich in weiter Ferne befindet? Der Baum scheint zu verschwinden - gerade so, als würde jene weite Ferne nur aus flachem Gras bestehen. Das ist das Prinzip Echochrome: Was man nicht sieht, existiert nicht. Drückt man z.B. den Analognippel oder die Richtungstasten, bis ein Balken eine Lücke in einem Steg verdeckt, läuft die schwarz skizzierte Figur unbehelligt dahinter entlang - gerade so, als würde es den Abgrund nicht geben.

Es gibt noch weitere Regeln, aber alle halten sich an  dieses Prinzip: Was du siehst, ist Realität. Ähnlich machte es auch Segas geniales Crush  - nur dass die Illusion hier stets in allen drei

Das sind die Gesetze in Echochrome.
Dimensionen stattfindet. Dreht ihr das Spielfeld z.B. so, dass die Enden zweier Balken scheinbar ineinander übergehen, obwohl sie räumlich weit voneinander entfernt liegen, spaziert eure Figur einfach über die nicht sichtbare Lücke. Fällt sie hingegen durch ein Loch im Boden, landet sie auf dem scheinbar darunter liegenden Steg. Alles in schwarz/weiß, alles im Takt zu mal munter, mal ruhig fiedelnden Streichern - auch wenn deren Repertoire stark begrenzt ist.

Solo, als Paar oder gegen Andere?

Es ist erstaunlich, wie lebendig das scheinbare Stillleben wirkt: Beginnt eure Figur, die wie der Umriss einer hölzernen Marionette aussieht, z.B. einen Level, macht sie zunächst ein paar Kniebeugen, bevor es losgeht. Haltet ihr sie an, um zu überlegen, verschränkt sie die Arme und legt eine Hand unters Kinn. Nicht einen Ton sprechen die Figuren, trotzdem sind sie so liebenswert, dass die verkünstelten Rätsel-Skizzen nicht erdrückend wirken.

Neben eurer Marionette gibt es dabei noch weitere Figuren - schwarze und weiße: Mal müsst ihr sie im "Paare"-Modus zusammenführen (zuerst die zwei schwarzen oder die beiden weißen, dann die jeweils daraus entstandenen grauen), mal müsst ihr allen anderen Figuren ausweichen ("Andere"), mal einfach nur die Ziele finden ("Solo"). Dabei könnt ihr stets nur die Kamera drehen und den Marionetten befehlen, stehen zu bleiben oder schneller zu laufen. Eure Ziele sind, abgesehen von der "Paare"-Variante, eine Hand voll 
Die Bilder wirken zwar ernüchternd, in Bewegung ist der Stil aber faszinierend einzigartig!
Schattenfiguren, die ihr in beliebiger Reihenfolge erreichen müsst.

Zufallsrätsel

Auch wenn sich die Herangehensweise meist ähnelt: Die drei Spielvarianten machen das Puzzeln angenehm abwechslungsreich - wenn auch nur über verschiedene Levels verteilt. Denn es ist kaum spannend, ein und denselben Abschnitt ein zweites oder drittes Mal zu starten, nur um alle Spielvarianten zu meistern. Von daher ist es zwar schade, dass es auf PS3 nur die "Solo"-Variante gibt, es macht letztlich aber kaum einen Unterschied. Denn Echochromes zentraler Baustein ist der "Freistil"-Modus, in dem ihr einfach ein Puzzle nach dem nächsten spielt - das ist perfekt, wenn ihr nur mal zwischendurch zwei, drei Runden knobeln möchtet. Es ist nur ärgerlich, dass sich die zufällig aufgerufenen Levels schnell wiederholen - eine Auswahl noch unbekannter Rätsel wäre motivierender gewesen.

Insgesamt fehlt es Echochrome neben dem Staunen über die Sinnestäuschung ein wenig am Spielerischen - man vermisst eine Herausforderung, die zum Durchbeißen anspornt. Ihr erhaltet nämlich nicht nach und nach Zugang zu neuen Puzzles: Sämtliche Levels stehen vom Start weg zur Verfügung, und wer nicht nur durch Zufall auf jedes einzelne stoßen will, kann sie im "Atelier" gezielt auswählen. Zwar wil man einerseits die Rätsel vielleicht nicht häppchenweise abklappern, nur um seine eigene Rekordzeit zu verbessern. Andererseits kann man so beim Knobeln dafür entspannen und sich auf die außergewöhnliche Welt einlassen.

Im Handheld steckt mehr drin

Wegen seiner offenen Struktur entpuppt sich Echochrome deshalb als spielerisches Experiment - das als experimentelles Spiel eventuell besser funktioniert hätte. Ärgerlich ist auch die Tatsache, dass die verblüffenden Ansichtssachen hin und wieder von technischen Fehlern entzaubert werden. So wirkt es z.B. unglücklich, wenn man offensichtlich aneinander passende Stege erst nach langem und mühseligem Feinjustieren des Blickwinkels "verbinden" kann. Das automatische "Einrasten" per Knopfdruck funktioniert jedenfalls so gut wie nie. Ebenfalls schade, dass die Marionette hin und wieder durch Löcher im Boden fällt, die man eigentlich verdeckt hatte. Oder 
Die PSP-Levels sind zwar kleiner - stellen euch aber trotzdem vor knifflige Herausforderungen.
dass sie nach einem Fall mitunter nicht auf dem darunter befindlichen Balken stehen bleibt, sondern dahinter herunterfällt. Glück im Unglück: Die Ärgernisse sind keine Hindernisse. Es sind Kleinigkeiten, die auffallen - den Ablauf aber nie empfindlich stören. Unterläuft euch (oder dem Programm) ein Fehler, darf eure Figur schließlich vom letzten Steg aus weitermachen. Auch wegen des großzügigen Zeitrahmens kennt Echochrome so etwas wie Aufregung nur vom Hörensagen.

Auf PSP müsst ihr übrigens systembedingt mit kleineren Spielfeldern Vorlieb nehmen, was sich aber nicht auf die sehr vertrackten Rätsel auswirkt. Seltsam nur, dass es auf dem Handheld weitaus mehr Rätsel gibt als auf Konsole - 95 PSP-Puzzles stehen gerade mal 56 auf PS3 gegenüber. Zwar könnt ihr auf Letzterer dafür von Spielern erstellte Knobeleien herunterladen (die kleine PlayStation bleibt leider komplett offline), das entschädigt aber nicht für den vergleichsweise mageren Inhalt. Zumal ich nicht damit rechne, dass die selbst erstellten Kreationen mit denen der Entwickler mithalten. Dafür ist die Bedienung des Editors schon allein deshalb zu umständlich, weil die Orientierung in der schemenhaften Welt schwer fällt.

     
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Kommentare

johndoe731183 schrieb am
Öhm ... Echochrome gibt's auch für die PS3. Aber vielleicht hältst Du die zum Zocken ja in der Hand. :shock:
E800F5 schrieb am
irgend wie kommen die coolen spiele immer nur für die handhelds raus^^
Ich bitte um einekleine virtuelle spende
Opa schrieb am
Im öffentlich rechtlichen kam vor ein paar Wochen nen Making of bevor Sony das aufgekauft hat im Rahmen soner Sendung über optische Wahrnehmung und Funktionsweise des Hirns. Ich dachte noch so das wäre geil für´n Handheld.
Saufaszinierend!
killerloser schrieb am
Ein Spiel das ich sehr gerne mal ausprobieren würde. :roll: :arrow:
schrieb am