Siren: Blood Curse15.08.2008, Benjamin Schmädig
Siren: Blood Curse

Vorschau:

Unheimlich: Auf der einen Seite sorgt Sony für Missverständnisse, weil Siren: Blood Curse (ab 69,95€ bei kaufen) keine gruselige Neuvorstellung, sondern lediglich Teil drei einer Serie ist, die hierzulande bislang als "Forbidden Siren" bekannt war. Auf der anderen Seite verwirrt allerdings der Begriff "Fortsetzung", weil ausgerechnet Sony auf der hauseigenen Vorzeigekonsole nur PS2-Ware recycelt, anstatt Resident Evil 5 eine opulente Breitseite zu verpassen. Entsteht die wohlige Gänsehaut also nur wegen der altbackenen Technik?

Hanuda? Nie wieder!

Zurück zu den Wurzeln - und das schon im zweiten Nachfolger: Blood Curse entführt euch wie schon der erste Teil in ein verwahrlostes Dorf namens Hanuda. Der Plot dreht sich diesmal um ein amerikanisches Fernsehteam, das über den verwunschenen Ort berichten soll. Doch anstatt  das Geschehen nur zu filmen, werden die Kollegen hinter den Kulissen bald selbst zu den Hauptdarstellern ihrer Horror-Doku...

Die Handlung beginnt mit Howard Wright, doch schon bald erlebt ihr den Horror auch aus der Sicht anderer Charaktere.
Die Handlung dreht sich aber nicht ausschließlich um den Reporter, seinen Kameramann sowie seine Ex-Frau und Tochter. Den Beginn erlebt ihr z.B. aus der Sicht eines Jugendlichen, der durch Zufall über das mörderische Treiben der Dorfbewohner stolpert.

Später wechselt immer wieder die geografische und chronologische Perspektive zwischen den sieben Protagonisten; ein Stilmittel, von dem schon die stimmungsvollen Vorgänger profitierten. Neu ist lediglich das Episoden-Format, dem sich nach den Vorreitern Valve  und Telltale Games (Sam & Max ) also auch Sony verschreibt - u.a. auch mit dem frisch angekündigten Ratchet & Clank -Nachfolger. Am Anfang jeder Episode seht ihr daher eine Zusammenfassung der Ereignisse, am Ende eine kurze Vorschau. Ob es die Appetizer und Gedächtnislückenschließer auch in der endgültigen Fassung geben wird, bleibt allerdings abzuwarten; schließlich erscheint das deutsche Blood Curse nicht wie für den Rest der Welt im PlayStation Store, sondern auf Blu-ray.

Traditionell gemächlich

Die kurzen Erinnerungs-Schnipsel tun aber nur das Nötigste, um die Handlung zusammenzuhalten. Viele Informationen erhaltet ihr nämlich erst beim Studium des Archivs, wo häppchenweise hinzukommende Video- und Audiosequenzen sowie Notizen und Skizzen einen Großteil der Geschichte erzählen. Zusätzliche Bruchstücke erhaltet ihr nach sorgfältigem Abrasen der Umgebung - und das fällt zum Glück deutlich leichter als in den zwei bockschweren ersten Teilen. An der Steuerung liegt das nur bedingt,

Schaut genau hin: Was hat die Einwohner Hanudas in mörderische Zombies verwandelt?
denn die setzt ganz herkömmlich auf den linken Stick für die seitliche Drehung. Mit dem rechten Stick könnt ihr zwar die Kamera innerhalb enger Grenzen drehen, doch euer Alter Ego dreht sich nur, wenn ihr den linken Hebel neigt. Ist es tatsächlich unmöglich, einem aktuellen Horrortrip eine moderne Steuerung zu verpassen?

Sei's drum, wegen des traditionell gemächlicheren Ablaufs werdet ihr selten fluchen, zumal die schon im letzten Siren vorgestellte Egoperspektive etwas mehr Übersicht ins Spiel bringt und sogar gänzlich neue Möglichkeiten hinzukommen. So könnt ihr jetzt z.B. Türen schließen und euch gegen den Knauf stemmen, damit die Gegner nicht durchkommen. Mitunter trennen euch somit nur marode Holzplanken von einem stöhnenden Zombie - was für angenehmes Herzrasen sorgen kann. Besonders spannend sind Quasi-Filmszenen, in denen ihr das Geschehen aus der Sicht eurer Verfolger seht. Wer live erleben will, wie sich ein ächzendes, murmelndes Etwas seinem Versteckt nähert, darf sich schon mal mit Beruhigungstabletten eindecken...     

Du bist der Feind

Kenner werden das Hineinversetzen in die Feinde freilich mit wissendem Blick abnicken, da diese Gegnersicht das markanteste Stilmittel der Serie ist. Und natürlich seid ihr auch diesmal nicht nur aufs Zuschauen angewiesen, sondern macht euch meist per Knopfdruck zum Voyeur: Auf der linken Seite des geteilten Bildschirms sucht ihr dann die Umgebung nach Zombies ab - ein weiterer Knopfdruck und ihr seht die Welt auf der rechten Seite aus den Augen eures Ziels. Bis zu drei solcher Ansichten könnt ihr abspeichern, um die Schauplätze im 

Der Preis für die unappetitlichsten Gegner geht damit wohl an Sony.
Überblick zu behalten. Was deshalb notwendig ist, weil ihr nur so die Laufwege der Anwohner studieren könnt, falls ihr sie vorübergehend (die Untoten stehen irgendwann wieder auf) unschädlich machen wollt.

Es ist aber vor allem deshalb wichtig, weil ihr euch so am effektivsten im Rücken der Gegner anschleichen könnt. So lange euch die Bewohner nicht bemerken, richten eure Schläge nämlich deutlich mehr Schaden an als im offenen Kampf. Genauer gesagt gehen nichts ahnende Untote schon nach nur einem Hieb zu Boden. Dabei ist es scheinbar egal, ob ihr sie mit Bratpfanne, Sake-Flasche oder Handsichel erwischt - die taktische Belohnung mühselig aufgespürter Waffen fällt zumindest in den ersten Stunden zu gering aus. Und das, obwohl die Spielweise dieses Horrortrips die Züge der Stealth-Action trägt. Ich hoffe, Blood Curse verschenkt später keine Möglichkeiten, um sich dauerhaft auf eintöniges Durch's-Dorf-Schleichen zu beschränken...

Aufgebohrte PS2-Technik?

Deutlich mehr hätte Sony vor allem in Sachen Darstellung und Inszenierung rausholen sollen. Diverse Filter lassen das Bild zwar verstörender und damit imposanter wirken als es die detailarme Umgebung tut, aber den Eindruck eines "PS2-Titels in höherer Auflösung" wird Blood Curse nie los. Die Gesichter der Charaktere wirken zwar größtenteils zeitgemäß, aber vor allem die vielen ungelenken Bewegungen rauben einen Großteil der gewollten Illusion. Auch die Inszenierung filmischer Sequenzen wirkt oft müde. Besonders die im Spiel sehr stimmungsvolle Geräuschkulisse wirkt in inszenierten Sequenzen plötzlich so lasch, dass einige potentiell packende Momente wirkungslos verpuffen. Wer mal einen guten Horrorfilm mit abgedrehtem Ton gesehen hat, weiß wie sich Blood Curse stellenweise anfühlt...   

Ausblick

Nicht nur, weil das beeindruckende Resident Evil 5 vor der Tür steht, wirkt Siren: Blood Curse antiquiert: Technisch spielt es gleich eine ganze Liga unter der Opulenz von Capcom und auch spielerisch ist es nach dem PS2-Vorgänger kaum vom Fleck gekommen. Vielleicht wartet es im späteren Verlauf noch mit Überraschungen auf; das leise Anschleichen oder auch das aktive Zusperren von Türen sind immerhin ausgesprochen sinnvolle Ansätze! Auch die Sicht aus den Augen der Gegner ist nach wie vor unheimlich verstörend und gleichzeitig ungeheuer nützlich - die perfekte Mischung für ein solches Spiel. Abgesehen davon darf man bei der in Bruchstücken erzählten Handlung wohl die Hirnmuskeln spielen lassen - eine willkommene Abwechslung zum Grusel-Einerlei, auf die ich zumindest gespannt bin. Blood Siren wird wohl keine Spieler-Hintern nervös über die Couch schubsen. Das stimmungsvolle Horrorpuzzle könnte aber immerhin die Wartezeit bis zum Start der neuen Resident Evils, Silent Hills oder Project Zeros verkürzen.

Ersteindruck: gut

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