Battlefield 329.09.2011, Michael Krosta
Battlefield 3

Vorschau:

Bisher stand bei Präsentationen und Messeauftritten die Mehrspielerkomponente von Battlefield 3 (ab 5,61€ bei kaufen) im Fokus. Dank der offenen Beta darf man sich mittlerweile selbst ein Bild von den aufregenden Online-Gefechten machen - mehr dazu in unserer Vorschau. In Paris hatten wir aber auch die Gelegenheit, die Kampagne zu spielen und gleichzeitig Eindrücke der PS3-Version zu sammeln...

K(r)ampf der Sprache

Die Franzosen sind schon ein eigenes Völkchen: Ticketautomaten in der Hauptstadt Paris akzeptieren z.B. keine Euro-Scheine, sondern müssen mit Münzen (oder Kreditkarten) gefüttert werden. Stellt man eine Frage auf Englisch, bekommt man die Antwort in französischer Sprache serviert - klasse, denn als alter Lateiner kommt man damit nicht sonderlich weit. Mittlerweile hat die groteske Sprachenpflege sogar internationale Presse-Events erfasst, wie ich und andere aus Europa angereiste Kollegen feststellen mussten: Dialoge in der kurzen, aber knackigen Kampagnen-Mission schallten nur auf Französisch aus den Headsets, obwohl es im versteckten Debug-Menü die Option zum Umschalten der Sprache gab. Doch auf die Frage, ob man denn von dieser Möglichkeit Gebrauch machen könne, gab es von den Verantwortlichen nur ein freundliches, aber entschiedenes "Non!" zu hören. Vive le France!

US-Truppen im Iran

Einziger Vorteil: Mein Aggressionspotenzial war genau auf dem richtigen Level, um mich in die Kampagne zu stürzen, die inhaltlich recht viel Zündstoff bietet. Schon wenn ich mir im Leuchtfeuer der ständig ratternden Flugabwehrgeschütze die Gebäude der Stadt betrachte, wird mir klar, dass ich mich nicht in der westlichen Welt befinde. Weiteres Indiz liefern die arabischen Schriftzeichen, die Plakate und Häuserwände schmücken. Ich will es genauer wissen und frage nach, wo genau ich mich hier eigentlich mit dem kleinen US-Trupp rumtreibe. "Teheran", so die kurze Antwort zu einer Situation, die es ins sich hat und  in der Zukunft durchaus Realität werden könnte. Doch anstatt sich mit der Armee des derzeitigen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad anzulegen, wird im Spiel gegen die PLK gekämpft - eine fiktive, paramilitärische Einheit.

Der Krieg beginnt

Der erste Auftrag ist noch simpel: Nachdem ich mit meinem Trupp die Situation via Fernglas ausgespäht habe, muss ich mich mit meinem Gefolge vom übersichtlichen Hügel hinunter zur Mauer eines Parks zu schleichen, in dem sich der Feind in einer Festung verschanzt hat. Anstatt freundlich anzuklopfen, machen es die Amerikaner lieber auf ihre Art: Per Kreistaste installiere ich einen Mörser an der dafür markierten Stelle und gebe mit einem markerschütternden Knall das Angriffssignal. Nur wenige Sekunden später bricht die Hölle los und die PLK-Schergen kommen mit ihren MGs sowie Schrotflinten aus all ihren Löchern gekrochen, um umgehend das Feuer zu eröffnen. Spätestens jetzt wird klar, dass DICE im Audiobereich wieder ganze Arbeit leisten wird: Schon über die Lautsprecher des Headsets kracht und donnert es vorzüglich, während das wilde Geschrei die Kriegsatmosphäre noch weiter unterstreicht. Wenn ich mir jetzt vorstelle, wie das alles erst an einer 5.1-Anlage mit potentem Subwoofer wirken muss, wird es mir ganz warm ums Ohr. Schon mit Bad Company 2 und zuletzt auch Medal of Honor haben die Schweden unter Beweis gestellt, dass ihnen bei den Soundeffekten niemand das Wasser reichen kann. Im Rahmen der Präsentation wurde auch erklärt, warum man sich so akribisch mit dem Thema Sound auseinandersetzt:

Die neuen Animationen lassen die virtuellen Soldaten enorm realistisch wirken.
Die neuen Animationen lassen die virtuellen Soldaten enorm realistisch wirken.

Für DICE stellt der Audiobereich nicht nur einen essenziellen Bestandteil der Spielerfahrung dar - tatsächlich ist er für die Macher mit einem Anteil von 50 Prozent maßgeblich an ihr beteiligt. Das gilt vor allem für Kracher wie Battlefield, bei denen Klang- und Schlachtfeld einfach zusammengehören.

Grandiose Lichteffekte & lebensechte Animationen

Doch auch grafisch werden Glanzpunkte gesetzt: Dank der neuen Frostbite II-Engine sehen die Kulissen mit ihrer authentisch wirkenden Flora sowie den gewaltigen Zerstörungsmöglichkeiten inklusive feinen Rauch- und Partikeleffekten besser aus als jemals zuvor in einem Battlefield-Titel. Ein besonderes Augenmerk wird außerdem auf die Animationen gelegt, wofür man bei DICE ein paar Nachhilfestunden bei den Entwicklern von EAs Sportspielen - allen voran die FIFA-Serie - genommen hat. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die Übergänge vom Laufen zum Stillstand wirken genauso fließend wie die Animationen bei einer gestellten Räuberleiter über eine Mauer. Es wirkt einfach "echt", wie sich die Soldaten im Kampfgebiet verhalten.

Wertvolle Unterstützung

Einen maßgeblichen Einfluss daran hat auch Andy McNab, der dem Team als Berater zur Seite steht und dafür sorgen soll, dass sich die Action auf dem Bildschirm so real wie möglich anfühlen soll. Der ehemalige Veteran der Special Forces und jetziger Leiter einer privaten Militärfirma hat nicht nur beim Motion Capturing einen Blick auf die Authentizität, sondern auch bei den Sprachaufnahmen. "Im Militär gibt es kein 'vielleicht' in der Kommunikation", verrät er. Stattdessen sollen Anweisungen über Funk kurz, klar und präzise erfolgen. Wie eingangs erwähnt, konnten wir aufgrund des Französisch-Zwangs noch keinen Eindruck davon machen, ob das Vorhaben glückt.  

Begeistert bin ich allerdings schon von den grandiosen Lichteffekten: Die Macher haben sich scheinbar intensiv den jüngsten Star Trek-Kinofilm von J.J. Abrams angesehen und sich hinsichtlich des Looks inspirieren lassen. So wird das Auge auch beim

Vor allem die atmosphärische Ausleuchtung kann begeistern.
Vor allem die atmosphärische Ausleuchtung weiß zu begeistern.
bewaffneten Streifzug durch die iranische Hauptstadt immer wieder von beeindruckenden Lense Flare-Effekten verwöhnt, die direkt aus dem Film stammen könnten - vom völlig anderen Szenario einmal abgesehen. Abgespeckte Technik

Doch zumindest auf der PS3 ist nicht alles bombastisch, was Frostbite II auf den Bildschirm zaubert. Wer die PC-Version in Aktion gesehen hat, wird nur ungern zur Konsole zurückkehren, denn gefühlt liegt zwischen den beiden Fassungen eine ganze Generation, vergleichbar mit der Erfahrung, wenn man an der Xbox 360 noch mal ein Spiel der ersten Xbox-Konsole einlegt.

Das heißt nicht, dass Battlefield 3 auf der PS3 hässlich aussieht - ganz im Gegenteil. DICE scheint auch hier die Hardware an ihre Grenzen zu treiben und sorgt auch mit einer konstanten Bildrate von 30fps für aufregend inszenierte Gefechte. Die Sache ist nur die, dass der PC als Lead-Plattform dieses Mal die in die Jahre gekommene Konsolen-Technik deutlicher in den Schatten stellt als zuvor. Das betrifft nicht nur die Bildrate - auch die Texturen sind am Rechner wesentlich knackiger und detaillierter, die Weitsicht ist höher. Gerne hätte ich gesehen, wie sich die PS3 bei Tageinsätzen oder Schauplätzen wie den weiten Wüsten schlägt - aufgrund der vorherrschenden Dunkelheit dürfte die gezeigte Mission technisch nicht ganz so anspruchsvoll sein wie andere.

Call of Battlefield?

Zwar will man bei EA bewusst einen realistischeren Ansatz wählen als die Konkurrenz mit ihrem hollywoodreifen Michael Bay-Krieg, doch lassen sich einige Parallelen zu Call of Duty nicht verleugnen. So sorgen auch hier geskriptete Szenen für cineastische Momente, wenn z.B. ein Mitstreiter eine Granate in ein Gebäude wirft und mir wenige Sekunden später brennende PLKler schreiend aus der Flammenhölle entgegen rennen oder aufgrund der Druckwelle aus den zerberstenden Fenstern geschleudert werden. Auch kurze Zeitlupensequenzen in bester Max Payne-Tradition nutzt DICE als stilistisches Mittel. Insgesamt wirkt Battlefield 3 im Vergleich zur Call of Duty-Serie

Battlefield 3 wird laut! Und es wird geht viel zu Bruch gehen.
Battlefield 3 wird laut - und es kommt rollt mit viel Zerstörung im Gepäck auf uns zu!
trotzdem etwas bodenständiger:  Obwohl auch hier ständig etwas kracht oder explodiert, scheinen die Einsätze näher an der Wirklichkeit angesiedelt zu sein als bei der bewusst übertrieben, aber gleichzeitig nicht minder packend inszenierten Action bei der Konkurrenz.

KI-Schwächen

Kritik muss sich die KI gefallen lassen: Zwar stellen die Truppen der PLK eine ernsthafte Bedrohung dar, doch kommt diese vornehmlich durch die Massen der Gegner und weniger ihre Intelligenz zustande. Deckung ist für die PLK zwar kein Fremdwort, aber (zu) oft rennen die Kerle auch ins offene Feuer und damit ihren Tod - selbst wenn ihr Kamerad erst wenige Sekunden früher genau das gleiche Schicksal ereilt hat. Klar, die PLK ist keine Hightech-Armee wie die der USA, aber ein bisschen mehr Hirnschmalz beim Flankieren und Positionswechseln wäre trotzdem wünschenswert.

Die eigenen Mitstreiter spielen außerdem kaum eine Rolle: Da es kein Befehlssystem gibt, ziehen sie in der Regel ihr eigenes Ding durch und preschen schon mal bis zum nächsten Trigger-Punkt vor, ohne auf den Spieler zu warten. Das geht auch besser.

Ausblick

Der große Showdown zwischen Call of Duty: Modern Warfare 3 und Battlefield 3 spitzt sich langsam zu - und beide Titel werden ihre ganz eigenen Vor- und Nachteile bieten. In mindestens einem Punkt dürfte EA die Konkurrenz deutlich hinter sich lassen, vielleicht sogar deklassieren: Die Schlachtfeld-Atmosphäre hat alleine aufgrund der wuchtigen Klangkulisse Referenzcharakter. Ich wüsste nicht, wie man dieses brachiale Krawumm zusammen mit der beeindruckenden Zerstörungsorgie auf dem Bildschirm toppen soll. Selbst auf der PS3 macht der gespielte Kampfeinsatz durch Teheran trotz deutlich abgespeckter Details (im Vergleich zum PC) noch eine hervorragende Figur - alleine die Lichteffekte und die feinen Animationen sorgen für eine packende Atmosphäre, die mit Skript-Szenen auch cineastisch angereichert wird, ohne aber dabei nach CoD-Manier in ein völlig übertriebenes Baller-Spektakel abzudriften. Hinsichtlich des überraschungsarmen Missionsdesigns könnten die beiden Kontrahenten aber auch Zwillinge sein und auch bei der KI sind auf beiden Seiten mehr oder weniger schwere Moorhuhn-Mentalitäten zu beobachten. Trotzdem hinterlässt Battlefield 3 derzeit den etwas authentischeren Eindruck. Nach dem ersten Anspielen deutet alles darauf hin, dass die Kampagne nichts Besonderes, aber gute Shooter-Unterhaltung bieten wird. Bleibt nur zu hoffen, dass man sich bei EA hinsichtlich des Umfangs nicht zu sehr an der Konkurrenz orientiert und einen ausreichend langen Solo-Einsatz auf die Beine stellt. Seine wahre Stärke wird Battlefield 3 aber vermutlich ohnehin erst in den Mehrspieler-Gefechten ausspielen, sofern DICE die Probleme der Beta noch in den Griff bekommt.     

Ersteindruck: gut

Ihr interessiert euch für die Mehrspieler-Beta? Die dazu gehörige Vorschau findet ihr hier.

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