The Bureau: XCOM Declassified26.07.2013, Michael Krosta
The Bureau: XCOM Declassified

Vorschau:

Bei der ersten Ankündigung war die Befürchtung noch groß, dass 2K den Strategie-Faktor als Kernelement von Xcom zugunsten brachialer Action komplett über Bord kippen und nur einen weiteren Shooter im Stil von Area 51 abliefern würde. Die Sorge war unbegründet: Das ursprüngliche Konzept wurde verworfen, die Ego- wich einer Schulteransicht und statt einer stupiden Ballerei ist in den Gefechten von The Bureau: Xcom auch Taktik gefragt.

Die Invasion beginnt

Kollege Ben konnte in unserer letzten Vorschau bereits in eine Mission des Xcom-Ablegers hineinschnuppern und war durchaus angetan von der neuen Ausrichtung. Ich durfte jetzt den Einstieg und damit den Beginn der Invasion erleben – und empfand ihn als äußerst ernüchternd: Das geht schon bei der erschreckend altbackenen Technik los, die aktuellen Spielen um Jahre hinterher hinkt. Das Artdesign ist mit der Nachbildung von US-Städten aus dem Jahr 1962 in Kombination mit Alien-Architekturen zwar durchaus sehenswert, doch grobe Texturen mit hohem Wiederholungsfaktor, der langsame Aufbau der Schattendarstellung und die sterilen Kulissen nehmen der Spielwelt viel von der Faszination. Hinzu kommt die amateurhafte Inszenierung: Schon die Einführung, in der Protagonist William Carter mit einem als Mensch getarnten Alien konfrontiert wird, lässt jegliche Dramatik vermissen. Generell schaffen es die Zwischensequenzen und öden Schauplätze zunächst nicht, mich in die Handlung hinein zu ziehen, was zum einen an den teils flachen Dialogen und zum anderen an den langweiligen Kameraeinstellungen sowie schwach modellierten Figuren liegt, deren Mimik ebenfalls zu wünschen übrig lässt.

Das Artdesign ist gelungen, das technische Gerüst allerdings altbacken.
Das Artdesign ist gelungen, das technische Gerüst allerdings altbacken.
Was mich neben der angestaubten Technik ebenfalls an der Spielwelt stört, ist der Mangel an Interaktionsmöglichkeiten und Erkundungsreizen. Nur manche Figuren lassen sich in Gespräche verwickeln, wobei nur bei wenigen das Dialogsystem verwendet wird, das zwar deutlich von Mass Effect abgekupfert wurde, aber nur selten direkten Einfluss auf die Handlung nimmt. Darüber hinaus kann man es sich sparen, die Kulissen nach versteckten Extras oder Hinweisen abzusuchen, denn sämtliche Objekte wie Waffen, Munition oder Notizen blinken derart auffällig, dass sie selbst ein Blinder auf hundert Meter Entfernung erkennen kann.

Wertvolle Unterstützung?

Nachdem man sich zunächst alleine durchschlagen muss und dabei glaubt, doch wieder nur in einem weiteren Deckungs-Shooter gelandet zu sein, kommt mit dem ersten Begleiter endlich Bewegung in die Sache und man erhält Zugriff auf die Taktik-Optionen. Im Zentrum steht dabei eine Funktion namens Kampf-Fokus: Mit ihr lässt sich das Geschehen auf Tastendruck in eine Zeitlupe schalten, für die genau das richtige Tempo gewählt wurde, um einerseits die Dramatik in den Kämpfen aufrecht zu erhalten, andererseits aber auch genug Raum zu lassen, um den im späteren Verlauf zwei Mitstreitern Befehle zu erteilen. So lassen sich u.a. Anweisungen für Positionswechsel erteilen oder man setzt sie gezielt auf markierte Gegner an. Auch das Wiederbeleben gefallener Kameraden kann man der KI aufdrücken, obwohl dies eigentlich zu den Aufgaben des Spielers gehört. Er verfügt über die Fähigkeit, das gesamte Team auch aus größerer Distanz zu heilen, doch muss sich diese nach dem Einsatz erst regenerieren. Das gilt auch für die Spezialaktionen, die abhängig vom Rang und der Klasse Verfügung stehen. Ein Unterstützer installiert später z.B. auf Befehl Laser-Geschütze oder Schutzschilde, während ein Ingenieur die Feinde kurzzeitig in Panik versetzen kann. Auch Carter lernt mit der Zeit einige Tricks dazu und kann u.a. Gegner für einen kurzen Zeitraum aus der Deckung heraus heben. Selbst die Kombination von Fähigkeiten ist möglich: So lässt man sich z.B. erst ein Geschütz von seinem Kollegen aufbauen, um es anschließend mit der „Lift-Kraft“ über eine Deckung zu heben und alle dahinter verschanzten Aliens zu eliminieren. Um sich eine bessere Übersicht zu verschaffen, lassen sich Gegner und Umgebung außerdem scannen.

Aliens, wie man sie kennt. Doch auch ein paar Neuzugänge mischen mit.
Aliens, wie man sie kennt. Doch auch ein paar Neuzugänge mischen mit.
Mit Maus und Tastatur ist die Steuerung am PC leider sehr fummelig und nicht sonderlich intuitiv – zumindest wenn man sich im Kampf-Fokus befindet. Der Wechsel zwischen den Figuren durch das Drüberfahren des Mauszeigers über ihre Namen wirkt unangenehm hektisch, das Erteilen von Befehlen hakelig. Auch der Marschbefehl wurde umständlich gestaltet, muss man doch erst mit einem Cursor über WASD zur gewünschten Stelle navigieren, bevor man ihn erteilen kann. Eine taktische Karte wie bei Ghost Recon: Advanced Warfighter wäre sicher die bessere Lösung gewesen – vor allem dann, falls die Gebiete sich später noch öffnen sollten.

Bureau Effect

Beim Kampf-Fokus wird die Zeit verlangsamt. Ein Limit für die Funktion gibt es nicht.
Beim Kampf-Fokus wird die Zeit verlangsamt. Ein Limit für die Funktion gibt es nicht.
Schließt man einen Controller an, wird die Steuerung schlagartig angenehmer, auch wenn das Anvisieren der Alien-Brut längst nicht mehr so präzise funktioniert wie mit der Maus. Dafür ist das Befehlssystem deutlich komfortabler, hat man sich doch auch hier wieder an Mass Effect orientiert und präsentiert ein nahezu identisches Rad mit den entsprechenden Auswahlmöglichkeiten, von denen einige ebenfalls direkt aus BioWares Sci-Fi-Serie stammen könnten.

Das gilt auch für das Rangsystem, mit dem stärkere Fähigkeiten der Xcom-Agenten freigeschaltet werden. So schmerzt es umso mehr, wenn einer von ihnen endgültig in einer Schlacht stirbt und man einen Nachfolger ausbilden muss, der wieder als Grünschnabel beginnt. Typisch Xcom: Die Mitstreiter lassen sich wie gewohnt personalisieren und u.a. mit eigenen Namen versehen.

Je weiter, desto besser

Die richtigen Anweisungen an die Kameraden sind später der Schlüssel zum Erfolg.
Die richtigen Anweisungen an die Kameraden sind später der Schlüssel zum Erfolg.
Habe ich am Anfang noch die Möglichkeit vermisst, meine Begleiter individuell auszurüsten oder ihnen auch außerhalb des Kampf-Fokus' rudimentäre Befehle wie „Vorrücken“ oder „Sammeln“ zu erteilen, kommt dies nach dem Erreichen des Hauptquartiers hinzu. Überhaupt nimmt das Spiel ab diesem Zeitpunkt zunehmend Fahrt auf: Die Kämpfe werden intensiver, taktische Entscheidungen wichtiger und die Hintergrundgeschichte rund um Verräter, die mysteriöse Forschung mit Alien-Artefakten und den geplanten Gegenschlag wird mit jeder Mission interessanter. Neben der häufigen Verteilung von Munition und Waffen empfinde ich die Nachschub-Container allerdings als eine große Schwäche im Design. Nicht, weil ich hier die Bewaffnung meines Teams ändern und aufstocken, sondern auch meine Agenten austauschen darf. Es ergibt für mich durchaus Sinn, wenn auf niedrigeren Schwierigkeitsgraden für einen verstorbenen Mitstreiter ein neuer Mann eingeflogen wird. Doch diese Personalwechsel mitten in einer laufenden Mission an einer Kiste durchzuführen, erscheint mir unpassend.

Ausblick

Puh, was für ein zäher Einstieg! In den ersten 30-60 Minuten hat mich The Bureau: Xcom aufgrund der antiquierten Technik, der fummeligen Steuerung und beschränkten Aktionsmöglichkeiten völlig kalt gelassen. Und dann noch diese amateurhafte Inszenierung mit teils schlimmen Dialogen, die bei mir keine Spannung für die Geschehnisse erzeugen konnte. Wäre es so weitergegangen, hätte ich den Taktik-Shooter wohl mit einem enttäuschenden „ausreichend“ abgestraft. Dass ich mich mittlerweile trotzdem für die angenehme „Büroarbeit“ begeistern kann, liegt in erster Linie an zwei Dingen: Zum einen ist die Steuerung mit dem Controller deutlich komfortabler als mit der Kombination aus Tastatur und Maus – auch wenn mich manche Mechaniken im Rahmen des Kampf-Fokus immer noch stören, doch ist immerhin die gewählte Geschwindigkeit der Zeitlupe optimal. Zum anderen werden die Kämpfe mit steigenden Rängen und Möglichkeiten immer komplexer und damit sowohl intensiver als auch interessanter. Es macht unheimlich viel Spaß, mit den Fähigkeiten und ihren Kombinationen zu experimentieren, auch wenn die Kameraden-KI sich nicht immer so clever und treffsicher anstellt, wie ich es mir manchmal wünschen würde. Trotzdem scheint 2K mit diesem Xcom-Ableger auf einem guten Weg zu sein, die richtige Mischung aus Taktik und Action zu finden.

Einschätzung: gut

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