Joel und Ellie
Wie wird sich das Verhältnis von Ellie und Joel entwickeln? Das toughe Mädchen ahnt, dass ihr Beschützer nicht immer so fürsorglich war.
Ellie ist ein toughes Mädchen, das meist instinktiv richtig reagiert: Sie geht automatisch in Deckung oder außer Reichweite, wenn es brenzlig wird. Immerhin kennt sie nur den Alltag dieser lebensgefährlichen Endzeit, hat keine normale Kindheit erlebt. Trotzdem äußert sie ihre Bedenken, wenn man z.B. eine finstere Treppe hinauf marschiert. Ähnlich wie Elizabeth in Bioshock: Infinite handelt sie nicht nur selbstständig, wenn es gefährlich wird, sondern auch in gewöhnlichen Situationen. Sie macht Bemerkungen über die Umgebung, fragt neugierig bei Joel nach oder bleibt z.B. stehen, um Glühwürmchen zu beobachten - in diesen Momenten wird manchmal sehr wenig gesagt, aber viel ausgedrückt. Ganz nebenbei, in wenigen Bemerkungen, wird so auch das schlechte Gewissen eines Mannes geweckt, der scheinbar nicht immer fürsorglich agierte. Sie ist also alles andere als ein Begleit-Bot, sondern agiert wie ein eigenständiger Charakter mit Emotionen. Was mir gut gefällt: Ellie ist nicht so sicher wie Elizabeth in BioShock, sondern kann direkt in Gefahr geraten und überwältigt werden.
Was mir nicht gefällt: Ellie ist manchmal zu eigenständig. Wenn ich mit Joel in die Hocke gehe, um mich leise einem Hauseingang zu nähern, läuft sie weiter aufrecht hinterher. Und als ich das Haus erstmal von außen erkunden will, ist sie in einer Situation schon mitten drin. Natürlich kann auch diese Unberechenbarkeit die Spannung erhöhen. Glaubwürdiger wäre es, wenn sie nicht nur im Angesicht von Feinden oder direkt im Kampf, sondern auch schon vorher so vorsichtig agieren würde wie Joel es vormacht, wenn sie sich also meiner Spielweise anpassen würde. Man kann ihr ja keine direkten Befehle geben, so dass man auf ihre Intelligenz bzw. ihren Instinkt angewiesen ist. Ich bin gespannt, wie das in weiteren Situationen abläuft.
Schere, Stein & Alkohol
Das Basteln zwingt zu taktischen Entscheidungen: Soll man defensiv oder offensiv vorgehen? Die Einwegklinge reicht für einen lautlosen Kill oder das Aufbrechen eines Schlosses. Die Brechstange mit Schere schickt zwei, drei Mutanten ins Jenseits. Oder doch lieber ein Heilpaket?
Auch das Aufsammeln von Materialien zum Basteln von Waffen oder Heilmittel ist nichts Umwerfendes. Aber die Art wie es inszeniert wird, ist zumindest erfrischend und verlangt Planung. Denn selbst wenn man in der Deckung etwas zusammen bastelt, gibt es keine Unterbrechung: Joel geht in die Hocke, wühlt in seinem Rucksack und das schlanke Menü mit den verwertbaren Gegenständen wird eingeblendet, während um ihn herum weiter Feinde nach ihm suchen - so bleibt die Spannung erhalten. Dann muss man sich schnell entscheiden, was man aus den wenigen Teilen von Scheren, Klebeband bis hin zu Alkohol herstellen will. Auch hier kann man sich nahtlos an die Situation anpassen und sowohl offensiv als auch defensiv basteln: Von der Nagelbombe oder dem Molotow-Cocktail über den schweren Nahkampf mit Brechstangenschere bis hin zum lautlosen Kill mit Einwegklinge. Oder doch lieber Medikamente zusammenbrauen?
Da man selten genug Zutaten für mehrere Waffen hat, muss man taktisch haushalten. Und man sollte die Umgebung immer absuchen. Vor allem die vielen Häuser, von denen manche verschlossen, aber zugänglich sind. Aber will man das kostbare Messer wirklich zerbrechen, nur um ein Schloss zu knacken? Bei der Suche kann man zwar auch Schubladen und Schränke öffnen, aber meist blinken die verwertbaren Dinge schon aus der Distanz und man ertappt sich dabei, dass man sie irgendwann gar nicht mehr anschaut, sondern einfach alles schnell in seinem unbegrenzten Rucksack verstaut - es gibt ja sonst nichts. Hier stellt sich eine gewisse Sammelroutine ein, obwohl man auch erzählerische Hinweise wie Tagebucheinträge oder Notizen findet; klassische Audiologs sind übrigens nicht dabei. Wie gut diese Bruchstücke die Story ergänzen, bleibt abzuwarten.