Resistance: Fall of Man23.09.2006, Jörg Luibl
Resistance: Fall of Man

Vorschau:

Schon auf der E3 konnten wir den Ego-Shooter Resistance: Fall of Man (ab 8,90€ bei kaufen) Probe spielen - damals allerdings nur einen einzigen Level. Der Ersteindruck war schon damals ein guter. In Tokio hat das Team von Insomniac Games eine nahezu fertig gestellte Version präsentiert. Hat Sony hier den Actiontrumpf für die PlayStation 3 in der Hinterhand? Macht das Spiel Gears of War Konkurrenz?

Im Schatten von Gears of War

Wer sich im März eine PlayStation 3 kauft, will vor allem eines: brillante Next-Generation-Grafik. Und er will vielleicht die Gewissheit, dass er für sein teures Geld auch eine bessere Kulisse als auf der Xbox 360 genießen kann. Immerhin will jeder Euro auch im Freundeskreis gerechtfertigt sein. Und gerade Shooter sind für alle Plattformen immer noch die Gradmesser für technische Qualität und Leistungsfähigkeit - egal ob Halo, Half-Life 2 oder Killzone 2; das allerdings auch auf der Tokyo Game Show noch nicht gesehen wurde. In die Fußstapfen der untergetauchten Traileraction muss jetzt ein anderer Waffenporno rücken: Resistance: Fall of Man .

Eine heikle Situation für die Jungs von Insomniac, die vorher das ansehnliche, aber nicht auf Wow-Effekte ausgelegte Ratchet & Clank gemacht haben. Nach eigenen Angaben sind sie aber froh über diesen Szenariowechsel, sie sehen das sogar als "Entspannung" nach der Ratchet-Reihe. Also kurz zum Inhalt: Resistance ist ein gewöhnlicher Shooter, der von seinen Waffen-Gimmicks lebt und euch in ein alternatives London entführt, das von den außerirdischen Chimera tyrannisiert wird, die alle Lebewesen mit einem Virus infizieren. Ein Schuss Horror soll die Action hier auflockern - ähnlich wie bei Gears of War . An dieser Stelle wird die Situation noch heikler für Resistance, denn das ist der direkte Konkurrent auf der Xbox 360.

Große Levels statt Traumgrafik

Also gleich zur wichtigsten Frage: Können die Amerikaner das Versprechen hoch aufgelöster und brillanter Shooterwelten einlösen? Nein. Ganz und gar nicht. Um ehrlich zu sein: Wir waren erstaunt, dass dieses Spiel auf einer PlayStation 3 lief. Das klingt hart, aber wir haben eine laut Entwickler fast fertige Version ausgiebig erleben können. Egal ob man auf den Boden oder auf Wände schaut, egal ob man in Hallen Militärfahrzeuge oder Kisten betrachtet: die Texturen haben PS2-Niveau und lassen jegliche Körnigkeit oder Plastizität vermissen. Man kann auch nicht alle Scheiben oder Reifen zerschießen, so dass die Welt auch physikalisch inkonsequent wirkt. Sie sieht nicht schlecht aus, Qualm, Schreie und Grautöne sorgen sogar für eine in Ansätzen beklemmende Atmosphäre, die Architektur versetzt einen umgehend in Englands Hauptstadt, aber all das eben nicht auf hohem Niveau und schon nach einer halben Spielstunde irgendwie fade.

Dermaßen ernüchtert haben wir uns vor Ort Ted Price, den Präsidenten von Insomniac Games geschnappt, und nachgefragt:

4P: "Sorry, Ted. We are very disappointed about the performanc of Resistance. Which status does the game have?"

"It's nearly finished."

4P: "Nearly finished? But the world looks not like the hi-res-dream we all have of PS3 games..."

"Do you mean the textures?"

4P: "Yes. The whole world in detail. And the physics."

"Well, we wanted to concentrate on big levels with a lot of objects. And so we had to reduce some details. But instead you have great freedom in the gameplay and a convincing AI."

Da hat er durchaus recht: Die Levels im düsteren London sind verdammt groß, lassen euch zahlreiche Möglichkeiten, um rechtzeitig in Deckung zu springen oder Umwege über Häuser zu nehmen. Wenn große Spinnenroboter auftauchen, habt ihr also keine stupide 1:1-Situation, sondern zig Optionen. Ihr könnt euch verschanzen, mehrere Wege führen zum Ziel oder zum Sieg, Geschütze und Sandsäcke laden überall zum Experimentieren ein. Ihr könnt elegant aus der Deckung heraus schießen, mit dem Scharfschützengwehr aus erhöhten Positionen töten, Energieschilde gegen feindliche Projektile oder Fallen abschießen: Eine gummiartige Masse, die eure Feinde festhält.

Horror, KI & Co

Auch das Figurenverhalten kann sich sehen lassen: Eure Feinde bleiben brav in Deckung, wenn ihr sie unter Feuer nehmt, sie flankieren euch fies von zwei Seiten oder probieren sogar den Angriff über die ungeschützte Flanke, wenn ihr einseitig feuert. Aber grandios ist die KI auch nicht: Wir konnten oftmals beobachten, wie Aliens an Geschützen stecken oder stehen bleiben, obwohl wir feuern und auch das Snipern verlief einen Tick zu einfach. Und auch hier ist die Physik in den Schussgefechten nicht immer ganz nachvollziehbar: Manche Laser oder Projektile scheinen durch Ecken oder Mauerreste zu jagen. Trotzdem ist das Schlachterlebnis ein lebendiges, denn überall werden kleine Scharmützel abseits von euch durchgeführt. Und das nicht in den engen Levelschläuchen eines Call of Duty, sondern in weitgehend freier Fläche mit vielen Routen.

Aber auch diese lobenswerten spielerischen Elemente reichen nicht aus, um Resistance irgendwie auszuzeichnen oder aus der Masse der Standardshooter abzuheben. Grusel oder Grauen? Das könnte etwas Salz in die Suppe bringen, aber davon war weit und breit nichts zu spüren. Es bleibt abzuwarten, inwiefern das Horrorelement in die Story integriert wird und ob packende Zwischensequenzen eine dichtere Atmosphäre zaubern können - all das ließ sich noch nicht beurteilen.        

Ausblick

Für dieses Spiel brauche ich keine PlayStation 3. Es löst das größte Versprechen der Next-Generation-Zukunft nicht ein: brillante Grafik. Das mag jetzt hart klingen, vielleicht auch vorschnell, aber wir haben laut Entwickler eine fast fertige Version spielen können - deshalb muss Tacheles geredet werden: Wenn uns Ted Price von Insomniac Games sagt, dass er lieber auf große Levels und viele Objekte setzt als auf Detailreichtum, dann ist das aus spielerischer Sicht nachvollziehbar. Und es macht tatsächlich Spaß, das düstere London in freien Schussgefechten und mit zig Waffengimmicks von den Aliens zu säubern. Aber all das ist nichts Besonderes, sondern gewöhnliche Shooterkost. Das Besondere an einem PS3-Shooter muss auch seine beeindruckende Kulisse, seine grafische Power sein - davon ist weit und breit nichts zu sehen. Wenn man böse wäre, würde man sagen, dass man hier einen hoch aufgelösten PS2-Shooter vor sich hat. Wenn Resistance bis zum Release nicht noch mit einer klasse Story, coolen Horrorelementen und dichter Regie punktet, gehört es trotz seines robusten Actiongerüsts zu den ersten Enttäuschungen der PS3-Lineups.

Ersteindruck: befriedigend

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