Everybody's Golf: World Tour06.02.2008, Benjamin Schmädig
Everybody's Golf: World Tour

Vorschau:

Kein Wunder, dass Clap Hanz der japanischen PS3 gleich in ihrem ersten Jahr eine Fortsetzung seiner Golfserie spendiert: Everybody's Golf, in Nordamerika unter Hot Shots Golf bekannt, gehört in Fernost als Minna no Golf zu den erfolgreichsten Titeln. Dabei wirkt das "Anime-Theater", in dem Caddies beim Rennen auf die Nase fallen, wie ein kunterbunter Spielplatz für Golfeinsteiger. Oberflächlich gesehen stimmt das sogar; im Kern versteckt sich allerdings eine realitätsnahe Physik - auf PS3 mehr denn je!

Weniger Klamotten, mehr Downloads

Vier Jahre ist es her, dass Everybody's Golf auf PS2 erschien. Seitdem wurde die Reihe um zwei PSP-Ableger erweitert, die nicht nur ein verändertes Turniersystem, sondern auch zig Dutzend Hüte, Mäntel und Schuhe einführten, die man gewinnen und anlegen durfte. Im zweiten Handheld-Teil konnte man mit der richtigen Kleidung sogar die Werte seiner Golfer steigern. Sicher: Die Neuerungen waren nicht weltbewegend. Trotzdem ist es erstaunlich, dass die

Viel Altbewährtes, wenig Neues: Sonys Anime-Golfer stehen zum insgesamt achten Mal am Tee.
Entwickler das herkömmlichere Konsolenkonzept für ihren ersten PS3-Abschlag reanimieren und auf den Sammelwahn in Sachen Accessoires verzichten. Wie auf PS2 schaltet ihr in Everybody's Golf 5 somit für jede der drolligen Figuren lediglich verschieden farbige Versionen desselben Outfits frei, erhaltet damit aber keine Extras - schade.

Im Gegenzug wählt ihr genau wie auf dem Handheld ein Turnier aus, schaltet nach einem Sieg weitere Wettbewerbe frei und tretet schließlich gegen einen der 15 Charaktere an, um die bezwungene Figur in eure Riege aufzunehmen. Anschließend steigt ihr eine Klasse auf und das Spiel beginnt von vorn. Auch wenn die zur Wahl stehenden Herausforderungen auf unterschiedlichen Plätzen stattfinden: Das von der PS2 bekannte selbstständige Aussuchen eines Golfplatzes fällt somit weg. Es  wäre euch allerdings einfacher gefallen, denn ihr müsst euch nicht mehr zwischen zwölf Kursen entscheiden - nur sechs Plätze bietet Clap Hanz diesmal an. Immerhin verspricht Sony aber zusätzliche Schauplätze, Golfer sowie Schläger per Download.

Ein Schuss Innovation

Abgesehen davon steht ihr auf wesentlich aufwändigeren Parcours' am Tee. So trägt Everybody's Golf erstmals der Tatsache Rechnung, dass ein Golfkurs aus mehreren Bahnen (Löchern) besteht, die stellenweise dicht beieinander liegen. Für euch heißt das: Mitunter ist der Weg über den Fairway eines Lochs, das ihr gerade gar nicht spielt,

Dank mehreren Löchern auf einem Kurs sind die Golfplätze so groß wie nie.
kürzer als der eigentlich vorgesehene. Das Suchen von Abkürzungen wird somit ähnlich wichtig wie im aktuellen PSP-Ableger - lässt das Spiel aber nie zur Trickschussmeisterschaft ausarten. Obwohl natürlich auch der offizielle fünfte Teil (die Handheld-Auskopplungen zählt Clap Hanz ebenso wenig mit wie "Online", den eigentlichen vierten Teil) jede Menge Schläge zulässt, die Tiger Woods nur aus Comics kennt.

Bei Schüssen mit viel Spin wird dabei deutlich, dass der fünfte Teil stärker die Realität zitiert als sämtliche Vorgänger: Wer z.B. einen Ball mit viel Rückwärtsdrall auf den Weg schickt, muss mit einer stark verkürzten Flugbahn rechnen. Zuletzt blieb jeder gut getroffene Schuss ungefähr dort liegen, wohin die Zielmarkierung zeigte - jetzt spielen Wind und Drehung des Balls eine spürbar größere Rolle. Gut so, denn dadurch wird Everybody's Golf kniffliger, abwechslungsreicher und trotz Anime-Charme sogar glaubwürdiger.

Idyllisch, liebevoll, liebenswert

Dass dies im Sinne der Entwickler war, zeigt auch die Schlagtechnik. Denn auch wenn das Drei-Klick-System faktisch unangetastet bleibt, sorgt die neue Anzeige für ein unverbrauchtes Spielgefühl. Der symbolische Balken, auf dem ihr bisher Schlagstärke und Präzision ablesen konntet, fällt schließlich weg. 

Ob Afrika, Europa oder Asien: Auf den idyllischen Kursen fühlt man sich schnell heimisch.
Stattdessen beobachtet ihr euren Golfer: Er oder sie holt jetzt so lange sichtbar aus, bis ihr per Knopfdruck die Schlagstärke festsetzt, und anschließend drückt ihr möglichst genau dann, wenn der Schläger den Ball berührt. Liebhaber des alten Systems werden fluchen - bis ihnen die Technik nach wenigen Löchern in Fleisch und Blut übergeht. Auf die herkömmliche Anzeige sollten sie jedenfalls nicht zurückgreifen, denn dann reduziert Clap Hanz die maximale Schlagweite spürbar.

Es hat Vorteile, dass man so den Blick häufiger gen Fairway samt Umgebung richtet: Im Wind schwankende Bäume, aus der Flugbahn türmende Zuschauer, grasende Tiere und etliche weitere liebevolle Details entdeckt man so viel eher. Vernachlässigt man die damals zweidimensionalen Zuschauer, hat sich seit PS2-Zeiten zwar enttäuschend wenig verändert, allerdings hinterlassen die Nippon-Kurse einen weitaus idyllischeren Eindruck als EAs Golfplätze.       

Ausblick

Es ist erstaunlich, wie vorsichtig die Entwickler an ihrem zehn Jahre alten Konzept feilen - gerade für den Einstieg in eine neue Konsolengeneration durfte man mehr erwarten. Sicher: Der Onlinemodus ist umfangreich und zusätzliche Kurse sowie weitere Extras sollen per Download folgen. Doch zum Start bot der PS2-Vorgänger deutlich mehr Inhalt! Selbst die zumindest witzigen Minispiele lässt Clap Hanz unter den Tisch fallen. Das soll allerdings nicht heißen, Everybody's Golf hätte seinen spritzigen Charme verloren. Im Gegenteil: Die Interaktion zwischen den knuffigen Golfern und ihren noch putzigeren Caddies ist famos, das Spiel selbst fühlt sich kniffliger an als zuletzt, geht aber so federleicht von der Hand wie seit zehn Jahren und das neue Schlagsystem wirkt weniger aufgesetzt als sein Vorläufer. Teil fünf wird allerdings beweisen müssen, dass die leichte Ernüchterung nur anfängliche Skepsis ist und nicht auf eine kommende Durststrecke hinweist.

Ersteindruck: gut

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