Uncharted 4: A Thief's End04.05.2016, Michael Krosta

Special: Uncharted im Wandel der Zeit

Schon als Naughty Dog bei Sony seine neue Marke erstmals vorstellte, traten angesichts der Namenswahl für den Pitch die großen Ambitionen des Studios zum Vorschein: „Project BIG“ . Und wir wissen, wie die Geschichte weiterging: Uncharted wurde tatsächlich der erhoffte Blockbuster und Millionen-Seller. Bevor sich das Team mit Uncharted 4: A Thief's End (ab 22,95€ bei kaufen) vorerst von Nathan Drake verabschiedet, lassen wir die bisherigen Abenteuer des sympathischen Helden und seiner Begleiter noch einmal Revue passieren...

Uncharted: Drakes Schicksal

Mit Uncharted: Drakes Schicksal feierte die Reihe 2007 ihren Einstand auf der PS3. Im Mittelpunkt stand Schatzsucher und Protagonist Nathan Drake, ein angeblicher Nachfahre des berühmten Entdeckers Sir Francis Drake. Zusammen mit seinem Gauner-Ziehvater Victor Sullivan und der Reporterin Elena Fisher begab er sich auf die Suche nach El Dorado – der sagenumwobenen Stadt aus Gold. Was als einfache Schatzsuche begann, entwickelte sich jedoch schnell zu einem Wettlauf gegen die Zeit, denn das Trio hatte nicht nur mordlustige Piraten im Nacken, sondern auch Gabriel Roman und dessen Söldner-Armee.

Im ersten Teil übertrieb es Naughty Dog manchmal noch mit den Gegnerwellen.
Schon bei seiner Premiere setzte Uncharted auf die Tomb-Raider-Formel und präsentierte eine Mischung aus Schussgefechten, Erkundung und kleinen Rätselpassagen. Allerdings konnte Naughty Dog damals weder bei der Kampf- und Klettermechanik noch bei den Rätseln Maßstabe setzen – vor allem die übertriebene Anzahl an Gegnerwellen führte zu Ermüdungserscheinungen. Stattdessen überzeugte man abseits der herausragenden Technik vornehmlich mit einer filmreifen Inszenierung sowie den spritzigen Dialogen der herrlich geschriebenen Charaktere, die aus der Feder von Amy Hennig stammten. In diesem Zusammenhang muss auch die großartige Arbeit der Synchronsprecher erwähnt werden – allen voran Nolan North, der als Drakes Original-Stimme sowohl den Charakter formte  als auch seiner eigenen Karriere einen gewaltigen Aufschwung verlieh.

Nahkampf beherrschte Drake von Anfang an, doch in den Fortsetzungen wurde das System immer wieder ausgebaut und perfektioniert.
Während die Fortsetzungen mehrere Schauplätze rund um den Globus boten, konzentrierte man sich bei der Suche nach El Dorado auf eine einzige Insel im Südpazifik, die sich aber über verschiedene Abschnitte erstreckte. Neben dem Dschungel machte man auch Höhlen, ein Fort, einen Nazi-Bunker und ein weitläufiges Kloster unsicher. Unvergessen blieb sicher eine Szene, bei der man ein gestrandetes deutsches U-Boot aus dem Zweiten Weltkrieg fand und erkundete. Mit dem überraschenden Twist am Ende entpuppte sich die abenteuerliche Schatzsuche sogar noch als dramatischer Überlebenskampf mit Horrorelementen. Im berühmt-berüchtigten Jetski-Abschnitt trieben Steuerung und Schwierigkeitsgrad viele Spieler jedoch schon vorher an den Rand des Wahnsinns.

Doch trotz dieser kleinen Startprobleme und der recht kurzen Kampagne eroberte Nathan Drake nicht nur unseren Gold-Award (Wertung: 86%), sondern schon mit seinem ersten Abenteuer auch die Herzen der PlayStation-Spieler. Außerdem setzte er als moderner Indiana Jones selbst die große Grabräuber-Ikone Lara Croft mächtig unter Druck. Und noch ein kleines Detail am Rande: Uncharted: Drakes Schicksal ist bis heute der einzige Teil, dessen Untertitel (Original: Drake's Fortune) für die Veröffentlichung hierzulande eingedeutscht wurde.

Uncharted 2: Among Thieves

Angesichts des Erfolges ließ eine Fortsetzung nicht lange auf sich warten: Bereits zwei Jahre später brachte Naughty Dog im Jahr 2009 mit Uncharted 2: Among Thieves den sympathischen Schatzsucher auf den Bildschirm zurück – und wie! Der zweite Teil markiert für viele Fans bis heute den Höhepunkt der Reihe. Nach dem Gold-Award der Premiere knackte Nathans zweiter Auftritt auch bei uns die Platin-Grenze (Wertung: 90%) und wurde darüber hinaus zum Spiel des Jahres gekürt. Damals inszenierte das Studio aber auch einen unvergesslichen Action-Ritt, bei dem einem die Superlative ausgehen konnten: Technisch lieferte Naughty Dog das Nonplusultra ab – etwas Beeindruckenderes, Spektakuläreres, Fantastischeres hatte man auf der Sony-Konsole einfach noch nicht gesehen und sogar grafisch verwöhnte PC-Spieler schielten damals neidisch zur PS3. Selbst der imposante Vorgänger verblasste angesichts dieser unfassbaren Pracht und bombastischen Inszenierung, mit der die aufregende Suche nach dem Chintamani-Stein aufwarten konnte.

Das einstürzende Haus in Kombination mit dem Kampfhubschrauber markiert eine der spektakulärsten Szenen von Uncharted 2.
Zwar traf man mit Elena Fisher und Victor Sullivan vornehmlich auf alte Bekannte, doch Neuzugang Chloe Frazer sorgte mit ihrer Unberechenbarkeit nicht nur für viele Überraschungen, sondern brachte auch einen gewissen Pepp in das Verhältnis zwischen Drake und seinen Ex-Freundinnen. Mit dem serbischen Kriegsverbrecher Zoran Lazarević und dem Verräter Harry Flynn räumte man den beiden machtgierigen Schurken außerdem die Präsenz ein, die man im Vorgänger noch vermisst hat. Und auch hinsichtlich der Schauplätze legte man ordentlich zu: Schon der Einstieg in medias res im verunglückten Zug hatte es in sich, während die folgende Rückblende ins türkische Museum von Istanbul vor allem die neu eingeführten Schleichelemente zelebrierte, mit denen man Gegner auch ohne Waffengewalt ausschalten konnte. Trotzdem standen Schusswechsel im Stil des typischen Deckungs-Shooters neben Klettereinlagen weiterhin ganz oben auf der Tagesordnung, während der Rätselanteil weiter klein ausfiel und die Aufgaben nicht sonderlich anspruchsvoll waren.

Starker Einstieg: Die Flucht aus dem Zugwrack wurde hervorragend in Szene gesetzt.
Dafür überraschte man immer wieder mit einem Tapetenwechsel: Auf den Einbruch in Istanbul folgte u.a. ein Dschungel-Ausflug nach Borneo, eine rasante Zugfahrt und das traumhafte Schlendern durch ein tibetannisches Dorf im Himalaya, bis man schließlich die Pforte zur versteckten Stadt Shambhala öffnete, wo sich der gesuchte Stein befand, dessen übernatürliche Kräfte auch in den finalen Konfrontation mit Lazarević eine Rolle spielen sollten.

Neben der Kampagne, die im Vergleich zum Vorgänger wesentlich abwechslungsreicher und länger ausfiel, führte man auch einen Mehrspielermodus ein, in dem sowohl kooperativ Missionen zu dritt absolviert werden konnten oder man sich mit bis zu zehn Spielern in kompetitiven Matches in mehreren Spielvarianten gegenseitig die Hölle heiß machen konnte.

Uncharted 3: Drake's Deception

Ende 2011 meldete sich Naughty Dog mit Uncharted 3: Drake's Deception zurück, wo man vor allem die Beziehung von Nate und Sully in den Mittelpunkt rückte. So spulte man nach dem dramatischen Cliffhanger am Ende des prügellastigen Einstiegs 20 Jahre in die Vergangenheit und erfuhr in einer spielbaren Rückblende, wie sich der damals 15-jährige Herumtreiber und das Schlitzohr in Kolumbien kennenlernten – der Start einer wunderbaren Freundschaft zwischen Schüler und Mentor, die thematisch im Verlauf des Abenteuers immer wieder aufgegriffen wurde. Das Objekt der Begierde war dieses Mal keine goldene Statue oder ein übernatürlicher Stein. Stattdessen begaben sich Drake und seine Mitstreiter auf die Suche nach der legendären Stadt Iram, die bereits im Koran erwähnt wurde und die Quelle einer großen Macht beherbergen soll. Eine Macht, die sich vor allem die finstere Kathrine Marlowe und ihre Schergen unter den Nagel reißen wollten. Doch nichts ging ohne den Ring von Sir Francis Drake, der an der Kette um Nathans Hals baumelte und den Schlüssel bildete, um das Geheimnis der verlorenen Stadt zu lüften.

Der dritte Teil fokussierte sich auf die Beziehung zwischen Nate und seinem Mentor Victor Sulluvan.
Der Weg dorthin führte über viele Zwischenstationen: Angefangen bei einer Schlägerei in einem Londoner Pub, bei denen das überarbeitete Nahkampfsystem demonstriert wurde, führte die Reise weiter zu einem Schloss in Frankreich, einer Zitadelle in Syrien und nach Sanaa, der Hauptstadt des Jemen, wo überall weitere Hinweise und Auseinandersetzungen warteten. Es folgten beeindruckende Abschnitte wie die Flucht von einem sinkenden Schiff, die wirre Halluzinationen-Sequenz oder der Absturz eines Transportflugzeugs, das Drake seinem Ziel in der weitläufigen Rub al-Chali Wüste näher brachte.

Der technische Sprung fiel hier zwar nicht mehr so groß aus wie der gewaltige Schritt zwischen dem ersten und zweiten Teil, doch packten die Entwickler trotzdem noch eine kleine Schippe drauf. Vor allem hinsichtlich der beeindruckenden Sand- und Wasser-Darstellung sowie realistischen Physikberechnungen von beweglichen Objekten konnte Naughty Dog das Niveau weiter steigern und holte alles aus den Cell-Prozessoren der PS3 heraus. Die Engine war sogar dazu in der Lage, im Kapitel rund um das Kreuzfahrtschiff den Wellengang des Meeres sowie Bewegungen von Objekten und Figuren in Relation zu den Schwankungen an Bord in Echtzeit zu simulieren. Darüber hinaus war es der erste und einzige Teil der Reihe, bei dem man eine stereoskopische 3D-Darstellung unterstützte. Genau wie bei vielen anderen Titeln wurde die Bildrate bei der Verwendung einer 3D-Brille zwar auch hier spürbar in Mitleidenschaft gezogen, doch zählt Uncharted 3 bis heute zu den besten und eindrucksvollsten 3D-Erlebnissen für die Sony-Konsole.

Die Wüsten-Kulissen und Sand-Darstellung waren atemberaubend und unterstrichen den Anspruch von Naughty Dog, technisch alles aus der PS3-Hardware rausholen zu wollen.
Bei der Spielmechanik setzte man weiter auf die bewährte Mischung aus Kampf- und Klettersequenzen, zeigte durch eine verbesserte Präzision aber Fortschritte in der Shooter-Mechanik und bohrte den Nahkampf auf. Drake war es nicht nur möglich, sich mit mehreren Gegnern gleichzeitig anzulegen, sondern ihnen auch die Waffen abzuluchsen, sie von Leitern zu stoßen oder mit entsprechendem Timing sogar ihre Granaten zurückzuwerfen. Die Schleichmechanik, die im zweiten Teil eingeführt und leicht überarbeitet wurde, blieb ebenfalls als Alternative zur reinen Baller-Action erhalten. Rätsel bildeten weiterhin die Ausnahme, obwohl das gelungene Perspektiv-Puzzle sicher in Erinnerung geblieben ist.

Neben der etwa zehnstündigen Kampagne stand erneut ein Mehrspielermodus zur Auswahl, der vor allem hinsichtlich der Anpassungen an Figuren und Waffen erweitert wurde. Neben dem klassischen Deathmatch-Modus und Koop-Missionen durften sich sogar drei Zweier-Teams untereinander messen – Buddysystem inklusive. Anfang 2013 stellte Naughty Dog den Mehrspielermodus auf ein Free-to-play-Modell um, das den Aufstieg bis zum Erreichen des 15. Rangs erlaubte.

Uncharted: Golden Abyss

Uncharted: Golden Abyss ist nicht nur der einzige Teil, der für eine mobile Plattform entstand, sondern auch das einzige Uncharted-Spiel, bei dem Naughty Dog nur in einer beratenden Rolle die Entwicklung beaufsichtigte und nicht selbst Hand anlegte. Stattdessen entstand der Vita-Ableger bei Sonys internem Studio Bend und wurde bewusst so designt, um als Start-Titel sowohl das Flair der großen Konsolen-Abenteuer einzufangen als auch die technischen Möglichkeiten des leistungsfähigen Handhelds zu demonstrieren.

Der Plan ging auf: Golden Abyss zählt noch heute zu den grafisch beeindruckendsten Titeln für die Vita und führte damit auch im mobilen Bereich die Tradition fort, wonach sich die Spiele aus der Uncharted-Reihe neben der klasse inszenierten Action und tollen Figuren auch immer als ein leuchtendes Beispiel für opulente Technik auszeichneten. Die Entwickler von Bend verstanden es, die Funktionen der Vita hervorragend zu nutzen und überwiegend sinnvoll in

Golden Abyss war ein großes Uncharted-Abenteuer für den kleinen Bildschirm.
den Spielverlauf einzubinden: Dazu zählten das Pad auf der Rückseite, der Touchscreen und die Bewegungssensoren. In einem innovativen Rätsel wurde sogar die Außenkamera dazu verwendet, um mittels des einfallenden Lichts eine alte Schriftrolle lesbar zu machen. Obwohl manche Elemente etwas zu inflationär eingesetzt wurden, wirkte der Handheld-Ableger einerseits angenehm vertraut, andererseits aber auch herrlich frisch.

Die Handlung war noch vor den Ereignissen des ersten Teils angesiedelt, wies aber dennoch gewisse Ähnlichkeiten auf, denn sie drehte sich um die Suche nach einer Stadt aus Gold, die sich gut versteckt irgendwo in Zentralamerika befinden sollte. Beim Einstieg orientierte man sich dagegen am zweiten Teil und schmiss den Spieler erneut mitten ins Geschehen, bevor man anschließend wieder die Uhr

Nicht neu, aber immer wieder spannend: Die Flucht aus einem brennenden Gebäude.
zurückdrehte und die Geschichte von Anfang an erzählte. Da Drake seine geliebte Elena zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht kannte, stand ihm mit der abenteuerlustigen Marisa Chase eine ebenso kecke Begleiterin zur Seite, die dem Schatzsucher nicht nur in amüsanten Wortgefechten ordentlich Paroli bot. Mit Sully war aber auch ein alter Bekannter mit von der Partie. Bei den Antagonisten schielte man ebenfalls auf den zweiten Teil und präsentierte mit Roberto Guerro einmal mehr einen Kriegsherren mit Söldner-Armee, während Jason Dante einen weiteren Beweis dafür darstellte, dass Nathan wie schon bei Harry Flynn auch hier bei seiner Freundeswahl nicht immer ein glückliches Händchen bewies.

Uncharted: Golden Abyss war als reines Solo-Erlebnis konzipiert – eine Mehrspielerkomponente wie bei den letzten beiden Teil für die PS3 gab es hier nicht. Ursprünglich hatte sich Sony einen Nachfolger gewünscht, der ebenfalls speziell für die Vita designt werden sollte. Doch das Vorhaben scheiterte am Veto von Naughty Dog, als die Väter der Uncharted-Reihe einen potenziellen Burnout der Marke befürchteten.

Uncharted 4: A Thief's End

Im vierten und letzten Teil unter der Regie von Naughty Dog will man die Spielwelt offener gestalten.
Mit Uncharted 4 will Sonys Vorzeige-Studio jetzt selbst den Schlussstrich unter die Abenteuer von Nathan Drake ziehen und sich mit einem würdigen Höhepunkt verabschieden. Beim Anspielen deuteten sich bereits frische Impulse wie das Rätseln während der Offroad-Fahrt, die offenere Welt sowie ein Hauch von Stealth-Action an. All das spielte sich nicht nur sehr angenehm, sondern sah verdammt gut aus und überzeugte mit einer verblüffend natürlichen Dialogführung. Aber die wichtigsten Fragen hinsichtlich der Geschichte, KI, Akrobatik, Rätsel, Erkundung etc. bleiben noch offen. Antworten wird der Test liefern, in dem wir auch klären, inwiefern Druckman & Co den Charakter dieses Abenteuers und seines Protagonisten im Finale prägen können - schließlich hat das kreative Team hinter The Last of Us die Story nach dem Weggang von Amy Hennig komplett umgeschrieben und die Veröffentlichung zugunsten der gewünschten Realisierung des Epilogs sogar nach hinten geschoben.

 
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