Hellblade: Senua's Sacrifice07.08.2017, Jörg Luibl

Special: Ninja Theory im Wandel der Zeit

Ninja Theory hieß zunächst Just Add Monsters und wurde im Jahr 2000 in Cambridge von ehemaligen Sony-Entwicklern gegründet. Als unabhängiges Studio führt es seit siebzehn Jahren die Tradition zahlreicher britischer Pioniere von den Bitmap Brothers über Psygnosis bis Bullfrog, Rare oder Core Design fort, die die Spielewelt nachhaltig geprägt haben. Und auch das Team um Kreativkopf Tameem Antoniades konnte bereits markante Spuren hinterlassen.

Kung Fu Chaos (2003)

Dabei fing alles recht unspektakulär mit Kung Fu Chaos auf der Xbox an. Das arcadige Prügelspiel erschien 2003 exklusiv für Microsofts erste Konsole und ließ noch nicht erahnen, dass das verantwortliche Studio auch mal für seine erzählerische Finesse bekannt werden würde. Bis zu vier Spieler kloppten sich mit trashigem Humor durch interaktive Film-Sets, was uns damals 77% wert war. Trotzdem war hier schon ein Merkmal zu erkennen, das bis heute die Studiogeschichte prägen und den fernöstlichen Namen rechtfertigen sollte: der digitale Kampf.

Kung Fu Chaos (Xbox).

Den gab es zunächst allerdings auch auf finanzieller Seite mit der Mutterfirma Argonaut Games. Doch die Gründer von Just Add Monsters kauften sich frei und firmierten unter dem neuen Namen Ninja Theory als unabhängiges Studio.

Man hatte gleich mit dem ersten Projekt ein ebenso riskantes wie glückliches Händchen, denn man sollte für Sony ein exklusives Spiel namens Heavenly Sword entwickeln – und eine neue Marke im Auftrag eines großen Publishers ist immer gefährlich. Aber hier demonstrierte das Team erstmals seine Klasse, als sie eine Frau namens Nariko in eine Arena schickten, in der Kratos gerade dominierte.

Heavenly Sword (2007)

Heavenly Sword (PS3).

Das Action-Adventure erschien 2007 exklusiv für PlayStation 3 und begründete mit seinem edlen Flair, der filmisch erzählten Handlung sowie dem taktischen Kampfsystem den Erfolg. Die imposante Action rund um die rothaarige Heldin war uns 85% wert. Zwar wurde das Blocken und Zuschlagen nicht immer ganz flüssig inszeniert und Nariko entwickelt sich im Gegensatz zu Kratos nicht weiter und die eng geschnittenen Level boten kaum Freiheiten. Aber die martialische Choreografie lud dank hochwertigem Motion Capturing sowie mit ihren Zeitlupen immer wieder zum Hinsehen ein. Nicht nur die charmante Heldin konnte viele Sympathien gewinnen - das reichte Sony allerdings nicht für einen Nachfolger.

Enslaved: Odyssey to the West (2010)

Was sich in Heavenly Sword bereits andeutete, wurde dann 2010 in Enslaved: Odyssey to the West deutlicher: das dramaturgische Potenzial von Creative Director Tameem Antoniades, dessen Figuren abseits vom gewöhnlichen Kitsch meist

Enslaved (PS3, 360, PC). 

natürlich wirken und angenehm ruhig inszeniert werden. Im ersten Multiplattform-Titel für PS3, 360 und PC ging es erneut actionreich inklusive famoser Bosskämpfe und kooperativer Manöver zur Sache. Aber diesmal stand eine Beziehung zwischen Monkey und Trip im Vordergrund, die sich erst langsam von der Abscheu zur Zuneigung entwickeln sollte – dabei zeigte die Regie ein Gespür für gefühlvolle Momente inklusive zauberhafter Situationen. Leider konnte man das Zusammenwachsen der beiden ungleichen Helden nicht aktiv beeinflussen, viele Erkundungsaspekte wurden durch Automatismen entwertet und das Ende kam zu abrupt, weshalb man mit 81% an unserem Gold scheiterte.   

DmC: Devil May Cry (2013)

Das konnte man dann 2013 mit DmC: Devil May Cry erobern: Der Reboot der prominenten Prügelreihe von Capcom sorgte auf PC, 360 und PS3 für sehr gute Unterhaltung. Ninja Theory hatte große Fußstapfen zu füllen, aber konnte mittlerweile seine ganze Erfahrung hinsichtlich Artdesign, Regie und Kampfsysteme einbringen. Die Story rund um den jungen Dante und seine Herkunft wurde stilsicher inszeniert, auch wenn einige Nebenfiguren nach gutem Einstieg vernachlässigt wurden. Man servierte im Kampf einen zeitgemäßen Kompromiss aus alter Dynamik sowie neuen Möglichkeiten, so dass man auch Bayonetta ordentlich Paroli bieten konnte.

Dexed (2016)

Dexed (PSVR, Oculus Rift, HTC Vive).

Nach der erfolgreichen Auftragsarbeit für Capcom half man zunächst bei der Entwicklung von Disney Infinity 3.0 mit. Dann widmete sich Ninja Theory mit einem kleinen Projekt erstmals der Virtual Reality. Im 2016 veröffentlichten Dexed ging es im Stile von Ikaruga und Child of Eden arcadig zur Sache. Die coole Zwei-Farben-Mechanik, das tolle Leveldesign und die präzise Steuerung sorgten mit PSVR, HTC Vive und Oculus Rift für spannende Highscorejagden. Im Vergleich zur Konkurrenz war Dexed allerdings ein sehr kurzes Vergnügen, das immerhin 74% einheimsen konnte.

Hellblade: Senua's Sacrifice (ab 22,45€ bei kaufen) (2017)

Ist auch kein Wunder, wenn man bedenkt, dass das Studio nebenbei das wesentlich interessantere und aufwändigere Hellblade: Senua's Sacrifice finalisieren musste, das bereits 2014 für PlayStation 4 angekündigt wurde und vom Studio selbst als „Triple-A-Independent“ bezeichnet wird. Damit wollen die Briten ihre kämpferische und erzählerische Tradition fortsetzen, denn man schlüpft in die Rolle einer keltischen Kriegerin. Anders als Nariko in Heavenly Sword soll Senua offenere Gebiete erkunden können. In den Gefechten soll es schnell und komboreich aus Schultersicht gegen wenige Gegner zur Sache gehen, wobei man sich an der taktischen Vielfalt von Beat’em Ups mit vielen Bewegungen und Manövern orientiert hat. Wir sind natürlich auch gespannt, wie sich das für den 8. August 2017 angekündigte und rein digital vertriebene Abenteuer erzählerisch schlägt.

 
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