The Evil Within 213.10.2017, Michael Krosta
The Evil Within 2

Special: Shinji Mikami im Wandel der Zeit

Dieser Mann beherrscht die Kunst, den Spielern das Fürchten zu lehren, obwohl er es selbst nach eigener Bekenntnis nicht besonders mag, wenn Videospiele ihn erschrecken und einem solchen Stress aussetzen: Shinji Mikami. Zum Start von The Evil Within 2 (ab 10,90€ bei kaufen) haben wir den Werdegang des japanischen Designers und seine größten Werke Revue passieren lassen...

Horror im Herrenhaus

Shinji Mikami hat sich in erster Linie als Vater von Resident Evil einen Namen in der Spielebranche gemacht. Das Horrorspiel, das 1996 auf der PlayStation veröffentlicht wurde und sicher auch seinen Beitrag zur Erfolgsgeschichte der Sony-Konsole und der wachsenden Popularität des Genres geleistet hat, gilt als Meilenstein und prägte das neue Subgenre „Survival Horror“ - einen Begriff, den Capcom übrigens selbst für Resident Evil geprägt hat.

Shinji Mikami gilt als einer der Mitbegründer des Survival-Horrors, obwohl er es hasst, in Spielen erschreckt zu werden.

Bildquelle: Wikipedia In dem gruseligen Action-Adventure schlug man sich bekanntlich wahlweise mit Jill Valentine oder Chris Redfield mit der berühmt-berüchtigten Panzer-Steuerung durch ein mit Zombies verseuchtes Herrenhaus, das dank vorberechneter Grafiken für die damalige Zeit umwerfend aussah und in Kombination mit dem düsteren Soundtrack die perfekte Bühne für den Horror darstellte. In Japan erschien der Titel unter dem Namen Biohazard, passend zur Thematik rund um illegale Experimente mit biologischen Waffen. In westlichen Gefilden rückte man mit der Änderung des Titels zu „Resident Evil“ dagegen eher den Schauplatz in den Mittelpunkt. Entsprechend schien der Name Biohazard in späteren Spielen aus der Reihe eigentlich passender, die nicht länger in einem abgelegenen Herrenhaus angesiedelt waren.

Mikami als Quizmaster und Disney-Prinzessin?

Eigentlich war der Absolvent der Doshisha Universität in Kyoto bereits seit 1990 bei Capcom tätig und veröffentlichte mit Capcom Quiz: Hatena? no Daibōken sein erstes Spiel – ein interaktives Quiz für den Gameboy, das innerhalb von nur drei Monaten fertiggestellt wurde. Auch in die Entwicklung der Disney-Lizenzspiele Aladdin und Goof Troop für das Super Nintendo war er als Planer und Designer involviert. Doch erst bei Resident Evil übernahm er erstmals die Rolle des Directors, obwohl ursprünglich Tokuro Fujiwara dafür vorgesehen war, weil das Spiel ein Remake des NES-Titels Sweet Home werden sollte. Stattdessen wurde Mikami mit der Aufgabe betraut, obwohl er zuerst zögerte, weil er es hasste, sich in Spielen zu fürchten. Doch genau diese Eigenschaft qualifizierte ihn für Fujiwara perfekt für den Job, weil Mikami wusste, welche Elemente Angst einflößend sind.

Nach dem Erfolg von Resident Evil räumte der am 1. August 1965 geborene Designer vorerst den Regiestuhl und schlüpfte lieber in die Rolle des Produzenten und Beraters. Bei den beiden Fortsetzungen zu Resident Evil und dem zunächst für Segas Dreamcast entwickelten Ableger Code Veronica war er also nicht mehr direkt in die aktive Entwicklung eingebunden. Auch Devil May Cry, das ursprünglich ebenfalls als Ableger von Resident Evil geplant war, begleitete er zusammen mit weiteren bekannten Capcom-Titeln wie Phoenix Wright: Ace Attorney (2001), Viewtiful Joe (2003) oder die Mech-Action Steel Battalion als ausführender sowie allgemeiner Produzent. Kurz nach der Veröffentlichung von Resident Evil 3 wurde Mikami der General Manager des neu gegründeten Capcom Production Studio 4, in dem sich die wichtigsten Mitarbeiter befanden, die an Projekten mit Survival-Horror-Thematik arbeiteten.

Dinos statt Zombies

Nur für Dino Crisis kehrte er 1999 zum ersten Mal seit Resident Evil auf den Regiestuhl zurück und übernahm gleichzeitig die Rolle des Produzenten für den Survival Horror mit urzeitlichen Wesen, der konzeptionell, spielmechanisch und technisch deutliche Parallelen zum Grusel-Abenteuer im Herrenhaus aufwies. Dorthin führte ihn sein Weg zurück, als er 2001 für das aufwändige Remake von Resident Evil auf Nintendos Gamecube einmal mehr als Director den Klassiker gehörig aufpeppte. Dabei entdeckte er offenbar auch erstmals seine Liebe für die kleine Würfel-Konsole: Zwar stand er dem Team hinter dem Prequel Resident Evil Zero nur als Berater zur Seite, doch mit dem Third-Person-Shooter P.N. 03 (Project Number Zero Three) lieferte er einen actionreichen Exklusiv-Titel für den GameCube ab, der aufgrund des flachen Konzepts, einer mäßigen Technik und enttäuschenden Story keinen bleibenden Eindruck hinterlassen konnte.

Ein Neuanfang für den Survival-Horror

Resident Evil 4 war ein mutiger Umbruch und Neustart für die Reihe.
Dieses Kunststück gelang ihm nach dem Mitwirken beim stylischen Killer7 in Zusammenarbeit mit Suda51 erst wieder 2005, als er mit Resident Evil 4 das mittlerweile angestaubte Konzept der Reihe komplett umkrempelte und Mechaniken modernisierte. Zwar hielt man weiter an dem Grundsatz fest, nicht gleichzeitig laufen und schießen zu können, doch orientierte man sich bereits stärker am 3D-Shooter und gestaltete den Spielablauf trotz dichter Atmosphäre deutlich actionreicher. Entsprechend spaltete die Neuausrichtung die Fan-Gemeinde und auch der übermäßige Einsatz von Reaktionstests (QTR – Quick Time Reaction) sowie das u.a. in manchen Fluchtsequenzen erforderliche Knopfgehämmer führte zu Kritik an Mikami, der die Design-Änderungen als Director zu verantworten hatte. Trotzdem überwog die Zustimmung und Resident Evil 4 wurde international von vielen Kritikern und Spielern für den gelungenen Neustart der Serie gefeiert, der nach dem dritten Teil langsam überfällig schien. Mikami vollbrachte das Kunststück, mit dem Survival-Horror und dem Third-Person-Shooter zwei populäre Genres zu vereinen. Gleichzeitig entpuppte sich das Spiel aufgrund der Zeitexklusivität als echte Killer-App für Nintendos GameCube, der mit Resident Evil 4 eindrucksvoll demonstrierte, was technisch in dem kleinen Power-Würfel steckte.

Ursprünglich sollte es gar keine Umsetzungen auf andere Plattformen geben: Mikami sagte einmal in einem Interview, er würde Harakiri begehen, falls es zu einer Portierung auf andere Systeme kommen sollte. Doch diese folgte bereits einige Monate später mit der PS2-Umsetzung, gefolgt von späteren HD-Remakes auf Xbox 360, PS3 und sogar den PC sowie die aktuellen Konsolen. Eine Entwicklung, für die sich Mikami noch 2017 im Gespräch mit Giant Bomb entschuldigte, aber sicher auch dem fehlenden Erfolg der Nintendo-Konsole zuzuschreiben war.

Abschied von Capcom

Mit Resident Evil 4 verabschiedete sich Mikami von Capcom und heuerte beim Clover Studio an, das bereits 2004 von ehemaligen Capcom-Mitarbeitern gegründet wurde. Dort zeichnete er 2006 als Director für das Beat'em-up God Hand verantwortlich, in dem die amerikanische und japanische Pop-Kultur auf die Schippe genommen wurde. Nachdem das Studio 2007 seine Pforten schließen musste, landete Mikami schließlich bei Seed Inc – später besser bekannt unter dem Namen Platinum Games, wo sich ebenfalls zahlreiche Capcom-Veteranen zu einer neuen Truppe formierten, darunter auch Hideki Kamiya, der u.a. für Resident Evil 2 verantwortlich zeichnete.

Eine Action-Referenz

Mit dem stylischen Vanquish setzte Mikami auch im Action-Genre neue Maßstäbe.
Für Platinum Games werkelte Mikami als Director an dem futuristischen Action-Titel Vanquish, der 2010 erschien und das Genre durch seine innovative Ausweich-Mechanik, die zerstörbare Deckung und das hohe Spieltempo maßgeblich beeinflusst hat. Unvergessen auch die Momente, in denen die Highspeed-Action bei niedrigerer Lebensenergie des schwer bewaffneten und agilen Mechs zur Zeitlupe bzw. Bullet Time wechselte. Genau wie bei Resident Evil gelang es Mikami mit Vanquish erneut, ein wegweisendes Spiel zu erschaffen.

Zurück zu den Wurzeln

Zwar gründete Mikami bereits 2006 mit Straight Story noch vor dem Niedergang von Clover ein eigenes Studio, das später vertraglich eng mit Platinum Games verknüpft werden sollte, ihm aber u.a. die Zusammenarbeit mit Suda 51 und Electronic Arts beim gemeinsamen Projekt Shadows of the Damned eröffnete. Doch bekannter ist die Gründung seines aktuellen Studios Tango Gameworks im Jahr 2010, das noch im gleichen Jahr von ZeniMax Media, dem Mutterkonzern von Bethesda Softworks, übernommen wurde. Dort entstand unter seiner Leitung der Survival-Horror Evil Within, der 2014 für PC sowie die alte und neue Konsolengeneration veröffentlicht wurde. Dabei zeigte sich Mikami enttäuscht davon, dass der Survival-Horror immer stärker auf Action-Horrorspiele hinauslaufen würde – ein Trend, zu dem er bekanntlich selbst beigetragen hat.. Mit The Evil Within wollte er dagegen wieder zurück zum wahren Geist des Survival-Horrors, in dem der Spieler mit seiner Angst konfrontiert wird. Tatsächlich fanden sich in der Geschichte des Cops Sebastian Castellanos auf seinem Abstieg in den

The Evil Within sollte Mikamis Sehnsucht nach klassischem Survival-Horror stillen.
Wahnsinn spielmechanisch einige auffällige Parallelen zu den Ursprüngen des Genres, die gleichzeitig aber auch etwas angestaubt wirkten und zeitweise unter Trial & Error-Passagen litten.

Damals kündigte Mikami bereits an, dass The Evil Within das letzte Spiel sein wird, bei dem er auf dem Regiestuhl Platz nehmen wird. Beim Nachfolger war er daher lediglich als ausführender Produzent und Supervisor in das Projekt involviert. Wie sich The Evil Within 2 ohne die kreative Leitung von Shinji Mikami schlägt und ob es die Tradition des Survival-Horrors würdig weiter führt, können wir jetzt selbst herausfinden: Seit Freitag, dem 13. Oktober ist The Evil Within 2 für PC und aktuelle Konsolen erhältlich. Unser Test verrät, ob die Rückkehr in die Welt von Horror und Wahnsinn für Angstschweiß sorgt...

 
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