The Elder Scrolls Online29.06.2015, Mathias Oertel

Im Test: Tamriel ohne Abo auf Konsolen

Tamriel. Ort zahlloser Abenteuer. Abenteuer, die bis Anfang letzten Jahres allesamt offline zu erleben waren. Doch dann kam The Elder Scrolls Online (ab 5,75€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) und versuchte, das Epische der Offline-Abenteuer von Bethesda mit den Mechaniken der Online-Welten à la World of WarCraft oder Guild Wars zu kreuzen. Mittlerweile hat man sich vom Abosystem verabschiedet und das Spiel auch auf PS4 und One veröffentlicht. Lohnt sich das Rollenspiel für Konsolenhelden? Der Test gibt die Antwort.

Tamriel-Abenteuer ohne Abo-Stress

Ich gebe es offen zu: Abogebühren setzen mich immer unter Stress. Denn wenn ich schon monatlich zahle, fühle ich mich verpflichtet, auch etwas für meine Ausgaben einzufordern. Allerdings gibt es bei mir auch immer Phasen, in denen ich eines bestimmten Spiels müde geworden bin. Und mich dauernd ab- oder anzumelden habe ich auch keine Lust. Deswegen gehe ich auch nicht ins Fitness-Studio und ziehe Neverwinter oder Guild Wars 2 einem World of Warcraft vor. Wobei man da nochmals differenzieren muss: Während Neverwinter komplett auf einem kostenlosen  System mit teils teuren Mikrotransaktionen fußt, ist Guild Wars 2 ein Vertreter der so genannten "Pay-to-Play"-Fraktion. Also ein Spiel, das man im physischen oder digitalen Vertrieb kauft und dann ohne Abogebühren spielen kann. Zu dieser Kategorie gehört auch The Elder Scrolls Online (TESO), das mit seiner Umstellung vom Abosystem auf eben dieses Pay-to-Play und der damit einhergehenden Untertitelung "Tamriel Unlimited" einen großen Schritt gemacht hat.

Jetzt dürfen auch Konsolenspieler in die Online-Welt von Tamriel abtauchen.
Doch müssen Konsolen-Spieler mit irgendwelchen Einschränkungen leben? Immerhin wurde die Konsolenversion immer wieder verschoben, um zu optimieren, anzupassen und auf den gleichen Inhaltsstand zu bringen wie die PC-Fassung. Die Antwort lautet für die Inhalte: „Nein!“ Wer bereits auf dem PC Figuren erstellt bzw. gespielt hat, kann diese ebenso importieren, wie das in der Bank verstaute, für alle dem Konto zugeschriebenen Figuren verfügbare Inventar. Selbstverständlich kann man auch seinen jeweiligen Questfortschritt oder die mitgeführte Ausrüstung übernehmen. Einzig die Fähigkeitspunkte mussten neu verteilt werden - was bei hochstufigen Figuren zu einer kleinen Tortur wird, andererseits aber auch die Möglichkeit zu einer kostenlosen Neuverteilung und ggf. frischen Spezialisierung gibt.

Wieder 14 Seiten?

Der Test für die PC-Version hat sich seinerzeit über 14 Seiten plus Fazit erstreckt  auch, weil wir den Titel damals über drei Wochen in einem Tagebuch begleitet haben. Das wird sich jetzt nicht wiederholen - aus verschiedenen Gründen. Zwar gibt es im mechanischen, spielerischen oder inhaltlichen Detail die eine oder andere Änderung, mit der auch ein paar damalige Mankos ausgemerzt wurden.  So wurde z.B. ein dringend benötigtes Tutorial für die Handwerks-Künste hinzugefügt und als Missionsreihe verankert. Doch im Wesentlichen bietet TESO auf Konsolen die gleichen Inhalte, weswegen ich für eine detaillierte Analyse der natürlich weiterhin vorhandenen Stärken sowie der immer noch enthaltenen Schwächen auf den Original-Test verweise. An dieser Stelle soll stattdessen genauer auf die Konsoleneigenheiten und die allgemeinen Vor- und Nachteile eingegangen werden, die evtl. dazu beitragen, sich für oder gegen Tamriel als Schauplatz der nächsten virtuellen Abenteuerurlaube zu entscheiden.

Natürlich fehlen auch die PvP-Gefechte um Cyrodiil nicht.
Das größte Unterscheidungsmerkmal ist nicht die Kulisse, die im Vergleich zum PC sowohl auf PS4 als auch auf Xbox One an maximaler Sichtweite eingebüßt hat und bei der Teile der Levelgeometrie später als auf dem Rechenknecht eingeblendet werden. Diese Popups können häufig kaschiert werden, reißen aber umso stärker aus der ansonsten stimmungsvoll designten Welt, die mit ihren unterschiedlichen Vegetationsgebieten überzeugt. Ist die Kulisse auf der Höhe der Zeit? Nicht immer. Aber die dennoch richtig gut aussehende sowie mit großen Arealen punktende Online-Welt wird bis auf Lags in größeren Städten mit vielen Spielern sehr sauber und flüssig dargestellt. Und die Atmosphäre, die durch die sich in Instanzen dynamisch verändernden Landstriche sowie den darin versteckten Entdeckungen aufgebaut wird, benötigt auch keine absolute Highend-Kulisse, um mich zu packen. Es macht ebenso viel Spaß wie seinerzeit am PC, sich als Held in einem Tamriel herumzutreiben, das gut 1000 Jahre vor den Skyrim-Erlebnissen mit einem politischen Machtkampf einerseits sowie einem Angriff durch Daedra andererseits konfrontiert wird. Auch, wenn die Kulisse manchmal clippt oder die Animationen mitunter grob wirken. Selbst das im Vergleich zur Urversion zwar verbesserte, aber immer noch nicht überzeugende und damit weiterhin unzureichende Trefferfeedback kann mir die Ausflüge nicht verderben. Dazu bietet die Welt mir zu viele Geheimnisse und zu viele Anspielungen auf andere Teile der Serie, die ich gerne erforschen möchte.

Für Konsoleros

Dabei ist es Bethesda außerordentlich gut gelungen, nicht nur das Kampfsystem im Besonderen, sondern vor allem die Steuerung im Allgemeinen für Pad-Kontrolle zu optimieren. Der aufladbare Standardangriff und der Block liegen auf den unteren Schultertasten, gesprungen wird mit A bzw. dem X-Knopf, während die restlichen Tasten für Sonderangriffe genutzt werden. Einzig die Inventarführung, die mit ihrer vertikalen Struktur von den letzten Offline-Abenteuern in Tamriel inspiriert wurde, ist etwas gewöhnungsbedürftig - obgleich man sich über Übersicht nicht beklagen kann. Der Zugriff auf die Karte ist ebenso gut gelungen wie die restlichen Kontrollelemente, so dass ein sehr rundes Spielerlebnis entsteht, das in dieser Form noch dichter an den klassischen Elder-Scrolls-Spielen liegt als seinerzeit am PC. Nur die Pause während des Kampfes fehlt, die zwangsläufig in einer Online-Welt keinen Sinn ergibt. Mit der Umstellung auf das Pay-to-play-System kommt bei mir sogar ein bisschen Hoffnung auf, dass man dieses Tamriel mit Ausnahme der spannenden sowie vielschichtigen PvP-Gefechte in Cyrodiil vielleicht sogar irgendwann offline genießen darf. Denn nach wie vor ist vor allem bei den erzählerisch intensiveren Quests das Gefühl reduziert, sich als Held gegen das Böse aufzuschwingen, da um einen herum fünf bis zehn weitere Spieler auf dem gleichen Weg sind. Erwischt man hingegen Momente, in denen man solo der jeweiligen Mission folgt, schafft TESO es beinahe komplett, das Spielgefühl seiner Offline-Verwandten zu reproduzieren.

Es warten düstere Gewölbe, weitläufige Gebiete und haufenweise Missionen.
Begünstigt wird dies auch durch die zahlreichen visuellen Versatzstücke innerhalb der Benutzerführung, die Tamriel-Veteranen allzu gut kennen und die dafür sorgen, dass man sich schnell heimisch fühlt. Die Questqualität im Allgemeinen reicht dabei von mehrstufigen sowie erzählerisch interessanten Aufgaben bis hin zu Standard-Hol-und-Bring-Diensten. Dabei spielt es keine Rolle, in welchem Gebiet man startet, das im Wesentlichen von der gewählten Fraktion abhängig gemacht wird, der man folgt. Egal ob man sich zu Beginn für das Dolchsturz-Bündnis entschieden hat, sich eher dem Ebenherz-Pakt verbunden fühlt oder dem Aldmeri-Dominion folgt, hat man mehr als genug  zu tun. Wie schon am PC fällt positiv auf, dass das Gros der für den Figurenaufstieg erforderlichen Erfahrung über Erkundung der Landschaft und das Erledigen von Aufgaben gebildet wird, während das nervtötende Dauerkillen der Monster dagegen vergleichsweise wenig abwirft.

Wer’s braucht

Als Ersatz für das weggefallene Abosystem gibt es seit "Tamriel Unlimited" den so genannten "Kronenshop". Hier kann man für Kronen zahlreiche Annehmlichkeiten erstehen, so z.B. Konsumgüter wie potente Gesundheitstränke oder Stile, die man im Handwerk einsetzen kann, um das Aussehen der Gegenstände nachhaltig zu verändern. Weiterhin kann man hier Kleidung erstehen, darunter auch ein Hofnarr-Kostüm oder Hochzeits-Tracht. Und natürlich findet man hier auch Reittiere, deren Aufwertungen und Haustiere. Das meiste davon sind pure Annehmlichkeiten, wenn man in der Spielwelt gerade knapp bei Kasse ist oder es eilig hat und nicht warten kann, bis man sich das nötige Kleingeld für seine Kaufwünsche zusammengespielt hat. Die nötigen Kronen bekommt man durch einen kleinen Abstecher in den jeweiligen Echtgeld-Store der Konsole. Die Pakete reichen dabei von 7,99 Euro für 750 Kronen über 14,99 Euro (1500 Kronen), 24,99 Euro (3000 Kronen bis zu 39,99 Euro für 5500 Kronen.

Man darf sich immer wieder über stimmungsvolle Momente freuen.
Alternativ kann man sich auch bzw. zusätzlich für das Premium-Modell "ESO plus" entscheiden. Dies kostet 12,99 Euro pro Monat und wartet mit Annehmlichkeiten wie Erfahrungsboosts, schnellerem Handwerks-Aufstieg, einem Goldbonus oder Zugriff auf künftige DLC-Pakete aus. Nicht zu vergessen einer Gutschrift von 1500 Kronen pro Monat, die das Paket für 14,99 Euro eigentlich obsolet macht. Doch egal, auf welchem Wege man in die Tasche greift, um sich virtuelle Währung zu besorgen, darf man nicht vergessen, dass man sich hier keine automatische Sieggarantie (z.B. im PvP) anschafft. Man bekommt abseits von visuellen Elementen (Kostüme etc.) nur Zeitverkürzer. Sprich: Hier praktiziert Bethesda glücklicherweise kein "Pay-to-win". Diejenigen, die gewillt sind, Zeit statt Geld zu investieren, werden nicht benachteiligt.

Immer noch Fehlanzeige

Leider hat man das letzte Jahr nicht genutzt, um bei den inhaltlichen Ergänzungen ein freies Auktionshaus hinzuzufügen. Der Handel mit eigens erstellten Gegenständen ist auf die geizigen NPC-Händler beschränkt und steht ansonsten nur innerhalb von Gilden zur Verfügung. Nach wie vor kann man mehreren Gilden beitreten, so dass man auch als Handwerker kommerzielle Erfolge feiern kann. Doch ein freies Auktions- oder Verkaufshaus, in dem man seine Angebote einstellen und mit Preisen versehen kann, fehlt nach wie vor und scheint auch nicht in wichtigen Bereichen auf der Prioritätenliste zu stehen.

So sehen Helden in voller Kampfmontur aus.
Angesichts von Skyrim und dort vor allem dem "Hearthfire"-Add-On ist es ebenfalls bedauerlich, dass es auch Spielerdomizile bislang noch nicht in das Tamriel des zweiten Zeitalters geschafft haben. Da die Welt ohnehin fragmentiert ist, hätte man wie in Wildstar oder dem Klassiker EverQuest 2 einen dezidierten „Wohnbereich“ zur Verfügung stellen können. Das mag nur ein kleiner unbedeutender Mosaikstein sein, doch fühle ich mich mit einer Behausung der jeweiligen Welt stärker verbunden.

Fazit

Nicht nur die Abschaffung der Abogebühren war eine gute Idee. Denn entgegen aller Erwartungen hat Bethesda eine saubere Konsolen-Umsetzung des umfangreichen Online-Abenteuers abgeliefert. Die Sichtweite ist zwar unter dem Strich nicht ganz so hoch wie am PC. Und die manchmal merkwürdigen Tonaussetzer hätten auch in der Qualitätskontrolle auffallen müssen. Doch abseits dessen funktioniert der Spagat zwischen erfolgreichen Offlineelementen der Elder-Scrolls-Reihe auf der einen und Online-Erfordernissen so gut wie eh und je. Die Steuerung wurde sehr gut auf das Pad gelegt, es gibt Inhalte ohne Ende und die Handwerksoptionen inkl. dringend benötigter Tutorials (fehlten damals am PC) bieten viel Freiraum bei der Erstellung von Gegenständen. Das etwas behäbigere Spieltempo im Vergleich zu anderen Online-RPGs wie Neverwinter empfinde ich als ebenso angenehm wie die Queststrukturen, die immer wieder über das übliche Hol-und-Bring-Einerlei hinausgehen, sich aber nie von dieser Aufgabenbasis lösen können. Zwar wünsche ich mir immer noch einen Schalter in den Optionen, der es mir ermöglicht, abseits der PvP-Schlachten komplett offline und damit solo zu spielen,  um manche mit dem Online-Dasein verbundenen Atmosphäre-Mankos zu egalisieren. Doch in seinen besten Momenten kann Tamriel mich auch in seiner Online-Version auf Konsolen in die riesige Welt hineinziehen und mich spannende Abenteuer erleben lassen.

Pro

interessante Hauptgeschichte aus dem Zweiten Zeitalter Tamriels...
umfangreicher Charaktereditor
Figuren der PC-Variante importierbar
ansehnliche Kulisse...
eingängiges Kampfsystem...
vielschichtige Charakterentwicklung (auch über Bücher)
große Gebiete...
dank bekannter Versatzstücke wird eine ordentliche Elder-Scrolls-Atmosphäre aufgebaut...
umfangreiche Inhalte für "Solisten" und Gruppen
sehr gute Lokalisierung
weitreichendes Rohstoff- und Handwerkssystem...
sehr gut erzählte Haupt- und Nebengeschichten
actionreiche PvP-Schlachten mit dynamischen Fronten und Belagerungen
durchdachtes Transportsystem (Pferde, Teleport-Stationen)
Umgebung ändert sich instanziert mit Questverlauf
Entscheidungen
man kann mehreren Gilden beitreten
Bankschließfach wird von allen Figuren geteilt
Tag-/Nachtwechsel, dynamisches Wetter
Store bietet nur kosmetische Gegenstände und kostenplichtige Abkürzungen wie XP-Boost an
ordentliche Pad-Steuerung

Kontra

... allerdings ist sie für alle Figuren gleich
keine Spieler-Behausungen
nur wenig Interaktion mit Umgebung möglich
... die hinsichtlich Sichtweite nicht an den PC heranreicht
... das Echtzeit und Sichtlinien jedoch häufig vernachlässigt
kein Auktionshaus, effektiver Spieler-Handel nur über Gilden möglich
... aber keine zusammenhängende Welt
... die aber immer wieder zu Gunsten von Online-Bedürfnissen geopfert wird
immer noch schwaches Treffer-Feedback

Wertung

PlayStation4

Die Kulisse zeigt im Vergleich zum PC Schwächen, doch inhaltlich punktet TESO ebenso wie mit der ordentlichen Pad-Steuerung.

XboxOne

Die Kulisse zeigt im Vergleich zum PC Schwächen, doch inhaltlich punktet TESO ebenso wie mit der ordentlichen Pad-Steuerung.

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