Im Test: Zwei Brüder gegen den Tod
Tod ist überall
Ein kleiner Junge kniet unter einem Baum vor einem Grabstein. Vor seinem inneren Auge sieht er, vermutlich zum hundertsten Mal, wie seine Mutter stirbt. Doch er wird unsanft in die Realität zurückgeholt: Sein älterer Bruder benötigt seine Hilfe, um den schwer erkrankten Vater zum Dorfarzt zu bringen. Dort angekommen scheint es nur eine Rettung zu geben: Das Elixir eines magischen Baumes. Die beiden Brüder machen sich auf den Weg, diese Medizin zu beschaffen.
Stimmungsvolle Charakterzeichnung
Das Mysterium wird zusätzlich durch die Art der Erzählung befeuert: Die wenigen Worte, die gewechselt werden, entstammen einer Fantasie-Sprache. Stattdessen stehen sowohl die auf dem Schirm gezeigten als auch die im Kopf entstehenden Bilder im Mittelpunkt, die von einem sehr guten Soundtrack unterstützt werden. Mal pompös, aber häufig eher zurückhaltend und an sphärische irische Weisen erinnernd, findet die Musik stets die richtigen Worte, die man sich von den Figuren vergeblich erhofft. Die beiden Brüder definieren sich dementsprechend
Herausforderung für Auge und Hand
Dass es trotzdem mitunter zu fordernden Momenten kommt, ist einem Kniff der Steuerung zu verdanken: Man steuert beide Brüder gleichzeitig, den älteren über den linken Stick, den jüngeren über den rechten. Aktionen löst man mit der jeweiligen Schultertaste aus, wobei mitunter nötig ist, die Taste zu halten oder im richtigen Moment loszulassen. Da dieses Konzept gnadenlos durchgezogen wird, muss man sich und seine Hand-Auge-Koordination stets unter Kontrolle haben. Ich zumindest hatte immer wieder Schwierigkeiten, wenn sich der jüngere Charakter auf der linken Seite des Bildschirmes befand und mein Gehirn versuchte, ihn über die Bewegung meines linken Daumens zu bewegen – und dabei ignorierte, dass der große Bruder am Rand des Bildschirms angekommen war.
Man braucht etwas Zeit, bis man sich an die Kontrollmechanik gewöhnt hat. Und selbst dann läuft nicht immer alles glatt. Doch wenn es darauf ankommt, ist der Steuerung kein Vorwurf zu machen. Und in einigen wenigen, richtig gelungenen Momenten kommt auch ein erhöhter Kooperationsspielfluss auf - so etwa, wenn die beiden durch ein Seil verbunden sind und man sich abwechselnd von Vorsprung zu Vorsprung schwingen muss. Oder wenn die beiden an einem Flugdrachen hängen; oder sich in einem Ruderboot vor aus dem Wasser springenden Walen zu retten versuchen. Doch diese Momente sind leider zu spärlich gesät. Für eine Weiterführung dieses Konzeptes würde ich mir wünschen, dass nicht nur die erzählerische oder emotionale, sondern auch die spielerische Ebene ausgereizt würde.
Besser auf aktuellen HD-Systemen?
Das auf PS4 und One hinzugefügte Bonusmaterial hingegen könnte vielleicht den einen oder anderen überzeugen - auch wenn es leider keine günstige Upgradeoption für Besitzer der PS3- oder 360-Version gibt und die neue Variante etwa fünf Euro teurer ist als auf den alten Systemen. Doch sowohl die umfangreiche Artwork-Sammlung als auch die Integration des stimmungsvollen Soundtracks können sich sehen lassen. Noch interessanter ist das Video mit einem von Regisseur Josef Fares eingesprochenen Kommentar, während er das Spiel nach einem Jahr Pause wieder einmal spielt. Die Anekdoten aus der Entwicklung, die Hinweise auf besondere Trophäen/Erfolge und die sehr sympathische Einsicht in die Entstehung von Brothers sowie die Intention hinter einigen Szenen, ist sehr sehenswert. Allerdings sollte man sich das Erlebnis natürlich aufsparen, bis man die Kampagne um das Bruderpaar abgeschlossen hat.
Fazit
Die Geschichte von Brothers ist nach wie vor das gewichtige Aushängeschild dieser kleinen Produktion von Starbreeze. Einzig über die stimmungsvollen, mal idyllischen, mal bedrohlichen Bilder sowie die spärlich eingesetzte Fantasiesprache und den großartigen Soundtrack erzählt, weckt sie starke Emotionen. Auch das Steuerungskonzept, die Brüder jeweils über einen Stick und eine Interaktionstaste zu kontrollieren, ist hoch interessant und geht nach einer steilen Eingewöhnungsphase schließlich ordentlich von der Hand. Doch wie bei seiner Premiere vor zwei Jahren wird das inhaltliche Potenzial nicht genutzt: Die Umgebungs- und Schalterrätsel kann man nicht einmal mit viel gutem Willen als fordernd bezeichnen. Sprünge über Plattformen finden wie bei Zelda automatisch statt. Die wenigen direkten Auseinandersetzungen mit Gegnern sind nicht so spannend wie Momente, in denen man nur mit einer Fackel bewaffnet durch einen dunklen Wald läuft, aus dem einen glühende Augen anstarren. Unter dem Strich bleibt ein konzeptionell hoch interessanter Titel, der den Fokus auf Ruhe, Emotionen und Charakterzeichnung setzt und dabei das eigentliche Spiel etwas aus den Augen verliert. Schade ist zudem, dass es keine Upgrade-Option für Spieler der Urfassung gibt. Dafür jedoch kann sich das frische Bonusmaterial sehen lassen, bei dem der Soundtrack sowie das vom Regisseur kommentierte Spiel die Höhepunkte darstellen.
Pro
Kontra
Wertung
XboxOne
Die emotionale Geschichte und das ungewöhnliche Steuerungskonzept hinterlassen auch zwei Jahre nach der Premiere positive Eindrücke. Obendrauf gibt es hochinteressantes Bonus-Material.
PlayStation4
Die emotionale Geschichte und das ungewöhnliche Steuerungskonzept hinterlassen auch zwei Jahre nach der Premiere positive Eindrücke. Obendrauf gibt es hochinteressantes Bonus-Material.
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