EA Sports UFC18.06.2014, Mathias Oertel

Im Test: Feuer im Octagon?

Wenn aus Feinden Freunde werden: Das könnte das Motto der Privatfehde zwischen UFC-Präsident Dana White und Electronic Arts sein. Doch nach dem Untergang von THQ wurde das Kriegsbeil begraben, mit der Übernahme der Lizenz durch die Firma aus Redwood City begann eine neue Ära. Das erste Ergebnis dieser Partnerschaft ist jetzt erschienen. Kann EA Sports UFC (ab 7,99€ bei kaufen), unterstützt von der Ignite-Engine, neue Kampfsport-Standards setzen?

Die doppelte Herausforderung

EAs erster offizieller Abstecher ins Octagon steht unter besonderer Beobachtung. Nicht nur, dass man versuchen muss, das Next-Gen-Erbe von THQs Spielen zur Ultimate Fighting Championship anzutreten - in der letzten Generation hatte man trotz interessanter Ansätze mit EA Sports MMA letztlich das Nachsehen. Zusätzlich müssen die Käfigkämpfe endlich den Beweis für die Power der hauseigenen Ignite-Engine antreten. Denn das ist mit den bislang veröffentlichten Sportspielen für PS4 oder Xbox One nicht ausreichend gelungen. Und zumindest bei den Kämpfern ist der Generations-Fortschritt zu spüren. Die Figuren sehen detaillierter aus als je zuvor - was man allerdings auf den neuen Konsolen erwarten dürfte. Dass auf den ersten Blick daher leichte Ernüchterung einkehrt, liegt vor allem daran, dass UFC Undisputed 3 vor etwas mehr als zwei Jahren auf PS3 und 360 die Messlatte bereits sehr hoch legte.Erst auf den zweiten Blick fallen einem die subtilen Grafikmuskeln auf, die das Team um Lead Producer Brian Hayes (Fight Night, NBA Street, Def Jam Vendetta) spielen lässt.

Die Athleten wie hier UFC-Posterboy Jon Jones wurden sehr lebensnah designt.
Die Mimik der Athleten z.B. ist sehenswert - und das nicht nur bei den authentischen Einmärschen, denen bei vielen Kämpfern nur die richtige Musik fehlt. Vor kraftvollen Schlägen ist die Anspannung im Gesicht zu sehen. Nach einem Wirkungstreffer kann man den Schmerz am Ausdruck ablesen – sehr schön. Auch die wunden Stellen, die Dauertreffer kennzeichnen, sowie bluttriefende Cuts (die allerdings keinen Einfluss auf die Kämpfer-Performance haben) sind gelungen und schmerzhaft anzuschauen. Weniger schön sind jedoch die Nebenfiguren und die prall gefüllten Zuschauerränge. Weder bei den Dauerjublern, die zumindest akustisch gut mitgehen, noch den Ringrichtern oder Ringsprecher Bruce Buffer sind die Fortschritte im Vergleich zum letzten THQ-Ableger all zu groß. Apropos Ringsprecher: Wieso sind mit Mario Yamasaki und Yves Lavigne nur zwei Vertreter ihrer Zunft integriert? Was ist mit Herb Dean, Steve "Bring it on! C’mon!" Mazagatti, John McCarthy oder Kim Winslow? Keine Zeit? DLC? Dafür sind zehn Arenen eingebaut, davon mit dem Madison Square Garden in New York eine in einem Bundesstaat, in dem MMA noch nicht einmal erlaubt ist. Und dass man auf das spielerisch nutzlose, aber dennoch wichtige optionale "Touch Gloves" der Kämpfer zu Beginn einer Runde als Zeichen des gegenseitigen Respekts verzichtet hat, ist Frevel - zumal man in EA Sports MMA ein System dafür hatte, das besser funktionierte als in den THQ-UFCs.

Freund und Feind zugleich: Die Physik

Auch bei der Physik- und Kollisionsabfrage zeigt Ignite, dass man deutliche Fortschritte gemacht hat: Es wird der Eindruck vermittelt, dass sich die Muskelpartien geschmeidig unter der Haut bewegen - noch imposanter als z.B. bei der Fight-Night-Serie, die auf PS3 und 360 mit ähnlichen Details geglänzt hat. Und bei harten Körpertreffern ziehen Wellen der Erschütterung durch den Torso. Manchmal etwas übertrieben, doch im Wesentlichen sehr authentisch. Zudem lassen sich Clipping-Probleme nur höchst selten und nur im Zusammenhang mit der Kampfkleidung blicken.  Wer genau aufpasst, kann ab und an die Finger kurzzeitig durch die Hosen gleiten sehen, in seltenen Momenten versinkt eine Fingerkuppe in der Ringmatte oder der Ringrichter nimmt beim Versuch, die Kämpfer zu trennen zu starken Kontakt auf und "verschmilzt" etwas mit den Athleten. Doch sobald es um Körperkontakt der Hauptakteure geht, arbeitet die Physik in allen Situation akkurat, egal ob am Boden, im Clinch oder im stehenden Kampf. Es gibt keine Arme oder Beine, die miteinander verschmelzen, keinen Kopf, der sich in der Schulter des Kontrahenten vergräbt.  

Größtenteils funktionieren Animationen und Physik in Einklang - es gibt aber auch Aussetzer.
Mitunter nimmt sie es allerdings zu genau: Gerade bei intensiven Stand-Up-Gefechten gerät das Physiksystem immer wieder mit den Basisanimationen aneinander. Dass prinzipiell eine Weiterentwicklung der Fight-Night-Mechanik verwendet wird, bei der eine Animation begonnen und die Bewegungsbahn von Schlag oder Tritt ggf. durch den Gegner herbeigeführte Aktionen verändert wird, ist gut. Und in den besten Momenten führt dies zu Situationen, in denen der Angreifer einen Tritt zum Kopf verfehlt, auf oder an der Schulter landet und dann ins Straucheln kommt, während er um sein Gleichgewicht kämpft. Es gibt aber auch immer wieder Aktionen, in denen die Physik zu unerwünschten Ergebnissen führt und den Schlagabtausch mit einer unglaubwürdigen Bewegung ändert. Auch die KO-Situationen, in denen der Körper des Niedergeschlagenen zwar akkurat zu Boden geht, die Arme aber stocksteif nach oben oder zur Seite zeigen, hinterlassen keinen guten Eindruck. Was für die nächste Ausgabe ebenfalls geändert werden dürfte: Die Wucht der Schläge wird nur bei Ellbogentreffern im Stand-Up und bei den so genannten "Hammerfists" oder anderem Ground-and-Pound im Bodenkampf deutlich. Viele andere Treffer hinterlassen zwar Wirkung, doch die Wucht dahinter wird nicht ausreichend oder nur selten transportiert. Vor allem bei Körperschlägen in der Half-Guard oder der North-South-Position im Bodenkampf wird dies deutlich. Aber auch die stehenden Gefechte würden von mehr visueller Kraft profitieren. Immerhin gehen das Publikum sowie das englische Kommentatoren-Team Mike Goldberg und Joe Rogan bei entsprechenden Schlägen mit. Sparen können hätte man sich allerdings die deutschen Kommentatoren: Irgendwo zwischen dem Enthusiasmus von Aale-Dieter und dem Hörbuch "Die Telefonnummern in Frankfurt" finden die zwei schlecht abgemischten Sprecher selten die richtige Tonlage. Kein Vergleich zum englischen Original, wobei auch diese Variante hinter dem liegt, was THQ zuletzt ablieferte - von der Qualität eines NBA2K ganz zu schweigen.

Viele Stärken, ein paar Schwächen: Das Kampfsystem

Basierend auf der Erfahrung, die EA Sports bereits mit dem MMA-Ableger aus dem Jahr 2010 sowie den diversen Fight-Night-Spielen gemacht hat und dem intensiven Studium der UFC-Spiele von THQ verwundert es nicht, dass man hier mit einer Mixtur verschiedener Kampfsysteme überzeugen möchte. Und größtenteils gelingt dies sogar. Vor allem der Bodenkampf, eine der wesentlichen Säulen des Mixed Martial Arts, ist hier besser gelungen als in irgendeinem Gemischten-Kampfsport-Prügler zuvor. Das "menschliche Schachspiel", das sich hinter den "Transitions", dem Kampf um eine verbesserte Position und den "Submissions" (Aufgabegriffen) steht, wurde hier gut eingefangen. Über den rechten Stick kann man versuchen, seine Position zu verbessern, wobei der Kontrahent nicht nur jederzeit kontern bzw. blockieren, sondern auch versuchen kann aufzustehen. So bleibt einem häufig nicht viel Zeit, um sich in eine Position zu bringen, um Schläge landen oder gar einen Aufgabegriff starten zu können.

Das mehrstufige Aufgabesystem ist gelungen und setzt den Kampf zwischen Angreifer und Verteidiger spielerisch gut um.
Hat man es doch geschafft, geht ein spannendes Minispiel los: Der verteidigende Kämpfer muss mit dem rechten Stick versuchen, eine Sicherheitszone zu erreichen, mit der der Griff scheitert und beendet wird. Der Angreifer versucht dies zu verhindern, indem er quasi Gegendruck ausübt, da er die gleiche der vier möglichen Richtungen drücken muss. Zusätzlich muss er aber auch noch darauf achten, das kurze Zeitfenster mit dem linken Stick zu nutzen, um die nächste der meist vier Phasen des Aufgabegriffes zu initiieren. Wie lange die jeweiligen Fenster offen sind und wie schnell sich der Verteidigende der Sicherheitszone nähert, hängt von den Statistikwerten ab. Außerdem spielt die  Ausdauer eine Rolle. Wer sich schon vorher verausgabt hat, um den Gegner mit Schlägen zu schwächen, während dieser sich evtl. geschont hat (selbst wenn dies nur geringfügig war), hat vielleicht keine Kraft mehr, um die Submission zu einem erfolgreichen Ende zu bringen.

Dynamisch und effektiv

Im Vorfeld der Veröffentlichung wurde Bruce Lee als "Urvater des MMA" stilisiert.
Die Ausdauer spielt aber auch im ebenfalls gelungenen, wenngleich nicht organisch umgesetzten Clinch sowie den "Stand-Up"-Gefechten eine Rolle. Wer immer nur sein Heil in der Offensive sucht, hat sich schnell verausgabt - was sich hier darin äußert, dass die Treffer zwar sitzen, aber nahezu keinen Schaden anrichten. Zudem sind Blocks und (mit dem richtigen Timing) Konter besser zu setzen, je mehr Ausdauer man hat. So muss man stets versuchen, die Balance zu wahren oder den entscheidenden Moment für eine Kombo zu suchen, wenn der Gegner nach einer Finte kurz für einen harten Wirkungstreffer offen ist. Natürlich muss man dabei auch immer seine Verteidigung im Auge behalten, denn ansonsten kann es schnell passieren, dass man selber einen empfindlichen Angriff hinnehmen muss. Werden in solchen Fällen die Beine in Mitleidenschaft gezogen, ist das Bewegungsrepertoire stark eingeschränkt - natürlich. Ist der Oberkörper der Leidtragende, wird das Verteidigen ebenfalls erschwert, bis man wieder Luft hat. Und bei harten Treffern am Kopf oder bei entsprechenden Kombos kommt man ins Wanken oder geht direkt zu Boden. Man ist aber nur selten sofort KO - es sei denn ein mächtiger Schlag geht ungeblockt "auf die Zwölf". Meist hat man nach einer kurzen Groggy-Phase (deren Dauer ebenfalls von Faktoren wie Statistikwerten usw. abhängt) wieder die Möglichkeit, sich intelligent zu verteidigen, auszuweichen oder sein Heil in einem Takedown zu suchen, um am Boden wieder zu Kräften zu kommen.

Trotz guter Ansätze uns Ausnahmen wie solchen Kicks könnten die "Stand-Up"-Gefechte wuchtiger sein.
Obwohl vieles in der prinzipiellen Kampfmechanik gelungen ist und zu gleichermaßen taktischen wie dynamischen Duellen führt, bei denen nicht nur das Geschick des Spielers, sondern auch die Werte der Kämpfer eine Rolle spielen, gibt es auch abseits der Physiksperenzchen ein paar Schwächen. Hat man z.B. einen Gegner so weit in die Defensive gedrängt, dass er taumelt, dabei evtl. gegen die Käfigumrandung wankt und physikalisch ordentlich davon abprallt und zu Boden geht, hat man eigentlich keine Möglichkeit, um schnell eine Entscheidung zu suchen. Wer z.B. wie BJ Penn im Kampf gegen Sean Sherk mit einer Energieexplosion auf den zurückweichenden Gegner rennen möchte, um sein Knie zum Einsatz zu bringen, hat dazu keine Chance. Es gibt keine Möglichkeit, schneller auf den Kontrahenten zuzustürmen. Es dauert auch noch vergleichsweise lange, bis man in der Position ist, um sich auf einen am Boden liegenden, annähernd KO gegangenen Kämpfer zu stürzen und mit Ground-and-Pound das Gefecht zu seinen Gunsten zu entscheiden, bevor er sich erholt hat. Hier fehlt dem System die Dynamik, die es sonst mehr als genug mitbringt. Auch bei Aktionen mit dem Käfig hat man noch Nachholbedarf. Zwar gibt es vereinzelt Angriffsoptionen  wie Anthony Pettis' Showtime-Kick, die man abrufen kann. Doch die Käfigbegrenzung als taktisches Mittel, wie es sie in Ansätzen im UFC Undisputed 3 gab, findet man hier nicht - weder in der Offensive noch in der Defensive. Zudem gibt es zwar unterschiedliche Trefferzonen und Einfluss auf z.B. die Manövrierfähigkeit, wenn man die Beine kontinuierlich attackiert. Es ist uns allerdings in zahlreichen Matches nicht gelungen, sukzessive dauerhaften Schaden herzustellen – die Schwächungen waren nur temporär. Zwar brauchten wir mit zunehmendem Kampfverlauf weniger massive Attacken, um das Bein in den "Schwächezustand" zu bringen. Doch als taktisches Mittel, wie es z.B. Dominick Cruz oder Jose Aldo gegen Urijah Faber eingesetzt haben, ist dies nicht tauglich.

Keine Macht den Button-Mashern?

Bei Prüglern immer ein Problem ist das Balancing. Und dabei vor allem die Frage, wie sich ein erfahrener Spieler gegen einen schlägt, der nach fünf Minuten Eingewöhnung wie wild auf den Tasten herum hämmert? Die Antwort darauf lautet: "Passabel". Zwar muss sich ein Spieler, der alle Finessen der Steuerung und dabei vor allem des Blocks, des Konters und des gezielten Takedowns verinnerlicht hat, vor "Flash"-KOs hüten, vor denen auch die echten UFC-Recken nicht gefeit sind. Doch reine Button-Masher sollten von zehn Kämpfen maximal zwei gewinnen können. Diese Quote ist mir zwar letztlich immer noch zu hoch. Doch bei einem Spiel, das wie auch die THQ-UFCs derart viele Finessen offenbart, kann man Schlupflöcher nicht immer stopfen. Und letztlich gilt auch die Devise, dass im Mixed Martial Arts viel passieren kann und ein Schlag ein ganzes Match auf den Kopf stellen kann.

Etwas problematischer sind da schon die Ringrichter-Entscheidungen. Es wirkt fast so, als ob Dana White dem Entwicklungsteam den (Geheim-)Auftrag mit auf den Weg gab, seine Aussage "Don’t leave it in the hands of the judges" (frei übersetzt: "Verlass dich nicht auf Kampfrichter-Entscheidungen, beende den Kampf") zu stärken. Dass es bei hin- und her wogenden Kämpfen zu einer Mehrheitsentscheidung kommen kann, die gegen einen ausfällt, ist in Ordnung und entspricht der Realität: Je nachdem, welche Priorität die einzelnen Kampfrichter setzen, werden bestimmte Aspekte anders gewichtet. Doch wenn  ein Duell auf Messers Schneide mit einer einstimmigen und darüber hinaus sehr deutlichen Entscheidung verloren geht, fragt man sich, was in den Rechenroutinen nun vorgeht. Zudem kam es bereits in mehreren Fällen zu sehr merkwürdigen Punktwertungen (z.B. 26-24 bei einem Fünfrundenkampf), bei denen ich auch angesichts des Kampfverlaufs Schwierigkeiten hatte, die Rechnung nachzuvollziehen.

Du bist der "Ultimate Fighter"

Hier macht man seine ersten Schritte in der Karriere: Die Trainingshalle der "Ultimate Fighter"-Realityshow.
Als die Lizenz noch bei THQ lag, habe ich jahrelang mit der Frage genervt, wieso man nicht die UFC-Reality-TV-Show "The Ultimate Fighter" als Grundstein für die Karriere nutzt? Eine Antwort konnte man mir damals nicht geben. Wenn ich allerdings sehe, wie effektiv EA diese Option nutzt, bedauere ich es umso mehr, dass auf PS3 und 360 diese Möglichkeit nicht gegeben wurde. Zwar verzichtet man auf das ganze soziale Brimborium und ggf. Fehden zwischen den Coaches, durch die die Serie Interesse generiert. Es ist zwar befremdlich, dass in der Trainingshalle nicht wie üblich die Bilder der Coaches im Großformat hängen, sondern die Konterfeis von Anderson Silva und Ronda Rowsey prangen. Doch mit Filmeinspielern von Dana White, die teils aus Original-Staffeln entnommen zu sein scheinen und speziell für das Spiel produzierten Videos von White, Coaches wie Greg Jackson oder Mike Dolce sowie von Kämpfern, die einem gut zureden und auf Meilensteine der Spieler-Karriere Bezug nehmen, wird viel Atmosphäre aufgebaut, die sich durch die gesamte Kampagne zieht. Deren Länge ist übrigens nicht strikt vorgegeben. Es gibt kein Ende nach X Kämpfen. Stattdessen ist  der Schaden, den man in Matches nimmt, verantwortlich dafür, wie viele Duelle man austragen kann. Ist man häufig in Gefechte involviert, die über die volle Distanz gehen und bei denen man entsprechend Schaden nimmt, kann es sein, dass sich die Karriere nach etwa 30 oder 35 Auftritten dem Ende neigt. Kämpft man intelligenter und findet häufig ein frühes Ende, kann man auch jenseits der 50 Octagon-Auftritte landen.

Auch deutsche Kämpfer sind vetreten: Neben Pascal Krauss ist auch Dennis Siver mit von der Partie.
Sehr schön dabei: Alle namhaften gut 100 bekannten Kämpfer der UFC, die in den verschiedenen Gewichtsklassen bis hin zum Bantamgewicht dabei sind, altern mit und gehen irgendwann in Ruhestand. Daraufhin rücken unbekannte Nachwuchskräfte nach, die aus den passablen, aber nicht üppigen Editor-Vorgaben zusammengewürfelt werden, bei dem z.B. Tattoos für alle Körperpartien gleich sind und auch nicht skaliert werden können. Dieses System ist konzeptionell gelungen. Doch in der Umsetzung hapert es. Denn für mich macht es natürlich einen großen Reiz aus, mit meiner Figur als Ultimate-Fighter-Sieger irgendwann gegen die amtierenden Champions anzutreten - natürlich gegen die bekannten Namen, die auch jetzt die UFC-Schlagzeilen dominieren. Doch bis ich so weit war (obwohl sich meine Kampfstatistik sehr positiv liest), hatten die meisten bereits abgedankt. Im Mittelgewicht z.B. waren außer Chris Weidman und Lyoto Machida z.B. keine bekannten Athleten mehr vertreten, als ich den Titel gewann. Und damit schießt die Karriere etwas am Ziel vorbei. Zusätzlich macht EA den gleichen Fehler wie THQ im ersten UFC-Ableger: Die Kampfstatistiken werden inkohärent fortgeführt. Mal werden die Siege oder Niederlagen der anderen auf den Fight Cards befindlichen Athleten gezählt, dann wiederum nicht. Meist nach einem nicht nachvollziehbaren Muster, wobei tendenziell die Auseinandersetzungen der Original-Kämpfer nicht einfließen, die Statistiken der unbekannten Neulinge jedoch weitergeführt werden - zumindest größtenteils, denn auch hier gab es schon Duelle, die ignoriert wurden. Und das ist noch befremdlicher als die Tatsache, dass es mit dem Frauen-Bantamgewicht zwar die weiblichen Kämpfer um Ronda Rowsey, Miesha Tate und Cat Zingano ins Spiel geschafft haben, diese aber ab diesem Moment beinahe ignoriert werden. Es finden keine Frauenkämpfe auf den Fight Cards statt. Man kann keine weibliche Figur erstellen.

Verschenktes Potenzial

Doch zurück zur Karriere: Für absolvierte Kämpfe gibt es Erfahrungs- und Entwicklungspunkte. Für die drei Trainingseinheiten, die vom Spiel vorgegeben werden, ebenfalls. Mit Erfahrung und Levelaufstieg werden neue Plätze in den so genannten Game-Plans (bis zu fünf "Buffs", die Auswirkung auf das Kampfgeschehen haben) sowie Fähigkeiten freigeschaltet. Mit den Entwicklungspunkten kauft man sich neue Bewegungen und verbessert die insgesamt gut 20 Charakterwerte. So weit, so gut. Das System funktioniert, ist aber kaum mehr als zweckmäßig und wird irgendwann beliebig. Wieso kann ich mir nicht aussuchen, was ich trainieren möchte? Wieso habe ich keine Wahl, ob ich mich einem "Camp" anschließe und von den Teammitgliedern dort profitiere? Wieso werden mitunter einfache Übungen wiederholt, wenn es sinnvoller wäre, dass das Spiel mit mir Submission- oder Takedown-Verteidigung trainiert, weil mein nächster Gegner dort Stärken hat? Zwar kann man versuchen, über den Game-Plan ansatzweise die Buffs so einzustellen, dass man mehr Chancen hat. Doch zielgerichtetes Training wäre weitaus interessanter. Die Crux: Sowohl THQ war mit Undisputed 3 in dieser Hinsicht weiter als auch EA Sports mit seinem MMA-Ableger aus dem Jahr 2010.

Weibliche Kämpfer wie Miesha Tate oder Ronda Rowsey sind zwar dabei, aber sie tauchen auf Fight Cards nicht auf. Und der Editor erlaubt das Erstellen von Kämpferinnen nicht.
Sinnbildlich dafür: Man bekommt die Meldung, dass BJ Penn oder Rory McDonald einen besuchen, um einen beim Training zu unterstützen - cool! Und dann? Dann werden per Zufall die üblichen Übungen abgespielt. Nur dass statt dem Trainingsdummy nun die Stars die Rübe hinhalten und für Clinch-Übungen oder 10 Sekunden lange Submission-Defense verheizt werden. Stattdessen hätten sie einen z.B. zu einer Sparringsrunde auffordern können, in der sie einen einerseits bis zum letzten fordern, andererseits in bestimmten Situationen Hinweise geben könnten, wie man sich am besten verhalten sollte. Doch das Potenzial lässt EA hier gnadenlos liegen. Statt dessen verlässt man sich auf die Star-Power, die auch in den immer wieder auftauchenden Videoschnippseln zum Tragen kommt, an denen man sich aber trotz witziger Ausnahmen wie Forrest Griffin schnell sattgesehen hat - zumal sie sich in der langen Karriere irgendwann wiederholen.

Das FIFA-Syndrom

Natürlich dürfen auch Legenden wie Chuck Liddell oder Forrest Griffin nicht fehlen - und können natürlich auch in Online-Matches verwendet werden.
Hat man von den Kämpfen gegen die ordentliche, aber auch auf höheren Stufen nicht immer überzeugende KI genug, greift man auf menschliche Herausforderungen zurück. Entweder gemeinsam auf dem Sofa (dank der Kampfmechanik zumeist ein kurzweiliges Vergnügen) oder in der weiten Welt des Online-Spiels per PSN oder Xbox Live. Der Netzcode erweist sich dabei als sehr wankelmütig: Man kann Matches erleben, die mit nur minimalem Lag ablaufen. Es kann aber auch vorkommen, dass das Geschehen stockt oder gar einige Sekunden lang stehen bleibt - unschön. Bei den Duell-Strukturen gab es ein in der Form nicht erwartetes Déjà-vu: Die einzigen Optionen neben "Quick Matches" sind die kompetitiven Eins-gegen-Eins-Auseinandersetzungen in den Divisionen sowie Turniere, die in bestimmten Zeitfenstern stattfinden. Und das ist im Wesentlichen eine 1:1-Kopie des FIFA'schen Saisonmodus: Man hat zehn Kämpfe Zeit, um genug Punkte zusammenzukratzen, um in der Division aufzusteigen oder sie zumindest zu halten.

Das ist weder originell noch steht dies in irgendeinem Zusammenhang mit den Ranglisten der UFC , erfüllt aber unter dem Strich seinen Zweck und sorgt für die aus FIFA hinlänglich bekannte Online-Motivation. Immerhin möchte man bei EA Sports UFC die "Ragequitter" minimieren, indem man die Verbindungsabbrüche analysiert und ggf. Sperren vom Matchmaking-Service ausspricht - zuerst temporär, bei Wiederholungen evtl. sogar permanent. Doch wie man die jeweilige Entscheidung trifft und wie rigoros man dies verfolgt, wird die Zukunft zeigen.

Fazit

EAs erster Auftritt im Octagon ist gelungen. Das Kampfsystem ist eine passable Mischung der Mechaniken von EA Sports MMA, den Fight Nights sowie den UFC-Spielen von THQ, wobei vor allem der Bodenkampf mit seinem "Submission"-System punkten kann. Im Gegenzug ist das "Stand-Up" allerdings nicht immer wuchtig genug und wird von Unstimmigkeiten zwischen Animationen und Physik gepiesackt. Zudem wirken die Übergänge zwischen den verschiedenen Kampfphasen zu mechanisch, nicht organisch genug. Dennoch kommt es immer wieder zu spannenden Duellen, bei denen das Geschehen dynamisch hin und her wogt. Die Entscheidung, als Fundament der Karriere die Ultimate-Fighter-Fernsehshow zu nutzen, ist sehr gut und wird auch passabel umgesetzt. Allerdings wird der Aufstieg in den UFC-Rängen dank des redundanten Trainings schnell zu einem notwendigen Übel, das sowohl die freie Entwicklung der Fähigkeiten als auch die Videoeinspieler mit Stars der UFC nicht immer auffangen können. Der auf das Prinzip der FIFA-Saisons zurückgreifende Online-Modus hat nichts mit irgendwelchen MMA-Mechaniken zu tun, erfüllt aber seinen Zweck und versteht ansprechend zu motivieren, wobei es gelegentlich zu Lags kommen kann. Unter dem Strich macht EA Sports UFC vieles richtig. Aber im Detail gibt es auch viele störende Kleinigkeiten, die deutlich machen, dass dies nur ein erster Schritt sein kann und dass man manche Feinheiten des Sports nicht erkannt hat - oder sich weigerte, entsprechende Ideen entweder im eigenen Haus (EA Sports MMA) oder bei den Octagon-Ausflügen von THQ zu holen. Wieso z.B. gibt es keine "Touch Gloves"-Option zu Beginn einer Runde? Wieso gibt es nur zwei Ringrichter? Und wieso hat man nur den unpassenden deutschen Kommentar zugelassen?

Pro

Karriere fußt auf "The Ultimate Fighter"
ordentliche Kampfmechanik mit zahlreichen Angriffs- und Verteidigungsoptionen
Ignite-Engine zeigt lebensecht gestaltete Athleten
Figurenentwicklung liegt in der Hand des Spielers
UFC-Stars altern in der Karriere und gehen in Ruhestand
viele Videoeinspieler mit Trainern, Kämpfern und Dana White...
ordentliche Einmärsche
gut 100 Kämpfer aus zahlreichen Gewichtsklassen bis hin zum Frauen-Bantamgewicht
Bodenkampf und Clinch werden gut eingefangen
visueller Schaden (z.B. Cuts, Prellungen)
ordentlicher Online-Modus im Stile der FIFA-Saisons

Kontra

umfangsarmer Editor (z.B. keine Frauen erstellbar)
Diskrepanz zwischen Animationen und physikalischer Auswirkung sorgt mitunter für Verrenkungen
kein "Touch Gloves" möglich
inkonsistente Fortführung der Kampfstatistiken in der Karriere
zusammenhangloses sowie redundantes Training in der Karriere
... die sich aber totlaufen
Stand-Up könnte wuchtiger sein
keine organischen Übergänge zwischen den Kampfphasen (Clinch, Stand-Up, Ground)
deutscher Kommentar zum Weglaufen
Zuschauer und Umfeld nicht auf Next-Gen-Niveau
Unsauberer Netzcode mit mitunter starken Lags oder kurzzeitigen Stillständen

Wertung

PlayStation4

Ordentliches UFC-Debüt von EA, das mit einer soliden Karriere und einem facettenreichen Kampfsystem auf einem guten Weg ist, aber in vielen Detailfragen auch noch reichlich Luft nach oben hat.

XboxOne

Ordentliches UFC-Debüt von EA, das mit einer soliden Karriere und einem facettenreichen Kampfsystem auf einem guten Weg ist, aber in vielen Detailfragen auch noch reichlich Luft nach oben hat.

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