Shadow of the Beast19.05.2016, Michael Krosta

Im Test: Im Schatten des Klassikers

Mit Shadow of the Beast (ab 14,99€ bei kaufen) erschufen Reflections und Psygnosis im Jahr 1989 einen Amiga-Klassiker, der bei Spielern älterer Semester auch heute noch nostalgische Glücksgefühle auslöst. Bringt das PS4-Remake von Sony und Heavy Spectrum Entertainment Labs ebenfalls die nötigen Gene mit, um eine ähnlich große Faszination auszulösen wie die damalige Technik-Referenz? Oder wird die Neuauflage eher keinen bleibenden Eindruck hinterlassen?

Imposante Grafik-Demo

Nein, Shadow of the Beast war damals kein gutes Spiel. Es war nicht nur frustrierend schwer und aufgrund des nervigen Trial&Error-Prinzips stellenweise sogar unfair, sonder litt auch an einer schlimmen Spielmechanik mit einer unterirdischen Steuerung. Wie konnte dieses spielerisch enttäuschende Machwerk nur so lange in positiver Erinnerung bleiben? Ganz einfach: Wegen seiner überragenden Technik und der bombastischen Präsentation! So etwas Beeindruckendes wie diese stylische und farbenfreudige Fantasy-Welt mit ihrem butterweichen Parallax-Scrolling über mehrere Ebenen hatte man am Amiga so noch nicht erlebt. Dann noch dieser traumhafte Soundtrack aus der Feder von David Whittaker, mit dem das Action-Abenteuer untermalt wurde. Wenn man damals einen Begriff wie Grafik-Porno hätte definieren müssen, dann wäre Shadow of the Beast das perfekte Beispiel gewesen!

In ihren besten Momenten sieht die Kulisse richtig gut aus.
Heute fällt es vielleicht schwerer, die Faszination von damals nachzuempfinden – vor allem dann, wenn man das Original nicht selbst in Aktion erlebt hat und angesichts der technischen Offenbarung vom Hocker gehauen wurde. Versuchen kann man es trotzdem, denn die Neuinterpretation beinhaltet auch den Klassiker, den man neben zahlreichen weiteren Boni rund um das Amiga-Werk freischalten und sich im Rahmen einer emulierten Fassung erneut zu Gemüte führen darf – inklusive kleiner visueller Optimierungen wie einer optionalen Kantenglättung. Zwar explodieren dabei die Gläser der rosaroten Nostalgie-Brille angesichts der spielerischen Schwächen noch schneller als gedacht, doch ist diese Reise in die Vergangenheit in Kombination mit anderen Bonusinhalten wie einem Video-Walkthrough des Klassikers, dem kompletten Original-Soundtrack und einem Rückblick auf die gesamte Serie ein toller Fanservice. Deshalb dürften Hardcore-Liebhaber des Originals schon allein deshalb mit einer Anschaffung liebäugeln.

Eine gelungene Wiederauferstehung?

Angesichts der vermurksten Steuerung ist auch den Spielern oft nach Schreien zumute.
Der Neuinterpretation fällt es dagegen deutlich schwerer, eine ähnlich große Begeisterung wie damals zu entfachen. Das hat gleich mehrere Gründe: Zum einen lockt die durchschnittliche Präsentation mit ihrer lahmen Inszenierung, den schwachen Animationen und groben Figuren heute niemanden mehr hinter dem Ofen hervor – vor allem, wenn man deutlich imposantere 2D-Titel wie Deadlight oder Assassin's Creed: Chronicles als Vergleich heran zieht. Zwar wirken manche Schauplätze wie die ausgedörrte Ödnis durchaus eindrucksvoll, doch schwankt die grafische Qualität innerhalb der sieben Level sehr stark und kommt nur selten über Durchschnitt hinaus. Noch enttäuschender fällt aber der belanglose Soundtrack aus – ein Glück, dass man sich optional auch mit den Amiga-Klängen des Originals in das neue Abenteuer stürzen darf.

Das Kampfsystem bietet zwar mehr Tiefgang und Taktik, langweilt aber mit öden Gegnerformationen und leidet ebenfalls an der trägen Steuerung.
Das Kampfsystem zeigt mit diversen Angriffen, Betäuben, Kontern, Blocken und speziellen Attacken zwar mehr Tiefgang als früher, versagt aber bei einem zentralen Punkt: einem ordentlichen und dynamischen Fluss innerhalb der Auseinandersetzungen. Wenn von rechts und links die Gegner gleichzeitig anrücken, wird man ständig getroffen, weil die Steuerung viel zu langsam reagiert und man die Schläge dadurch nicht mehr abwehren kann. Versucht man zusätzlich, für mehr Punkte mit einem perfekten Timing zu agieren, gestaltet sich das Vermeiden von Treffern noch schwieriger bzw. es wird nahezu unmöglich, den Kombozähler und damit den Punktesegen nach oben zu treiben. Manche mögen genau darin eine Herausforderung sehen, um sich entsprechende Taktiken zu überlegen. Mir dagegen hat die träge Steuerung, bei der manche Aktionen gefühlt per Zufallsgenerator umgesetzt werden, spürbar die Lust am Schnetzeln geraubt. Zumindest bis zur normalen Stufe hält sich der Schwierigkeitsgrad aber in Grenzen – auch deshalb, weil man quasi über unendliche Leben verfügt, seine Lebensenergie meist schon im Rahmen dieser Arenakämpfe durch Spezialangriffe wieder auffüllen und zur Not auch mit einfachem Knopfgehämmer bestehen kann. Wer über gute Reflexe verfügt, kann sich sogar mit einem Wutrausch-Angriff durchschlagen: Ist die entsprechende Blut-Leiste gefüllt, kann man dieses mächtige Extra aktivieren und im folgenden Reaktionstest mit dem richtigen Timing die anrückenden Gegner blitzschnell töten. Zumindest hier kann sich im Ansatz ein gewisser Flow einstellen, den man beim trägen und langweiligen Standardgekloppe so oft vermisst.

Hüpf, du Biest!

Ähnlich ernüchternd präsentieren sich die Geschicklichkeitspassagen, in denen Klettern und Sprungeinlagen auf dem Programm stehen, wenn man Fallen ausweicht oder sich einen Weg über Plattformen bahnen muss. Denn auch hier zeigt sich die Steuerung von ihrer „biestigen“ Seite: Die Figur reagiert nur sehr träge auf die Eingaben und es fällt gerade beim Springen sowie dem Greifen nach Wänden schwer, ein richtiges Gefühl für das nötige Timing zu entwickeln. Zumindest schließt sich dadurch etwas der Kreis zur Vorlage: Es macht trotz der verfeinerten Mechaniken und ein paar netten Rätselansätzen auch bei diesem Shadow of the Beast nicht sonderlich viel Spaß, es zu spielen. Doch im Gegensatz zu Original schafft es diese Neuinterpretation nicht, mit einer audiovisuellen Wucht zu punkten.

Auch hinsichtlich des Umfangs sieht es eher düster aus, denn schon nach etwa drei Stunden ist der Endboss nach einem einfallslosen Kampf mit Jetpack und Laserwaffe besiegt. Allerdings wird versucht, den Spieler mit einem übertriebenen Freischalt-Zwang dazu zu motivieren, sich längerfristig mit dem Spiel zu beschäftigen und weitere

Für dunkle Passagen muss man erst einen Gegenstand finden, der die Klauen zum Leuchten bringt.
Anläufe zu wagen. Die gewonnenen Mana-Punkte lassen sich nicht nur in Verbesserungen wie mehr Gesundheit, erweiterte Mechaniken und zusätzliche Fähigkeiten investieren, sondern auch in Bonuskram wie Artworks und sogar die Freischaltung von Untertiteln. Häh, was? Richtig gelesen: Trifft man in den Zwischensequenzen auf eine der sechs Spezies innerhalb des Beast-Universums, versteht man zunächst nur Bahnhof, da die Übersetzungen des Kauderwelschs hinter Symbolen versteckt werden. Nervig nur, dass gerade das Freischalten der Untertitel verdammt teuer ausfällt und man dadurch regelrecht dazu genötigt wird, in weiteren Anläufen für das Mana-Konto zu grinden. Ähnlich unglücklich wiegt der Umstand, dass man für die Hintergrundgeschichte erst versteckte Symbole in den Leveln finden und mit einer Spezialattacke zerstören muss. Dadurch entdeckt man zwar immer wieder Story-Fragmente, aber um einen vollständigen Einblick zu bekommen, wäre viel Fleißarbeit nötig. Fleißarbeit, die man angesichts der spielerischen Schwächen nicht investieren will.

Auf Seelenfang

Immer wieder sorgen auch Fallen für kleine Reaktionstests.
Immerhin dienen die Online-Bestenlisten als kleiner Motivationsschub. Zudem weht auch ein kleiner Hauch Dark Souls durchs Spielkonzept, denn wer die Online-Komponente aktiviert, trifft im Verlauf immer wieder auf Seelen verstorbener Spieler. Jetzt hat man die Wahl, sie in ewigem Frieden ruhen zu lassen. In diesem Fall bekommt das Opfer ein Elixir geschenkt – quasi ein Extraleben, mit dem man ohne das Opfern einer unschuldigen Seele einen neuen Anlauf wagen darf. Auf der anderen Seite kann man die Seele des anderen Spielers dafür nutzen, um ihr nach einem Reaktions-Minispiel einen so genannten Shadowstone zu entlocken. Mit diesem wird es möglich, in Kämpfen ein Schatten-Biest als Unterstützung zu beschwören. Gleichzeitig wird an den Rivalen eine Herausforderung geschickt und es kommt zu einem asynchronen Schlagabtausch zwischen den beiden. Die Funktion ist zwar eine nette Dreingabe, aber ich bräuchte sie nicht unbedingt – auch deshalb, weil ich das Schatten-Biest nicht unbedingt als nötige Ergänzung empfinde.

Fazit

Es spricht nicht unbedingt für die Neuinterpretation von Shadow of the Beast, wenn ich die gelungenen Bonus-Inhalte rund um den Amiga-Klassiker und den damit verbundenen Fan-Service als wertvoller erachte als das eigentliche Spiel. Aber was bleibt mir auch anderes übrig? Zwar hat das Remake dank des komplexeren Kampfsystems und einer größeren Einbindung der Hintergrundgeschichte mehr zu bieten als früher, doch zum einen serviert man im Gegensatz zum Original nur technisches Mittelmaß und zum anderen sorgt die träge Steuerung dafür, dass sowohl die öden Schnetzeleien als auch die nervigen Geschicklichkeitspassagen schnell an Reiz verlieren. Wie soll man da die nötige Motivation aufbringen, um all den durchaus relevanten Kram mühsam freizuschalten oder sich auf die Suche nach weiteren Story-Fragmenten zu begeben? Vielleicht wäre es in diesem Fall einfach besser gewesen, die alte Marke in Frieden ruhen zu lassen. An den Klassiker wird man sich noch lange als technischen Meilenstein der Amiga-Ära erinnern, während diese mäßige und belanglose Neuinterpretation sicher bald in Vergessenheit geraten wird.  

Pro

Amiga-Klassiker ebenfalls enthalten
schönes Bonusmaterial für Fans
teilweise schicke Kulisse
vielfältige Möglichkeiten beim Kampfsystem
diverse Verbesserungen zum Freischalten

Kontra

nervige Kämpfe mit träger Steuerung und ohne echten Flow
mitunter frustrierende Plattform-Abschnitte
geringer Umfang
stark schwankende Grafikqualität
mühsames Freischalten durch Grinden nötig (u.a. für Untertitel(!) & Story)
schwacher Soundtrack
Inszenierung wirkt billig
lange Ladezeiten
enttäuschende Bosskämpfe

Wertung

PlayStation4

Eine mäßige Neuinterpretation des Amiga-Klassikers, der immerhin als Bonus enthalten ist.

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