Im Test: Weltenretter wider Willen
Keine Lust auf Heldenstress
Eigentlich hatte Faulpelz Fang ja nur auf eine warme Mahlzeit spekuliert, als er es wie in der Artus-Sage als Erster schaffte, ein legendäres Schwert aus einem Fels zu ziehen. Als Held mit weltretterischen Verpflichtungen wollte er jedenfalls ganz gewiss nicht in Erscheinung treten. Am Ende wandert er sogar lieber als Trickbetrüger ins Gefängnis, wo er zumindest nicht Hunger leiden muss.
Die durch das befreite Zauberschwert und andere Klingen in Aussicht gestellte Stärke macht ihn dann aber letztendlich doch neugierig. Zudem soll ihm von einer Göttin ein Wunsch gewährt werden, wenn er es tatsächlich schaffen sollte, alle hundert magischen Klingen, Furien genannt, ausfindig zu machen. Und so beginnt ein Held wider Willen ein Abenteuer dessen Umstände und Konsequenzen ihn zunächst eigentlich gar nicht interessieren. Doch auch die Gefährten die sich ihm im Lauf seiner Suche anschließen, sind oft alles andere als typische Helden.
Genau das macht die an sich eher dröge und leider auch auf massives Recycling setzende Odyssee im typischen Neptunia-Stil aber auch so sympathisch. So werden zwar immer wieder neue Klingen aufgespürt und geborgen, aber eben auch jede Menge gezankt, gelästert und gestänkert. Dass dabei auch immer wieder voyeuristische Fantasien bedient werden, wirkt oft überzogen, tut der stets humorvollen Inszenierung aber zum Glück keinen Abbruch. Wer will, kann sogar jederzeit japanischen Originalton aktivieren, um das Anime-Flair noch zu steigern.
Umfangreiche Erweiterungen
Die eigentliche Spielgrafik ist im Vergleich zu den gewohnt ansehnlichen Dialogenszenen in 2D mit Entwürfen von Yoshitaka Amano eher unspektakulär. Vor allem Dungeon- und Gegnerdesign wirken trotz dezenter Frischzellenkur rückständig und bieder. Auch Animationen und Effekte sind alles andere als auf der Höhe der Zeit. Immerhin ist die Bildrate dafür die meiste Zeit super flüssig. Doch während die technische Seite auf der PS4 weitestgehend enttäuschen mag, hat man sich inhaltlich für die Neuauflage ordentlich ins Zeug gelegt.
So fällt gleich zu Beginn auf, dass es zwei zusätzliche Schwierigkeitsgrade gibt, was angesichts des von vielen als zu einfach monierten Originals schon mal einen Kritikpunkt beseitigt. Und da sich die Schwierigkeitsstufe jederzeit ändern lässt, läuft man auch nicht Gefahr, dass unterschiedliche Spielstile im späteren Spielverlauf zu unschönen Diskrepanzen führen.
Ein weiterer Anreiz ist die Vergrößerung der Kampfgruppe, durch die nun sechs statt drei Charakteren aktiv an den rundenbasierten Kämpfen teilnehmen können. Dadurch müssen nicht nur weniger Figuren die nach wie vor auch im Kampf für Auswechslungen verfügbare Ersatzbank drücken, sondern es können auch ganz neue Taktiken und Kombinationsangriffe angesetzt werden. Dazu bewegt man nach möglichst vorteilhaft initiiertem Feindkontakt Charakter um Charakter über kompakte Schlachtfelder und führt gemäß der sich dynamisch an gewählte Aktionen anpassenden Zugfolge individuell verfügbare Kampfmanöver aus, die oft sehr spezifische Flächenwirkungen haben, die wiederum cleveres Stellungsspiel erfordern.
Viele Freiheiten
Die Manöver reichen von konventionellen Angriffen und Abwehrstellungen, über Zauber und Spezialfertigkeiten bis hin zum Einsatz von Gegenständen und Transformationen, bei denen sich Fechter und Fee vereinen, um Charakterwerte zu steigern und besonders verheerende Angriffe zu ermöglichen. Darüber hinaus können auch Aufstellungen verändert, Panzerungen durchbrochen, lawinenartige Teamattacken initiiert und individuelle Spezialtalente aktiviert werden.
Im späteren Spielverlauf kann man zudem immer längere Kombos ausführen, die man sogar selbst erstellen darf. Auch fliegende Waffenwechsel sind während der Ausführung möglich. Die dafür nötigen Manöver kann man Schritt für Schritt lernen, sofern man die Voraussetzungen erfüllt und die nötigen Fertigkeitspunkte übrig hat. Letztere können aber auch in neue Zauber, Spezialangriffe oder Attributssteigerungen investiert werden. Die motivierende Hege und Pflege der einzelnen Gruppenmitglieder gewährt jedenfalls viele Freiheiten, auch wenn die Charakterentwicklung ganz am Ende auf eine vorgegebene Maximierung hinausläuft.
Mächtige Furien
Bis dahin ist es aber ein weiter Weg, der auch abseits der Dialoge und Kämpfe einiges zu bieten hat. So gibt es in den Dungeons nicht nur sicht-, sondern auch unsichtbare Schätze, die man nur mit echolot-artiger Spezialfähigkeit aufspüren kann. Die lässt sich entweder über die Charakterentwicklung freischalten oder durch das Ausrüsten einer Furienklinge mit entsprechender Eigenschaft aktivieren. Zwar kann jeder Fechter der Gruppe immer nur eine der bereits gefunden Furien anlegen, diese aber jederzeit wechseln. Beim schrittweisen Erwecken der in Stein gefangenen Göttin, kann man die Furien zudem mit weiteren Eigenschaften versehen. Wer will, kann seine Klingen sogar zur Befreiung ihres ebenfalls göttlichen Erzrivalen einsetzen.
Man kann, von welchem Gott auch immer, geprägte Furien zudem in der Nähe von Dungeons auf der symbolischen Weltkarte in den Boden rammen, um den in Reichweite befindlichen Gewölben bestimmte Charakteristika aufzuerlegen. Diese reichen von erhöhten Beutechancen oder Erfahrungspunktegewinnen über veränderte Angriffs- oder Verteidigungswerte bis hin zur Mutation der Gegner, um an selten Materialien zu gelangen,
Letztere erlaubt nicht nur die Produktion von Heilobjekten, Ausrüstung und optischem Schnickschnack, sondern auch von Spieloptionen wie einer Musikbox oder Bildergalerie sowie Leistungssteigerungen wie erhöhter Sprungkraft, um an zuvor unerreichbare Orte zu gelangen. Für Motivation sorgen auch die vielen optionalen Herausforderungen wie das wiederholte Ausführen bestimmter Kampfmanöver, das Aufspüren einer vorgegebenen Menge an versteckten Schätzen oder das Erleiden bestimmter Schadensmengen, deren Erfüllung mit dauerhaften Attributssteigerungen einhergehen. Und nebenbei wird man so auch noch ermuntert, nicht immer denselben Anführer zu verwenden. Zudem lassen sich fast alle Errungenschaften am Ende in den New-Game-Plus-Modus übernehmen.
Fazit
Fairy Fencer F: Advent Dark Force bietet auch auf der PS4 humorvoll inszenierte Anime-Rollenspielkost mit interessantem Setting und sympathischen Antihelden. Gegenüber dem PS3-Original gibt es sogar weitreichende Veränderungen wie doppelt so große Kampfgruppen, zusätzliche Schwierigkeitsgrade sowie alternative Handlungsverläufe inklusive neuer Schauplätze, Figuren und Spielenden, so dass sich selbst für Veteranen ein erneuter Besuch lohnt. Die technische Seite präsentiert sich hingegen trotz flüssigerer Bildrate reichlich antiquiert - vor allem Dungeon- und Gegnerdesign wirken wenig zeitgemäß. Auch der Spielverlauf gestaltet sich trotz zusätzlicher Facetten stellenweise recht monoton und wiederholungslastig. Die motivierende Charakterentwicklung und individuelle Kombo-Erstellung gleichen das aber wieder aus. Auf eine deutsche Lokalisierung wurde allerdings auch dieses Mal verzichtet.
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation4
Anime-Rollenspiel der Neptunia-Macher mit sympathischen Antihelden aber wiederholungslastigem Spielverlauf.
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.