Killing Floor 224.11.2016, Michael Krosta

Im Test: Blutiges Zed-Schlachtfest

Wer hat Lust auf gemeinsames Zombie-Schnetzeln? Da Valve sich bezüglich einer weiteren Fortsetzung von Left 4 Dead immer noch zurückhält, könnte sich Killing Floor 2 (ab 4,79€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) nach der langen Brutzeit im Early Access als eine mögliche Alternative anbieten. Inszeniert Tripwire Interactive ein unterhaltsames Horde-Schlachtfest für Koop- und Solo-Jäger oder mangelt es an Ideen, Inhalt und Abwechslung? 

World War Zeds

Im Kern ist Killing Floor 2 ein zombifizierter Horde-Modus, in dem man gemeinsam als Team von bis zu sechs Kämpfern mehrere Wellen der gefährlichen Brut abwehren und am Ende auch noch einen Oberboss plätten muss. Zombies und andere aggressive Kreaturen werden hier unter der Bezeichnung "Zeds" zusammengefasst, wobei schnell klar wird, dass man sich hinsichtlich des Designs nicht nur von üblichen Verdächtigen wie 28 Days Later oder World War Z, sondern ganz deutlich auch von Left 4 Dead inspirieren ließ: Der kotzende Bloat könnte als Zwillingsbruder des Boomers durchgehen, während die kreischende Sirene gewisse Ähnlichkeiten mit der Witch aus Valves Zombiehatz aufweist. Darüber hinaus warten neben den Standard-Zeds (Clot) und den insektenartigen Crawlern noch stärkere Exemplare wie der Husk mit seinem Raketenwerfer, der Scrake mit seiner Kettensäge oder

Die nächste Horde wartet schon auf ihre Auslöschung.
der gut geschützte Fleshpound als einer der stärksten Gegner. Manche von ihnen haben zudem die Fähigkeit, sich zu tarnen und quasi unsichtbar anzugreifen.

Da die Gegner meist als bunt gemischter Mob auf die Truppe zustürmen, kristallisieren sich die Unterschiede allerdings kaum heraus – einzig die besser gepanzerten Biester stechen heraus, können aber trotzdem nicht darüber hinweg täuschen, dass sich die Vielfalt der Mutationen in Grenzen hält. Entsprechend schnell hat man sich an den gefühlt immer gleichen Horden satt gesehen. Situative Spannungsmomente, die bei Left 4 Dead durch die Auftritte von Spezial-Infizierten, Ereignisse in der Umgebung oder Eingriffe des KI-Regisseurs zustande kommen, haben in diesem Metzelbrei kaum eine Chance, sich zu entfalten. Müssen sie aber auch nicht. Denn Spaß kommt bei dieser kollektiven Schnetzelei trotzdem auf – zumindest für zwischendurch.

Die perfekte Welle

Neben vier Schwierigkeitsgraden, die von normal bis hin zur Hölle auf Erde reichen, hat man auch die Wahl zwischen vier, sieben und zehn Wellen pro Karte. Am Ende wartet als Krönung noch ein knackiger Kampf gegen einen von zwei Bossen. Wie bitte? Nur zwei verschiedene Endgegner? Ja! Da erklärt es sich von selbst, dass man dem hundertjährigen Nazi-Doktor Hans Volter und dem fiesen Patriarchen schnell überdrüssig wird, auch wenn die harten Auseinandersetzungen immer wieder eine Herausforderung ans Team darstellen oder – wie oft erlebt – den Weg zur Niederlage ebnen.    

In der Demolition-Klasse kann man ein herrliches Feuerwerk veranstalten.
Mit der Zeit wird das Leben leichter, denn in den zehn Klassen lassen sich die jeweiligen Vorteile nicht nur separat aufleveln, sondern mit dem Erreichen bestimmter Rangstufen sind sogar weitere Spezialisierungen drin. Zieht man z.B. als Kommando in die Schlacht, enttarnt man unsichtbare Gegner und deren Lebensbalken, während man nach dem Erreichen von Rang-Meilensteinen u.a. die Wahl bekommt, seine Munitionskapazität oder die Nachladegeschwindigkeit zu erhöhen. Als Feldsanitäter heilt man dagegen nicht nur seine Mitstreiter, sondern freut sich auch über Rüstungsboni und Resistenzen, die in höheren Rängen durch die individuelle Konfiguration weiter ergänzt werden dürfen. Für den größten Rumms-Faktor und Kollateralschaden sorgt man als Demolierer mit Granatwerfer & Co. Während man unabhängig von der gewählten Klasse Türen zuschweißen kann, um die anrückende Brut kurzzeitig aufzuhalten, bringt man als Demolierer sogar noch eine Sprengfalle an. Schade, dass Interaktionen der Umgebung ansonsten keine große Rolle spielen. Dabei hätten explosive Gegenstände den Spielverlauf vielleicht genauso bereichern können wie Fallen oder Befestigungen im Stil des Horde-Modus aus Gears of War.

Zed-Jäger wechsel dich

Entscheidet man sich für eine Klasse, ist man übrigens nicht zwingend an deren Ausrüstung gebunden: Zum einen darf man jederzeit alle gefundenen Waffen aufsammeln und verwenden. Zum anderen hat man in der Pause zwischen den Wellen die Möglichkeit, an Stationen die verdienten Prämien gegen frische Munition und neue Wummen einzutauschen oder sogar die Klasse komplett zu wechseln. Zumindest im Koop-Modus wird man übrigens nie von Finanzierungssorgen geplagt, denn für erfolgreiche Abschüsse wird man relativ gut entlohnt. Gleichzeitig überlassen die Mitspieler ihren Kameraden häufig überflüssige Moneten und werfen mit Geldscheinen um sich. Auf der anderen Seite ist das Aufleveln der einzelnen Klassen bis zum Maximalrang von 25 eine extrem langwierige Angelegenheit: Zwar sorgt das für eine gewisse Langzeitmotivation, aber ob man das wirklich will, ist eine andere Frage. Mir ging es eindeutig zu langsam vorwärts und es entstand der Eindruck, bis zu den nächsten Verbesserungen wieder künstlich zum Grinden verdammt zu sein.    

Die andere Seite

Wer übrigens selbst mal in die faulige Haut der Brut schlüpfen möchten, bekommt im Modus "Versus-Überleben" die Chance dazu. Leider drücken zwei Punkte massiv auf die Laune: Zum einen bekommt man die Kreatur automatisch zugewiesen und muss sich deshalb oft mit einem Clot begnügen, der meist schneller dahingemetzelt wird als die Wartezeit bis zum nächsten Respawn. Zum anderen ist die Balance auch aufgrund dieses Zufallsprinzips unter aller Kanone. Bleiben die Menschen als Gruppe dicht zusammen, hat man als Zed-Kollektiv trotz der KI-Unterstützung kaum eine Chance auf Erfolg. Zudem ist man beim Finale oft zum Zuschauen verdammt, da selbstverständlich nur ein

Wird man im Solo-Modus von den Massen in eine Ecke gedrängt, helfen auch Waffen oder Selbstheilungsspritze nichts mehr.
Spieler die Kontrolle über den Endboss übernehmen kann. Man bekommt den Eindruck, als wollte man auf Teufel-komm-raus einen solchen Modus anbieten, ohne ihn dabei richtig durchdacht zu haben.  

Einer gegen alle

So richtig übel wird es aber, wenn man sich im Solo-Modus den Gegnerwellen stellen will. Da es keine Unterstützung von Bots gibt, muss man sich hier tatsächlich alleine durchbeißen. Obwohl die Anzahl an Zeds entsprechend skaliert wird, ist man hier selbst auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad oft chancenlos: Sobald man in späteren Wellen regelrecht überrannt und in die Ecke gedrängt wird, gibt es kein Entkommen mehr vor dem „Game Over“. Da hilft dann auch die Möglichkeit zur Selbstheilung nicht mehr viel. Anders sieht es aus, wenn man sich auf Karten mit weitläufigen Außenarealen bewegt, wie man sie z.B. beim schneebedeckten Außenposten, der Farm oder dem Schwarzwald vorfindet. Innerhalb von Gebäuden, so z.B. im Biotika-Labor oder dem Volter-Anwesen, fehlt aber oft der Platz zum Ausweichen, zumal man sich bei den heranstürmenden Massen meist rückwärts bewegt und sich dadurch selbst in fatale Ecken manövriert.

Trotz der abwechslungsreichen Schauplätze auf den zwölf Karten ist es bedauerlich, dass man für Solisten weder eine Bot-Unterstützung noch den ursprünglich angedachten Story-Modus verwirklicht hat, mit dem man eventuell sogar etwas näher an Left 4 Dead herangerückt wäre. In dieser Form bleibt das Angebot für Solo-Spieler schwach, enttäuschend und frustrierend.

Solide Technik

Die Fleshpounds gehören zu den stärksten und hartnäckigsten Gegnern.
Immerhin läuft die Action sowohl auf PC als auch der PS4 rund, was angesichts der betagten Unreal Engine der letzten Generation aber nicht sonderlich überrascht. Entsprechend angestaubt wirken auch die Kulisse, Charaktermodelle und Animationen. Hinzu kommen Probleme bei der Kollisionsabfrage, wenn Teile der Monster hinter verschlossenen Türen auf der anderen Seite bereits hindurch ploppen. Im Gegenzug läuft der gemeinsame Überlebenskampf nicht nur mit einer angenehm hohen Bildrate, sondern auch ohne merkliche Lags ab, während der gitarrenlastige Soundtrack das Gemetzel wunderbar untermalt. Ätzend ist dagegen mal wieder der Umstand, dass man kosmetische Gegenstände wie neue Klamotten oder Waffen-Skins nicht nur als Belohnungen bekommt, sondern sich diese alternativ auch per Mikrotransaktionen anschaffen kann, für die bereits auf dem Startbildschirm fleißig geworben wird.  Auf der PS4 vermisst man außerdem den Server-Browser und muss logischerweise auch auf Inhalte verzichten, die Nutzer am PC über Steam Workshop beisteuern werden. Zudem wurden auf der Sony-Konsole nicht alle Charaktere vollständig synchronisiert und plappern teilweise noch auf Englisch. In diesem Zusammenhang wirkt es zudem seltsam, wenn im Solo-Modus mit Teamkameraden gesprochen wird, die gar nicht vorhanden sind.

Fazit

Für ein nettes kooperatives Online-Gemetzel zwischendurch ist Killing Floor 2 durchaus geeignet. Doch auf Dauer fehlt es mir trotz der gelungenen Auswahl an Klassen und deren Weiterentwicklung an Abwechslung, was die Gegnertypen, den Spielablauf und das Boss-Finale angeht. Zu oft erinnert die redundante Action an ein chaotisches Schlachtfest, bei dem der Gore-Faktor zwar hoch, die Spannung aber eher niedrig ausfällt. Immerhin ist der Überlebenskampf kein Kinderspiel – teilweise fällt die Herausforderung sogar etwas zu happig aus. Davon können vor allem Solisten ein Liedchen singen, denn trotz Skalierung der Monstermassen hat man ohne Unterstützung oft nur wenige Chancen, den Ansturm heil zu überstehen. Auch im Versus-Überlebensmodus erweist sich die mangelnde Balance oft als Spielverderber. Und da Tripwire den ursprünglich angedachten Story-Modus bisher nicht umgesetzt hat, bleibt zusammen mit der überschaubaren Auswahl an Gegnervariationen und Ausrüstung inhaltlich nicht mehr viel übrig.   

Pro

intensive, mitunter chaotische Mehrspieler-Action
verschiedene Klassen mit individuellen Stärken und Ausrüstung
gelungene Auswahl an Spezialisierungen...
hoher Gore-Faktor
überwiegend lagfreie Partien
treibender Soundtrack
Steam Workshop wird unterstützt (PC)

Kontra

frustrierendes Solo-Erlebnis
relativ wenig Gegnervielfalt
...die langwierig freigespielt werden müssen
nur zwei Boss-Gegner
schlecht ausbalancierter Versus-Modus
kein Storymodus
noch nicht vollständig lokalisiert (PS4)
fehlerhafte Kollisionsabfrage
kein Spielen mit Bots möglich
(optionale) Mikrotransaktionen
kein Serverbrowser (PS4)

Wertung

PlayStation4

Ein solides Zombie-Schlachtfest, das auf der PS4 aber ohne Server-Browser, Nutzer-Inhalte und eine vollständige Lokalisierung auskommen muss.

PC

Killing Floor 2 ist ein nettes Koop-Gemetzel für zwischendurch, aber keine echte Alternative zu Left 4 Dead oder dem Horde-Modus aus Gears of War.

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