Lovers in a Dangerous Spacetime18.02.2016, Benjamin Schmädig

Im Test: Love is in the Vacuum

Lovers in a Dangerous Spacetime ist wie frisch verliebt: Man fühlt sich beschwingt und nervt gute Mitmenschen mit diesem zufriedenen Grinsen. Hier sind sie ja nicht lange genervt, denn wer will, macht einfach mit! Dann fliegen Pärchen oder No-Homo-Duos in einem rosaroten Raumschiff durch die Galaxie und retten Weltraumhäschen. Und tippen mit dem Fuß. Und schießen die Schergen der Anti-Liebe in die ewigen Jagdgründe.

Love is in the Vacuum

Oh, je: Ein Riss im Raum-Zeit-Gefüge hat den Ardor-Reaktor zerstört, das Kraftwerk der Liebe, und seine Einzelteile ins Universum geschleudert! Die Gefolgschaft der Anti-Liebe drängt durch die Öffnung, nimmt Weltraumhasen gefangen, verbreitet gewöhnliche Angst und gemeinen Schrecken. Das kann die Liga der sehr einfühlsamen Rettungs-Weltraumnauten (League of Very Empathetic Rescue Spacenauts – LOVERS) nicht auf sich sitzen lassen! Ein Raumschiff hat sie ja noch, einen Prototypen, bemannt mit zwei mutigen Nauten oder einem und seinem Haustier. Sie sind die letzte Hoffnung aller Liebenden und der zehn Weltraumhasen, die in fast jedem Level auf ihre Rettung hoffen.

"ARGGGGHHHH!"

Im besten Fall steuern zwei Spieler also das Raumschiff, indem sie je einen Weltraumnauten kontrollieren. Jeweils eine Konsole kann jede Figur bedienen: den Antrieb, den Schutzschild, die Extrawaffe, eins der vier rundum montierten Geschütze oder die Übersichtskarte. So weit, so kinderleicht. Knifflig ist Lovers in a Dangerous Spacetime allerdings, weil die beiden Raumfahrer schon bald ihre Stationen wechseln müssen. Wer dreht mal eben den Schirm in die richtige Richtung, während der andere die Gegner,

Die Reise beginnt: Das rosarote Raumschiff macht sich auf die Suche.
vorne, hinten und oben bekämpft?

Sie: "Geh an den Schild!"

Er: "Bin gleich an der Extrawaffe!"

Sie: "Da steh ich schon!!"

Beide: "ARGH!!!"

Und wer keinen Partner hat? Der ordert Hündchen Doppler oder Katze Kepler ans gewünschte Terminal. Die Geschütze bedient das Haustier bravourös, den Schild dreht es meist in die richtige Richtung. Mancher Herzkasper bleibt im Guten wie im Schlechten natürlich aus. Das etwas hakelige Herumklettern im Schiff gibt’s leider in jedem Fall.

Rettung eilt durch den Nebel

Alleine oder zu zweit schiebt man das kugelrunde Schiff über angenehm große, trotzdem überschaubare Sternenkarten, deren Aussehen zunächst von Nebel verhüllt ist. Hinfliegen oder das Auflesen von Kartenteilen offenbart schließlich den Standort gefangener Weltraumhasen. Das ist deshalb wichtig, weil fünf der Hasen den Ausgang zur nächsten Karte öffnen. Punktesammler finden maximal zehn Langohren. Ein zum Leben erwecktes Sternbild wartet als mächtiger Gegner im fünften Level aller vier Kampagnen, zwischendrin sorgt z.B. das Verteidigen gegen immer stärkere Angriffswellen für Auflockerung.

Der Pott im Orbit

Von der Idee über die fluffigen Texte bis hin zu tausend tollen Kleinigkeiten: Lovers in a Dangerous Spacetime ist voller liebenswerter Einfälle. Die fangen dort an, wo das Schiff zur Seite kippt, wenn man die schwere Schubdüse dreht. Überhaupt: der Antrieb. Steuermann oder Steuerfrau lenken ihren Pott ja nicht direkt. Sie bewegen die Düse in die entgegengesetzte Richtung des angepeilten Kurses – der Druck schiebt ihr Schiff dann voran.

Kommen sie einem kleinen Planeten oder einem großen Stern nahe, umkreisen sie den Himmelskörper zudem auf einer Umlaufbahn. Das klingt nicht besonders, es fühlt sich aber toll an, ausschließlich die Offensiv- und Defensivanlagen zu bedienen, während das Schiff ständig seine Position ändert. Auch die Gegner entstammen ja gewitzten Köpfen: Der eine rammt die rosa Kugel, bevor er überhaupt verwundbar ist, andere strömen aus zerplatzen Kokons, wieder andere laufen auf Planeten oder blockieren als unzerstörbare Hindernisse den Weg.

Laser oder Abrisskugel?

Und sie alle sehen blass aus gegen das, was ihnen die Weltraumnauten entgegensetzen! Die sammeln nämlich nicht nur Hasen, sondern auch Edelsteine, mit denen sie ihre Systeme aufwerten. Soll der Stärkestein in ein Geschütz, das

Lovers in a Dangerous Spacetime sieht fantastisch aus und spielt sich auch so.
dann schneller schießt? Oder macht sich das Umwandeln mithilfe eines Laserdiamanten besser? Ist Letzterer vielleicht als Upgrade des Schilds die bessere Wahl, das daraufhin Geschosse reflektiert, anstatt sie aufzulösen?

Es macht einen Heidenspaß, mit den Edelsteinen zu experimentieren, sie immer wieder zu wechseln – zumal später zwei in eine Konsole passen. Aus dem ziemlich langweiligen Laser wird dann ein rasantes Dauerfeuer. Und vielleicht das Tollste: Mit den richtigen zwei Edelsteinen wird aus einem profanen Ballermann erst eine schwere Kugel, die man an einem Seil ums Schiff herum schleudert. Löst man im richtigen Moment aus, feuert sie zu allem Überfluss drei Laser. Herrlich! Oder kennt ihr eine bessere Kombination?

Fazit

Lovers in a Dangerous Spacetime ist eine Liebeserklärung an ein wundervoll frisches Spielgefühl. Das indirekte Steuern des Raumschiffs, seine einfallsreichen Waffen, das freie Erweitern derselben, der flotte Synthie-Beat: Von allem geht eine unverbrauchte Lust aus, die vor allem Independentspiele manchmal, selten aber so rundum vollkommen ausstrahlen. Mit großem Feingefühl haben drei Entwickler aus Toronto ein Spiel geschrieben, das gleichzeitig fordernd und motivierend, vertraut und voller Ideen ist. Natürlich wär's online noch schöner und ohne Ranglisten fehlt auf lange Sicht ein Ansporn. Dafür fühlt sich das ungewöhnliche Prinzip so gut an, dass man auch in der PS4-Umsetzung Raum und Zeit vergisst. Und nichts anders tun will als Weltraumhäschen zu befreien und den Schild zu drehen, auf dass er die Minen eines besonders cleveren Gegners direkt auf ihn zurück schnipst. Schön!

Pro

frisches Spielgefühl
fordernde, kooperative Action
gemeinsames Steuern des Raumschiffs für zwei Spieler
wahlweise Anweisungen an vom Spiel gesteuerten Begleiter
abwechslungsreiche Gegner
freies Aufrüsten einfallsreicher Waffen und Kombinieren von Eigenschaften
lebendiger Grafikstil, mitreißender Soundtrack

Kontra

Steuerung mitunter hakelig
kein Onlinespiel und keine Ranglisten

Wertung

PlayStation4

Frisches Abenteuer für einen oder zwei Spieler - mit liebevollen Ideen und spannender Hasenjagd.

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