LawBreakers18.08.2017, Benjamin Schmädig

Im Test: Aufregender Shooter-Rausch

Blindlings aus der Deckung heraus feuern, kann ja jeder. Aber ohne hinzusehen nach hinten, das geht so nur in Lawbreakers! Die Stärke des Multiplayer-Shooters von Cliff Bleszinski (Unreal Tournament, Gears of War) ist, dass er nicht so ist wie andere Spiele. Und das Ballern entgegen der Laufrichtung ist noch lange nicht das Beste daran. Das zeigte sich schon im Early-Access – im Test haben wir darauf geachtet, ob Schwerelosigkeit und ungewöhnliche Spielvarianten auch auf lange Sicht motivierend sind.

Mit Karacho durch alle drei Dimension

Wann gibt es so etwas schon? In Lawbreakers ist es aufregend, die spielbaren Charaktere überhaupt kennenzulernen. Sie verfügen nämlich nicht nur wie in z.B. Overwatch über einzigartige Fähigkeiten, sondern bewegen sich auch auf so besondere Art fort, dass man das zum einen verinnerlichen muss und es zum anderen ein ganz neues Spielgefühl entstehen lässt. Klasse, dass Bleszinskis Boss Key Productions den Mumm hat, Spieler auch mal zum Umdenken aufzufordern!

Es lohnt sich ja: Wenn man mit dem Wraith über den Boden schlittert, um den großen Schwung in einen Dreifachsprung durch die halbe Karte mitzunehmen, ist das einfach cool. Und gerade weil der Kämpfer ohne seinen Boost furchtbar langsam unterwegs ist, fühlt sich schon das erfolgreiche Aneinanderreihen seiner schnellen Schlitter-Sprung-Kombination wie eine Belohnung an. Ein anderer Charakter boostet sich mit einem Affenzahn an einen Gegner heran, um ihn mit Schrot aus

Hoch hinaus: Lawebreakers fordert Geschick und belohnt es mit einem rasanten Flow.
nächster Nähe zu bearbeiten, der nächste teleportiert sich wie Tracer über kurze Distanzen, ein anderer zieht sich mit einer Art Lasso an Gegner heran.

Völlig schwerelos...

Überhaupt ist Lawbreakers dem Blizzard-Shooter nicht unähnlich – in beiden Spielen feuern die Figuren jeweils einzigartige Waffen und verfügen über drei Fähigkeiten –, der höhere Anspruch beim Fortbewegen sowie die entsprechend notwendige Übersicht machen die Team-Duelle hier aber aufregender und fordernder.

Dazu trägt auch das Markenzeichen des Spiels bei: Areale bei, in denen die Schwerkraft aufgehoben ist. Spätestens dort werden herkömmliche Bewegungsmuster teilweise aufgelöst, weil keine Sprints mehr möglich sind und man langsam große Höhen erreicht, anstatt kurze Sprünge auszuführen.

Fußball statt Capture-the-Flag

Hinzu kommen die Spielmodi, mit denen Boss Key nicht nur bekannte Arten kopiert, sondern eine ganz eigene Idee von eSport verwirklicht. Den Entwicklern war es nämlich wichtig, dass sich die Partien wie Fußballspiele oder andere sportliche Wettkämpfe anfühlen.

Und so gibt es mit Blitzball nicht nur eine Art Capture-the-Flag, bei dem man den Ball nicht in die eigene Basis, sondern in ein Tor in der gegnerischen Hälfte trägt. In Overcharge schafft man eine Batterie hingegen ins eigene Gebiet und muss sie so lange schützen, bis sie vollständig geladen ist. Gegner können sie aber jederzeit für sich erobern, um sie im schlimmsten Fall genau dann bei sich einzusetzen, nachdem sie bereits fast vollständig geladen wurde. Dass Ball und Batterie nach einem Verlust

Unterschiede zwischen PC und PlayStation 4 - gibt es die? Tatsächlich gleichen sich beide Fassungen bis auf Kleinigkeiten.

So kann man auch auf PS4 zahlreiche Einstellungen vornehmen, darunter die Weite des Blickwinkels, während eine automatische Zielhilfe das Treffen erleichtert.

Trotzdem ist Lawbreakers auf Konsole ein etwas ruhigeres Spiel, was daran liegt, das Gamepad-Nutzer ihre Blickrichtung nicht so schnell ändern können wie Maus-Schieber. dabei nicht sofort in ihre Ausgangsposition zurückgesetzt werden, sobald ein gegnerischer Spieler sie berührt, unterstützt das dynamische Hin und Her.

Röhrenshooter

Doch so gelungen das Regelwerk vor allem als kurzweiliger Zeitvertreib auch ist: Im Zusammenspiel mit dem Layout der Arenen verliert Lawbreakers nach einigen Stunden recht deutlich an Schwung. Das liegt einerseits daran, dass beide Teams sowohl innerhalb einer Partie als auch Modi-übergreifend im Grunde stets die gleiche Aufgabe verfolgen und dabei auch noch in ausschließlich symmetrischen Arenen unterwegs sind. Das ist auf Dauer einfach ermüdend, weil durch den fehlenden taktischen Wechsel die Abwechslung zu kurz kommt. Daran ändern selbst die beiden weiteren, in sich ebenfalls interessanten Modi wenig, in denen die Teams eine wechselnde bzw. bis zu drei Stellungen einnehmen müssen.

Andererseits wurden die Karten selbst nicht besonders raffiniert gestaltet: Immer gibt es eine schwerelose Zone im Zentrum sowie zwei Wege drum herum. Besonders weitläufig sind die Einsatzgebiete ohnehin nicht, sodass man ständig dieselben Gänge abgrast. Beides sorgt dafür, dass man gedanklich wie in einer Röhre ballert, weil das komplette Spiel überall und stets das gleiche ist. Damit die flinken Charaktere ihr ganzes Potential entfalten könnten, bräuchten sie größere Karten mit deutlich mehr Wegen.

Die Karten sind leider recht klein und einförmig und auch den eigentlich interessanten Modi fehlt es auf Dauer an Abwechslung.

Freie Wahl statt Freischalten

Ärgerlich auch, dass man oft lange auf den Start einer Partie warten muss. Das ist vermutlich keine technische Schwäche, sondern ein Ergebnis der überschaubaren Spielerzahl, fällt zum Zeitpunkt unseres Tests aber eben auf. Verbessern sollte Boss Key zudem unbedingt die Ladezeiten der Figuren! Denn bei jedem Wechsel dauert es eine ganze Weile, bis man den Kämpfer nicht nur ausgewählt hat, sondern auch endlich aktivieren darf. So gehen selbst mitten in einem Match mitunter wertvolle Sekunden verloren.

Entspannend ist hingegen das Freischalten neuer Charaktere und Fähigkeiten: Das fällt nämlich komplett weg. So muss ein Multiplayer-Shooter funktionieren! Es gibt wenig, das frustrierender ist als z.B. nicht mit einer gewünschten Waffe spielen zu dürfen. Hier kauft man mit erspielter Währung lediglich eine Vielzahl neuer Kleidung, Lackierungen, Aufkleber und mehr – witzig, dass man sogar den Fußabdruck personalisieren kann, den ein im Nahkampf „zertretener“ Gegner auf seinem Bildschirm sieht.

Fazit

Schade, dass Lawbreakers nicht ganz das ist, was es sein könnte! Das Fundament ist hervorragend: Die rasanten und für jeden Kämpfer besonderen Bewegungen in allen drei Dimension erzeugen einen euphorischen Flow, während die Spielvarianten ein spannendes Hin und Her ermöglichen, das der Dynamik eines Fußballspiels gleicht. Zonen der Schwerelosigkeit brechen den gewohnten Rhythmus ähnlicher Shooter weiter auf – gerade in Anbetracht der großartigen Bewegungsmöglichkeiten ist es aber so bedauerlich, dass man in sehr kleinen, ausschließlich symmetrischen Umgebungen stets dieselben Wege abgrast und beide Teams zu jedem Zeitpunkt, in jedem Modus im Grunde stets dasselbe tun. Lawbreakers steht für einen einzigartigen Rausch – der aber immer etwas zu schnell vorüber ist.

Pro

schnelle, aufregende Action
einzigartige Fortbewegungsart jedes einzelnen Charakters
Zonen kompletter Schwerelosigkeit
einfallsreiche Spielvarianten mit häufig wechselnden Zielen
kein Freischalten zentraler Bestandteile
wenn effektiv, aber cool: nach hinten feuern
zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten, Sprachchat, eigene Freundesliste im Spiel und mehr
Erstellen eigener Partien

Kontra

Karten wirken zu überschaubar und gleichen sich sehr
keine Modi, die gänzlich verschiedenes Vorgehen erzwingen
Matchmaking dauert mitunter sehr lange
langes Laden der Figuren bei Charakterwahl

Wertung

PlayStation4

Aufregender und einzigartiger Shooter für anspruchsvolle Spieler, dem abwechslungsreichere Modi und größere Levels fehlen.

PC

Aufregender und einzigartiger Shooter für anspruchsvolle Spieler, dem abwechslungsreichere Modi und größere Levels fehlen.

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