Im Test: Neue Helden braucht das Land
Massen-Einerlei
Eine spielmechanische Kehrtwende braucht man von Omega Force nicht erwarten. Die Japaner haben zwar mit Dynasty Warriors seinerzeit auf der ersten PlayStation einen Tekken-Konkurrenten entwickelt. Doch schon mit der Fortsetzung aus dem Jahr 2000 hat man den Grundstein für ein erstaunliches Monopol gelegt - Massenprügler sind fest in der Hand von Omega. Mit den Musou-Schlachten im feudalen China, dem schon bald Szenarien in Japan in Form der Samurai Warriors folgten, ist man bis heute unangefochten die Nummer 1 in diesem Bereich. Allerdings muss man sich auch den Vorwurf gefallen lassen, dass man das Konzept in den letzten beinahe 20 Jahren nur rudimentär entwickelt hat.
Pure Dragon-Quest-Atmosphäre
Nicht nur, weil man es nach Hyrule Warriors wieder einmal eindrucksvoll geschafft hat, visuell das Design der Vorlage einzufangen und für seine Zwecke umzubauen. Farbenfroh und klar als Dragon Quest identifizierbar, werden sich Serienanhänger schnell heimisch fühlen, während Neulinge unter Umständen Lust auf die klassischen rundenbasierten Rollenspiele fernöstlicher Prägung bekommen. Ein Dutzend Figuren steht im Laufe der gut erzählten, aber schnell zusammengefassten (da sehr plakativen)
Akustisch bleibt ebenfalls kein Zweifel, in welcher Serie man sich aufhält. Musikalisch sowie bei Soundeffekten wird Bekanntes abgerufen, um Assoziationen zu wecken und dieses dann bei Bedarf mit neuem Material ergänzt. Die Sprachausgabe, die in den Zwischensequenzen auf Englisch oder Japanisch abgerufen werden kann, ist technisch sehr gut. Inhaltlich hingegen wird mir einen Tick zu häufig die Klischeekiste bemüht. Die Charaktere sind nur selten vielschichtig - daher muss man mir nicht immer wieder die gleiche Eigenschaft oder Verhaltensweisen um die Ohren hauen. Bedauerlich ist auch, dass außerhalb von Cutscenes die Texte nicht vertont wurden. Die Dialoge, die man per Text verfolgen darf, werden jedes Mal, wenn sich eine andere Figur einschaltet, durch einen Laut markiert, doch daran habe ich mich sehr schnell satt gehört. Eine belanglose Spielerei: Die Sprachausgabe ertönt nicht nur über die Fernsehlautsprecher, sondern auch über das Pad - was die einsilbigen Laute der Gespräche nicht besser macht.
Nicht mehr alleine Prügeln
Am grundlegenden Prinzip der "Musou"-Prügler ändert Omega Force nicht viel: Man kämpft mit einem Helden gegen eine erdrückende Übermacht, wobei einem zwei Knöpfe für Schlagkombos, eine Ausweichrolle sowie ein Block zur Verfügung stehen. Beim Block muss man allerdings aufpassen: Zum einen muss die Richtung beachtet werden, in die der Block gesetzt werden soll. Da man sich beim Block aber nicht bewegen kann, vertut man sich mal schnell und kann nicht so schnell reagieren und sich neu platzieren, wie es nötig wäre. Dafür finden sich neben dem Mega-Angriff, der wie üblich für die Musou-Spiele durch Schlagkombos aufgeladen wird, auch magische Angriffe. Jedem Kämpfer stehen drei bis vier Zauber zur Verfügung, das dafür erforderliche Mana ist allerdings knapp und lädt sich nur langsam automatisch auf. Diese klein scheinende Ergänzung der bekannten Mechanik schafft aber nicht nur eine weitere Kampf-Komponente. Sie sorgt dafür, dass Omega Force mit Dragon Quest Heroes den Schritt vom Massenprügler hin zum Action-Rollenspiel à la Baldur's Gate Dark Alliance macht.
Strategie und Planung
Mit diesem Element wird den Auseinandersetzungen eine leichte strategische Komponente hinzugefügt. Da man häufig mit dem Beschützen von Personen oder Einrichtungen beschäftigt ist und die Feinde aus unterschiedlichen Richtungen anrücken, kann man die Münzen nutzen, um bestimmte Routen abzusichern, während man sich selber um die andere Seite und die jeweiligen Beschwörungstore kümmert, um den Nachschub abzuschneiden. Schade ist allerdings, dass Omega Force beim Missionsdesign deutlich weniger kreativ war als bei ergänzenden Mechaniken. Reinige dies Gebiet oder beschütze jenen bzw. jenes sind die häufigsten Varianten, die nur von spannenden Bosskämpfen unterbrochen werden. Zwar bekommt man immer wieder neue Gegner zu Gesicht, die mit ihren Angriffsmustern für Abwechslung sorgen. Doch unter dem Strich sorgt diese Missionsredundanz dafür, dass man Dragon Quest Heroes kaum länger als eineinhalb bis zwei Stunden am Stück spielen kann. Auch die Schatzsuchen und zahlreichen Nebenmissionen, die man aufgabeln kann,
Denn am ebenfalls von den Rollenspiel-Ursprüngen inspirierten Umfeld ist maximal Feintuning nötig. Anfangs in einem Lager und später an Bord der fliegenden Festung „Wolkenbrecher“ gibt es einen Shop, in dem man für erbeutetes Gold neue Ausrüstung kaufen kann. Später darf man an einer Alchemiestation weitere nützliche Gegenstände herstellen - insofern man Zutaten und Rezepturen dafür besitzt. Mit zahlreichen Nebenmissionen hat man zusätzlich zu ggf. nötiger Zutatenbeschaffung Anreize, auf der übersichtlichen Karte auch bereits erledigten Gebieten einen erneuten Besuch abzustatten. Für Minimünzen, die man u.a. für das Finden von Truhen, aber auch als Belohnung für besondere Leistungen erhalten kann, kann man sich bei einem Sammler z.B. mit Rezepten eindecken. Erstaunlich, dass es so lange gedauert hat, bis mal jemand auf die Idee kam, Trophäen nicht nur zum Selbstzweck zu nutzen, sondern sie mit den Spielinhalten zu verknüpfen - auch wenn es oberflächlich bleibt. Verwunderlich ist hingegen, dass es in den Camps sowohl am Boden als auch in luftiger Höhe merkwürdige Bildraten-Probleme gibt, während die kämpferischen Ausflüge auch mit haufenweise Gegnern und mitunter gleißendem Effekt-Gewitter stets sauber laufen.
Fazit
Wie bei den Massenprüglern von Omega Force üblich, sollte man sich hüten, allzu lang am Stück zu spielen. Dann nämlich werden die Defizite wie zu ähnliche Missionen, die kleinen Gebiete oder der Hang zum Grinden deutlich zu Tage gefördert. In kleiner Dosierung von ein bis maximal zwei Stunden täglich spielt Dragon Quest Heroes seine Stärken jedoch immer wieder aus. Angefangen vom zielsicher eingefangenen kunterbunten Artdesign bis hin zu aus der Stammserie bekannten Elementen wie Alchemie zur Erstellung von Gegenständen verströmt Heroes authentische Dragon-Quest-Atmosphäre. Dazu kommt ein bekannt eingängiges Kampfsystem, das hier jedoch um magische Attacken sowie eine Gruppe ergänzt wird, deren Mitglieder nicht wie bei Warriors Orochi verschwinden, wenn man sie nicht aktiv spielt, sondern einigermaßen potent angreifen. Dazu gesellt sich eine stimmig erzählte, wenngleich etwas platte Geschichte um eine Dimensionen übergreifende Bedrohung. Omega Force hat sich jahrelang bemüht, den Schritt in ein neues Genre zu wagen. Wo man bei Hyrule Warriors trotz interssanter Ansätze den Übergang ins Action-Adventure nur holprig geschafft hat, schafft man es hier dank der der Rollenspielursprünge des Quellmaterials mit spielerischer Leichtigkeit, positioniert sich damit in der Nähe von Dark Alliance, Diablo 3 & Co und bietet rundum gelungene Unterhaltung.
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation4
Omega Force macht aus Dragon Quest Heroes ein Action-Rollenspiel mit Massenprügler-Flair. Schade ist vor allem, dass das Missionsdesign so wenig Abwechslung bietet.
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