Lego Worlds24.03.2017, Mathias Oertel
Lego Worlds

Im Test: No Legocraft's Sky

Seit über zehn Jahren sind die in England bei Traveller's Tales entwickelten Titel rund um die dänischen Bauklötzchen aus dem Hause Lego ein fester Bestandteil der Spielelandschaft. Doch obwohl es sich anbietet, findet man hier bislang keine Anlaufstelle, um seiner Kreativität freien Raum zu lassen. Das soll sich mit Lego Worlds (ab 6,25€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) ändern. Wir sind für den Test in die unendlichen Welten abgetaucht.

Zwischen Legocraft und No Man's Lego

Egal ob man nun in den Lego-Welten von Star Wars, Harry Potter, Jurassic Park oder Indiana Jones herumläuft, wird das kreative Potenzial, das den dänischen Bauklötzen innewohnt, nicht einmal ansatzweise genutzt. Sicher: Man darf an vorgegebenen Orten etwas im Spiel zusammensetzen, doch Freiheit hat man dabei auch in Lego Dimensions nicht. Dort wiederum darf man zwar vor dem Bildschirm mit den Steinen auf- und umbauen. Doch trotz interessanter Ansätze bleibt auch Dimensions im eigentlichen Sinne ein klassisches Action-Adventure. Ganz anders Lego Worlds: Der Titel, der nach gut zwei Jahren die Early-Access-Phase verlassen hat, bedient sich zwar hinsichtlich Kameraführung, gewissen Menüs oder dem Zerstören bestimmter Gegenstände zum Sammeln der berühmt-berüchtigten Plastiknoppen (im Orginal: "Studs") klassischer Elemente.

Eislandschaften, Dschungel, Wüsten, Wälder, Städte: Lego Worlds führt einen durch eine stattliche Zahl an Biomen.
Doch das Drumherum wirkt eher, als ob Traveller's Tales No Man’s Sky und Minecraft in einen Entsafter gepackt und auf der höchsten Stufe zerkleinert hätten. Doch eines nach dem anderen. Nachdem man sich innerhalb der anfänglich noch spartanischen Möglichkeiten eine Figur zusammengestellt hat, wird man ziemlich unsanft in ein Tutorial auf der ersten Welt geworfen, die wie alle anderen von oben bis unten aus Legosteinen besteht. Sie ist noch überschaubar gehalten, um den Spieler mit den Möglichkeiten bzw. Tools vertraut zu machen, die man letztlich alle über ein Kreismenü aufrufen kann. Die späteren Welten werden in verschiedenen Größen allesamt prozedural zusammengesetzt, so dass man einen nahezu unendlichen Nachschub hat.

Aller Anfang ist leicht

Nachdem man sich mit der Bewegung angefreundet hat, die man aus der Schulterperspektive mit relativ frei einstellbarer Zoomstufe beobachtet, bekommt man das erste und eigentlich wichtigste Werkzeug: Einen Entdeckungsapparat, der ähnlich des Multifunktionstools aus No Man’s Sky genutzt wird, um Lego-Modelle zu scannen - angefangen von Blumen bis hin zu Fahrzeugen und natürlich Figuren. Hat man sie einmal gescannt, kann man sie gegen Noppen freischalten (einmalig) und ab diesem Moment so ungehemmt nutzen, wie es einem beliebt und die Welt nach eigenen Wünschen verändern. Bäume pflanzen, Tiere in freier Lego-Wildbahn aussetzen, Fahrzeuge übereinander stapeln, Gegenstände entfernen: Alles ist möglich. Hier ist übrigens der wesentlichste Unterschied in der Handhabe der Konsolen- und der PC-Version festzustellen: Mit Maus und Tastatur geht das Anvisieren der blinkenden, sprich: noch nicht gescannten Lego-Modelle und Figuren deutlich leichter von der Hand als mit dem Pad. Mit späteren Werkzeugen kann man die Farbe der Welt in kleinem Umfang oder flächendeckend modifizieren. Man kann die Landschaft heben oder Absenken und darf ganze Areale unkompliziert abbauen oder einebnen, wahlweise mit flacher Kante oder abgerundet, jeweils in verschiedenen

Bedingt durch die zufällige Welterstellung sind nicht alle Schatzkisten mit ihren Geheimnissen so leicht zu erreichen wir hier.
Größen. Zudem lassen sich häufig gut versteckte Modellpläne in die Tat umsetzen. Und man darf nicht nur dreidimensionale Blöcke in nahezu jeder Größe festlegen, deren Inhalt kopiert, im Archiv abgespeichert und bei Bedarf wieder errichtet werden darf (was ideal für große Gebäude oder Riesenbäume ist), sondern natürlich auch frei bauen.

Allerdings stehen auch hier anfänglich nur Basisoptionen zur Verfügung, komplexere Steine müssen gefunden oder kleinen Gnomen abgejagt werden. Mit jeder neuen Welt, in die man reist, und die mitunter riesige unterirdische Höhlengänge haben, in denen sich auch zahlreiche Schatztruhen mit seltenen Gegenständen verstecken, wird die Sammlung größer. Und es schert sich nicht um Zugehörigkeit. Man kann ebenso Elemente aus den Ritter- oder Piratenwelten von Lego finden wie aus dem Stadtprogramm. Auch Reittiere lassen sich scannen und platzieren, Autos „beschwören“, Boote zu Wasser lassen sowie vieles mehr. Was man allerdings nicht darf, sind irgendwelche Elemente aus legofremden Lizenzen erwarten. Es gibt keine DC- oder Marvel-Helden, keine Star-Wars-Figuren oder -Fahrzeuge, keinen Jack Sparrow oder Harry Potter. Ich kann mir vorstellen, dass hier unter Umständen sowie abhängig vom Erfolg von Lego Worlds und dem jeweiligen Lizenzgeber mit Download-Inhalten neue Packs freigeschaltet werden können. Doch es gibt auch so schon genug Material und Werkzeuge, um in den bestehenden, prozedural generierten Welten Unfug zu treiben und Spaß zu haben.

Zufällige Glücksgefühle

Eine zufällige Erstellung hat im Allgemeinen aber bekanntermaßen auch Nachteile, vor denen Lego Worlds im Speziellen nicht gefeit ist. So fantasievoll die Welten mit ihren Biomen wie Dschungel,  Süßigkeitenland, Wilder Westen, Stadt, Wüste, Vulkanlandschaft usw. auch sind - vor allem,  wenn zwei oder mehrere gemischt werden- so unhandlich oder unzugänglich werden sie gelegentlich zusammengesetzt. Schatzkisten sind merkwürdig mit der Landschaft verschmolzen, so dass man sie erst freilegen muss. Bäume bilden ein undurchdringliches Dickicht. In der einen Welt gibt es haufenweise neue Gegenstände, die man in seine Sammlung scannen kann. Dort kaum welche. Von der Zufälligkeit ist auch das Questsystem abhängig: Es gibt Wesen (sowohl Tiere als auch normale Lego-Figuren), die in einer Sprechblase einen Wunschgegenstand zeigen. Hat man den im Inventar, kann man sie ansprechen und ihren Traum erfüllen. Als Belohnung gibt es meist Noppen (nicht zu knapp) oder einen anderen Gegenstand, der vielleicht jetzt oder später hier oder auf einer anderen Welt von einer Figur benötigt wird, so dass der Kreislauf aufrechterhalten wird. Und mit viel Glück hält der Auftraggeber einen  der begehrten goldenen Steine bereit, die quasi als Freischaltsystem genutzt werden und einem den Zugriff auf neue und vor allem größere Welten gewähren.

Man kann auch hoch hinaus. Je mehr man baut, um so größer ist allerdings vor allem auf Konsolen die Gefahr, dass die Bildrate beeinflusst wird.
Und dann gibt es noch die Figuren mit Bauwünschen: Die möchten meist ein bestimmtes Gebäude oder einen bestimmten Bausatz in ihrer Nachbarschaft errichtet sehen. Es kann auch sein, dass man einem Bauern begegnet, für den man einen Haufen Maisstauden in einem Feld platzieren soll. Oder man findet einen Tierliebhaber, der fünf Katzen und zehn Hühner um sich herum haben möchte. Als Belohnung winken abermals Noppen oder im Idealfall goldene Bausteine, die man benötigt, um größere Welten und neue Biome freizuschalten. Sehr schön: Stellt man fest, dass man die benötigten Gegenstände noch nicht in seinem Besitz hat, kann man sich zu einer neuen Welt aufmachen und dort sein Glück versuchen. Zu bereits besuchten kann man jedoch jederzeit zurückkehren, so dass man irgendwann eine Art Galaxie von individuellen Welten zur Verfügung hat, in denen man frei umherreisen darf  - wahlweise lässt sich sogar einstellen, dass die von Spielerseite vorgenommenen Veränderungen nicht abgespeichert werden. Weniger schön ist allerdings, dass zum einen die Missionsanforderungen kaum variieren und es generell zu wenige davon gibt. Und dass man z.B. beim Wunsch nach einer Halfpipe nicht frei bauen darf, sondern das vorgegebene Modell verwenden muss. Hat man es noch nicht gefunden, schaut man in die (Halb-)Röhre.

Bauen mit technischen Problemen

Es gibt auch Figuren, für die man im freien Baumodus etwas errichten soll. Dabei fällt aber nicht nur auf, dass das Steinchen auf und neben Steinchen setzen auf Dauer recht mühselig ist – vor allem bei Pad-Nutzung, was natürlich vornehmlich Konsolen betrifft. Es geht den entsprechenden Auftraggebern letztlich nur um die Anzahl der verbauten Steine und nicht um ästhetische Aspekte. Sprich: Wenn man einen Stall bauen soll, reicht es auch, die Mindestanzahl an Steinen vertikal zu stapeln. Doch ungeachtet dessen übt das zwanglose Bauen natürlich einen enormen Reiz aus. Tiere, Statuen, Sehenswürdigkeiten, Berühmtheiten: Der Fantasie ist keine Grenze gesetzt. Alles, was man evtl. bei einem Besuch im Legoland gesehen hat, kann man hier nachzubauen versuchen. Und wenn man ggf. noch Anleitungen alter Lego-Bausätze hat, wird man hier ebenfalls irgendwann alle Steine zur Verfügung haben, um dieses Modell in der virtuellen Welt hochzuziehen. Da die platzierten Figuren ein Eigenleben entwickeln und sich in der

Man kann in den unendlichen Lego-Welten sehr viele Geheimnisse entdecken.
Szenerie herumtreiben, kann es hier immer wieder zu interessanten Situationen kommen. Wenn man z.B. den Gorilla (oder auch nur ein paar Schimpansen) in ein Stadtgebiet verfrachtet, in dem man seine Variante des Empire State Buildung in mühevoller Kleinarbeit zusammengebaut hat, kann man mit Glück einen King-Kong-Moment erleben.

Viel häufiger erlebt man allerdings, dass die Technik dem kreativen Treiben nicht uneingeschränkt gewachsen ist. Nicht nur, wenn es darum geht, in den Hunderten Objekten genau das zu finden, was für die Mission benötigt wird – es gibt keine Sortier- oder Suchfunktion innerhalb der fünf Kategorien Figuren, Tier, Fahrzeuge, Objekte und Steinsets. Sondern auch hinsichtlich der Kulisse: Natürlich stehen der Bebauungsgrad, die Bevölkerungsdichte sowie die Kartengröße in Abhängigkeit zu Bildrateneinbrüchen. Doch irgendwann erwischt es jedes System. Auf dem PC wird zwar versucht, mit einer recht niedrigen (aber glücklicherweise auch modifizierbaren) Zeichendistanz entgegenzusteuern, bis die Modelle ins Bild faden. Doch das funktioniert zum einen nur eingeschränkt und ist zum anderen auf Dauer ebenso störend wie die Ruckler, die man früher (Xbox One ) oder später (PS4) auf den Konsolen und irgendwann auch auf dem Rechner zu sehen bekommt. Doch davon sollte man sich nicht abschrecken lassen. Sowohl solo als auch zu zweit ist das kreative Potenzial, das Lego Worlds innewohnt, enorm. Spätestens, wenn man Werk- oder Fahrzeuge hat, mit denen man schnell  die Levelarchitektur verändern kann, nimmt der Spaß rapide zu.

Fazit

Die PC-Version von Lego Worlds hat mit der Maus-/Tastatur-Steuerung sowie der runder laufenden Technik definitiv die Nase vorn. Doch auch auf PlayStation 4 sowie Xbox One sorgt die Mischung aus No Man’s Sky und Minecraft bei Lego-Fans schnell für Unterhaltung. Die prozedurale Generierung der Welten ist zwar vor typischen Problemen wie mitunter unpassendem Levelaufbau nicht gefeit. Doch dank der umfangreichen Tools, die man zum Verändern der Landschaft und dem Neubau von größeren Objekten hat, kann man eventuelle Unstimmigkeiten schnell ungeschehen machen. Kleinigkeiten sorgen allerdings dafür, dass man auch immer wieder an bestimmte Frustgrenzen stößt: Das Missionsdesign ist zwar ein guter Ansatz, um die Welten aufzulockern und dem Spieler einen groben Pfad zu geben, dem er folgen kann. Die Aufgaben werden jedoch schnell redundant. Das freie Bauen ist zwar mächtig und nur durch die eigene Fantasie begrenzt, ist unter dem Strich aber etwas zu kompliziert, während das rapide gefüllte Archiv mit Objekten, Figuren oder Fahrzeugen eine Such- bzw. Sortierfunktion vertragen könnte. Dennoch macht es eine Menge Spaß, die abwechslungsreichen Umgebungen nach neuen Gegenständen und vielen Geheimnissen zu durchforsten, bevor man sie nach Belieben verändert.

Pro

dank prozeduraler Generierung nahezu unendliche Anzahl an Levels/Welten
hunderte Objekte und Figuren, die man finden, scannen und wieder platzieren kann
Figur kann nach eigenem Geschmack ausgestattet werden
komfortable Werkzeuge bis hin zum freien Bau und Ausschneiden/Kopieren
viele Geheimnisse
Missionen bringen rudimentäre Ziele in die kreativen Aufbauwelten
charmantes Lego-Design
Welten können nach Belieben verändert werden
platzierte Figuren entwickeln Eigenleben

Kontra

Missionsdesign wird schnell redundant
freies Bauen fitzelig
Defizite bei der Pad-Steuerung
keine Sortierfunktion bzw. Suche bei gescannten Objekten
Bildratenprobleme bei bestimmten Faktoren (Kartengröße, Bebauungsdichte, etc.), vor allem auf Konsolen

Wertung

XboxOne

Ein prall gefüllter Kreativbaukasten, bei dem ausgerechnet das freie Bauen nicht ganz einfach von der Hand geht.

PC

Auf dem PC läuft der Kreativbaukasten nicht nur flüssiger, sondern lässt sich mit Maus und Tastatur auch besser steuern.

PlayStation4

Ein prall gefüllter Kreativbaukasten, bei dem ausgerechnet das freie Bauen nicht ganz einfach von der Hand geht.

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