Nitroplus Blasterz: Heroines Infinite Duel08.04.2016, Mathias Oertel
Nitroplus Blasterz: Heroines Infinite Duel

Im Test: Frauenpower gegen Street Fighter & Co

Dass Capcom die Einzelspieler-Bedürfnisse der Prügelspieler bei Street Fighter 5 unterschätzt hat und Besserung verspricht, ist löblich. Was macht aber der Fan, der sofort Beat-em-up-Unterhaltung für Solisten möchte? Er schaut sich um, was der Markt sonst hergibt. Ob man mit Nitroplus Blasterz: Heroines Infinite Duel (ab 34,01€ bei kaufen) glücklich wird, verraten wir im Test.

Nitro-was?

Wenn ihr ein Fan der so genannten "Visual Novels" seid, könnte euch die im Jahr 2000 gegründete Firma Nitro+ ein Begriff sein. Ich allerdings habe bislang einen weiten Bogen um diese Form der interaktiven Unterhaltung gemacht und dementsprechend keine Ahnung, wer die 14 Figuren sind, die hier in klassischer Beat-em-up-Manier aufeinander losgehen. Naja, zumindest zwölf davon kenne ich nicht, denn die beiden Gastkämpfer Homura (aus Senran Kagura) und Aino Heart (aus Arcana Heart) sind mir ein Begriff, müssen hier aber erst freigeschaltet werden. Dass Heart dabei ist, ergibt Sinn, wenn man bedenkt, dass als Entwickler Examu engagiert wurde - die Macher von Arcana Heart. Und nach längerem Überlegen ist mir auch das verbindende Merkmal von Senran Kagura und Nitroplus Blasterz aufgefallen: das als Publisher von beiden Titeln auftretende Marvelous.

Die Effekte können sich sehen lassen, beim Rest der 2D-Kulisse liegt Nitroplus Blasterz deutlich hinter den Prüglern von ArcSystem zurück.
Doch letztlich ist es mir egal, wo die jeweilige Figur ihre Ursprünge hat. Wichtig ist, dass die 2D-Kampfmechanik funktioniert. Und da wir mittlerweile im Jahr 2016 sind und sowohl Capcom als auch ArcSystem Works (BlazBlue, Guilty Gear) sich visuell glänzend aufgelegt zeigen, steht die Kulisse ebenfalls im Fokus. In einer ironischen Duplizität der Ereignisse wird sich ArcSystem Works übrigens in wenigen Wochen mit Melty Blood Actress Again Current Code ebenfalls an einem Prügler mit überlangem Namen zu einer Visual Novel versuchen. Doch bis dahin kann die komplett weibliche Kämpferriege hier erst einmal beweisen, dass sie imstande ist, mit den Großen der Prügelzunft mitzuhalten.

Spannende Duelle

Mechanisch ist ihnen dies auf jeden Fall gelungen. Die Kollisionsabfrage funktioniert gut. Die Aktionen der vier Angriffsknöpfe, die sich nach Stärkeunterscheiden und nicht nach verwendetem Körperteil wie z.B. in Street Fighter, werden schnell umgesetzt, auch Block- und Ausweichmanöver werden . Zusammen mit den bekannten Digi-Bewegungen (Halbkreis, Viertelkreis, "Z") können die Attacken modifiziert sowie zu nett anzuschauenden Kombos verbunden werden. Spezialbewegungen und

Bei den Hintergründen wird auf jegliche Animationen verzichtet.
Mega-Attacken, die meist über einen zweifachen Viertelkreis mit nachfolgendem Wurf ausgeführt werden, stehen ebenfalls zur Verfügung. Da die Figuren hinsichtlich Angriffsgeschwindigkeit, Reichweite, Durchschlagskraft und teilweise Bewaffnung starke Unterschiede aufweisen, kommen zum einen verschiedene Spielertypen auf ihre Kosten. Und es führt zu interessanten Duellen, wobei die Kampfgeschwindigkeit im Vergleich zu Street Fighter 5 oder den meisten ArcSystem-Prüglern entschleunigt wurde - wer sich von den Hochgeschwindigkeits-Kombos eines Killer Instinct hierhin verirrt, könnte sich fast wie beim Betrachten einer Zeitlupe vorkommen. Doch die Duelle haben auch in dieser vergleichsweise langsamen Form ihren Reiz. Was auch daran liegt, dass man zwei aus 20 zur Verfügung stehenden Helfern auswählen und jederzeit einsetzen kann, wenn die sich automatisch aufladende Anzeige voll ist. Dieses System ist prinzipiell zwar nicht neu, wurde hier aber sauber integriert und fügt den Duellen eine interessante Ebene hinzu.

Obwohl Sonderattacken effektvoll inszeniert werden und im Falle der Lethal Blazes mit Zeichentricksequenzen eingeleitet werden und der gewählte Anime-Stil einen homogenen Eindruck hinterlässt, bleibt die Kulisse oberflächlich - vor allem, wenn man sie mit den ähnlich gelagerten Prüglern von ArcSystem vergleicht. Die Animationen sind hier abseits der mitunter etwas stark wippenden sekundären Geschlechtsmerkmale der Kämpferinnen nicht so filigran wie z.B. bei BlazBlue. Noch schlimmer hat es die Hintergründe getroffen. Zwar wird hier in mehreren Ebenen gescrollt, doch irgendwelche Animationen, die die saubere, aber nurmehr zweckmäßige Kulisse veredeln könnten, sucht man vergebens. Keine Figuren, die im Hintergrund irgendeiner Arbeit nachgehen. Keinerlei Bewegung, die einem den Eindruck vermittelt, als ob man in einer lebendigen Welt kämpft. Selbst bei Arenen, in denen sich mit einer riesigen Turmuhr oder einem Zeppelin nahezu aufdrängen, um animiert zu werden, gibt es nur langweilige Statik zu sehen. Die Akustik mit ihrer japanischen Sprachausgabe, die von ordentlich zusammengestellten J-Rock untermalt wird, hinterlässt dagegen einen guten und äußerst stimmigen Eindruck.

Spartanisch

Das eingängige Kampfsystem bietet auch Einsteigern schnelle Erfolgserlebnisse.
Auch wenn sich Blasterz mechanisch als mindestens solide, mitunter sogar richtig gut präsentiert, wird der Prügler inhaltlich Schwierigkeiten haben, Street Fighter 5 oder BlazBlue die Fans abspenstig zu machen. Denn inhaltlich bietet man mit Story (einem Arcade-Modus mit acht durch erzählerische Momente verbundenen Kämpfen), Training sowie einer Highscore-Attacke gerade mal das Nötigste - und das wird dadurch zusätzlich eingeschränkt, dass die einzelnen Figuren meist sogar die gleichen Gespräche über sich ergehen lassen müssen. Und mit dem Modus "Another Story" bewegt man sich zwar einerseits auf vertrautem Terrain, da hier quasi eine auf zehn Kapitel ausgelegte Visual Novel mit einigen eingestreuten Kämpfen angeboten wird. Doch obwohl Nitro+ hier eigentlich heimisch ist, fehlt mir eine Dramaturgie, die den ähnlich gelagerten Kampagnen in Persona 4 Arena oder BlazBlue Continuum Shift Extend den Kampf ansagt. Doch auch hier bleibt man größtenteils zahm und im schlimmsten Fall sogar vorhersehbar.

Der Online-Modus macht ebenfalls Probleme. Bereits zum US-Start im Februar ging fast gar nix. Und jetzt, ein paar Wochen später, ist die Situation nicht besser. Dass nur wenige Spieler online zur Verfügung stehen, ist das eine. Dass man sich aber mit den paar Spielern nicht verbinden kann und ungeachtet der Einstellungen partout nicht den Raum betreten kann, ist ärgerlich. Und da ist es egal, ob ich nur zum Spaß oder in der Rangliste versuche, einen Kontrahenten zu finden. Immerhin: Die Duelle auf dem heimischen Sofa funktionieren gut - alles andere wäre auch ein Todesurteil.

Fazit

Wer von Capcoms Veröffentlichungspolitik  zu Street Fighter 5 genervt ist und aus Trotz einen alternativen Prügler sucht, wird früher oder später über Nitroplus Blasterz stolpern. Doch obwohl sowohl Kampfmechanik als auch Modi-Auswahl für Solisten mindestens solide sind, wird man auch hier nicht lange glücklich. Vor allem auch, da ArcSystem mit dem etwas sechs Monate alten BlazBlue Continuum Shift Extend in jedem Bereich die Nase vorn hat: Die Kulisse ist dort filigraner als hier, die Akustik ist trotz des hier eingesetzten J-Rock bei den Blasterz zu uneinheitlich - sogar in der Kernkompetenz von Nitroplus, der Visual Novel, ziehen die Heldinnen den Kürzeren. Denn selbst der Modus "Another Story" reicht hinsichtlich Dramaturgie und Inszenierung nicht an das heran, was BlazBlue oder auch Persona 4 Arena auffahren. Und der Online-Modus ist in dieser Form unbrauchbar. Heroines Infinite Duel ist eines dieser ominösen Spiele, die man durchaus mal einwerfen kann, aber die auch keiner vermissen würde, wenn es sie nicht gäbe - biederer Durchschnitt eben.

Pro

14 abwechslungsreiche Kämpferinnen
2D-Kulisse mit ansehnlichen Effekten
solide, mitunter sogar gute Kampfmechanik
akkurate Kollisionsabfrage
schnieker J-Rock-Soundtrack
zwei Helfer können im Kampf unterstützen
solide Solo-Spielmodi

Kontra

nahezu unbrauchbarer Online-Modus
Animationen nicht immer sauber
Hintergründe bar jeglicher Bewegung
geringer Umfang

Wertung

PlayStation4

Solider Prügler, bei dem geringer Umfang und ein weitgehend unbrauchbarer Online-Modus einem eingängigen Kampfsystem gegenüberstehen.

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