Im Test: Hirntoter Team-Shooter?
Ein wertvolles Leben
Die gute Nachricht zuerst: So katastrophal wie Operation Raccoon City fallen zumindest die Mehrspieler-Gefechte von Umbrella Corps nicht aus. Dafür sorgt vor allem der erste der beiden Modi, in dem zwei Dreierteams gegeneinander antreten und jeder Spieler nur ein Leben hat. Ohne die Möglichkeit für einen Wiedereinstieg (Respawn) steigt nicht nur die Spannung, sondern man agiert auch viel vorsichtiger und überlegter, wenn man weiß, dass man pro Runde nur eine Chance hat. Trotzdem kann es passieren, dass man schon früh das Zeitliche segnet: Die zwölf Karten, die u.a. ein Umbrella-Labor, das Tricell-Hauptquartier, das Las-Plagas-Dorf aus dem vierten Teil sowie vier weitere Schauplätze des Resident-Evil-Universums abdecken, haben gemessen an der Spielerzahl genau die richtige Größe, so dass man sich relativ schnell über den Weg läuft. Dank mehrerer Ebenen mit verwinkelten Korridoren, Hütten, Dächern, Kellern und Schächten hat man aber auch gute Gelegenheiten, um sich zu verschanzen – zumindest bis zu dem Moment, in dem ein automatisch ausgelöster Umgebungsscan die Positionen aller verbliebenen Kämpfer offenbart. Gut so, denn dadurch werden die Partien zusammen mit dem Zeitlimit nicht unnötig in die Länge gezogen und es kommt zum Showdown. Ausgeschiedene Teilnehmer müssen außerdem nicht gelangweilt Däumchen drehen, sondern dürfen das weitere Geschehen auf der Karte aus der Vogelperspektive verfolgen, zwischen den Ebenen umschalten und auf Wunsch sogar rein zoomen. Da man dabei nicht nur die Bewegungen seiner Mitstreiter, sondern auch die der Gegner live verfolgen kann, darf man seine Kameraden sogar noch aus dem Jenseits via Sprach-Chat unterstützen und verraten, wo sich die Feinde aufhalten.
Du bist nicht allein
Missions-Shuffle
Mehr Daseinsberechtigung erhalten die KI-Monster im zweiten Online-Modus, weil sie dort stärker in den Spielverlauf eingebunden werden. In Multi-Mission gilt es nämlich nicht nur, die Spieler des gegnerischen Teams zu eliminieren, die dank Respawn jederzeit wieder in die Partie einsteigen dürfen. Stattdessen warten auch diverse Aufgaben, die per Zufall zwischen den fünf Runden durchrotiert werden. Mal müssen DNA-Proben einer besonderen Kreatur besorgt werden, die man erst finden und töten muss. Eine andere Aufgabe besteht darin, Kontrollpunkte zu erobern und möglichst lange zu halten. Oder es gibt Sammelaufgaben – seien es verteilte Aktenkoffer oder Armbänder. Leider ist gerade am Anfang nicht immer klar, was überhaupt zu tun ist. Ich hatte bei meiner ersten Jagd nach den DNA-Proben z.B. keine Ahnung, dass da überhaupt eine spezielle Kreatur existiert oder wie ich sie aufspüren soll – die ziemlich unübersichtliche Kartenfunktion erweist sich auch in diesem Fall nicht als besonders hilfreich. Ähnlich ging es mir zunächst bei der Suche nach den Daten-Armbändern, weil es schlecht kommuniziert wurde, dass es sich dabei um die Variante „Kill Confirmed“ handelt. Klar hat man die Missionsvarianten und jeweiligen Ziele recht schnell verinnerlicht, doch als Einsteiger vermisst man Hinweise, was genau man eigentlich tun soll.
Keine Kampagne, nur lieblose Mini-Missionen
Verständlicher wird es, wenn man sich zuvor mit den Inhalten für Solisten im Modus „Das Experiment“ auseinandergesetzt hat, denn in den unzusammenhängenden Mini-Missionen lernt man nicht nur die Karten kennen, sondern auch die verschiedenen Spieltypen, die einen in den Online-Gefechten erwarten. Für mehr als ein kleines Schlachtfest zwischendurch reichen diese lieblos zusammengeklatschten Aufträge allerdings nicht, so dass man als schnell die Lust daran verliert, sich durch Gegner zu metzeln, Proben und anderes Zeug einzusammeln oder Punkte zu halten. Und so schön es auch ist, dass die Zeit gestoppt wird, hält sich die Motivation ohne Online-Ranglisten arg in Grenzen, seine Leistungen bei einem neuen Anlauf verbessern zu wollen. Sinnvoller erscheint das Tutorial, das in mehreren Lektionen die grundlegenden und erweiterten Mechaniken des Shooters vorstellt.
Neben dem Bewegungsrepertoire, das auch Rennen, Schleichen und sogar Kriechen umfasst, wird auch ein Deckungssystem auf Knopfdruck geboten. Das „Andocken“ an die auffällig markierten Wände, Kisten und Ecken fällt allerdings so dermaßen fummelig aus, dass man schnell freiwillig darauf verzichtet. Trotz eines manchmal fragwürdigen Treffer-Feedbacks geht die Schussmechanik insgesamt in Ordnung. Neben dem Arsenal an (freischaltbaren) Pistolen, Sturmgewehren und Shotguns finden sich auch diverse Granattypen wie Rauch und Splitter sowie eine Kampf-Axt, der man durch Aufladung noch mehr Wumms bescheren darf. Als Belohnungen für Rangaufstiege oder Erfüllen von Zielen schaltet man außerdem Unmengen an Extras frei, darunter weiteres
Equipment für die Knarren wie etwa zusätzliche Visiertypen oder Sticker, Aufkleber sowie Farbmuster, mit denen man Outfits und Ausrüstung optisch aufpeppen darf. Zudem stehen zwölf Speicherplätze für individuelle Zusammenstellungen der Ausrüstung zur Verfügung.
Technikhorror
Das hört sich alles nicht ganz furchtbar an, aber die schlechte Nachricht lautet: Viel besser als Operation Raccoon City ist Umbrella Corps unterm Strich dann auch nicht. Dafür sorgt neben dem fummeligen Deckungssystem und den lieblosen Solo-Missionen u.a. die misslungene Position der Kamera, die sich viel zu nah an der Spielfigur befindet. Und wie sieht das alles eigentlich aus? Grafisch wirken die Schauplätze mit ihren miesen Texturen und den detailarmen Figuren wie ein schlechter Witz. Und trotzdem hat die Technik auf der PS4 mit Problemen bei der Bildrate, auffälligem Tearing und langen Ladezeiten zu kämpfen. Dazu gesellen sich Probleme mit der Kollisionsabfrage, wenn Zombiehände durch Türen oder Wände greifen und mich dabei sogar verletzten können. Ein Hoch auf die grünen Kräuter, die man auch hier als Heilmittel einsammeln darf. Ich frage mich bis heute, warum das Team sich ausgerechnet für Unity entschieden hat, wo Capcom doch intern mit MT Framework eine potente Engine zur Verfügung steht, die technisch sicher deutlich mehr hergemacht hätte.
Zumindest laufen die Gefechte über das PSN aber ohne Lags oder Verbindungsabbrüche, sobald sie zustande kommen. Da sich bisher wohl nicht viele Spieler dem Umbrella Corps angeschlossen haben, dauert es manchmal eine ganze Weile, bis die Mindestanzahl an Teilnehmern erreicht wird – auch deshalb, weil sich viele potenzielle Kandidaten beim drohenden Ungleichgewicht der Teamzusammenstellung gleich wieder verabschieden. Richtig ärgerlich wird es, wenn sich ein Mitspieler im Laufe einer Partie verabschiedet, denn der leere Platz wird nicht aufgefüllt. Schön dagegen, dass die Leitung einer Sitzung automatisch auf einen anderen Spieler übertragen wird, sollte der Host die Segel streichen. Wir hatten allerdings manchmal Probleme, überhaupt einer Lobby beitreten zu können und wurden zeitweise mit Verbindungsfehlern abgewiesen.
Fazit
Es war schon clever von Capcom, Resident Evil aus dem Namen von Umbrella Corps zu streichen. Noch cleverer wäre es aber gewesen, man hätte komplett darauf verzichtet, diesen Billig-Ableger überhaupt mit der Marke in Verbindung zu bringen – gerade jetzt, wo Resident Evil nach der gefeierten Enthüllung des siebten Teils auf der E3 wieder einen positiven Aufschwung erfahren hat. Zwar eignen sich vor allem die Partien mit nur einem Leben als spannender Shooter-Snack, aber lange will man diese billige Präsentation und schwache Technik in Kombination mit der misslungenen Kameraposition sowie dem fummeligen Deckungssystem nicht ertragen. Noch schlimmer wird es für alle, die sich gerne abseits der Online-Kampfzonen durch ein paar Zombiehorden metzeln wollen, denn die ebenso langweiligen wie kurzen Solo-Missionen sind kaum der Rede wert. So bleibt Umbrella Corps nur ein weiterer enttäuschender Mehrspieler-Ableger im Resiversum, den die Spielewelt genauso wenig braucht wie ein weiteres Operation Raccoon City.
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation4
Umbrella Corps gruselt mit fauliger Unity-Technik, schlechter Übersicht und wenig Umfang. Trotzdem sorgen die Online-Gefechte für einen Hauch von Spannung.
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