Im Test: Das Spiel mit der Angst
Absturz in Arizona
Dieses Mal stellt man sich mit dem Reporter Blake Langerman dem alptraumhaften Wahnsinn, der mit dem Absturz eines Helikopters und der Entführung seiner Frau Lynn durch religiöse Fanatiker beginnt, im Laufe der etwa neun bis elfstündigen Kampagne aber zunehmend groteske Züge annimmt. Denn die Grenzen zwischen grausamer Realität und surrealen Flashbacks in die Schulzeit des Protagonisten verschwimmen immer stärker verschwimmen.
Was es mit dem christlichen Kult und den rivalisierenden Heretikern in dem abgelegenen Areal im südlichen Arizona auf sich hat und was mit einem Mädchen namens Jessica vorgefallen ist, setzt man vor allem durch den Fund von Dokumenten sowie einer Art "Video-Tagebuch" Stück für Stück zusammen. Zusammen mit kurzen Zwischensequenzen und weiteren Erkenntnissen wird die Geschichte leider sehr wirr erzählt und viel zu häufig, wenn auch jedes Mal mit einem coolen Überraschungsmoment, springt die Handlung zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Zwar war man bei Red Barrels sichtlich bemüht, eine spannende Story mit Potenzial für Diskussionen zu erzählen und sogar einen kleinen Bogen zum Vorgänger zu schlagen, doch hapert es bei der Umsetzung. Zumal es mit ein bisschen Menschenverstand manchmal schwer fällt, bestimmte Situationen und Reaktionen von Figuren nachzuvollziehen. Die eher schwache Sprecher-Leistung des Protagonisten trägt ihren Teil dazu bei, weil sie sich zu oft zwischen einem schockierten Over-Acting und einer fragwürdigen Gelassenheit bewegt, dabei aber fast immer künstlich aufgesetzt wirkt. Wie schon im Vorgänger hat man sich außerdem eine deutsche Sprachausgabe gespart, doch können zumindest die übersetzten Texte überzeugen. Da häufig parallel gesprochen wird, sei es aufgrund von
Kamera statt Waffenarsenal
Nach dem Erfolg von Outlast ist es keine große Überraschung, dass die Entwickler am Großteil der Mechaniken und Spielelemente festhalten: Der Camcoder wird erneut zum besten Freund des Spielers, wenn er sich mit Hilfe der energiehungrigen Nachtsicht durch die Finsternis bewegt oder die Umgebung mit Hilfe der Zoom-Funktion etwas genauer inspiziert. Das wird man vor allem dann feststellen, wenn man manche Passagen ohne den elektronischen Begleiter durchstehen muss. Neuerdings lässt sich auch ein Mikrofon aktivieren, mit dessen Hilfe man die Präsenz von Gegnern durch ihr ständiges Gemurmel oder andere Geräusche selbst dann orten kann, wenn man sie nicht sieht. Besonders ein Abschnitt wird sicher in Erinnerung bleiben: Nach dem Ausfall der Nachtsicht muss man sich einzig von einer Stimme durch die Dunkelheit leiten lassen, in der man nicht einmal mehr die Hand vor Augen sieht. Das ist ein großartiger Moment, der vor allem deshalb so heraussticht, weil ansonsten fast nur der hinlänglich bekannte Wechsel aus kleinen Schleicheinlagen, der Suche nach nötigen Gegenständen und hektischen Fluchtsequenzen wartet.
Keine Zeit für Pflaster
Zwar darf man neben den wichtigen Batterien auch bis zu drei Bandagen im Inventar verstauen, um seine Verletzungen wieder zu kurieren. Doch praktisch fehlt im Eifer des Gefechts oder während der hektischen Flucht schlichtweg die nötige Zeit, um die Wunden zu versorgen. Das hat Capcom bei Resident Evil 7 besser gelöst, wo man auch während des Laufens die desinfizierende Flüssigkeit für die Heilung anwenden kann. Hier ist als Folge dessen die Mechanik über weite Strecken unbrauchbar, weil man vor dem Anlegen des Verbands bereits das Zeitliche segnet, denn viel einstecken kann Blake nicht. Das gilt vor allem für die zwischendurch immer wieder auftauchenden Boss-Kreaturen, bei denen oft schon die kleinste Berührung zum Tod führt. Immerhin wird der letzte Spielstand sowohl auf dem PC als auch den Konsolen flott geladen, doch sorgen in manchen kritischen Abschnitten die unglücklich platzierten Checkpunkte für zusätzlichen Frust, weil sie zu weit auseinanderliegen und man deshalb einige bereits gemeisterte Stellen erneut überstehen muss. Schon der normale Schwierigkeitsgrad hat es in sich. Auf höheren Stufen ist man durch die Reduzierung der Batterien und Bandagen noch hilfloser dem Wahnsinn ausgeliefert. Hier zählt dann jede Sekunde, in der die Nachtsicht zur Verfügung steht. Oft muss man sich dagegen notgedrungen durch
Einmal durchatmen, bitte
Zwischen Hetzjagd und Schleichen darf der Puls bei der Erkundung inklusive kleiner Sprung- und Klettereinlagen wieder etwas zur Ruhe kommen. Nur wenn man sich genau umschaut, wird man all die zum Teil gut versteckten Dokumente finden und immer genügend Batterien sowie Verbände in den Taschen haben. Wirklich sicher fühlt man sich trotzdem nur selten: Das liegt zum einen daran, dass man gefühlt alle paar Meter auf furchtbar massakrierte Leichen trifft oder anderen Ekel-Situationen verdauen muss. Wie schon im Vorgänger inszeniert Red Barrels den Horror erneut absolut schonungslos! Das hier ist definitiv nichts für zart besaitete Naturen. Zum anderen nutzen die Entwickler die Ruhephase gerne dafür, um sie mit wohl dosierten Schockmomenten wieder zu beenden.
Atmosphärisch top
Wenn der Horror seinen Schrecken verliert
Trotz seiner unbestreitbaren Qualitäten rockt und schockt Outlast 2 nicht mehr so sehr wie der erste Teil. Das hat gleich mehrere Gründe: Zum einen wirkt das Horror-Konzept mit Videokamera nicht mehr so frisch wie damals und die Entwickler haben es einfach verpasst, dem Konzept neue Facetten hinzuzufügen – die durchaus coole Mikrofon-Funktion alleine reicht da einfach nicht aus. Zum anderen nagen die vielen Fehlversuche auf der Flucht an der Motivation, um sein Leben zu bangen. Wenn man schon 20 Mal gestorben ist, wird ein weiterer Tod auch egal. Aber es ist vor allem die Spielzeit, durch die der Horror-Trip an Faszination einbüßt. Was im ersten Moment paradox klingt, ist vor allem bei Horror-Spielen ein kritisches Element: Schon im ersten Teil hat der Überlebenskampf zunehmend an Schrecken verloren – auch deshalb, weil man den Ablauf kaum noch mit neuen Mechaniken oder Gegnertypen bereicherte. Outlast 2 leidet unter dem gleichen Problem, schnell in einem gewissen Trott zu landen. Doch aufgrund der längeren Spielzeit setzt der Effekt schon viel früher ein und zieht sich entsprechend länger hin.
Fazit
Müsste ich meine intensivsten Horror-Erlebnisse aufzählen, stünde Outlast sehr weit oben auf der Liste. Sich mit der Nachtsicht-Kamera durch die düsteren Schauplätze zu zittern, mit rasendem Puls und Schnappatmung unter einem Bett zu kauern oder eine schreiende Meute von wahnsinnigen Verfolgern abzuschütteln, war schon ein besonderer Kick. Und den erlebt man in den ersten Stunden auch hier: Outlast 2 begeistert ebenfalls mit einer enorm beklemmenden Atmosphäre, die nicht nur von der düsteren Kulisse und der schonungslosen Darstellung, sondern in erster Linie von der exzellenten Akustik getragen wird, die mit zum Besten gehört, was das Horror-Genre derzeit zu bieten hat. Red Barrels versteht es erneut, vor allem mit audiovisuellen Mitteln eine enorme Spannung zu zelebrieren! Leider wird das aufregende Versteckspiel zu häufig von eingestreuten Fluchtsequenzen abgelöst, die meist von frustrierendem Trial & Error geprägt sind. Darüber hinaus verliert der Horror aufgrund der künstlich gestreckten Spielzeit, mangelnder Gegnervielfalt und gleichzeitiger Abnutzung der redundanten Mechaniken zunehmend seinen Schrecken. Neue Elemente wie das Kameramikrofon oder die coolen Schauplatzwechsel können nicht verhindern, dass man früher oder später in einem gewissen Trott versinkt und irgendwann nur noch darauf hofft, dass die etwas wirr erzählte Geschichte bald an ihrem Ende ankommen möge.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Outlast 2 ist in seinen besten Momenten eines der intensivsten Horror-Erlebnisse, tritt mechanisch aber zu sehr auf der Stelle und frustriert mit zu häufigen sowie übertriebenen Trial&Error-Passagen.
PlayStation4
Outlast 2 ist in seinen besten Momenten eines der intensivsten Horror-Erlebnisse, tritt mechanisch aber zu sehr auf der Stelle und frustriert mit zu häufigen sowie übertriebenen Trial&Error-Passagen.
XboxOne
Outlast 2 ist in seinen besten Momenten eines der intensivsten Horror-Erlebnisse, tritt mechanisch aber zu sehr auf der Stelle und frustriert mit zu häufigen sowie übertriebenen Trial&Error-Passagen.
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