Im Test: Tabellensport
Wen interessieren schon die Besten der Welt?
Komplett neu ist der Franchise-Modus natürlich nicht. Eigentlich ist gar nichts an NHL 17 (ab 16,38€ bei kaufen) wirklich neu und das ist in Anbetracht der behutsamen Entwicklung eines jährlichen Sportspiels auch kein Wunder. Und trotzdem ist es ärgerlich, dass sich die gut gesprochenen Kommentatoren noch immer wie aufgezogene Uhrwerke statisch wiederholen, dass dröge Texteinblendungen wie gehabt ein Ersatz für das Inszenieren spezieller Momente in den Karrieren als Manager oder Hockey-Profi sind und dass es nach wie vor keine Online-Liga gibt, in der man nicht nur einen festen Spieler
Wer von NHL 17 einen echten Schritt nach vorne erwartet, wird enttäuscht. Selbst beim World Cup of Hockey, dem Pendant der aktuell stattfindenden internationalen Meisterschaft, handelt es sich lediglich um ein gewöhnliches Turnier mit ein paar zusätzlichen Kommentaren. Eine angemessene Inszenierung des Aufeinandertreffens der besten Teams der Welt geht dem Ereignis komplett ab. Nicht einmal die Einläufe werden gezeigt!
Sammeln und Sortieren
Natürlich gibt es Neuerungen, eine Art Sammelkarten-Variante namens Draft Champions etwa, in der man zwölf Runden lang aus zufällig gezogenen vier Spielern je einen dem eigenen Team hinzufügt. Dabei muss man stets abwägen, ob man in Runde zehn z.B. einen weiteren Superstar auf den linken Flügel setzt oder die schwache Abwehr endlich mit einem nur guten Verteidiger stärkt. Vor der ersten Runde legt man dabei die Auswahl fest, aus der die Profis gezogen werden: Man entscheidet zwischen Spielern der NHL, den besten der Welt, Newcomern, Ü30-Veteranen und mehr – vier solcher Kategorien stellt das Spiel, ebenfalls per Zufall, zur Wahl.
Anschließend trägt man entweder gegen die KI oder Online-Kontrahenten bis zu vier Matches aus und erspielt sich dadurch Geld für den Kauf neuer Karten in einem bekannten Modus: Ultimate Hockey Team. Mit diesem kann man mich zwar jagen, da ich mit fantasievoll zusammengewürfelten Best-of-Mannschaften noch nie warm geworden bin.
Ein neues Level
Richtig angetan bin ich sogar vom Managen eines realen Teams, denn anders als in der Be-a-GM-Variante des letzten Jahres verwalte ich diesmal die Belange des gesamten Clubs. Mit einem Ändern der Ticketpreise kann ich auf die Stimmung der Fans reagieren, der Bau eines zusätzlichen Parkplatzes zieht zusätzliche Anhänger ins Stadion, außerdem sollte ich die Ränge in Schuss halten und kann sogar mit dem kompletten Club umziehen. Dafür benötige ich allerdings die Zustimmung des Eigentümers, muss den also durch gute sportliche Leistungen und schwarze Zahlen bei Laune halten. Seine Anfangs der Saison ausgegebenen Ziele sind immerhin der Maßstab meines Erfolgs oder Scheiterns.
Wie zuletzt muss ich mich dabei auch um das Scouten neuer Spieler und den Transfermarkt kümmern. In nüchternen Multiple-Choice-Menüs wähle ich zudem eine Ansprache für Meetings mit der gesamten Mannschaft – deren Tonfall bestimmt über ein Verbessern, Verschlechtern oder Gleichbleiben der Moral aller Spieler. Letztlich kommt in NHL 17 also lediglich eine weitere Ebene der Verwaltung hinzu. Weil mir diese aber ein besseres Gefühl für die Entwicklung des gesamten Clubs vermittelt, bin ich als Franchise-Manager engagierter dabei als als Team-Führer.
Weil auch Profis stolpern
Und selbstverständlich spielt ein zentraler Punkt einmal mehr die wichtigste Rolle: Auch in diesem Jahr ist NHL nicht nur die einzige Simulation des Eishockey, sondern vor allen Dingen eine verdammt gute! Der Puck gleitet angenehm lose übers Eis; wird von guten Spielern bis vors Tor getragen, von einer erfahrenen Verteidigung aber auch oft genug vom Schläger geschoben. Poke- und Body-Checks sorgen für ein körperbetontes, dynamisches Hin und Her, das beinahe tollpatschige Stolpern eines Angreifers über einen den Puck festhaltenden Torwart unterstreicht die glaubwürdige Physik.
Der aktuellen Saison tut es dabei gut, dass EA die knallige Wucht mancher Body-Checks zugunsten immer noch unentbehrlicher, aber weniger dramatischer Berührungen zurückschraubt. Auch Schlagschüsse donnern nicht mehr wie in einem Arcade-Showdown durch die Lautsprecher.
„Geh weg!“
Vor allem aber sind sowohl die allgemeine Spielgeschwindigkeit als auch die Beschleunigung der Profis langsamer als unter vergleichbaren Einstellungen des Vorgängers. So bleibt mehr Zeit, während des Spielaufbaus in Lücken vorzustoßen und einen gut heraus gespielten Angriff abzuschließen. Weil sich die Mitspieler zudem besser dafür in Position bringen als zuletzt, ist dieses Kombinationsspiel ein entscheidender Fortschritt gegenüber NHL 16.
In der Defensive gewinnen hingegen starke Verteidiger an... Gewicht, da sie einen schwachen Sniper oder Playmaker jetzt festhalten oder schieben können. Ein gehaltener Angreifer müsste sich nach einem Bully erst befreien, bevor er auch nur einen Pass annehmen könnte.
Grundlagen der Pädagogik
Überarbeitet wurde nicht zuletzt die optionale Hilfe, deren Anzeige mögliche Aktionen vorschlägt, den Grund für den Erfolg oder Misserfolg eines Schusses oder verlorenen Face-Offs angibt sowie Aktionen hervorhebt, die man vernachlässigt. Davon können sich andere Spiele eine dicke Scheibe abschneiden: Besser kann man Steuerung und Spielverlauf nicht lernen! Dass EA einen Schwierigkeitsgrad hinzufügt, der mittelmäßig guten, aber durchaus erfahrenen Spielern zugute kommt, hat mir zudem nach langer Pause den Wiedereinstieg erleichtert.
Wesentlich besser gefällt mir diesmal auch das Feedback der Be-a-Pro-Karriere, in der man die Laufbahn eines einzelnen Spielers vom Nachwuchs- bis zum Superstar der NHL durchlebt. Endlich wird man dort nämlich hauptsächlich für Erfolge gelobt, als dass vor allem Fehler angekreidet werden. Es spornt einfach ungemein an, dass etwa gute Pässe und aufmerksames Stellungsspiel hervorgehoben werden. Anschließend ist man eher bereit, Kritik anzunehmen und versteht noch dazu besser, in welchen Situationen man z.B. die falsche Seite abgedeckt hat: Beim gelobten schnellen Rückzug in die Defensive kann es ja nicht der Fall gewesen sein.
Fazit
Natürlich ist NHL 17 das beste NHL, das es je gab! Immerhin baut es auf den Stärken eines verdammt guten Vorgängers auf. Der entschleunigte Spielverlauf erlaubt besonders in der Offensive ein besseres Taktieren, das umfangreiche Feedback der Profi-Karriere spornt maßgeblich zum Verbessern der eigenen Fähigkeiten an, die präzisen Rückmeldungen der dynamischen Hilfe erleichtern sowohl den Erst- als auch den Wiedereinstieg und endlich funktioniert auch das Onlinespiel weitgehend störungsfrei. Und trotzdem steht die Serie seltsam auf der Stelle. Die starren Einspieler des Kommentaren-Trios wirken etwa geradezu ermüdend, während die Karrieren als Profi und Club-Manager fast ausschließlich von Menüs und Textfenstern umrahmt werden. Selbst den World Cup of Hockey inszeniert EA nicht wie eine große Meisterschaft, sondern wie ein schnelles Turnier unter Kumpels. Natürlich handelt es sich dabei lediglich um das Drumherum; die Simulation im Kern ist wichtiger. Ein frischer Anstrich würde der Serie allerdings verdammt gut tun. Und immerhin wird das Spielen durch den kurzweiligen Sammelkarten-Modus Draft Champions ja aufgelockert, während sich Manager im Franchise-Modus diesmal um die Belange des gesamten Clubs kümmern. Unterm Strich ist NHL 17 deshalb erneut ein richtig gutes Spiel – das mit mehr Elan allerdings ein sehr gutes hätte sein müssen.
Pro
Kontra
Wertung
XboxOne
Spielerisch hervorragende Simulation - präsentiert wie eine nüchterne Tabellenkalkulation.
PlayStation4
Spielerisch hervorragende Simulation - präsentiert wie eine nüchterne Tabellenkalkulation.
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