Fate/EXTELLA: The Umbral Star19.01.2017, Mathias Oertel
Fate/EXTELLA: The Umbral Star

Im Test: Wieder einmal allein gegen alle

Tecmo Koei hat mit seinen Musou- bzw. Warriors-Spielen eine ganz spezielle Nische besetzt und dort beinahe ein Monopol. Angesichts des Erfolges, den die zahlreichen Serien vor allem in Fernost haben, ist es überraschend, dass kein anderer Entwickler auf den Zug aufspringt. Das dachte sich wohl auch Marvelous und bringt mit Fate/Extella: The Umbral Star (ab 14,91€ bei kaufen) ebenfalls Massenkämpfe auf die PlayStation 4. Wir haben im Test geschaut, ob die Schlachten konkurrenzfähig sind.

Wieso nicht häufiger?

Capcom hat es vor allem mit der Sengoku-Basara-Serie gezeigt: Es gibt auch anständige Massenprügler, die nicht von Tecmo Koei kommen. Doch solche Ausnahmen sind selten. Stattdessen sorgen Kooperationen wie mit Square Enix (Dragon Quest Heroes, Teil 2 erscheint demnächst), Nintendo (Hyrule Warriors) oder Bandai Namco (One Piece: Pirate Warriors) dafür, dass Koei Tecmos Omega Force dieses sehr spezielle Subgenre des Action-Adventures quasi in einem Würgegriff hält. Denn man darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass man mit Serien wie Dynasty Warriors (Teil 9 kommt bald), Samurai Warriors, den Ablegern im Gundam-Universum und einigen anderen Titeln bereits ein breites Feld für sich abgesteckt hat.

Angesichts des ordentlich umgesetzten Allein-gegen-Alle-Prinzips könnte auch Tecmo Koeis Omega Force hinter der Entwicklung von Fate/Extella stecken. Marvelous hat ganze Arbeit geleistet.
Doch ähnlich der unbeugsamen Gallier der Asterix-Comics nimmt es Marvelous als kleiner Entwickler mit dem mächtigen Musou-Imperium auf. Dass man für deren Interpretation der Einer-gegen-Alle-Kämpfe ausgerechnet das Fate/-Universum wählt, das zuerst 2004 in Erscheinung trat, kommt allerdings überraschend. Denn die Ereignisse um die so genannten "Holy Grail Wars", die geschickt historische Elemente und Begriffe z.B. aus dem Römischen Imperium oder der Artus-Sage mit einem futuristischen, an Tron erinnernden Krieg von Computer-Wesen verbinden, wurden vorrangig als Visual Novels und Zeichentrickfilme umgesetzt. Capcom veröffentlichte 2008 einen klassischen Prügler auf PSP, PS2 und in Spielhallen konnte man 2010 mit Fate/Extra in einem Dungeon Crawler rundenbasierte Gefechte erleben. Da ich nur aus meiner Musou-Affinität heraus bei Fate/Extella gelandet bin, kann ich leider keine weiteren Auskünfte dazu geben, wie und wo sich The Umbral Star erzählerisch innerhalb dieses Universums einordnet. Doch viel wichtiger ist natürlich die Einschätzung, inwieweit die auf drei aufeinander aufbauenden Kampagnen es mit den Dynasty, Samurai und sonstigen Warriors aufnehmen können.

Mit Spaß dabei

Natürlich dürfen auch Effekt geladene Sonderattacken nicht fehlen, die die Feinde zu Hunderten durch die Luft wirbeln...
Als Fan der Spiele von Omega Force kenne ich die Kommentare und Gesichtsausdrücke der Kollegen, die kurz einen Blick auf den Bildschirm werfen und einen von Koeis Massenprülern erhaschen, bevor sie in Sekudenschnelle das Interesse verlieren und den Raum verlassen. Zu langweilig. Zu monoton. Und egal welche Serie man spielt, ist es doch ohnehin immer nur der gleiche Klopp-Murks. Es ist in der Tat schwer, die Faszination in Worte zu packen, die die Kämpfe von Dynasty Warriors 2 bis zuletzt Dragon Quest Heroes begleitet. Und die verschiedenen Facetten der Mechanik zu erklären bzw. die nur gering scheinenden Änderungen, die die Musou-Prügler in all ihren Varianten durchgemacht haben, ist ohnehin müßig. Fate/Extella schlägt in die gleiche Kerbe und könnte theoretisch auch als Fate Warriors durchgehen. Man ist auf Schlachtfeldern unterwegs, um gegen Tausende von Standardgegnern ähnlich wie in Dynasty Warriors Gundam um Sektoren zu kämpfen, die von zig so genannten Aggressoren bewacht werden.

In den Zwischensequenzen lassen sich die Ursprünge der Fate/-Serie als Visual Novel klar erkennen.
Diese erscheinen allerdings erst, wenn man eine bestimmte Zahl des Kanonen- oder in diesem Fall Schwertfutters erledigt hat. Neben den schnellen und mächtigen Attacken, die auch zu verheerenden Angriffen kombiniert werden können, kann man blocken, ausweichen und drei Sonderattacken einsetzen, von denen der Extella-Angriff (quasi die Musou-Attacke) über Treffer aufgefüllt wird, wie man es von Koeis Warriors kennt. Für die Moon-Crux- bzw. Moon-Drive-Anzeige sind Kombos nötig, bevor eine sehenswerte Videosequenz aktiviert werden kann und man danach temporär gestärkt sowie mit Elementarkraft durch die Feinde pflügt. Und für das Aufrufen der Phantasm-Form muss man drei Schaltkreise finden, die sich für diese ebenfalls durch eine sehenswerte Sequenz eingeleitete Smart Bomb in den Sektoren verstecken.  Bis hierhin folgt Marvelous weitgehend dem Leitfaden zum Erstellen eines Massenprüglers. Und das machen sie sehr solide. Die Steuerung ist ebenso eingängig wie akkurat, während es stets genug Gegner gibt, wenngleich man nur bei manchen Aggressoren und den herben Bossen gefordert ist.

Mehrfronten-Krieg

Doch in dem einen oder anderen Punkt verlässt Fate/Extella den bekannten Pfad. So ist z.B. die Eroberungs-KI deutlich aggressiver als bei den Spielen von  Omega Force und hält einen auf Trab, da sie stets verlorene oder neue Sektoren für sich beansprucht. Das wiederum ist von größerer Wichtigkeit, da man hier nicht nur zwangsläufig zum Sieger erklärt wird, wenn man den Boss besiegt, sondern auch, wenn man genug Sektorenpunkte sammelt. Jedes der über Teleport-Pfade verbundenen Gebiete kann dabei unterschiedliche Wertigkeit besitzen. So bekommt die Eroberung bzw. die Wahl des Weges eine zusätzliche taktische Komponente. Denn in der Zeit, die man ggf. benötigt, um einen Sektor mit Faktor 3 zu erobern, könnte man vielleicht besser investieren, indem man drei oder mehr niedriger gewichtete Areale befreit oder verteidigt. Denn leider reagieren die Verteidiger bei Weitem nicht so gut wie die angreifenden Gegner. Immer wieder muss man ein Gefecht unterbrechen und zu einem anderen Areal hetzen, weil es der KI-gesteuerte Kommandant nicht schafft, eine einfache Invasionsarmee aufzuhalten. Dadurch bekommen die Gefechte zwar eine grundsätzlich dynamischere Ausrichtung als Koeis Musou-Keilereien, doch nervig ist dies trotzdem. Vielleicht hätte man rudimentäre Optionen einbauen können, mit denen man mehr oder potentere Verteidiger platzieren darf.

Insgesamt 16 Heldinnen und Helden warten darauf, eingesetzt zu werden.
Denn zusätzlich wartet in der Kampagne immer wieder die eine oder andere Überraschung, die dafür sorgt, dass man seinen ursprünglichen Plan aufgeben muss. Mal müssen bestimmte Gebiete zuerst befreit werden, da die Feinde sonst mit zusätzlichen Ressourcen oder sonstigen Hilfen versorgt werden. Dann wiederum kann ein bestimmter Boss von Sektor zu Sektor springen, während man die Verfolgung aufnehmen muss - natürlich, während die normalen Kämpfe weitertoben. Bei der Gestaltung dieser Missionen hätte man zwar noch mehr Abwechslung einbauen können. Dennoch lenken diese Elemente immer zum richtigen Zeitpunkt von den ansonsten weitgehend gleichförmigen Auseinandersetzungen ab, die visuell einen soliden Eindruck hinterlassen: die Action läuft auch bei hunderten Gegnern auf dem Schirm jederzeit flüssig, die Effekte gehen in Ordnung. Allerdings lassen sich die Auswirkungen der Multiplattform-Entwicklung (der Titel erscheint auch auf Vita) nicht unter den Teppich kehren. Das stimmige Anime-Design verzeiht zwar viele flache oder unspektakuläre Texturen. Dennoch darf man im Jahr 2017 mehr erwarten.

Der Erzählfaktor

Fate/Extella liefert schnörkellose Action im Stile der Musou-Titel von Tecmo Koei - inklusiver heftiger Bosskämpfe.
Die Ursprünge von Fate/ als Visual Novel werden in den leider nur in Japanisch vertonten und mit Englisch untertitelten Sequenzen zwischen den Schlachten deutlich. Textlastig und mit Dialogoptionen versehen, sind diese meist nur minimal animierten Standbilder aber nicht nur kosmetischer Natur. Je nachdem, welche Antwort man wählt, kann sich das Verhältnis zwischen den Figuren verändern. Weitere Möglichkeiten, die Bindung zwischen ihnen zu modifizieren, sind bestimmte Aktionen auf dem Schlachtfeld oder das Erfüllen von Nebenmissionen. Schön: Die Ergebnisse wirken sich nicht nur auf die Erzählung aus, in der besondere Sequenzen freigeschaltet werden können. Auch mechanisch lässt sich ein besseres Verhältnis der Figuren ablesen. So können z.B. neue Fähigkeits-Einschübe freigeschaltet werden, die man mit passiven Eigenschaften füllen kann.  

Zusätzlich darf man auch sich auch an der Herstellung von Gegenständen versuchen. Die Möglichkeiten sind aber deutlich eingeschränkt. Es gibt nur ein paar unterstützende Ausrüstungsgegenstände, die man den Kämpfern mitgeben kann. Die Auswirkungen sind dafür umso gravierender. Denn über diese so genannten "Mystic Codes" und die durch sie auf dem Digipad liegenden "Code Casts" kann man den Helden z.B. Heiltränke spendieren oder temporären Schutz gegen bestimmte Elemente liefern. Allerdings kann dieses Crafting abhängig von der verwendeten Formel ganz schön kostspielig werden - was spätestens dann zu einem Problem werden kann, da man die dafür verwendeten "QP" auch nutzen kann, um die Figuren außerhalb des Kampfes auf eine neue Stufe zu hieven.

Fazit

Fate/Extella: The Umbral Star ist der beste „Warriors“-Titel, der nicht von Tecmo Koei kommt. Die Action ist ebenso geradlinig und schnörkellos wie die Musou-Spiele von Omega Force, zumal die Steuerung mit ihren nur wenigen Änderungen im Vergleich zu den Vorbildern schnell in Fleisch und Blut übergeht. Mit drei Kampagnen, die erzählerisch einen interessanten Überbau für die unkomplizierten Massen-Keilereien bilden, wissen sie sogar über die Gefechte hinaus zu unterhalten – zumal die multiplen Antwort-Möglichkeiten bei den Gesprächen leichte Auswirkungen auf die Fähigkeiten der Helden zeigen können. Mit freien Gefechten und speziellen Nebenmissionen gibt es darüber hinaus genug Inhalte, um die Fans bei der Stange zu halten und gleichzeitig die Charakterstufen der 16 Helden kontinuierlich nach oben zu treiben. Wer nach der „Musou“-Schwemme der letzten Monate immer noch Lust auf ein weiteres Spiel dieser Art hat, ist mit Fate Extella bestens aufgehoben. Wer jedoch mit den überzogenen Kämpfen bislang nichts anfangen konnte, wird auch von den in die Tausende gehenden Kombozählern und den gleißenden Effekten nicht eines Besseren belehrt werden. Dazu bleibt The Umbral Star zu sehr in den Musou-Wurzeln stecken.

Pro

schnörkellose Action à la Koeis Musou-Spielen
drei Kampagnen
16 Helden
interessante Story, erzählt im Stil von Visual Novels
eingängige Steuerung
Massenprügelei wird durch besondere Ereignisse bzw. Aufgaben aufgelockert
Gegner erobern Gebiete taktisch intelligent
Beziehungen der Figuren können verbessert werden, Belohnungen möglich
freie Kämpfe und von der Hauptgeschichte losgelöste Nebenaufgaben

Kontra

Verteidigungs-KI eher schwach, benötigt immer wieder Babysitting
nur japanische Sprachausgabe (nicht einmal Englisch)
auf Dauer monotone Kämpfe
abseits der Bosse kaum Gegner-Variation
Kamera zickt manchmal, v.a. bei aufgeschaltetem Ziel
visuell nicht auf der Höhe der Zeit

Wertung

PlayStation4

Gelungene Variante von Koeis Musou-Spielen, die sich vor allem mit der Erzählung im Stile einer Visual Novel von den Warriors-Spielen aus dem Hause Omega Force absetzt.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.