Touhou Genso Rondo: Bullet Ballet20.09.2016, Mathias Oertel
Touhou Genso Rondo: Bullet Ballet

Im Test: Kugelhölle aus der Hölle

Abseits von Prüglern, klassischem Rollenspiel und dem einen oder anderen Shmup machen Publisher normalerweise einen weiten Bogen um Nippon-Spielekunst. Die einzigen, die sich mehr als sporadisch daran versuchen, sind Rising Star Games und Nippon Ichi. Letztere haben nun mit Touhou Genso Rondo Bullet Ballet einen weiteren ungewöhnlichen Titel in die Regale gestellt. Wie die Chancen stehen, dass der Bullet-Hell-Mix auch hierzulande seine Fans findet, verraten wir im Test.

Ungewöhnlicher Nippon-Spaß

Dass das Verständnis für Videospielunterhaltung im Land der aufgehenden Sonne mitunter etwas "anders" ist, ist nicht ungewöhnlich. Und gelegentlich kommt es vor, dass  auch im Westen der Funke überspringt. Nippon Ichis Disgaea-Serie z.B. hat sich nicht nur eine Fangemeinde außerhalb Japans gesichert, sondern auch Rollenspiel-Strategie maßgeblich beeinflusst. Auch die Musou-Spiele von Tecmo Koei finden hierzulande treue Anhänger. Die so genannten "Visual Novels" sind ebenfalls aus Japan herüber geschwappt. Und abseits von Dating-Sims schafft es sogar der eine oder andere Titel, der teils oder insbesondere auf anzügliche bzw. doppeldeutige Inhalte ausgelegt ist wie z.B. Dead or Alive Xtreme 3, Criminal Girls, Gal Gun: Double Peace odser Senran Kagura: Estival Versus irgendwie auf die europäischen Konsolen.

Bunt? Ja! Kugelhölle? Ja! Unterhaltsam? Nur kurzzeitig.
Doch je exotischer Thema oder Mechanik sind, desto schwieriger ist es für den jeweiligen Titel, Aufmerksamkeit zu generieren. Touhou Genso Rondo Bullet Ballet hat meine Neugier durch eine interessante Prämisse geweckt: Hier werden klassischer Prügler und Bullet-Hell-Action à la Akai Katana oder DoDonPachi miteinander verbunden. Wie kann man sich das vorstellen? Im Prinzip sehr einfach und überschaubar: Zwei Figuren stehen sich aus der Vogelperspektive eingefangen auf einem Bildschirm gegenüber und schmeißen mit Kugelhageln um sich. Alle elf Figuren verfügen über einen Ausweichsprint, Smartbomben, eine pixelgenaue Ausweichoption und diverse Angriffsoptionen, die von Einzelschüssen, Nahkampfkombos und Fächerbeschuss bis hin zu einem Spezialangriff mit Perspektivenwechsel reichen. Und so versucht man, sich smart zu bewegen, da knappes Ausweichen die „Charge“-Leiste auflädt, die für Sonderangriffe nötig ist, während man gleichzeitig bestrebt ist, mit seinen unterschiedlichen Attacken die Lebensleiste des Gegenübers zur Neige zu bringen.

Prügel-Mix

Wenn man es nahe genug an den Gegner heran schafft, gibt es ein kleines Prügel-Duell.
Beat-em-ups scheinen das bevorzugte Mash-up-Ziel japanischer Entwickler zu sein. Denn lange bevor Nippon Ichi auf die Idee kam, Prügeln und Shmup zu verbinden, haben auch schon z.B. Capcom oder Square Enix versucht, die Handkanten-Auseinandersetzungen mit anderen Spielelementen aufzufrischen. Doch sowohl die Tobal-Serie auf der PSone, von der Teil 2 leider hierzulande nicht mehr erschien und die Kloppereien mit Dungeon-Erforschung kombinierte, als auch das Match-3-Prinzip von Super Puzzle Fighter 2 Turbo haben das Match-3-Prinzip von Super Puzzle Fighter 2 Turbo haben dem Patronen-Ballett von Touhou Genso Rondo etwas voraus: Sie sind nicht nur kurzfristig unterhaltsam. Dabei ist das Konzept hier durchaus interessant, während das Fundament grundsolide ist: Die Steuerung ist ebenso genau wie die Kollisionsabfrage. Und die Angriffsmuster des knappen Dutzends Spielfiguren können durchaus fordernd sein, wenn sie eine optimale Hand-Auge-Koordination abfragen. Doch nach dem Fundament scheint die Ideenkiste leer gewesen zu sein. Das Charakterdesign der weiblichen Baller-Heldinnen ist stereotyp. Die Geschichten hinter den Auseinandersetzungen sind nicht nur inhaltlich, sondern auch hinsichtlich der Inszenierung schwach - es gibt nicht einen Fetzen Sprachausgabe.

Das Figurendesign ist hochgradig stereotyp, die auf jegliche Sprachausgabe verzcihtende Präsentation ist spröde und altbacken.
Und so kurzzeitig unterhaltsam des "Shmuppen" oder "Bullet-Hellen" auch ist, das natürlich auch on- und offline gegeneinander gespielt werden kann, so schnell verfliegt die sich ohnehin im Zaum haltende Erstfaszination. Denn nicht nur an Heldinnen wurde gespart. Auch die Modusauswahl ist überschaubar. Neben Story und Arcade (im Prinzip Story ohne die Textschnippsel) wartet auf Solisten noch ein „Boss Rush“, in dem man die Spezialattacken der gesamten Mannschaft aneinandergereiht serviert bekommt. Zudem werden Balancing-Probleme offenbart, wenn man mit einer Figur den Arcade-Modus beinahe im Schlaf bewältigen kann, mit einer anderen aber bereits an der zweiten Gegnerin wiederholt scheitert. Da hilft auch das Tutorial nicht, das einen per Text und ohne jegliche Eingriffsmöglichkeit durch die Basisfunktionen zu lotsen versucht, bevor man angesichts der trocken vor sich hin dudelnden Öd-Musik eingeschlafen ist. Denn auch die Kulisse schafft es nicht, einen mit atemberaubenden Explosionen längerfristig an den Bildschirm zu binden - wie auch, wenn alles zwar sauber läuft, aber irgendwie den Eindruck hinterlässt, als ob das Spiel vor zehn Jahren oder noch früher hätte erscheinen sollen.

Fazit

Der Reiz des Ungewöhnlichen, der sich bei Touhou Genso Rondo Bullet Ballet einstellt, verfliegt so schnell wie er kommt. Dabei kann die Idee mit ihrer Mischung aus Bullet-Hell-Action und Prügler durchaus für verhaltene Erstfaszination sorgen. Doch es gibt zu viele Defizite hinsichtlich Umfang, Abwechslung und Balancing. Die Duelle verlieren auch aufgrund der schwachen audiovisuellen Umsetzung an Reiz. Dass dabei die punktgenaue Steuerung und die akkurate Kollisionsfrage quasi verpulvert wird, ist schade. Denn mit mehr Inhalten, Variation und Detailliebe hätte das ballistische Ballett durchaus das Zeug zum Geheimtipp gehabt. In dieser Form macht Touhou Genso Rondo es aber selbst den abgehärteten Nippon-Aficionados schwer, Sympathien aufzubringen. Und nur weil es ungewöhnlich ist, macht es das nicht unbedingt spielenswerter.

Pro

ungewöhnlicher Mix aus Bullet-Hell-Shooter und Prügler
saubere Kollisionsabfrage
kurzweiliger Duell-Spaß
passables Comic-Artdesign in den Zwischensequenzen

Kontra

Tutorial nicht interaktiv
unzeitgemäße Kulisse, altbackene Präsentation
nur wenige Modi
spartanische Figurenauswahl
keinerlei Sprachausgabe
unspektakuläre Dudelmusik

Wertung

PlayStation4

Konzeptionell interessante Verbindung aus Bullet-Hell und Prügelduell, die aber sowohl technisch als auch inhaltlich zu wünschen übrig lässt.

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