Im Test: Wer abrutscht darf noch mal...
Zum Start der PlayStation 4 präsentierte Sony mit dem Action-Plattformer Knack einen Titel, der das Zeug hatte, sowohl die Fähigkeiten der neuen Konsole zu demonstrieren als auch ein neues Maskottchen zu etablieren. Beides gelang nicht. Knack als Figur war nicht sympathisch genug, das Artdesign bieder und die Mechaniken altbacken. Im Test schauen wir, ob der Ende 2016 überraschend angekündigte Nachfolger einen besseren Eindruck hinterlässt.
Am grundlegenden Konzept hat Sonys Japan-Studio nichts geändert. Man verlässt sich spielerisch weiterhin auf eine Mischung aus Arenakämpfen auf der einen und Plattform-Sequenzen auf der anderen Seite. Und Knack (Gesprochen: Neck, das „K“ ist stumm), der aus hunderten Fragmenten unterschiedlicher Größe bestehende Protagonist, ist so bieder und unsympathisch wie eh und je, während das austauschbare Pixar-light-Artdesign auch keinen allzu großen Fortschritt gemacht hat. So zumindest waren meine ersten Eindrücke von Knack 2 (ab 28,90€ bei kaufen). Zugegeben: Der Einstieg mit dem mysteriösen Wesen ist zwar weiterhin nicht markant genug, wenn es um das Artdesign geht. Doch er wird schick und für die vermutlich angepeilte Zielgruppe der Einsteiger im Bereich der Action-Plattformer entsprechend actionreich inszeniert. Immerhin weiß man nach der ersten knappen Viertelstunde, wie der Hase für die übrigen etwa zehn Stunden laufen wird, da bis auf wenige Ausnahmen alles, was im Spiel relevant ist oder Unterschiede zum Vorgänger aufweist, abgearbeitet wird. Zwar kann man im Laufe der Zeit noch zusätzliche Angriffsbewegungen oder Modifikatoren freischalten, doch im Wesentlichen bleibt es dabei, dass Knack schlagen, treten, ausweichen sowie einen Schild bemühen kann, der bei richtigem Timing Geschosse von Gegnern postwendend zurückjagt.
Der aus Kristallen sowie weiteren Fragmenten bestehende Knack ist trotz mitunter beeindruckender Größe als Hauptfigur weiterhin zu belanglos und nicht sympathisch genug.
Beim Springen in den Plattformabschnitten steht Knack sowohl in seiner „kleinen“ als auch in seiner „großen“ Variante zur Verfügung, die manuell gewechselt werden kann - das wird in erster Linie für simple Rätsel genutzt. Hinzu kommt ein Doppelsprung mit anschließender geringer Schwebefunktion. Abgerundet wird das Repertoire an Mechaniken von simplen Reaktionsspielchen, in denen eine Taste gedrückt werden muss, wenn man die geskriptete, aber zumeist sehr dynamisch und actiongeladene Sequenz nicht unterbrechen und von Neuem beginnen möchte. Und dies wird über den Rest der Spielzeit zusammen mit den solide inszenierten Zwischensequenzen immer wieder variiert. Mal kann es einen größeren Fokus auf die Plattform-Elemente geben und mm nächsten Abschnitt, der zunehmend mit Umgebungsgefahren wie Treibsand, explodierenden Kristallen usw. aufwartet, kann es wiederum eher kampfbetont zugehen. Immerhin werden die Charaktere im Vergleich zum Vorgänger vom Skript etwas interessanter dargestellt, erreichen aber wie der Rest des letztlich gerade mal routiniert inszenierten Titels in keiner Form die Qualität von bekannten Maskottchen-Duos wie Ratchet & Clank oder Jak & Daxter.
Die Kämpfe bieten einen ansprechenden Kombofluss.
Doch nicht nur mit den klassischen Größen aus den Häusern Insomniac oder Naughty Dog muss sich der gewöhnungsbedürftige Held auseinandersetzen, der immer wieder "zu" cool antwortet, dadurch leicht unsympathisch bleibt und einen im schlimmsten Fall gleichgültig wird. Denn da man hier an einer streng linearen Level-Struktur festgehalten hat, die auch durch ein paar gut bis sehr gut versteckte Geheimgänge nicht aufgebrochen wird, muss sich Knack 2 auch mit dem letzten (auch schon ein Jahr zurückliegenden) Skylanders-Abenteuer Imaginators sowie der vor kurzem veröffentlichten Crash Bandicoot N.Sane Trilogy messen. Und in beiden Fällen zieht man gegen die Spiele von Activision den Kürzeren – im Übrigen auch gegen ReCore auf der Xbox One, das zwar auch nicht über alle Zweifel erhaben ist, aber im Schnitt vor allem hinsichtlich Levelerkundung und -Design deutlich mehr richtig macht. Das Figuren- und Weltdesign in Skylanders ist ebenfalls um Klassen besser und die Mechanik ist dort ebenfalls abwechslungsreicher. Und über die Qualitäten des Beuteldachses haben wir erst vor kurzem im
Test gesprochen.
Wieso hat man Knack 2 nicht in seiner prinzipiell linearen Struktur belassen, aber immer wieder großräumigere Abschnitte eingesetzt, die einen Erkundungsreiz auslösen? Damit hätte man einiges an Boden gutmachen können. So macht Knack 2 unter dem Strich nichts falsch. Aber es ist auch weit davon entfernt, auch nur in irgendeinem Bereich überdurchschnittliche Leistung zu bringen. Selbst die Kulisse, die sich im Vergleich zum Vorgänger insgesamt ansehnlicher zeigt, aber auch nach wie vor nicht dazu geeignet ist, die Fähigkeiten der PS4 zu demonstrieren, muss hinter den abwechslungsreichen Skylands zurückstecken. Alles wirkt nach wie vor generisch, wenig markant und schon gar nicht eigenständig – mit Ausnahme der Hauptfigur, die prinzipiell interessant sein könnte und deren Zerfallen in ihre Einzelteile bzw. das „Zusammenwachsen“ nur selten langweilig wird.
Gelungener Koop-S(k)nack?
Ein weiteres Element, das man aus dem Vorgänger übernommen hat, sind die unterschiedlichen Panzerungen, die Knack anlegen kann. Ein Eispanzer z.B. gibt ihm nicht nur einen Frostatem, mit dem er Gegner einfrieren, sondern auch Schalter in
Man kann sowohl die Kämpfe als auch die Plattform-Sequenzen kooperativ angehen.
bestimmten Positionen festsetzen kann. Die Eisenplatten wiederum lassen sich zu einer Strom leitenden Kette zusammensetzen, was ebenfalls für passabel gelungene Schalterrätsel genutzt wird. Und mit dem „Tarn-Knack“ ist man für Laserstrahlen als Wachanlage unsichtbar. Alles per se interessante Funktionen. Doch wieso gibt man dem Spieler nicht die freie Wahl, welches Element man für welche Situation oder für welchen Gegner verwendet? Alles ist vorgegeben, wodurch sich nicht nur der Anspruch, sondern auch der Spaß ohne Außeneinwirkung ins eigene Fleisch schneidet.
Art- und Spieldesign bleiben von Anfang bis Ende generisch.
Immerhin darf man hier auch wieder zu zweit antreten, um den Robotern, den ach so bösen Orks und dem Kleingetier gemeinsam in den Hintern zu treten. Man kann jederzeit ein- und aussteigen und da bei den Plattformsequenzen nur einer von beiden am Ziel ankommen muss, ist diese Option ideal geeignet, um mit jüngeren Spielern auf Knack-Tour zu gehen. Denen werden die mechanischen Defizite vermutlich auch weniger auffallen. Doch auch hier wurde schnell der Ruf nach den Skylanders laut, die auch hier schlichtweg mehr Unterhaltung bieten. Denn selbst unter Einbeziehung der nur im kooperativen Spiel möglichen Spezialangriffe ist die Option, mit zwei Knacks anzutreten, ebensowenig frisch wie nahezu alle anderen Elemente.
Fazit
Braucht eine der uninspiriertesten Marken der Sony-Geschichte wirklich eine Fortsetzung? Selbst wenn man dies als weiteren Gefallen gegenüber Mark Cerny wertet, dem Systemarchitekten der PS4, und gleichzeitig die recht guten Verkaufszahlen des Vorgängers beachtet, müsste die Antwort eigentlich "Nein!" lauten. Zwar hat man an einigen wichtigen Punkten angesetzt, den Fluss zwischen Kampf und Plattform-Sequenzen optimiert und hinsichtlich der Schalter- bzw. Umgebungsrätsel zugelegt. Und man hat mit dem spaßigen Koop-Modus abermals dafür gesorgt, dass die Familie hier gemeinsam die bösen Maschinen und Orks verprügeln kann. Doch was bringt das alles, wenn abermals nahezu sämtliche Erkundungsreize erstickt und die Wahl der Bonuskräfte wie Eis, Metall etc. vom Designteam vorgegeben werden? Am Artdesign hat man zwar auch gearbeitet, doch unter dem Strich bleibt es immer noch generisch und damit langweilig, während der aus hunderten Kristallen oder Fragmenten bestehende Held weiterhin keinerlei Sympathien entfacht. Ist Knack 2 besser als der Vorgänger? Zweifellos. Doch da diese Messlatte enorm niedrig hängt, hat man zwar den Abstand zu Titeln wie Skylanders Imaginators, der Crash Bandicoot N.Sane Trilogy oder ReCore verkürzen können. Doch das ändert nichts daran, dass auch dieses Mal viel zu viele Chancen ungenutzt bleiben, um sich als ernsthafter Konkurrent im Bereich der Action-Plattformer etablieren zu können.
Pro
add_circle_outline Kämpfe mit solidem Kombofluss sowie Ausweich- und Kontermechanik
add_circle_outline nett inszenierte Reaktionstests
add_circle_outline fair gesetzte Kontrollpunkte
add_circle_outline solide Plattform-Abschnitte
add_circle_outline passable deutsche Lokalisierung
add_circle_outline spaßiger Koop-Modus
add_circle_outline ordentliche Mischung zwischen Action- und Plattform-Sequenzen
Kontra
remove_circle_outline langweilige Geschichte
remove_circle_outline generisches Artdesign
remove_circle_outline keine freie Entscheidung hinsichtlich der Panzerung
remove_circle_outline nur wenig Erkundung am Rande möglich
remove_circle_outline feste Kameraführung
remove_circle_outline Held bleibt als Charakter weiterhin zu blass und unsympathisch
Wertung