Im Test: Musou wie nie zuvor
Überall nur Musou
Seit dem ersten Dynasty Warriors im Jahr 1997, damals noch für PSone, hat das Team von Omega Force beinahe 60 Titel veröffentlicht. Das sind im Durchschnitt etwa drei pro Jahr und die überwiegende Mehrheit davon können der so genannten Musou-Action zugerechnet werden: Massenprügler mit übermächtigen Helden, die in stumpfer Kloppmist-Manier und unterstützt von mächtigen magischen Angriffen die Feinde gleich zu Hunderten plätten. Und während man alleine schon wegen der Langlebigkeit der Serie mal etwas von den Dynasty Warriors im feudalen China oder ihren Samurai-Kollegen im alten Japan gehört haben könnte, bleiben nur wenige Titel in dauerhafter Erinnerung. Und die haben nicht nur die Musou-Mechanik als Basis gemeinsam, sondern teilen sich zumeist auch die Eigenschaft, auf fremden Lizenzen aufzubauen. Berserk and the Band of the Hawk hat vor kurzem das brachiale Anime-Universum mit dem bekannten Konzept verknüpft. Und schon vorher gab es mit Gundam mehrere gelungene Mech-Abstecher in die simplen Kämpfe, während die One-Piece-Piraten ebenfalls stilecht um die Wette prügelten. Doch der ganz große Durchbruch kam für die Musou-Spiele mit zwei ganz besonderen Lizenzen: 2014 sorgte Hyrule Warriors auf Wii U für ein neues Spielgefühl mit Link, Zelda & Co.
Noch mehr, noch besser?
Für die Fortsetzung Dragon Quest Heroes 2, bei der hierzulande der Untertitel fehlt, den man in etwa als "Die Zwillingskönige und das Ende der Prophezeiung" übersetzen könnte, baut man auf den Stärken des Vorgängers auf, erweitert diese aber. Das simple, aber effektive Kampfgerüst ist davon im Wesentlichen nicht betroffen: Man hat eine starke sowie eine schwache Angriffsoption, die man je nach der gesteuerten Figur zu anderen Kombos zusammensetzen darf. Zusätzlich kann man einen Block setzen oder versuchen, den Angriffen der dutzenden Standardgegner bzw. der Bosse durch eine beherzte Seitwärts-Rolle aus dem Weg zu gehen. Weiterhin hat man bis zu vier Spezialangriffe zur Verfügung, die man ohne Abkühltimer verwenden kann, solange man nur genug Energie hat, die sich entweder automatisch über aufgesammelte Tränke wieder auflädt. Und natürlich gibt es auch die
Besonderen Reiz gewinnen die Gefechte weiterhin durch die Team-Mechanik: Man ist mit vier Helden unterwegs, die man sich bis auf den Protagonisten frei aus dem Pool der 15 zur Verfügung stehenden aussuchen kann. Darunter befinden sich viele altbekannte Stars aus früheren Teilen wie Craver (DQ6), Meena (DQ4) oder Ruff sowie Maribel aus Dragon Quest 7, aber es gibt auch einige neue KämpferInnen wie z.B. die rotmähnige Zora, die mit ihrer Axt eine verheerende Schneise durch die Gegnermassen schlagen kann. Doch egal ob alt oder neu: Omega Force hat alles homogen miteinander verknüpft und wunderbar in das hervorragend eingefangene, ganz spezielle Artdesign der Dragon-Quest-Spiele eingepasst, so dass keinerlei Brüche entstehen. Man kann jederzeit durch die zur Verfügung stehenden Team-Mitglieder durchschalten und diese übernehmen – was man hier auch etwas häufiger machen sollte als noch im Vorgänger. Denn obwohl sie größtenteils gut mitkämpfen und Spezialangriffe einsetzen, auch wenn man ihnen keine noch so rudimentären Priorisierungen mitgeben darf, gibt es auch vereinzelt Situationen, in denen sie Nichts tuend in der Gegend herumstehen, während man vermöbelt wird. Schade ist, dass es abseits einer Wechselattacke keine Möglichkeiten gibt, mit ihnen Kombos aufzubauen, die über den Wechsel hinweg aufrechterhalten werden. Dies würde dem einfachen, aber im Zusammenspiel der verschiedenen Waffen und Stile interessanten Kampfsystem eine spannende Facette hinzufügen.
Hochinteressante Werte im Hintergrund
So konzeptionell einfach die Kämpfe sind, so viel gibt es in der Vorbereitung zu beachten: Da die Helden von Nahkämpfern bis zu Fernkampfspezialisten, Zauberern oder Heilern ein breites Spektrum abdecken, kommt der Teamauswahl eine besondere Bedeutung zu. Je nach Aufgabe oder der Gegnerverteilung versprechen bestimmte Kombinationen mehr Erfolg als andere, ohne dass man irgendwo massive Nachteile feststellen kann. Dennoch schadet es nicht, sich die individuellen Aufstiegsmöglichkeiten der Helden genau anzuschauen und zu überlegen, wo man die mühsam verdienten Fähigkeitspunkte investiert, damit man eine schlagkräftige Gruppe beieinander hat. Über die kostspielige Ausrüstung gibt es eine weitere Möglichkeit, seinen Trupp optimal auf die nächste Auseinandersetzung vorzubereiten, wobei die unter "Zubehör" verwendeten Accessoires besonderer Beachtung wert sind. Diese kann man nämlich in zig Stufen per Alchemie aufwerten und so die im Kampf erbeuteten oder in der Landschaft gefundenen Rohstoffe sein Team zusätzlich verstärken. Und als ob das noch nicht reicht, gibt es für jede Figur Fertigkeitsstufen, die der Verwendung der einzelnen Waffen im Kampf entsprechend und die zusätzliche Boni bzw. Fähigkeiten sowohl für die einzelnen Charaktere als auch für alle Team-Mitglieder freischalten.
Action-Defense mit wenig Grind
Dass die Gefechte angesichts der im Hintergrund möglichen Einstellungen wie Klasse, Ausrüstung etc. dennoch über den Verlauf der zig Stunden dauernden und durch abwechslungsreiche Gebiete sowie Dungeons führenden Kampagne irgendwann gleichförmig werden, ist schade. Dies wird aber durch die ebenfalls aus dem Vorgänger bekannten, hier aber aufgewerteten knapp 140 zur Verfügung stehenden Monster-Medaillen aufgebrochen: Wie gehabt lassen manche Monster nach ihrem Ableben eine Münze fallen, die man aufsammeln und aktivieren kann, wodurch die Kämpfe eine taktische Note bekommen, die von Tower Defense inspiriert scheint. Je nach Typ ist dies ein Einmaleffekt, kann aber auch ein Gegner sein, der temporär mit einem kämpft. Neu und immer wieder ein Vergnügen sind jedoch die relativ seltenen Münzen für die „Modellmonster“, die häufig mehrere der acht zur Verfügung stehenden Lagerplätze belegen. Aktiviert man diese, materialisiert sich nicht nur das Vieh, sondern man kann den zum Freund
Sehr schön: Einige dieser Münzen helfen auch, um Umgebungsgefahren einzudämmen. Der grüne Schleim z.B. macht einen temporär immun gegen Vergiftung, so dass man gefahrlos die mit bedrohlichem lila markierten Areale durchqueren kann, die einem ansonsten empfindlich und nachhaltig die Lebensenergie abknabbern. Ebenfalls sehr angenehm: Grind wurde auf ein Minimum reduziert und ist zumeist gut durch optionale Missionen getarnt. Diese führen einen immer wieder in bereits besuchte Gebiete und lockern die Kampfaction durch Variationen auf. Mal reicht es, eine bestimmte Anzahl von Gegnern zu plätten, ein anderes Mal muss man bestimmte Aktionen durchführen oder z.B. einen Priester in der Gruppe haben, damit die Opfer gleich ihre Erlösung erfahren. Man ist sichtlich bemüht, Abwechslung zu bieten und streut auch den einen oder anderen Hol- und Bringdienst ein. Dennoch bleibt die Qualität dieser Missionen meist bieder. Alternativ kann man seine Figuren auch durch Abstecher in die Arena aufwerten, für die man allerdings erst Zugangskarten finden muss, damit abseits des ersten Standard-Gewölbes weitere zur Verfügung stehen. Zufällige Modifikatoren sorgen hier für zusätzliche Motivation. So kann es sein, dass auf einer Ebene beim Benutzen von Spezialangriffen keine Energie abgezwackt wird oder dass bestimmte Aktionen mehr Erfolg versprechen. Apropos: Global spielt es sogar eine Rolle, an welchem Wochentag man Dragon Quest Heroes 2 spielt. An einem Freitag z.B. kann man zusätzliche Mini-Medaillen abgreifen, an anderen Tagen lassen die Gegner mehr Gold oder Rohstoffe fallen – eine für den Spielverlauf zwar weitgehend unerhebliche, aber dennoch nette Idee.
Sauber und sehr unterhaltsam
Im Gegensatz zum Vorgänger hat man hier sogar die Möglichkeit, mit bis zu vier menschlichen Spielern ins Gefecht zu ziehen. Eine Splitscreen-Option (für zwei) ist allerdings leider nicht vorhanden. Man darf nur online nach Mitstreitern suchen – und das auch nur in bestimmten Situationen. Uneingeschränkt darf man die Arenen mit anderen Spielern betreten und dort gemeinsam seine Figuren stärken. Innerhalb der Kampagne darf man für die in mehrere Abschnitte unterteilten Story-Kämpfe samt der Bosse Hilfe einladen. Dabei kann man auf alle Spieler zurückgreifen, die sich als „Helfer“ gekennzeichnet haben. Ruft man sie, bekommen sie eine Einladung und haben die Möglichkeit, ihr „eigenes“ Spiel links liegen zu lassen, um euch zu unterstützen und danach wieder dort einzusteigen, wo sie aufgehört haben. Aber selbstverständlich kann man die Auswahl auch auf seine Freunde beschränken und seine Sitzungen auch mit einem Kennwort schützen, wenn man absolut sicher gehen möchte, dass niemand teilnimmt, auf den ihr keine Lust habt.
Kunterbunt und superflüssig
Obwohl man visuell im Vergleich zum Vorgänger in jedem Bereich zugelegt hat, kann man Dragon Quest Heroes 2 vorwerfen, dass es Omega Force immer noch nicht gelungen ist, eine zeitgemäße Kulisse abzuliefern. Andererseits: Bisher war kein Musou-Spiel eine technische Referenz. Und mit dem knallbunten, punktgenau eingefangenen Dragon-Quest Artdesign sowie den in jeder Lage flüssigen 60 Bildern pro Sekunde sind die Massenkeilereien weit davon entfernt, hässlich zu sein. Zumal die Gebiete deutlich größer geworden sind und mit Abschnitten, die erst mit bestimmten Fähigkeiten geöffnet werden können, zusätzliche Erkundungssreize bieten. Und letztlich macht die schnelle unkomplizierte Action so viel Spaß, dass ich über magere Texturen hier und gelegentliche Kameraprobleme dort hinwegsehen kann. Denn wenn alle vier Helden wie wild (und am besten mit Spezialangriffen) auf die Gegner einschlagen und sich ein Stakkato an Sprechblasen mit Schadenspunkten auf dem Bildschirm breitmacht, während
Überhaupt wird Dragon-Quest-Flair zum 30-jährigen Jubiläum der Serie auch akustisch groß geschrieben: Altbekannte Soundsamples und bekannte Kompositionen wechseln sich ab mit neuen, aber wunderbar eingearbeiteten Melodien und Effekten, während die englische (bzw. japanische) Sprachausgabe optional auch aus dem Pad-Lautsprecher ertönt. Die deutschen Texte gehen in Ordnung, beschränken sich aber nicht nur auf die knappen Dialoge der plakativen und mit einem Königsmord sowie einem unerwarteten Angriff beginnenden Story. Auch die zahlreichen Gegenstandsbeschreibungen sowie die umfangreiche Enzyklopädie für die über 170 Monster, über 140 Münzen, die zahlreichen Waffen etc. können die Enttäuschung darüber eindämmen, dass es keine deutsche Sprachausgabe gibt.
Fazit
Ich beschäftige mich quasi seit Dynasty Warriors 2 aus dem Jahr 2000 mit den so genannten Musou-Spielen von Omega Force sowie davon inspirierten Trittbrett-Fahrern wie Sengoku Basara oder Fate/Extella. Und bei keinem dieser Spiele konnte ich bislang eine Empfehlung abseits von Fans aussprechen – auch wenn Hyrule Warriors oder Dragon Quest Heroes (1) bereits gute Ansätze vorwiesen. Doch was Omega Force hier aus dem Hut zaubert, ist beachtlich. Obwohl man im Kern immer noch auf die guten alten Massenkämpfe setzt, hat man den Weg zum Action-Rollenspiel, den man mit dem Vorgänger begann, hier konsequent weitergeführt und all das, was man bislang eher verächtlich mit den Warriors-Spielen assoziierte, in den Hintergrund gerückt. Das traditionell überschaubare Kampfsystem wird durch zahlreiche Faktoren wie Teamzusammenstellung oder Ausrüstung optimal erweitert, während die Tower-Defense-Elemente der Monstermünzen durch aktiv steuerbare Feindfreunde auf eine neue Stufe gehievt werden. Die Kulisse ist ansehnlich und verströmt aus allen Poren Dragon-Quest-Flair, ist aber im Detail nicht ganz zeitgemäß. Und die gelegentlichen KI-Defizite der Mitstreiter kann man durch die Teilnahme menschlicher Spieler in bestimmten Bereichen kompensieren. Abstriche im Missionsdesign verhindern zwar die letzte Goldweihe, doch dass überhaupt mal ein Musou-Prügler von Omega Force in diese Bereiche vordringen könnte, hätte ich mir trotz interessantere Fortschritte in den letzten Jahren nicht träumen lassen.
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation4
Das bekannte Fundament der Massenprügler wird durch gelungene Elemente aus dem Action-Rollenspiel und ein stilsicheres Artdesign auf eine neue Stufe geführt.
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