Utawarerumono: Mask of Truth15.09.2017, Jens Bischoff

Im Test: Der Anime-Krieg geht weiter

Nachdem Mask of Deception im Mai den Grundstein für die Mischung aus Visual Novel und Taktik-Rollenspiel gelegt hatte, soll das Anime-Epos von Aquaplus nun mit Mask of Truth zum Abschluss gebracht werden. Wie gut dieses Vorhaben gelungen ist, verrät der Test.

Neue Blickwinkel

Auch wenn der Auftakt von Mask of Truth etwas vorgreift und aus ungewohnter Perspektive erzählt wird, werden die erzählerischen Lücken schon bald darauf geschlossen und die am Ende von Mask of Deception unterbrochene Handlung nahezu nahtlos fortgesetzt. Selbst Neueinsteiger finden dank eingeflochtener Rückblicke nach und nach Anschluss.

Die Inszenierung verliert sich wieder oft in voyeuristisch inspirierten Nebensächlichkeiten.
Trotzdem haben Veteranen natürlich ein viel tieferes Verständnis für die Orte und Figuren des Anime-Epos sowie deren Scharaden und dürfen sogar gewisse Gegenstände aus dem Vorgänger importieren.

Es gibt aber auch neue Schauplätze und Gesichter - allen voran das im Schutz der Berge gelegene und als frischer Stützpunkt dienende Ennakamuy, der von Kiwrus Großvater regierten Heimat von Oshtor und Nekone. Von hier aus versucht sich die geflohene Heldentruppe oder was von ihr übrig ist, jedenfalls neu zu formieren und ihren rechtmäßigen Platz in der aus den Fugen geratenen mittelalterlich fernöstlichen Fantasywelt zurückzuerobern - ein mit über 80 Stunden Spielzeit sehr umfangreiches Unterfangen.

Feste Wege

Die Erzählung verläuft wie gehabt auf fest vorgegebenen Pfaden, auf denen man lediglich die Reihenfolge gewisser Nebenereignisse bestimmen kann. Die helfen zwar, die Bindung zu den Charakteren zu vertiefen, enden aber auch dieses Mal viel zu oft in voyeuristisch inspirierten Nebensächlichkeiten, bei denen immer wieder Klischees bemüht und vornehmlich weibliche Charaktere in kompromittierenden Posen zur Schau gestellt werden. Über Zensuren wie beim Vorgänger ist dieses Mal nichts bekannt.

Die USK hat die Altersfreigabe im Vergleich zum Erstling aber auf zwölf Jahre angehoben, während die PEGI beide Teile ab 16 Jahren empfiehlt. Doch auch wenn hin und wieder reichlich Blut fließt, wirkt die Inszenierung eher comic-haft, die Spielgrafik geradezu antiquiert.

Den Rundenschlachten wurden weitere Facetten wie Koop-Kombos und -Finisher hinzugefügt.
Eine deutsche Lokalisierung hat man sich einmal mehr gespart und so gibt's wieder nur japanischen Originalton mit englischen Untertiteln. Dafür sind aber auch wieder sämtliche Dialoge und selbst Monologe vertont, was der Atmosphäre auf jeden Fall zugute kommt.

Starre Bilder

Die Präsentation der manchmal stundenlangen Gesprächsfolgen ist allerdings nach wie vor sehr statisch, Hintergründe und Charakterporträts kaum bis gar nicht animiert und für kampfnahe Ereignisse muss wieder die museumsreife Schlachtfeldgrafik herhalten. Der hohe Spielanteil der Visual-Novel-Elemente fällt dieses Mal allerdings nicht ganz so gravierend aus, da es sowohl mehr Story-Gefechte als auch optionale Möglichkeiten für Kampfhandlungen und Charakterpflege gibt.

So kann man nicht nur bereits absolvierte Schlachten beliebig oft mit unterschiedlicher Gruppenzusammensetzung wiederholen, sondern neuerdings auch Sparring-Kämpfe gegen die eigenen Gefährten bestreiten oder sich maßgeschneiderten Trainings-Herausforderungen stellen. Neue Aktionsketten, Koop-Attacken und Stufengrenzen wurden ebenfalls implementiert, auch wenn man zu Beginn mit Level fünf bzw. zehn fast schon wieder bei Null anfängt und sich erneut über alte Macken wie die oft limitierte Kamerakontrolle ärgert.

Taktische Finessen

Ansonsten überzeugen die rundenbasierten Auseinandersetzungen aber nach wie vor mit abwechslungsreichem sowie dynamischem Aufgabendesign und facettenreichen taktischen Möglichkeiten.

Mit kleinen Reaktionsspielchen können wieder diverse Aktionsboni erzielt werden.
Neben elementaren Stärken und Schwächen haben auch Höhenunterschieden, Terrain-Manipulationen, Charakter-Auren oder das Wetter nach wie vor Einfluss auf das Kampfgeschehen. Zugfolgen, Schadensvorhersagen, Spezialenergiepegel sowie individuelle Angriffs- und Bewegungsreichweiten gilt es natürlich ebenfalls im Auge zu behalten.

Wer trotzdem scheitert, kann aber nicht nur beliebig viele Neuanläufe versuchen, sondern auch bis zu 50 Züge zurückspulen, um gezielt Fehler auszubügeln oder Angriffe zu optimieren. Denn das an Genre-Klassiker wie Tactics Ogre, Final Fantasy Tactics oder Fire Emblem erinnernde Grundprinzip wird einmal mehr durch eingebettete Reaktionstests à la Lost Odyssey, mit denen man Angriffs- und Heilboni erzielen sowie Gegenangriffe abschwächen oder vermeiden kann, aufgepeppt.

Helden nach Maß

Waffen oder Rüstungen lassen sich hingegen nicht austauschen und auch der Einsatz von Verbrauchsgegenständen bleibt tabu. Dafür kann jeder Charakter aktive Kombo- sowie passive Abwehrfertigkeiten anlegen, die bei passenden Voraussetzungen automatisch zum Einsatz kommen, während sich Charakterwerte mit verdienten Bonuspunkten individuell frisieren lassen.

Auf dem neuen Trainigsgelände kann man sich verschiedenen Kampfherausforderungen stellen.
Der Schwierigkeitsgrad kann zudem jederzeit reguliert, der Spielstand jederzeit gespeichert werden - selbst mitten im Kampf oder Gespräch, wozu mittlerweile sogar doppelt so viele Speicherstände zur Verfügung stehen.

Auch das sich automatisch füllende und stets verfügbare Glossar mit hilfreichen Tipps und Erklärungen ist wieder am Start. Schön ist auch, dass Mask of Truth nicht nur ein nachgereichtes Finale darstellt. Stattdessen konnte man den Umfang im Vergleich zu Teil eins sogar noch steigern und den Spielverlauf durch häufigere Zugriffsmöglichkeiten auf Kämpfe und Gruppen-Management spürbar freier und dynamischer gestalten, was am Ende nicht nur für längere, sondern auch bessere Unterhaltung sorgt.

Fazit

Inhaltlich setzt Mask of Truth die Ereignisse aus Mask of Deception mit einer Mischung aus neuen sowie vertrauten Gesichtern und Schauplätzen routiniert fort - selbst Neueinsteiger finden über eingeflochtene Rückblicke nach und nach Anschluss. Spielerisch wurde der Mix aus Visual Novel und Taktik-Rollenspiel durch sinnvolle Veränderungen und Ergänzungen sogar spürbar aufgewertet. Zwar ist das Anime-Abenteuer nach wie vor sehr erzähllastig und somit allein schon aufgrund der fehlenden deutschen Lokalisierung sicher nicht jedermanns Sache, aber inzwischen hat man zumindest viel öfter die Gelegenheit, sich auch dem Rollenspielteil zuzuwenden und zusätzliche Kämpfe zu bestreiten sowie sich der Hege und Pflege seiner Mitstreiter zu widmen. Zudem wurden den abwechslungsreich designten Rundenschlachten zusätzliche Facetten wie kooperative Angriffe spendiert. Schade nur, dass die Story erneut völlig linear verläuft und sich zumindest für meinen Geschmack nach wie vor mit zu vielen, meist voyeuristisch inspirierten Nebensächlichkeiten aufhält. Auch die grafische Inszenierung wirkt mit ihren altbackenen Kulissen sowie starren Hintergründen und Porträts alles andere als zeitgemäß. Freunde klassischer Rundenstrategie und ungewöhnlicher Kriegsgeschichten sollten sich davon aber nicht abschrecken lassen!

Pro

stimmige Mischung aus Visual Novel und Taktik-Rollenspiel...
spannende Story...
komplett vertonte Dialoge...
individuell anpassbare Charaktere und erweitertes Kampfsystem
viele optionale Bonuskämpfe und Kampfwiederholungen
komfortable Speicher- & Rückspulfunktion

Kontra

...bei der die erzählerische Seite aber nach wie vor klar dominiert
...die sich aber noch immer mit zu vielen Nebensächlichkeiten aufhält
...allerdings wieder nur nur auf Japanisch
völlig linearer Spielverlauf
statische 2D
und altbackene 3D
Grafik
lediglich englische Untertitel

Wertung

PlayStation4

Routiniert fortgesetzter und sinnvoll ergänzter Mix aus Visual Novel und Taktik-Rollenspiel.

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