Doom VfR06.12.2017, Mathias Oertel
Doom VfR

Im Test: Dämonenhatz in VR

Zum Jahresende gibt Bethesda in Sachen VR Vollgas. Mit Fallout 4 und Skyrim werden die Action-Rollenspieler in die Gefilde der virtuellen Realität entführt, während Doom VfR (ja: das "F" steht wie schon bei BFG für "Fucking") die Shooter-Fans abzuholen versucht. Kann sich der Action-Urahn mit seiner VR-Variante gegen die zahlreich vorhandene Ballerbuden-Konkurrenz durchsetzen? Der Test gibt die Antwort.

Parallel-Welt

Im Gegensatz zum kürzlich für PlayStation VR erschienenen Skyrim VR handelt es sich bei Doom VfR nicht um eine 1:1-Umsetzung des Action-Spektakels aus dem letzten Jahr, das kürzlich auch mit leichten grafischen Einschränkungen auch auf Switch veröffentlicht wurde. Stattdessen ist es ein eigens für VR entwickelter Ableger, dessen Geschichte parallel zu einigen Ereignissen des „großen“ Doom läuft. Man schlüpft hier in die Rolle eines UAC-Mitarbeiters, der unvermittelt von einem Dämon angegriffen wird, nachdem ein Höllenportal geöffnet wurde. Er überlebt um Haaresbreite, findet sich nach seinem Aufwachen aber in einen Holoanzug eingespeist wieder, mit dem er die Station durchstreift, um Mittel und Wege zu finden, das Tor wieder zu schließen. Und natürlich, um der Höllenbrut mit allerlei Waffen in den Hintern zu treten.

Die Kulisse ist des großen Namens würdig: Zwar werden fast nur Assets aus dem letztjährigen Shooter recycelt, dennoch gehört Doom VfR zu den ansehnlichsten VR-Titeln dieses Jahres.
Die Geschichte, die immer wieder mit unnötigen Monologen des unscheinbaren Arbeiters gefüllt wird, ist banal, bieder und langweilig. Zwar werden immer wieder Berührungspunkte mit Ereignissen aus Doom hergestellt. Doch diese sind in dieser Ballerbude eigentlich nicht nötig und verpuffen – insbesondere für Spieler, die Doom nicht gespielt haben. Seien wir mal ehrlich: Man spielt Doom VfR nicht, um eine clever konstruierte Geschichte à la The Invisible Hours präsentiert zu bekommen, sondern um den Viechern in der hoffentlich beeindruckenden virtuellen Realität die Projektile entgegen zu jagen und sie in die Hölle zurückzuschicken. Und in diesen Momenten hat man endlich keine unnötigen Monologe mehr im Ohr, sondern nur noch das Schreien und Stöhnen von Dämonen, sowie das brutale Hämmern von Schussgeräuschen, Explosionen und zerplatzenden Höllenausgeburten.

Dreierlei Qual

Die Geschichte, die man entschlüsselt, läuft parallel zu den Ereignissen des letztjährigen Shooters.
Die dynamische Action, die das Aushängeschild des Shooters aus dem letzten Jahr war, zeigt sich auch in der VR-Version als eingängig, fordernd und spannend. Allerdings auch als ebenso vorhersehbar: Auf eine Ruhesequenz, in der man von A nach B läuft, um mit Element C zu Punkt D zu gehen, bevor man wieder zu A zurückkehrt, folgt eine Arenasequenz, die erst endet, wenn man auch den letzten Dämon zerlegt hat. Nur, dass diese Sequenz deutlich kürzer ist als im Nicht-VR-Doom und nur selten wirklich fordert. Mit dem Teleport, der sich nicht nur in Skyrim, sondern auch in einschlägigen Ballereien wie Arizona Sunshine als VR-optimierte Bewegungsform etabliert hat, sowie dem „Shield Burst“, mit dem man Gegner von sich wegschleudern kann, gibt es immerhin neue Steuerungsoptionen, die sich auch zumeist positiv auf die Gefechtsdynamik auswirken. Das lässt sich von den drei zur Verfügung stehenden Kontrollmethoden jedoch auch in negativer Sicht sagen. Denn egal, ob man nun mit Pad (inkl. Teleportfunktion), dem Aim Controller oder zwei Move-Controllern spielt, bietet keine Option ein über alle Zweifel erhabenes Spielgefühl.

Mit dem Standard-Pad spielt sich Doom VfR annähernd so wie das normale Doom - nur, dass das Zielen per Kopfausrichtung eine neue Genauigkeit erlaubt und der Teleport bei den Finishern eine neue Rolle spielt. Denn anstatt wie bisher einen brachialen Nahkampfangriff zu starten, wenn die Gegner geschwächt blinken, muss man sich nun an ihre Stelle teleportieren, um sie formschön zerplatzen zu lassen. Allerdings braucht man am Pad trotz der Option, graduierliche Drehungen festzulegen, einen guten VR-Magen. Wer zu Bewegungskrankheit neigt und z.B. auch bei Rigs einen flaues Gefühl in der Bauchgrube bekommt, sollte sich auf den Teleport als einziges Bewegungsmittel konzentrieren. Dass wiederum ist in Kämpfen immer wieder ein Graus, wie vor allem Benutzer der Move-Controller feststellen müssen. Denn während man hiermit zwar die höchste Immersion erlebt, wenn man die Viecher mit akkurat umgesetzten Bewegungen unter Beschuss nimmt, sind die Defizite beim Ausweichen im Kampf und dem Suchen einer gezielten Position nicht von der Hand zu weisen. Gerade wenn man z.B. gegen mehrere Revenants kämpft und die Auseinandersetzungen hektisch werden, gibt einem die letztlich nur eingeschränkte Bewegung immer wieder den Rest. Zwar wurden Gegneranzahl und –Wellen darauf abgestimmt und zeigen sich unter dem Strich als etwas spielerfreundlicher als beim "großen" Bruder. Doch ärgerlich sind die Steuerungsmankos allemal.

Mitunter fantastische Kulisse

Mit dem Aim Controller kann es zu grafischen Störfeuern kommen, die sich negativ auf die Immersion auswirken.
In der Theorie ist damit der Aim Controller die perfekte Methode, um sich durch die Höllenwelt von Doom VfR zu manövrieren und die Feinde unter Beschuss zu nehmen – vereint er doch eigentlich die besten Elemente aus Bewegungs- und klassischer Steuerung. In der Praxis funktioniert auch alles so, wie es soll. Man kann sich schnell bewegen, den Teleport clever nutzen und trotzdem intuitiv die Gegner anvisieren. Allerdings kann man mit dem Aim Controller nur den rechten Arm akkurat steuern. Der linke (für Granaten und Granatwerfer) bleibt in einer festen Position und wird über die Kopfbewegung ausgerichtet. Und das wirkt hinter Brille nicht nur mitunter etwas statisch, sondern führt auch zu merkwürdigen Situationen, in denen die Immersion durch Grafikfehler geschmälert wird – so etwa, wenn der Raketenwerfer bei einer Bewegung mit dem Aim Controller nach links durch den BFG-Granatwerfer clippt. Zudem wirken die Waffen nur selten wie "auf einer Höhe", während die Darstellung der über den Aim Controller gesteuerten Waffe zu häufig sehr mittig stattfindet. So habe ich mich relativ schnell dafür entschieden, die klassische Pad-Kontrolle zu favorisieren, die zwar hinsichtlich der Darstellung mit ihren statischen Armen bzw. Waffen auch nicht ideal ist, aber zumindest spielerisch am meisten Sinn ergibt.

In solchen Situationen sowie in Arenakämpfen gegen mehrere große Gegner wird die Teleport-Steuerung schnell an ihre Grenze geführt.
Zwar zeigt sich die Steuerung noch mit Luft nach oben, doch in einem anderen Bereich zündet id den Nachbrenner: Die Kulisse gehört abseits der Arm-Darstellung zum Besten, was man derzeit hinter der PlayStation-VR-Brille genießen darf. Zwar recycelt man sowohl die Gegner als auch viele Umgebungen, doch die Qualität ist über die paar Stunden Spielzeit enorm hoch. Viele Details wie z.B. die Beschriftungen auf den Waffen, die man mit Move oder Aim Controller genau begutachten kann, hätte ich in dieser Klarheit kaum für möglich gehalten. Dazu gesellen sich eine hohe sowie jederzeit stabile Spielgeschwindigkeit, schicke Licht- und Partikeleffekte und natürlich auch eine nicht zu verachtende visuelle Gewalt, die sich selbstverständlich auch in den Finishern zeigt, an denen man sich allerdings ebenso wie beim "Hauptspiel" irgendwann satt gesehen hat.

Fazit

Vielleicht wäre Bethesda besser beraten gewesen, den Shooter aus dem letzten Jahr hinsichtlich der Geschwindigkeit leicht anzupassen und für VR zu optimieren – bei Skyrim hat dies richtig gut funktioniert. Obwohl ich einerseits zu schätzen weiß, dass man ein  von Grund auf für die Virtuelle Realität entwickeltes Doom anbietet (auch wenn viele Assets recycelt werden), bleiben bei der Umsetzung zu viele Probleme ungelöst. Keine der drei angebotenen Steuerungs-Optionen (Pad, Move, Aim Controller) ist über alle Zweifel erhaben, wobei die reine Move-Steuerung mit der auf Teleport und minimales Ausweichen reduzierten Bewegung in den hektischen Gefechten irgendwann für mehr Frust als Lust sorgt. Mit Pad und eingeschränkt mit Aim Controller fühlt sich Doom VfR mechanisch beinahe so gut an wie der große Action-Bruder aus dem letzten Jahr, krankt aber noch mehr an der vorhersehbaren Dramaturgie. Am ständigen Wechsel aus Ruhephasen und Arena-Gefechten wird akribisch festgehalten – nur dass die Arenaphasen im Rahmen des lediglich wenige Stunden dauernden VR-Ausfluges deutlich kürzer ausfallen. Mit seiner eindrucksvollen Kulisse, die zum Besten gehört, was man dieses Jahr hinter der Brille genießen darf, sorgt Doom VfR trotz teils biederer Mechanik dennoch immer wieder für Wow-Momente. Doch selbst die visuelle Gewalt und die unter dem Strich gelungene Anpassung der Dynamik an VR-Bedürfnisse können diese Ballerbude nicht in gute Bereiche hieven. War Doom letztes Jahr mit seiner Art, wie es Action inszenierte, noch etwas Besonderes, sieht sich die letztlich biedere VfR-Variante zahlreicher und besserer Konkurrenz ausgesetzt.

Pro

speziell für VR getrimmter Ableger des dynamischen Shooters
Story läuft parallel zum Hauptspiel und erzählt das Schicksal eines "normalen" UAC-Arbeiters...
teils fantastische Kulisse
Action gewinnt durch Teleport und Shield Burst zusätzliche Dynamik
drei Steuerungsmethoden (Pad, Dual-Move-Controller, Aim Controller)
Upgrades für Waffen und Spielfigur

Kontra

keine der Kontrolloptionen über alle Zweifel erhaben
... wird aber bieder sowie unspannend erzählt und über innere Monologe überstrapaziert
vorhersehbarer Spielablauf (Ruhephase, Arenakampf, Ruhephase, etc.)
Asset-Recycling (Umgebungen, Gegner)

Wertung

PlayStationVR

Doom VfR zeichnet sich besonders durch die großteils fantastische Kulisse aus, während man mechanisch nur selten über das Niveau der gewöhnlichen Ballerbude gelangt.

VirtualReality

Doom VfR zeichnet sich besonders durch die großteils fantastische Kulisse aus, während man mechanisch nur selten über das Niveau der gewöhnlichen Ballerbude gelangt.

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