Im Test: Der Ochse ist gelandet
Hickhack mit Atari
Spiele von Jeff Minter sind nach wie vor etwas Besonderes. Der zottelige Altmeister mit einer Vorliebe für Huftiere und blitzende Weltraum-Shooter werkelt auf seiner Waliser Farm wie in frühen Heimcomputer-Tagen im Zwei-Mann-Team an seinen Arcade-Titeln: Zusammen mit Ivan Zorzin hatte er bereits vor vier Jahren seinen Klassiker Tempest 2000 überarbeitet – mit einem hübsch glühenden Retro-Gitter, ein paar modernen Ergänzungen und einem genialen Rave-Soundtrack (zum Test). Das geschah allerdings unter dem Namen TxK und offenbar ohne die Genehmigung von Atari. Obwohl der einstige Branchenriese fast nichts mehr mit dem Atari der Siebziger bis Neunziger gemeinsam hat, besitzt das Unternehmen die Rechte an der Marke des ursprünglichen Tempest-Automaten, was prompt einige Anwälte auf den Plan rief.
Endlich wieder Hirnfasching!
Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei Tempest 4000 um ein leicht aufgebohrtes TxK, weshalb wir in diesem Artikel nicht so intensiv auf die Spielmechanik eingehen wie im Originaltest. Am vorderen Ende einer Drahtgitter-Röhre huscht das eigene Schiffchen über den Rand, während aus der Tiefe des Alls geometrische Figuren, blitzende Stachelsterne und andere galaktische Monstrositäten auf den Spieler zu rauschen. Zerlegt man sie nicht rechtzeitig mit der Kanone, erreichen sie den oberen Rand und marschieren bedrohlich nah neben dem Schiffchen entlang, um es bei Berührung in die tödliche Tiefe des Alls zu entführen. Um das zu verhindern, gibt es eine Hand voll Extras wie einen aufgerüsteten Partikelschuss, eine selbstständig agierende Hilfsdrohne oder einen kurzen Sprung vom Gitter, um herumlungernde Störenfriede zu entfernen. Zur Not zündet man eine Smartbombe, die bei geschicktem Einsatz besonders viel Punkte aufs Konto spült. Auf den Punkt gebracht also nach wie vor ein vereinnahmendes Spektakel mit Suchtgefahr, dessen Vorbild schon lange vor Rez die Intensität klassischer Arcade-Action mit Techno-Ästhetik vermischte.
Rave on!
Auf der Vita versetzten mich die entspannten Rave-Melodien sofort in die passende Stimmung für den bunt glühenden Arcade-Trip. In Tempest 4000 gibt es in der Voreinstellung aber erst einmal die klassischen Tracks aus Tempest 2000 (Saturn, PC) zu hören. Auch dabei handelt es sich natürlich um einen der besten Videospiel-Soundtracks aller Zeiten! Wenn man ihn wie ich schon hunderte Male gehört hat, sehnt man sich aber schnell nach den modernen Stücken. [Nachtrag: Drückt während der Level-Wahl auf dem Controller Y oder Dreieck, um den gewünschten Soundtrack auszuwählen - danke an Spiritflare82]. Ein Vorteil ist allerdings, dass der Soundtrack neuerdings viel üppiger ausfällt. Neben den schon erwähnten Liedern sind auch die MOD-Stücke der Jaguar-Fassung von Tempest 2000 enthalten – inklusive einiger Tracks, die seinerzeit aus Platzgründen weggelassen wurden. Da der Jaguar und seine Spiele mittlerweile verdammt teuer geworden sind, war es noch vor ein paar Jahren gar nicht so einfach, die Original-Musik in die Finger zu bekommen. Sie klang eine ganze Ecke härter und technoider als die mit Strings weichgespülten, „trancigeren“ Remixes für Saturn und PC.
Etwas verpeilt…
Bislang scheinen die Chancen für eine Nachreichung eines VR-Updates eher schlecht zu stehen, auch wenn Llamasoft sie noch nicht ausschließt. Momentan können PSVR-Besitzer den Titel aber lediglich im Kinomodus starten. Auch die PC-Version wirkt hier und da noch wie mit der heißen Nadel gestrickt. In den kargen Optionen gibt es weder eine freie Tastenbelegung (die vorgegebene Belegung mit den Pfeiltasten wirkt etwas verkrampft) noch einen Fenstermodus oder Grafikoptionen. Ein schönes Detail ist dagegen erneut das praktische Soundtrack-Menü. Wir empfehlen ohnehin, mit dem Analogstick zu spielen, um das Tänzeln zwischen Leben und Tod im Gegnerchaos feiner dosieren zu können. Das kommt auch dem Spielgefühl des ursprünglichen Tempest-Automaten näher, der ähnlich wie Centipede mit einem analogen Trackball gesteuert wurde. Diese Ur-Fassung aus dem Jahr 1980 ist trotz Ataris Beteiligung übrigens nicht enthalten. Mich stört das allerdings kaum, weil der Oldie heutzutage ohnehin deutlich dröger wirkt als Minters bunter Funkenregen.
PC-Wehwehchen
Fazit
Das wurde aber auch Zeit! Nach all dem Hin und Her hinter den Kulissen ist doch noch etwas Gutes aus dem beigelegten Zwist zwischen Llamasoft und Atari entstanden. Endlich können sich Arcade-Fans auch auf dem großen Schirm Jeff Minters Dröhnung geben. Im Vergleich zum Vita-Vorbild hat Llamasoft den psychedelischen Wahnsinn noch um mindestens zwei Stufen aufgedreht: Der Blitz-pro-Synapsen-Index erreicht zwar nicht ganz die Sphären von Polybius oder Space Giraffe, trotzdem wird es mitunter schon etwas zu viel. Einerseits habe ich mich darüber gefreut, dass das Farb-Chaos jetzt noch schicker aussieht, andererseits wird es vor allem in späteren Levels unübersichtlicher – und dadurch auch noch kniffliger als das ohnehin schon anspruchsvolle Vita-Original. Der Soundtrack fällt diesmal deutlich umfangreicher aus, was vor allem Jaguar-Fans freuen dürfte. Das Wichtigste ist aber, dass auch bei mir sofort wieder die Sucht zugeschlagen hat. Ein echter Klassiker eben, der mechanisch allerdings weniger gründlich modernisiert wurde als etwa Housemarques Defender-Hommage Resogun. Auch die überschaubare Zahl an Modi und Optionen dürfte einige potenzielle Käufer davon abhalten, den Titel für die veranschlagten 19,99 bis 29,99 Euro mitzunehmen.
Pro
Kontra
Wertung
XboxOne
Furiose, knifflige und blitzschnelle Arcade-Action alter Schule, der Effekt-Overkill sorgt später allerdings für leichte Übersichtsprobleme.
PC
Furiose, knifflige und blitzschnelle Arcade-Action alter Schule, die auf dem PC mitunter von kleinen Steuerungsmacken und Optionsarmut gestört wird.
PlayStation4
Furiose, knifflige und blitzschnelle Arcade-Action alter Schule, der Effekt-Overkill sorgt später allerdings für leichte Übersichtsprobleme.
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