Final Fantasy 1015.05.2015, Mathias Oertel
Final Fantasy 10

Im Test: Remasterter Wiederholungstäter

Tidus, Yuna, Rikku, Wakka, Lulu, Auron: Wer mit diesen Namen nicht Fahrzeuge von Toyota oder Honda assoziiert, ist ein Kind der PlayStation-2-Generation. Oder aber ein Fan fernöstlicher Rollenspiele erster Güteklasse wie Final Fantasy 10 oder der Fortsetzung Final Fantasy 10-2. Etwas mehr als ein Jahr nachdem die  HD-Remaster- dieser zwei Titel auf PS3 und Vita erschienen, kehren die Helden erneut zurück - dieses Mal auf der PS4. Hat sich irgendetwas getan?

FF10: Ein Meisterwerk kehrt zurück – wieder einmal

Dass die Final-Fantasy-13-Trilogie unter dem Strich nicht alle Erwartungen erfüllen konnte, liegt auch daran, dass Square/Square Enix seit Beginn der PlayStation-Ära die Messlatte für die Serie sehr hoch gelegt hat. Final Fantasy 7 auf der PSone gilt als einer der Meilensteine für Sonys 32-Bit-System. Und mit Final Fantasy 10, dem Serieneinstand auf der PS2, hat man seinerzeit eines der emotionalsten Rollenspielerlebnisse fernöstlicher Prägung schlechthin geschaffen. Mit dem in vielerlei Hinsicht ungewöhnlichen Final Fantasy 10-2 kam zwei Jahre später erstmals eine direkte Fortsetzung, die spielerisch bis in die Gegenwart Nachwirkungen zeigt. Insofern war es vor  eine gute Idee von Square Enix, diese beiden Rollenspiel-Erlebnisse zu bündeln und als mit ergänzendem Material einem neuen Publikum zu präsentieren. Und die Sammlung hatte keine Probleme, die alte Faszination hervorzurufen.

Die visuellen Unterschiede zum PS3-Remaster halten sich in Grenzen und zeigen sich nur in verbesserter Kantenglättung.
Denn Emotionen sind zeitlos. Wie ein guter Film verliert auch ein Spiel, das hauptsächlich über die Figurenzeichnung, die Erzählung, die Atmosphäre sowie die dabei entstehenden Gefühle punktet, kaum an Wirkung. Gleichgültig, wie alt der Titel ist. Und Final Fantasy 10 ist ein solches Spiel. Euphorie, Freude, Trauer, Wut: Das Abenteuer von Tidus und Yuna bringt viele Saiten zum Schwingen. Der epische Hintergrund der Rettung Spiras, das von einem diffusen Ungeheuer namens "Sin" bedroht wird, tut sein Übriges und verfehlt auch heute seine Wirkung nicht. Hinsichtlich der überzeichneten Gestik in manchen Dialog-Sequenzen merkt man FF10 sein Alter zwar an, doch sowohl Geschichte als auch Figuren haben kaum etwas von ihrer Faszination eingebüßt.

Technischer Fortschritt wirkt noch heute

Final Fantasy 10 war das erste Spiel der Serie, das nicht mit vorgerenderten, sondern mit "echten" 3D-Hintergründen gearbeitet hat. Es war der erste Serienableger, der dank der PS2-DVD-Technologie genügend Speicher bot, um komplette Sprachausgabe bieten zu können. Und es war das letzte Spiel der

Erzählerisch und mechanisch hat vor allem Final Fantasy 10 dem Zahn der Zeit widerstanden.
Reihe, das auf die Kompositionen des meisterhaften Nobuo Uematsu zurückgriff - die seiner Feder entstammenden Themen prägen das Spiel und die damit verbundenen Gefühle bis heute. Der technische Fortschritt ist nach heutigen Maßstäben zwar kalter Kaffee, doch damit wurde eine exzellente Basis für die HD-Version geschaffen. Bei den komplett neu gestalteten Hauptfiguren ist dies am ehesten spürbar. Die Mimik ist zwar hier und da noch etwas hölzern, doch sie könnten auch problemlos aus der zweiten Spielegeneration für die PS3 stammen. Gleiches gilt für die Hintergründe, die nicht nur mit schicken Texturen aufgewertet, sondern auch vom ursprünglichen 4:3- auf ein 16:9-Bild aufgezogen wurden. Und die schon seinerzeit herausragenden Rendervideos mittlerweile in voller HD-Pracht betrachten zu können, macht ebenfalls einiges her. Ganz zu schweigen von den neu abgemischten Musikstücken. Doch es wurde nicht überall so viel Sorgfalt an den Tag gelegt. Nicht nur, dass man mit Clipping konfrontiert wird, viele der Nebenfiguren wurden nur minimal angepasst. Sprich: Es bleibt ein uneinheitlicher Eindruck zurück, wenn Tidus in voller HD-Montur und mit fünf Polygonfingern an jeder Hand von Figuren umringt wird, die geringer aufgelöste Kleidung am Körper haben und deren Hände aus dem Äquivalent einer Lego- bzw. Playmobil-Hand bestehen, auf dem Texturlinien die Finger abgrenzen. Hier hätte man sicherlich noch mehr machen können. Doch obwohl man diesen visuellen Diskrepanzen immer wieder begegnet, fallen sie letztlich nur wenig ins Gewicht.

Seinerzeit hat Square wie kein anderer verstanden, ruhige Momente zu inszenieren.
Denn man bekommt auch spielerisch viel geboten: Ein klassisches rundenbasiertes Kampfsystem (das allerdings durch Reaktionstests bei Sonderaktionen angereichert wird), überschaubare Levelerforschung und eine umfangreiche Charakterentwicklung auf dem so genannten Sphärenbrett gehören zu den Highlights. Wie seinerzeit in der deutschen (bzw. internationalen Version) hat man hier zu Beginn des Spiels die Wahl zwischen einem einfachen und einem Profi-Brett, das einem noch mehr Möglichkeiten zur Verfügung stellt, um die Fähigkeiten der Figuren seiner Spielweise anzupassen und aufeinander abzustimmen. Ein Punkt, der nur die deutsche Version betrifft und der definitiv hätte angepackt werden müssen, ist die Übersetzung der Untertitel: Schon bei der Erstveröffentlichung 2002 waren die Texte grenzwertig, da sie mitunter den Sinn oder die Stimmung einer Szene entstellt haben. Zwölf Jahre später haben die Flapsigkeit und der gezwungen wirkende Jugend-Jargon eine humoristische Note des Anachronismus hinzugewonnen. Angesichts des Aufwands, den man mit dem Remastern betrieben hat, verstehe ich nicht, dass man ein ordentliches Dolmetscher-Büro mit dem erneuten Übersetzen der Dialog-Texte beauftragt hat - es hätte dem Spiel gut getan und den Fans einen zusätzlichen Anschaffungs-Anreiz geboten.

FF10-2: Alles bleibt anders

Das hierzulande 2004 erschienene Final Fantasy 10-2 ist in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Es markiert z.B. die erste direkte Fortsetzung zu einem Final-Fantasy-Spiel, nachdem bis dato die Serienableger keine inhaltlichen Zusammenhänge herstellten und sich im Bestfall vielleicht den Schauplatz teilten. Doch 10-2 setzte direkt an die Geschehnisse von 10 an. Statt des drohenden Untergang durch Sin wurde Spira nun von innen gefährdet: Verschiedene politische Gruppierungen versuchen, das krisengeschüttelte Land für sich zu vereinnahmen. Trotz dieser ernsten Thematik bedeutete dies jedoch nicht, dass man dem ruhigen, häufig düsteren Grundton des Vorgängers folgte. Man spielte die drei weiblichen Hauptfiguren Yuna, Rikku und Paine, die eher wie eine fernöstliche Variante von "Drei Engel für Charlie" wirkten. Eine interessante Randnotiz: Der zweite Teil des Films mit Drew Barrymore, Lucy Liu und Cameron Diaz erschien im gleichen Jahr wie FF10-2 in Japan. Das Spiel wirkte poppiger, die Figuren erschienen flapsiger, man setzte mehr auf Situationshumor, verzichtete auf Uematsu-San als Komponist und ließ hinsichtlich der Erzählung einige Wünsche offen – es gab viel Leerlauf. Darüber hinaus hat man zahlreiche mechanische Änderungen eingebracht.

In 10-2 geht man sowohl hinsichtlich Figurenentwicklung als auch Kampfsystem andere Wege.
So hat man sich z.B. vom rundenbasierten Kampfsystem verabschiedet und ist wieder zum so genannten ATB (Active Time Battle) zurückgekehrt, bei dem für jede Figur in Abhängigkeit der zuletzt gewählten Aktion eine Abkühlphase stattfindet, bevor sie wieder an der Reihe ist. Dadurch wurden die Auseinandersetzungen einerseits hektischer als im Vorgänger, andererseits bekamen die Kämpfe dadurch eine neue Dynamik. Gleichzeitig kehrte man dem Sphärenbrett den Rücken. Mit dem exklusiven Fokus auf die drei Protagonistinnen wurde es notwendig, einen „Klassenwechsel“ anzubieten, um Zugriff auf unterschiedliche Fähigkeiten zu haben. Das wurde mit dem so genannten „Garment Grid“ ermöglicht, bei dem die Figuren durch den Wechsel auf ein anderes Kostüm andere Talente nutzen konnten. Dies ist übrigens ein Element, das in abgewandelter Form auch in Lightning Returns: Final Fantasy 13 angewendet wird. Unter dem Strich kommt das Pop-Abenteuer von Yuna zwar weder inhaltlich noch erzählerisch oder mechanisch an den wegweisenden Vorgänger heran. Doch als Teil des Gesamtpaketes, das mit zusätzlichem Material wie dem zwischen den beiden Teilen überleitenden Video "Eternal Calm" alles zu Spira vereint, ist auch 10-2 wieder ein Vergnügen.

Der Zahn der Zeit

Als Teil des Gesamtpakets kann auch 10-2 für gute bis sehr gute Unterhaltung sorgen.
Im Gegenzug zur Geschichte bzw. der erst spät Fahrt aufnehmenden Erzählstruktur oder den emotionalen Auswirkungen hat 10-2 gegenüber dem Vorgänger technisch zulegen können. Das galt seinerzeit für die PS2-Version, war auch auf der PS3 der Fall und hat auch in der HD-Remastered-Variante für die PS4 Bestand. Die Mimik des weiblichen Hauptfiguren-Trios ist ausgefeilter und damit ausdrucksstärker als noch zwei Jahre zuvor, die Animationen im Allgemeinen hinterlassen ebenfalls einen verbesserten Eindruck. Allerdings ist auch hier unter HD-Verhältnissen eine Diskrepanz hinsichtlich der Detailverliebtheit bei wichtigen und weniger wichtigen Figuren sichtbar - auch wenn sie unter dem Strich geringer ausfällt als bei Final Fantasy 10. Immerhin ist die grausame PAL-Umsetzung, die seinerzeit auf der PS2 wichtige Punkte kostete, kein Thema mehr. Das Upgrade auf 16:9-Bildschirme ist hervorragend gelungen.

Jedoch war dies auch schon bei der PS3-Fassung so, die hier offensichtlich als Grundlage für das PS4-Remaster genutzt wurde. Dementsprechend kann man auch den Speicherstand in der Cloud hin und her schieben - und das vollkommen frei zwischen PS3, PS4 und Vita. Allerdings wird in der PS4-Version nur vom Transfer zwischen Vita und der aktuellen Konsole gesprochen - vermutlich ein Überbleibsel der Überarbeitung der PS3-Fassung. Im Test ging der Transfer vom alten zum neuen Stationärsystem vollkommen problemlos vonstatten, so dass man beim Wechsel auf die frische Hardware von den deutlich verringerten Ladezeiten profitiert, ohne auf seine alten Spielstände verzichten zu müssen. Und von der Option, zu Beginn zwischen dem Original- sowie der überarbeiteten Version des Soundtracks wählen zu können. Ansonsten gibt es zwischen den HD-Remastern aus dem letzten und diesem Jahr nur noch marginale Unterschiede wie eine etwas verbesserte Kantenglättung und eine leicht kühlere Farbtemperatur. Beide sind aber für die Endnote unerheblich.

Fazit

Auch wenn technisch nicht alles überzeugend in die HD-Ära transportiert wurde, führt für Fans von Rollenspielen japanischer Prägung  kein Weg an dieser Sammlung vorbei - es sei dann, man hat auf Vita oder PS3 bereits zugegriffen. Denn für Aufsteiger gibt es kein "Upgrade"-Programm und sie müssen ggf. nochmal in den Geldbeutel greifen. Dafür allerdings kann man Speicherstände vollkommen frei zwischen allen Versionen hin und her schieben. Zwar fällt vor allem in Final Fantasy 10 nach wie vor die Diskrepanz zwischen den beispielhaft umgesetzten Hauptfiguren und den weniger behutsam aufgewerteten Allerwelts-NPCs immer wieder ins Auge. Doch im Gegenzug demonstrieren alle mechanischen Vorzüge wie taktischer Rundenkampf oder das Sphärenbrett für die Charakter-Entwicklung sowie besonders die berührende Geschichte, dass außergewöhnliche Spiele zeitlose Unterhaltung bieten. Dass man im Rahmen der Neuauflage nicht auch die schon 2002 anachronistisch wirkenden deutschen Texte überarbeitet hat, ist allerdings bedauerlich. Dennoch sind beide Spiele auch mit ihrem dritten Auftritt in ebenso vielen Konsolengenerationen immer noch eine Empfehlung wert.

Wertung:
sehr gut

Pro

zwei zeitlose Rollenspiel-Highlights der PlayStation 2
Hauptfiguren und Hintergründe sehr gut in die HD-Ära transportiert
neu abgemischte Musik (FF10)
beinhaltet u.a. Last-Mission-Dungeon der internationalen Version (FF10-2)
unterstützt Speicherstand-Austausch zwischen PS3, Vita und PS4

Kontra

viele Nebenfiguren wurden nur wenig bis gar nicht optimiert
die alten deutschen Texte sind heute noch weniger zeitgemäß als vor 13 Jahren

Wertung

PlayStation4

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.