E3-Vorschau: Everybody's Gone to the Rapture (Adventure)

von Benjamin Schmädig



Everybody's Gone to the Rapture (Adventure) von Sony / PlayStation Mobile
Im Bann des Rätselhaften
Entwickler:
Release:
14.04.2016
11.08.2015
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ab 17,99€
Spielinfo Bilder Videos
Everybody's Gone to the Rapture – endlich! Der Nachfolger zu einem der wichtigsten Spiele der vergangenen Jahre ist auf der E3 erstmals spielbar. Er soll fortführen, was Dear Esther in Gang setzte: neue Möglichkeiten finden interaktiv zu erzählen. Und die E3-Demo hat mich nach wenigen Minuten schon in ihren Bann gezogen!

Das verlassene Paradies

Ob das neue Spiel von Autor Dan Pinchbeck und Spieldesigner Andrew Crawshaw tatsächlich neue Wege der interaktiven Erzählung findet? Davon bin ich überzeugt, nachdem ich mich eine Dreiviertelstunde in ihrer Welt verloren habe. Dabei tritt Everybody's Gone to the Rapture mit dem ruhigen Entdecken eines offenen Schauplatzes durchaus in die Fußspuren seines geistigen Vorgängers und von z.B. Gone Home. Auch hier erzählen Stimmen von vergangenen Ereignissen, auch hier schaue ich mich um und ziehe Schlüsse aus dem, was ich sehe.

Ich sehe das britische Dorf Yaughton, eine idyllische Gemeinde – bis vor kurzem jedenfalls. Menschen treffe ich keine, der Ort ist wie ausgestorben. Ich entdecke eine Sternenwarte, Bücher mit Titeln wie „Chaos Theory“, Koffer, die vor dem Eingang eines Hauses scheinbar plötzlich fallengelassen wurden. Natürlich geht es um die Frage, was in Yaughton geschah. Von „dem Vorfall“ ist die Rede, während geheimnisvolle Lichter noch immer nachleuchten.

Blick in die Vergangenheit

Everybody's Gone to the Rapture ist ein weiteres Erzählspiel, dessen Geschichte sich durch das Entschlüsseln von Zeugnissen öffnet. Es ist aber auch ein Spiel, das nicht nur die Vergangenheit beleuchtet. Denn durch den kleinen Ort
Was geschah in Yaughton nach dem "Vorfall"?
Was geschah in Yaughton nach dem "Vorfall"?
bewegt sich eine leuchtende Erscheinung, springt von einem Haus zum nächsten, macht stets an denselben Punkten halt, bevor sie weiterzieht.

Und sie scheint mit mir zu kommunizieren. Zumindest meine ich Stimmen zu hören, wenn die Erscheinung in der Nähe ist. Sie macht mitunter vor mir Halt, scheint mich zu leiten. Es ist auch nicht das einzige Phänomen, denn immer wieder lausche ich den Gesprächen leuchtender Silhouetten – Überbleibsel des Vorfalls, wie die Aufzeichnung einer von vielen Radioaufnahme behauptet. In diesen Gesprächen lerne ich die Einwohner Yaughtons kennen, ihre Macken und Probleme. Schon nach wenigen Minuten entspannt sich ein Netz interessanter Charakterzeichnungen, dessen Einzelheiten ich nicht vorwegnehmen will.

Sekunden nach dem Vorfall?

Es sind die klassischen Elemente des Erzählspiels nach der von Dear Esther geprägten Formel. Sie haben mein Interesse geweckt; ich will wissen, was in Yaughton passiert ist. Doch es ist nicht das, was mich an Everybody's Gone to the Rapture fasziniert. Denn das Interessante ist die Art und Weise, wie der verlassene Ort mit Leben erfüllt ist. Da sind ja nicht nur die hastig liegen gelassenen Koffer. Da sind auch Zigaretten, die halb geraucht noch in den Aschenbechern einer Bar qualmen.

Da flattert saubere Wäsche im Wind, als wäre sie gerade aufgehangen worden. Da ist nicht zuletzt ein Dorf, dass auch durch die detailversessene Gestaltung seiner Häuser, Wege oder eines kleinen Teichs lebendig wirkt. Und da ist die ständig kreisende Erscheinung, die mir das Gefühl gibt, einen Moment zu erleben, anstatt ihn zu rekonstruieren.

Eine echte offene Welt

Ganz wichtige Elemente sind außerdem die Gestaltung des Schauplatzes sowie der Ablauf. Denn nach einer kurzen Einführung kann ich mich frei in Yaughton umsehen. Das Dorf ist ein kleines Nest – ich kann aber jederzeit an so vielen Ecken, in so vielen Höfen und in manchen der Häuser so viel entdecken, dass ich nach wenigen Minuten schon das Gefühl verlor, den Brotkrumen eines fertigen Wegs zu folgen. Mir blieb gar nichts anderes übrig, als den Schauplatz wie einen realen Ort wahrzunehmen und einfach aufzunehmen, woran ich vorbei komme.
Durch die idyllische Umgebung und geheimnisvolle Hinweise entsteht eine lebendige Spielwelt.
Durch die idyllische Umgebung und geheimnisvolle Hinweise entsteht eine lebendige Spielwelt.

Die Erscheinung kann dabei als Führer dienen. Weil ich ihren schnellen Bewegungen aber ohnehin nicht folgen kann, ist sie keine Angel, die mich ans Ziel zieht, sondern ein Wegweiser. Ich muss keine der Geschichten aufdecken, die Yaughton versteckt! Es gibt keine Markierungen, keine Karte – es fehlt das drängelnde Gefühl Dinge erledigen zu müssen. Es ist im kleinen Sinne eine echte offene Welt.

Mittendrin

Und ich kann mich übrigens nicht des Gefühls erwehren, selbst Teil der Handlung zu sein – in welcher Form, kann ich nicht sagen.

Aber das ist sicherlich nur überhöhtes Geschwafel eines verquasten Sinnsuchers, oder? Tatsächlich spreche ich nach einer Dreiviertelstunde einen der Entwickler darauf an - und sie wollten genau diesen Eindruck erzeugen. Ich bin gespannt, was es damit auf sich hat!
 

AUSBLICK



Everybody's Gone to the Rapture will Spielern das Gefühl vermitteln, an der Geschichte teilzuhaben, anstatt nur Indizien aufzulesen. Und obwohl sich der Nachfolger zu Dear Esther stärker als z.B. Sunset auf die bekannten Versatzstücke des Erzählspiels stützt, gelingt ihm das außerordentlich gut! Bilder, Stimmen und ein famoser Soundtrack lassen Yaughton Wirklichkeit werden – das Geheimnis um ein fliegendes Licht verleiht dem Abenteuer einen mysteriösen Anstrich. Es ist vor allem die Art der Inszenierung, mit der die Entwickler um Dan Pinchbeck einen lebendigen Schauplatz entstehen lassen. Ich bin gespannt! Nicht nur auf das Geheimnis um den Vorfall, sondern auf das Erleben dieser faszinierenden Spielwelt.

Einschätzung: sehr gut

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Kommentare

No Cars Go schrieb am
FlyingDutch hat geschrieben:
Der Nachfolger zu einem der wichtigsten Spiele der vergangenen Jahre...
Was für eine maßlose Übertreibung, wenn auch nicht sehr überraschend. Erst habe ich diese Aussage gelesen und musste dann direkt mal nachsehen von wem sie stammt: Ach ja, der Herr Schmädig... alles klar :D. Ich meine es jetzt nicht böse (kann es mir aber auch nicht verkneifen), aber ich habe auf meinem Smartphone so einen Desktophintergrund, der auf Fingertipser mit Farb und Sterncheneffekten reagiert. Den kann ich dem Herrn Schmädig empfehlen. Ich würde wetten, dass er darin enormen künstlerischen Anspruch entdeckt...
Ich habe mich damals leider auch hypen lassen und Dear Esther gespielt. Glücklicherweise war das Erlebnis nicht sehr zeitaufwändig, aber ich kann nicht nachvollziehen inwiefern Dear Esther irgendwas besonderes darstellt. Ich hatte mir erhofft, dass es ein Erlebnis wird, welches mich emotional berührt. Hat nicht geklappt.
Wenn ich das mit dem etwas älteren To the moon vergleiche, dann empfinde ich Dear Esther einfach nur als absolut belanglos. Storytechnisch, musikalisch und vor allem emotional empfand ich es als deutlich besser als Dear Esther. Einzig die Grafik bei DE war ansprechender.
Dear Esther gehört ist für mich die emotional tiefste Videospielerfahrung, die ich je hatte. Die Art in und Weise, in der die Darstellung der Hebriden, die literarisch und darstellerisch auf hohem Niveau vorgetragene Erzählung und der einfühlsam-melancholische Soundtrack zusammenfließen, hat mir Gänsehautmomente beschert, die ich nie vergessen werde. Einige Stücke des Soundtracks von Jessica Curry, wie zB The Moon in my Palm, höre ich auch über drei Jahre später noch hin und wieder. Ich hätte aus meiner Sicht, die aus der Natur ihrer Sache heraus subjektiv ist und auch gar nichts anderes sein kann, ähnlich wie seinerzeit Jörg Luibl (und sicherlich auch Benjamin Schmädig, hätte er die Review geschrieben) gewertet.
Ist doch erstaunlich, wie die Perzeption individuell...
Time Out schrieb am
Weiss man, ob es vielleicht auch Wettereffekte geben wird (Regen, Nacht) ?
mr archer schrieb am
peeping-tom hat geschrieben:Nach Dear Esther mit Sehnsucht erwartet. Und dann die Meldung, dass es nur für Konsole kommt. :evil:
Ich habe zwei Worte für dich: Alan Wake.
Nur Geduld. Das kommt noch. Trotzdem ein starkes Stück, seine PC-Homebase derart vor den Kopf zu stoßen.
Aber siehe oben.
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxx schrieb am
Nach Dear Esther mit Sehnsucht erwartet. Und dann die Meldung, dass es nur für Konsole kommt. :evil:
Hoffentlich gibt es doch noch was. Solange die Zeit mit Homesick, The Vanishing of Ethan Carter, Kholat, etc. vertreiben.
john1231 schrieb am
Was ist das? Schon wieder so ein Walk-Simulator?
Gähn...
schrieb am