Die Jagd beginnt
Jetzt sind wir endlich dran und dirigieren die nur mit einem Handtuch bekleidete Samantha durch das scheinbar verlassene Anwesen. Wo sind denn bloß alle hin? Sämtliche Rufe bleiben unbeantwortet. Geht der Streich etwa weiter? Was sofort auffällt: Die Pfade, mit denen man die Umgebung erforschen kann, sind hier genauso limitiert wie Aktionsmöglichkeiten. Gibt es etwas zu tun, z.B. ein Objekt zu betrachten, wird man deutlich mit einem Icon darauf hingewiesen. Alles andere spielt keine Rolle. Auch die Steuerung beim Gehen reagiert derzeit noch etwas schwammig und so wirken manche Bewegungen entsprechend ungelenk. Trotzdem inszenieren die Macher das Abenteuer filmreif mit geschickten Kameraeinstellungen und Fahrten sowie dem düsteren Soundtrack.
Die erste Begegnung mit dem mysteriösen Maskenmann lässt nicht lange auf sich warten. Doch bei der dramatischen Flucht büßt man leider noch mehr der ohnehin beschränkten Interaktionsmöglichkeiten ein, denn anstatt selbst die Beine in die Hand zu nehmen, läuft ein Großteil der Fluchtsequenzen automatisch ab. Diese verleihen Until Dawn noch stärker den Charakter eines interaktiven Films, den man nur an vereinzelten Entscheidungspunkten beeinflussen kann. Oft hat man in den kurzen Unterbrechungen nur die Wahl, weiter vor dem offenbar hinkenden Verfolger davon
Die cineastische Inszenierung verstärkt dein Eindruck, tatsächlich in einem Horrorfilm mitzuspielen.
zu laufen oder sich zu verstecken, wobei man ungewöhnlich viel Zeit hat, sich festzulegen. Hin und wieder darf man ihm auch ein Hindernis in den Weg legen, indem man z.B. Schränke umwirft oder versuchen, ihm Gegenstände wie Vasen an den verhüllten Kopf zu schmettern.
Das Move-Erbe
Interessanterweise wird in diesem Fall nicht mit den Analogsticks, sondern den Bewegungssensoren des Dualshock-Controllers gezielt. Auch das hektische Verriegeln von Türen erfolgt nicht etwa auf Knopfdruck, sondern über eine schnelle Ruckbewegung des Eingabegeräts. Offenbar haben die Entwickler versucht, möglichst viele Elemente des ursprünglichen Steuerungskonzepts von Move auf den PS4-Controller zu übertragen - mit Erfolg. Zwar erscheint das Zielen zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, funktioniert dann aber überraschend gut und die Motion-Aktionen verstärken spürbar die Immersion. Besonders cool ist der Moment, in dem man sich im Versteck nicht rühren darf und entsprechend auch den Controller ganz ruhig in den Händen halten muss. Wer in solch spannenden Situationen vor Angst zittert, hat schlechte Karten, die Hetzjagd zu überleben.
Mehr Glück als Können?
Doch leider wurde ich beim Anspielen, in denen ich die Passage mehrmals mit unterschiedlichen Entscheidungen spielte, oft das Gefühl nicht los, dass das Überleben mehr eine Frage von Glück als Verstand ist. Warum? Weil die zur Auswahl stehenden Entscheidungen mehr nach dem Trial&Error-Prinzip konzipiert wurden. Und so stehen die Chancen für den "richtigen" Weg oft nur bei 50:50 - auch deshalb, weil es keine offenkundigen Indizien dafür gibt, welche Wahl wohl weiser wäre. Okay: Ich habe gesehen, dass mein Verfolger hinkt und habe deshalb meist lieber die
Laufen oder verstecken?
Beine in die Hand genommen anstatt mich zu verstecken - und habe dadurch meinen ersten Versuch spontan überlebt, während ich bei allen weiteren irgendwann geschnappt wurde. Aber ob das so gewollt war? Ich würde mich darüber freuen, wenn ich als Spieler durch dezente Hinweise die Situationen analysieren und meine Entscheidungen von diesen Beobachtungen abhängig machen könnte.
So werde ich das Gefühl nicht los, dass das Überleben hier zu stark vom Zufall abhängt - ein Glücksspiel auf Leben und Tod. Und das ist besonders deshalb kritisch und faszinierend zugleich, weil es zumindest innerhalb des ersten Durchlaufs keine Checkpunkte und Neuversuche geben soll. Im Klartext: Stirbt einer der acht Protagonisten, bleibt er auch tot und die Geschichte wird in einem alternativen Strang weitererzählt. Wer Pech hat, wird also irgendwann acht Leichen und einen vergnügten Killer sehen - falls sich nicht eine der Hauptfiguren unter der Maske verbirgt.